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Augenentwicklung und Augenformen

Augenentwicklung und Augenformen der Menschen und der Tiere mit drei Beispielen der AugendiagnostikWie für das Nervensystem, so bildet das äußere Keimblatt auch den Mutterboden für die höheren Sinnesorgane: für das Auge, für das Gehör und das Geruchsorgan. Zwar liefert es nur das Sinnesepithel, einen Bestandteil, der im Vergleich zu den übrigen Teilen, die vom Mesenchym abstammen, an Volumen sehr zurücktritt, dafür ist aber der epitheliale Bestandteil sowohl in funktioneller als in morphologischer Hinsicht weitaus der wichtigste. Am deutlichsten lässt sich der genetische Zusammenhang mit dem äußeren Keimblatt bei manchen Wirbellosen erkennen, insofern hier noch dauernd die Sinnesorgane in der Epidermis gelegen sind, während sie sich bei den Wirbeltieren bekanntlich zum Schutze in tiefere Gewebsschichten einbetten.

1. Entwicklung der Augen

Die erste sichtbare Anlage der Augen stellen die zu beiden Seiten der Medianlinie gelegenen Sehgruben dar, Ausbuchtungen der Wand des primären Vorderhirns, die zu einer Zeit entstehen, wo das Medullarrohr in seinem vorderen Teil noch ungeschlossen ist. Mit dem Schluss desselben rücken die Sehgruben in die Tiefe und wölben sich nunmehr als Augenblasen (primäre Augenblasen) an der Oberfläche stärker vor, ihr Lumen steht durch den kurzen Augenblasenstiel mit dem Ventrikel in offenem Zusammenhang. Retina und Sehnerv, die aus den Augenblasen und ihrem Stiel entstehen, sind also Teile des Gehirns. Die primäre Augenblase wird durch eine gleichzeitig distal und ventral erfolgende Einstülpung ihrer Wand in das embryonale Auge, den Augenbecher oder die sekundäre Augenblase umgebildet. Dieselbe ist nunmehr doppelwandig und zeigt auf ihrer ventralen Seite einen auf den Augenblasenstiel übergehenden Spalt, den Foetalspalt oder Augenspalt, dessen Ränder aufeinander zuwachsen und miteinander verschmelzen.

Der dorsale Umschlagrand der beiden Blätter der sekundären Augenblase liegt viel weiter distal als der ventrale; die Form des Augenbechers wurde deshalb ganz zutreffend mit einem Schöpflöffel verglichen. Die distale Öffnung des Augenbechers wird größtenteils von der Linse eingenommen, welche als Einsenkung des die Augenblase überziehenden, an umschriebener Stelle verdickten Ektoderms entsteht. Das zunächst hohle Linsenbläschen steht durch einen Stiel mit der Oberfläche in Verbindung, schnürt sich dann aber ab; das Ektoderm wächst darüber wieder zusammen.

Aus dem die Augenblase umgebenden Mesoderm entstehen Chorioidea.Sklera, die eigentliche Substanz der Cornea, der bindegewebige Anteil vom Ciliatkörper, Iris, sowie die Pupillarmembran, ferner die sämtlichen Gefäße des Auges. Das intraokuläre Mesoderm (Gefäßkapsel der Linse) steht mit dem den Augenbecher umgebenden an zwei Stellen in Verbindung:

1. durch den Foetalspalt bis zu dessen Schluss,
2. vor dem Umschlagrand des Augenbechers. Der Glaskörper ist ektodermaler Herkunft, ebenso Sphinkter und Dilatator pupillae.

Zu den vorstehenden allgemeinen Angaben über die Augenentwicklung seien noch einige kurze spezielle Bemerkungen im Rahmen des Themas gestattet.

Retina
. Beide spielen, wie wir sehen werden, bei den Augenformen der niederen Tiere, bzw. der Wirbeltiere, eine beachtenswerte Rolle. Die Netzhaut ist relativ lange völlig gefäßlos; erst im 3. Monat beginnt beim menschlichen Embryo die Entwicklung der Netzhautgefäße und ist erst im 8. Monat vollendet.
Aus dem äußeren Blatt der sekundären Augenblase entsteht das Pigmentepithel; aus dem inneren die

