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Recht in der Praxis

Verfahrensdokumentation

Jedes steuerpflichtige Unternehmen, auch der Heilpraktiker bzw. Heilpraktiker für Psychotherapie, muss eine „Verfahrensdokumentation“ vorlegen können. Diese Pflicht ergibt sich aus den „Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Buchführung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) und macht auch vor uns Freiberuflern nicht halt.

Seit 01.01.2017 müssen die Vorgaben der GoBD des bereits seit 01.01.2015 gültigen Regelwerks vollständig umgesetzt sein. Mit seinem Schreiben vom 14.11.2014 (Nachzulesen auf www.bundesfinanzministerium.de) hat das Bundesfinanzministerium seine Anforderungen an eine „IT-gestützte Buchführung praxisgerecht zusammengefasst und sorgt [damit] für die für die Unternehmen wichtige Rechtsklarheit.“

Problem ist: Mit fast 40 Seiten stellt das Schreiben des Bundesfinanzministeriums keine leicht verdauliche Lektüre dar, und auch die Komplexität offizieller Muster-Verfahrensdokumentationen ist für den Heilpraktiker als „Einzelunternehmer“ nahezu erschlagend. Sollten Sie das Erstellen einer Verfahrensdokumentation bisher zurückgehalten haben, wollen wir Sie jetzt ermutigen, dies nachzuholen.

Fakt ist: Immer mehr Betriebsprüfer verlangen eine Verfahrensdokumentation! Liegt sie nicht vor und weist die Buchführung weitere Mängel auf, kann es zu Hinzuschätzungen kommen.

Was ist eine Verfahrensdokumentation?

Eine übersichtlich gegliederte Beschreibung aller Vorgänge Ihrer elektronischen Buchführung. Angefangen vom Eingang Ihrer Belege bis hin zu ihrer Verbuchung und Aufbewahrung. Eine Verfahrensdokumentation muss für jedes „Datenverarbeitungssystem“ (DV-System), das Sie nutzen, vorhanden sein.

„Als Datenverarbeitungssystem wird die im Unternehmen oder für Unternehmerzwecke zur elektronischen Datenverarbeitung eingesetzte Hard- und Software verstanden. Dazu gehören das Hauptsystem sowie Vor- und Nebensysteme einschließlich der Schnittstellen zwischen den Systemen.“ (Quelle: BMF-Schreiben, 14.11.2014, IV A 4-S 0316/13/10003)

Beispiele für Datenverarbeitungssysteme

  • Finanzbuchführungssystem
  • Lohnbuchhaltungssystem
  • Kassensystem
  • EDV-Registrierkassen
  • PC-(Kassen)System
  • App-System
  • Zahlungsverkehrssystem
  • Archivsystem
  • Dokumentenmanagementsystem

In der Verfahrensdokumentation muss der gesamte organisatorische und technische Prozess beschrieben werden.

Welchen Zweck hat sie?

Mithilfe der Verfahrensdokumentation weisen Sie nach, dass Ihre IT-gestützte Buchführung GoBD-konform ist, und sorgen dafür, dass sie für einen „sachverständigen Dritten“, also den Betriebsprüfer, nachvollziehbar ist. Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des Datenverarbeitungsverfahrens müssen vollständig und schlüssig sein.

Was gehört hinein?

Wichtig: Umfang und Aufbau der Verfahrensdokumentation sind in den GoBD nicht vorgeschrieben! Sie richten sich nach der Größe Ihrer Praxis, der Komplexität Ihrer Buchführung und der Soft-und Hardware, die Sie verwenden. Der konkrete Inhalt ist abhängig von den Prozessen, wie diese in Ihrer Praxis ablaufen, und damit individuell verschieden.

Die folgende Punkte müssen erfasst werden

  • Allgemeine Beschreibung
  • Wie ist Ihre Praxis organisiert?
  • Wer ist für welche Aufgaben verantwortlich?
  • Wer führt welche Arbeitsschritte aus?

Die allgemeine Beschreibung ist eine Art Einführung in alle buchführungsrelevanten Prozesse in Ihrer Praxis und in Ihre Praxis selbst.
Tipp: Ein Praxisorganigramm und ein Ablaufdiagramm helfen, Ihre Verfahrensdokumentation „lebendig“ zu machen.

Anwenderdokumentation

  • Wie werden die EDV- bzw. IT-Systeme, die Sie in Ihrer Praxis verwenden, sachgerecht bedient?

Technische Systemdokumentation

  • Welche Software, Hardware, Netzinfrastrukturen etc. nutzen Sie?
  • Werden Schnittstellen genutzt?

Betriebsdokumentation

  • Wie werden die Belege organisiert?
  • Werden die Vorgaben der Software-Programme eingehalten?

Internes Kontrollsystem

  • Wer hat eine Zugangsberechtigung und wie wird das protokolliert?
  • Welche Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz vor Verfälschung und Datenverlust sind getroffen?
  • Welche internen Kontrollen werden durchgeführt, damit die Vorschriften eingehalten werden?

Muss ich eine Dokumentation anlegen, wenn ich meine Buchführung noch handschriftlich mache?