Die erste Anlage der Linse erfolgt beim Hühnchen schon am 1. Tage der Bebrütung, beim Kaninchen, etwa 10 Tage nach der Befruchtung des Eies, beim Menschen am Anfang der 4. Woche. Zur Zeit des lebhafteren Wachstums ist die Linse mit einer besonderen Gefäßhaut (Tunica vasculosa lentis) versehen, während im erwachsenen Zustand keine besonderen Ernährungsvorrichtungen bestehen, woraus ein nur geringer Stoffwechsel resultiert. Die Iris entsteht, wie bereits erwähnt, aus dem retinalen Anteil und aus dem mesodermalen, den man als Fortsetzung der Chorioidea betrachten kann.
Die Hornhaut entwickelt sich aus dem zwischen Ektoderm (später Hornhautepithel) und Linse eingedrungenen Mesoderm. Letzteres ist die gemeinsame Anlage für Hornhaut, Pupillarmembran, Iris und Ligamentum pectinatum, mit dem die Iris an, den Sklerocornealrand befestigt ist.

2. Augenformen

Bei den meisten Tieren ist das Auge, gleich den übrigen Sinnesorganen, ein Hautgebilde, in erster Linie ein Gebilde der Epidermis. Erst bei den Wirbeltieren gelangt ein paariges Stück der Hirnwand zur Verwendung (Wand des primären Vorderhirns), um die wichtigsten Teile des Auges zu liefern; auch bei diesen liefert die Haut noch reichlich bedeutungsvolle Abschnitte des Auges, ferner ist die Hirnwand selbst ein bestimmter zentraler Bezirk des gleichen Keimblattes, welches im peripheren Anschluss an ersteren der Oberhaut den Ursprung gibt.

Vom morphologischen Standpunkt aus lassen sich die Augenformen der Tierwelt in folgende Gruppen bringen:

1. Hautaugen.
a. Das Flachauge: das Sehorgan ist ein kleiner pigmentierter Fleck der Oberhaut, mit dessen Zellen sich Nervenfasern verbinden, eine sog. Sehplatte.
b. Das Grubenauge: die vergrößerte Sehplatte hat sich napfförmig vertieft, hängt aber randwärts mit der Epidermis zusammen. Hierbei kann durch bestimmte Leistungen des Epithels eine Linse, selbst ein gallertartiger Glaskörper in der Konkavität der Grube zustande kommen.

c. Das Blasenauge: Die Sehplatte gestaltet sich zu einer epethelialen Blase, indem die Eingangspforte der Grube durch konzentrisches Vorrücken des Bandes sich immer mehr verkleinert und sich endlich schließt. Die geschlossene Blase schnürt sich darauf von der Epidermis ab. Hierher gehören auch die im Einzelnen so merkwürdigen zusammengesetzten Augen der meisten Insekten und Kerbtiere. Die einzelnen Zellen oder kleine Zellengruppen der epidermalen Sehplatte bilden sich dabei zu vielen kleinen nebeneinanderliegenden Einzelaugen, Ommatidien, um.

2. Hirnwandaugen.

d. Das invertierte Blasenauge der Wirbeltiere. Aus dem primitiven vorderen Hirnbläschen des Embryos entwickelt sich als seitliche Ausstülpung die linke und rechte primitive Augenblase, Vesicula ophthalmica, welche alsbald nur noch durch einen hohlen Stiel mit dem übrigen Gehirn zusammenhängt. Die Blase stülpt sich von außen her ein; dadurch entsteht ein mit einer Eingangspforte versehener, aus zwei Blättern bestehender Becher, dessen Fuß dem Stiel der Augenblase und dem späteren Nervus opticus entspricht. Die beiden Blätter der Augenblase aber werden zur Netzhaut und zum Pigmentepithel (s. o.).

Zu 1a-c. Bei dieser einfachsten Form der Sehwerkzeuge finden sich Pigmentablagerungen in der äußeren Körperumhüllung, die, wie bemerkt, mit der Endigung eines zentripetal leitenden Nervs in Kontakt stehen. Das Pigment, welches die Lichtstrahlen absorbiert, dann aber auch als die chemisch veränderungsfähige “Sehsubstanz” eine Umwandlung erleidet, lässt durch die auslösende, lebendige Kraft des schwingenden Lichtäthers chemische Spannkräfte frei werden, welche auf den Nervenapparat erregend einwirken. Solche Pigmentanhäufungen finden sich bei den höheren Medusen am Rande des Schirmes. Den Parasiten und vielen niederen Würmern fehlen die Sehwerkzeuge völlig, bei anderen finden sich nur Pigmentflecke oder das Pigment liegt als Hülle um die Nerveneridigungen, die als sog. Kristallstäbchen oder Kristallkegel auftreten. Bei den Seesternen, Echinodermen, befinden sich an der Spitze der Arme die Augen, die aus einem kugeligen Kristallorgan bestehen, umgeben von Pigment mit zutretendem Nerv. Bei allen übrigen Echinodermen findet man nur Pigmentanhäufungen. Unter den Gliedertieren, Arthropoden, trifft man verschiedene Stufen der Augenformen an:

1. Ohne Hornhaut findet sich entweder nur ein von Pigment umgebener Kristallkegel in der Nähe des Gehirns (Krebslarven) oder es kommen mehrere Kristallstäbchen vor im zusammengesetzten Auge (niedere Krebse).

2. Mit Hornhaut, welche durch eine linsenförmig gestaltete Chitinbildung der äußeren Decke gebildet wird, trifft man entweder einfache Augen, mit einem Kristallstäbchen, oder zusammengesetzte Augen an. Letztere haben entweder nur eine große, linsenförmige Hornhaut, die für alle Kristallstäbchen gemeinsam ist (Spinnen) oder jedes Kristallstäbchen besitzt für sich eine besondere linsenförmige Cornea. Die zahlreichen Stäbchen, von Pigment umgeben, stehen dicht
zusammen, eine gewölbte Fläche einnehmend. Der Chitinüberzug des Kopfes ist facettiert und bildet auf der Oberfläche eines jeden Stäbchens eine Cornealinse. (Trennung von Linse und Cornea noch nicht entwickelt!). Man nimmt an, dass für jedes Stäbchen (Kristallkegel) ein besonderes Bild entsteht, so dass man sich das Gesamtbild wie aus Mosaik zusammengesetzt denken muss (“musivisches Sehen”). Nach Ansicht von AXENFELD scheinen die Röntgenstrahlen den Fliegen sichtbar zu sein.

Unter den Weichtieren (Mollusken) haben die festsitzenden Brachiopoden nur im freien Larvenzustand zwei Pigmentflecke nahe dem Hirn; ähnliche, sogar mit lichtbrechendem Körper versehen, besitzen die Muscheln, jedoch nur im Larvenzustand.

Die ausgewachsenen Muscheln haben hingegen nur Pigmentflecke am Muschelrand, doch haben hier manche gestielte, smaragdglänzende, hochentwickelte Augen. Unter den Schnecken besitzen einige niedere gar keine Augen, andere haben am Kopf ein Pigmentfleckenpaar. Die Gartenschnecke trägt ihr Augenpaar auf einem besonderen Augenstiel. Das Auge selbst ist mit Cornea, Sehnerv, mit Netzhaut und Pigment und sogar mit Linse und Glaskörper versehen.

Unter den Kopffüsslern, (Cephalopoden), hat Nautilus (eingebettet in mehrkammeriger perlmutierreicher Schale) keine Hornhaut und Linse, das Meerwasser fließt frei in die Augenhöhle hinein. Andere besitzen eine Linse, aber es fehlt die Hornhaut, andere haben eine Öffnung in der Cornea (Sepia Octopus), alle übrigen Teile des Auges sind wohl entwickelt.

Zu 2 d.
Nach BÖKER sind bei dem Urwirbeltier die Augen paarige, ursprünglich ebenfalls zuerst flächenhafte, dann grubenförmige Bezirke des Hautepithels dorsolateral am vorderen Körperende, in denen Sinneszellen dicht gehäuft gelegen sind (Flachauge, Grubenauge). Daneben gibt es noch ein unpaares dorsal gelegenes Auge, Parietal oder Pinealorgan. Diese Sinneszellen sind z. T. charakterisiert durch einen Farbstoff, der bei Lichteinfall leicht zersetzt wird und dadurch die Lichtempfindlichkeit erhöht (Sehpurpur). Die Stützzellen dagegen enthalten ein lichtbeständiges Dauerpigment, das die Aufgabe hat, Licht zu absorbieren oder auch zu reflektieren und dadurch die Sinneszellen vor zu viel Licht zu schützen. Beim Urwirbeltier sind diese Aufgaben erst angedeutet, seine Augen haben nur hell, dunkel und Bewegungen zu unterscheiden, noch nicht Farbe, Ausdehnung, Entfernung, Fläche und Körperlichkeit. Das Sinnesepithel der Augen ist schon beim Urwirbeltier in die Tiefe verlagert, becherförmig vertieft (Blasenauge) und steht in direkter Verbindung mit dem Zentralnervensystem. Das Oberflächenepithel, das sich über dem Augenbecher schließt, hat aus Ektodermzellen eine durchsichtige Linse gebildet, die ebenfalls unter die Oberfläche verlagert worden ist.