Heutzutage ist es fast unmöglich, die Buchführung für die Praxis ohne irgendwelche Datenverarbeitungssysteme durchzuführen. Selbst wenn Sie selbst ausschließlich Papierbelege ausstellen und ihre Rechnungen nur mittels einer Vorlage schreiben und ausdrucken, kommen Sie nicht umhin, dass Sie per E-Mail Rechnungen erhalten oder Rechnungen irgendwo downloaden sollen – und schon ist der Anwendungsbereich der GoBD eröffnet.

Eingehende Papierbelege dürfen in Papierform abgelegt und aufbewahrt werden. Es besteht keine Pflicht zur Digitalisierung.

Erhalten Sie jedoch eine elektronische Rechnung, muss diese in dem Format aufbewahrt werden, in dem sie eingegangen ist. Ein Ausdruck einer per E-Mail ankommenden Rechnung erfüllt nicht die Voraussetzung der GoBD. Auch reicht es nicht aus, wenn Sie diese Daten z.B. im Windows-Explorer speichern. Die Anforderungen der GoBD an eine revisionssichere Speicherung werden nicht erfüllt, da sie z.B. gelöscht werden können.

Fungiert eine E-Mail als reiner „Briefumschlag“, ist sie nicht archivierungspflichtig. Enthält sie jedoch Inhalte mit steuerlicher Relevanz, muss sie aufbewahrt werden.

Auf jeden Fall muss ein Archivsystem eingerichtet werden, und an das Archivsystem ist die Verfahrensdokumentation gekoppelt.

Sollten Sie sich entscheiden, auf digital umzustellen, dürfen Sie per Post oder E-Mail eingehende Belege einscannen und dem Buchungssatz in der Buchhaltung „anhängen“. Diese Buchung gilt dann als revisionssicher und die Papierbelege dürfen vernichtet werden.

Wichtig: Bevor Sie einen Papierbeleg vernichten, müssen Sie das „ersetzende Scannen“ in Ihrer Verfahrensdokumentation beschreiben, also wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden.

Wie archiviere ich rechtssicher?

Revisionssicher bedeutet, dass ein Dokument „unveränderbar“ gespeichert bzw. archiviert werden muss. Die unangefochtene Lösung ist i.d.R. die Ablage elektronischer Dokumente in einem Dokumentenmanagementsystem.

In kleineren Unternehmen, wie z.B. in Heilpraktikerpraxen, kann sich der Betriebsprüfer mit PDF-A-Formaten zufriedengeben. Zwar können selbst diese durch erfahrene Täuscher manipuliert werden, die PDF-A-Datei „merkt“ sich dies aber und speichert einen entsprechenden Hinweis. Mehr Informationen zur Langzeitarchivierung finden Sie beim Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik auf www.bsi.bund.de

Wie kann eine Verfahrensdokumentation aussehen?

Die äußere Form sollte übersichtlich sein und ein aussagekräftiges Inhaltsverzeichnis haben.

Beispiel für eine mögliche Gliederung

  • Deckblatt
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung/Übersicht über die Bestandteile der Verfahrensdokumentation
  • Organisatorisches/Rahmenbedingungen
  • Verfahren und Prozesse
  • Elektronische Rechnungsabwicklung (Eine Infobroschüre finden Sie auf www.elektronische-rechnungsabwicklung.de)
  • Verarbeitung und Archivierung von Rechnungen in Papierform
  • Ersetzendes Scannen von Papierbelegen
  • Verarbeitung und Archivierung digitaler Rechnungsbelege
  • Umgang und Archivierung von Belegen aus Kassensystemen
  • Mitgeltende Unterlagen
  • Bedienungsanleitungen
  • Verträge mit Dritten/Dienstleistern

Wo bekomme ich Hilfe?

Auf der Internetseite des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. finden Sie zahlreiche Arbeitshilfen und Praxistipps zu den GoBD, u.a. eine Muster-Verfahrensdokumentation zum ersetzenden Scannen, und eine zur Belegablage: www.dstv.de

Außerdem stellt die Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. Unternehmern einen kostenfreien GoBD-Praxisleitfaden zur Verfügung, den Sie über www.awv-net.de bestellen können.

Wenn Sie mehr über „Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung“ erfahren möchten, finden Sie ein sehr gutes Merkblatt auf der Serviceseite des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern: www.steuerportal-mv.de

Demnächst finden Sie im internen Downloadbereich der Verbandsseiten des VUH und VFP Beispiel-Verfahrensdokumentationen für Heilpraktiker bzw. Heilpraktiker für Psychotherapie.

Sonja KohnSonja Kohn
Heilpraktikerin, Leiterin Bereich Presse und Medien des VUH

pressestelle@heilpraktikerverband.de

Dr. rer. nat. Frank HerfurthDr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Präsident des VUH

info@heilpraktikerverband.de

Dr. paed. Werner WeishauptDr. paed. Werner Weishaupt
Heilpraktiker für Psychotherapie, Präsident des VFP

info@vfp.de

Fotos: © Oakozhan / fotolia.com, © momius / fotolia.com

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