Von den niederen Wirbeltieren ist der Amphioxus ohne Augen; zurückgebildet sind sie bei Proteus (Schwanzlurch) und dem Säuger Spalax (Blindmaus). Bei vielen Fischen, Amphibien und Reptilien ist das Auge von der durchsichtig gewordenen Haut überzogen. Bei verschiedenen Echsenarten findet sich in der Mitte des Schädeldaches ein drittes Auge, das mit Linse und Nerv ausgestattet ist und Lichtempfingungen vermittelt. Die Augen des Chamäleons sind von dicken mit Körnerschuppen bedeckten Lidern umgeben und können völlig unabhängig voneinander bewegt werden. Das Tier kann zugleich mit dem einen Auge die Umgebung vor seinem Kopfe, mit dem anderen die im Rücken beobachten.

Alle Vögel sind Augentiere. Ihre Augen sind aber nicht nach vorn gerichtet wie beim Säugetier, sondern mehr nach den Kopfseiten gerückt, so dass sie einen wesentlich größeren Gesichtskreis beherrschen. Da jedoch die Sehachsen nicht konvergieren, können die Vögel nicht beide Augen zugleich auf einen Punkt richten. Dadurch gewinnt der Vogel besonders von sehr naheliegenden Gegenständen nicht immer den zutreffenden Tiefeneindruck. Die Augen der verschiedenen Uhuarten besitzen “starre” Pupillen, die immer in der Mitte der gelb erscheinenden Iris bleiben. Das Auge kann nicht in der Orbita bewegt werden. Es reicht nach allen Seiten weit in den Schädel hinein. Auch ist es nicht kugelig. Ein solches Auge würde zu viel Platz benötigen, vor allem wenn es nach den Seiten und nach aufwärts gerichtet werden soll, ganz abgesehen von der Masse der Augenmuskeln, die dazu erforderlich wäre.

Diese Muskeln kann der nach Leichtigkeit strebende Vogelkörper einsparen, denn die Beweglichkeit des Auges in der Augenhöhle wäre sinnlos, da die Netzhaut keine ausgeprägten Stellen schärfsten Sehens besitzt, wie beim Menschen. Der ganze Kopf wird bewegt, wenn ein anderes Gesichtsfeld erfasst werden soll, es wird fast ganz mit beiden Augen angeschaut. So kommt schon von vielen Punkten des Blickfeldes eine doppelt so große Lichtmenge in die Augen und hier wird diese Lichtenergie mit Hilfe sehr langer Stäbchenzellen in der Netzhaut weitgehend für das Sehen ausgenützt. Die Netzhaut hat keine schwarze irisierende Schicht, die nicht verwertete Lichtstrahlen in die lichtempfindliche Schicht zurückwirft, und bewirkt dadurch das “Glühen” der Augen wie bei der Katze. Auch haben die Augen des Uhus kaum Zapfen, mit denen sie Farben aufnehmen könnten. Sie haben nur Stäbchenzellen für das Hell Dunkelsehen.

Dem Sehvorgang beim Menschen liegen beide Arten von Sinneszellen zugrunde: Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen sind lichtempfindlicher als die Zapfen und ermöglichen das Sehen geringer Helligkeiten, das sog. Nacht oder Dämmerungssehen. Dagegen sind nur die Zapfen in der Lage, die verschiedenen Wellenlängen qualitativ zu sondern, sie ermöglichen also das Farbsehen. Die Funktion der Stäbchen beruht auf dem Sehpurpur. Er bildet gewissermaßen die lichtempfindliche Schicht dieses Teiles der Netzhaut. Bei Belichtung zerfällt das Sehpurpur und reizt den Nerv. Wird die Helligkeit vermindert, dann baut er sich wieder auf, maximal bei Totalverdunkelung. Dieser Tatsache verdanken wir die “Dunkeladaption” genannte fortschreitende Steigerung der Empfindlichkeit beim Übergang von Helligkeit zu Dunkelheit.

Die Duplizität im Lichtsinn der Wirbeltiere, Stäbchen und Zapfen, ist etwas sehr altes. Sie findet sich bereits bei den Fischen, von denen sie sich bis herauf zum Menschen vererbt hat. Aber auf dem langen Wege von diesen ersten Wirbeltieren bis zu den Säugetieren und zum Menschen ist die Duplizität vielfach verloren gegangen. Typische Tagtiere haben meist eine zapfenreiche Netzhaut, u. U. sogar eine, in der die Stäbchen vollkommen fehlen. je mehr sich aber eine Art dem Nachtleben ergibt, desto zahlreicher werden die Stäbchen und desto seltener die Zapfen. Nachttiere (Eule, Fledermaus) besitzen entweder gar keine Zapfen oder nur verkümmerte. Die Retina der Vögel hat viele Zapfen, die der Eidechse nur Zapfen. Da aber die Natur äußerst konservativ ist und nicht gerne abändert, gibt es auch hier viele Ausnahmen, Das hängt damit zusammen, dass viele Tiere ihre Lebensgewohnheiten im Laufe der jahrtausende geändert haben bzw. gezwungenermaßen vom Tag zum Nachtleben übergegangen sind, ohne dass sich ihre Augen gleich umgestellt haben. Rochen, die in der Tiefe des Meeres leben, besitzen dennoch eine zapfenreiche Netzhaut, desgleichen die Kröten.

Die Wale haben eine riesige Verdickung der Sklera. Die Linse ist bei Wassertieren sehr stark kugelig. Einige Haie, Krokodile und die Vögel haben neben den Augenlidern noch eine Nickhaut (membrana nictitans) am inneren Augenwinkel. Die Nickhaut, auch als drittes Augenlid bezeichnet, ist beim Menschen eine kleine rudimentäre Falte, beim Pferde eine vom mediedialen Augenwinkel her einspringende Falte der Conjunctiva, die durch Einschiebung eines Knorpels, des sog. Blinzknorpels, gebildet wird. Der Knorpel hat einen breiten, verdünnten Rand und einen in der Tiefe stehenden, verdickten schmalen Fuß, an welchem die kleine glandula nictitans im Fett eingebettet sitzt. Bei Hochheben des Pferdekopfes am Kinnwinkel des Unterkiefers springt die Nickhaut vom medialen Augenwinkel her halbmondförmig 1 cm vor, ihr von oben nach unten gerichteter Rand ist 3 cm lang.
In diesem Zusammenhang sei noch auf die anders geartete Lage der Augenhöhle des Pferdes hingewiesen. Beim Menschen hat die knöcherne Augenhöhle über sich die Schädeldecke und unter sich das Oberkieferbein. Beim Pferd überwölbt die verkleinerte Schädelhöhle die Augenhöhle nicht. Diese liegt vielmehr vor der Schädelhöhle, lateral neben dem Siebbein und hinter der Oberkieferhöhle. Infolge dieser Unterschiede fehlt der Augenhöhle des Pferdes sowohl ein knöchernes Dach als ein knöcherner Boden und auch die laterale Knochenwand. Es bleiben nur die mediale Knochenwand und der knöcherne Augenring übrig. Die häutige Augenhöhle (periorbita), die beim Menschen die periostale Auskleidung der orbita bildet, ist also beim Pferd die eigentliche Wand der Augenhöhle. Der Inhalt der periorbita besteht aus dem Bulbus, der Tränendrüse und dem corpus adiposum intraorbitale. Die Ausbildung noch eines corpus adiposum extraorbitale (das dem Menschen fehlt) hängt zusammen mit dem Fehlen der knöchernen orbita. Es bildet eine Schutzhülle der periorbita, ist namentlich dorsal bei jungen Tieren stark entwickelt und füllt hier den Zwischenraum zwischen der periorbita, dem musc. temporalis und dem vorderen Rand des processus coronoideus mandibulae.

Für das Erkennen der Beute und damit der Nahrung ist die Akkomodtion des Auges notwendig. Säugetiere, Vögel und Reptilien zeigen denselben Mechanismus wie der Mensch. Bei Cephalopoden und Knochenfischen, deren Auge in der Ruhe für die Nähe eingestellt ist, wird aktiv für die Ferne akkommodiert, indem sich die Linse der Netzhaut nähert, bei Fischen durch Tätigkeit des musc. retractor lentis. Bei einigen Amphibien und Schlangen erfolgt eine aktive Einstellung des Auges für die Nähe, indem die Linse sich von der Netzhaut entfernt, durch Änderung des intraokulären Druckes.

In den vorstehenden Ausführungen konnte im Rahmen des Themas auf die Iris und ihre Zeichen bei Krankheiten (Irisdiagnose) nicht näher eingegangen werden (Thema wird an anderer Stelle ausführlich folgen). Es sollen aber abschließend doch einige beobachtete Fälle von Veränderungen der Iris infolge Krankheit bei Tieren erwähnt werden, die mit Beobachtungen beim Menschen überein zu stimmen scheinen. Gehen wir davon aus, dass die Nerven auch von Einfluss auf die Iriszeichnungen sind, so müssen wir daran denken, dass der Sympathicus durch sein unentwirrbares Geflecht allerfeinster, z. T. kaum sichtbarer Verzweigungen nicht nur mit allen Teilen des Körpers, sondern auch mit jeder einzelnen Zelle verbunden ist, also auch mit den Gebilden der Iris, dass also ein Reiz, der von einem Organ ausgelöst wird, auf dem Wege der sympathischen Nervenfasern auch einen Bezirk der Iris beeinflusst und, wenn dieser Reiz ein dauernder ist, auch zu einer dauernden Veränderung an diesem Organ führen kann.

1. Fall:
G. Schmaus, Redhouse (Südafrika), bemerkte bei einem großen Hund mit sehr hellbrauner Iris in der rechten Iris bei ungefähr 08:00 Uhr einen großen scharf abgegrenzten Pigmentfleck von rostbrauner, mehr ins schwarze gehender Farbe. Bei der Untersuchung des Hundes fand sich hinter der Pfote des rechten Vorderfußes eine hühnereigroße Geschwulst, die operiert wird. Nun bemerkte aber Sch. in der linken Iris bei 16:00 Uhr am Irisrand ebenfalls einen ähnlichen Fleck. Hierzu erklärte der Besitzer des Hundes, dass der Hund die gleiche Geschwulst auch am linken Fuß gehabt habe, die vor einem halben Jahr operativ entfernt worden sei. Daher die abgeblasste und in Rückbildung begriffene Zeichnung der linken Iris. Nach einem Jahr waren die Iriszeichen auf beiden Iriden zurückgebildet. Man sieht, dass sich die Vorgänge der rechten Körperhälfte in der rechten und die der linken in der linken Iris abspiegeln (“Halbseitenreaktion”).

2. Fall:
2-jähriger Wolfshund, seit dem 2. Lebensmonat in Händen des Besitzers, der sich von Anbeginn für Farbe und Veränderungen der Iriden interessiert. Grauschwarze Färbung der Iriden um die Pupille, die im Ciliarteil sich in glänzendes Gelbbraun ändert, um am Ciliarrand wieder in einem schmalen Randstreifen grauschwarz zu werden. Nach einer Rauferei, bei der die Hunde nur mit Gewalt und Stockschlägen von einander getreten werden konnten, zeigte sich in der linken Iris eine Gruppe von 5-6 kleinen roten blutfarbenen, zuerst deutlich erkennbaren Pünktchen, die dann aber dunkler wurden und nach einem Jahr eine dunkelbraune bis schwarze Gruppe in glänzender gelbbrauner Iris ausmachen.

3. Fall:
Während seiner Tätigkeit im Hostauer Gestüt hatte Soukup bei allen Tieren periodisch die Augen mit Spiegel und Lampe untersucht. Dabei hatte er öfters Gelegenheit zu beobachten, dass bei Fohlen, die an der weißen Ruhr der Säuglinge (Dysenteria neonaetorum) erkrankt waren, die Iris getrübt war, und zwar handelte es sich um eine weißlichgraue Verfärbung der Iris. Diese Trübung war am äußeren Rande der Iris am stärksten, fast ganz weiß. Gegen die Pupille zu war sie dünner, so dass die braune Farbe der Iris durch die Trübung nur etwas verwischt war. Oft habe er ein an sonst noch nicht erkennbarem grauem Durchfall erkranktes Fohlen nur an dieser Trübung der Iris frühzeitig entdeckt.
Mit der Genesung verschwand die Trübung der Iris wieder. Beim Menschen sollen weiße Flocken der Iris Zeichen einer nicht abgeheilten Entzündung sein und bei Kindern mit blauer Iris entwickeln sich immer wieder leicht weiße Zeichen, die auf eine Disposition zu bestimmten Krankheiten hinweisen (Skrofulose). Bei älteren blauäugigen Menschen mit einer Disposition zu Rheumatismus, Gicht und Verkalkung beobachtet man sehr oft einen Irisrand von fast weißer Tönung.

Quellen:
HERTWIG: Elemente der Entwicklungslehre, Verl. G. Fischer, Jena
RAUBER: Anatomie d. Menschen. Abtlg. 6 Sinnesorgane, Verl. Thieme, Leipzig. BÖKER: Vgl. biol. Anatomie d. Wirbeltiere. 2. Bd. Verl. Fischer, Jena