Homöopathie bei Grippe
Die Spanische Grippe 1918-19
Man nahm nicht an, dass er sterben würde. Er war gerade mal 20, ein junger Soldat der 42. Infanteriedivision, stationiert im Camp Devens in Massachusetts. Er stand in der Blüte seines Lebens und strotzte vor Gesundheit und Kraft. Zuerst dachte er, er hätte sich wohl einfach eine Erkältung zugezogen, als er sich an jenem frühen Morgen im September 1918 krank meldete. Er hatte plötzlich Kopfschmerzen bekommen und einen leichten, trockenen Husten. Dann spürte er langsam, dass er Fieber bekam. Also dachte er, um sicherzugehen, sollte er wohl besser ein Krankenhaus aufsuchen. Es wurde ihm ein Bett zugewiesen, er erhielt Aspirin und man sagte ihm, der Arzt würde gleich da sein und ihn untersuchen. Er sollte in 3 oder 4 Tagen wieder auf den Beinen und arbeitsfähig sein. Stattdessen war dieses junge, typische Beispiel des vorbildlichen amerikanischen Soldaten innerhalb von 2 Stunden nach seiner Aufnahme im Krankenhaus auf unerklärliche Weise gestorben!
Die Welt war nicht vorbereitet auf das, was da gerade auf sie hereinbrach an jenem Septembertag im Jahre 1918.
Ursprung der Pandemie und die erste Welle
Der erste Hinweis, dass etwas Fürchterliches auf die Menschheit zurollt, kam aus Spanien. Die spanische Nachrichtenagentur Agencia Fabra sandte nicht nur ein, sondern gleich zwei Telegramme innerhalb eines Tages von Madrid nach London mit dem folgenden Wortlaut:
Eine merkwürdige Krankheit mit epidemischem Charakter ist in Madrid aufgetreten. Die Epidemie verläuft harmlos – bisher keine Todesfälle gemeldet. Diese voreilige Schlussfolgerung erwies sich als kindlich optimistisch. Das Virus traf Spanien mit der Wucht eines riesigen Torpedos. In Kürze erlagen ungefähr 8 Millionen Spanier der Krankheit, die sie ahnungslos „3-Tage-Fieber“ nannten.
Die Erkenntnis über das ungeheure Ausmaß der Krankheit schlug ein wie ein Hammerschlag, als der nationale Herrscher, König Alfons XIII erkrankte und die Madrider Zeitung El Sol in den Schlagzeilen darüber berichtete. Zu jener Zeit war ein Drittel der Einwohner Madrids an der Grippe erkrankt, einige Regierungsbüros mussten schließen und die Straßenbahnen der Stadt stellten ihren Dienst ein.
Der Rest der Welt machte Spanien für diese Pandemie verantwortlich, auch wenn es nur aufgrund des Namens war – „Spanish Lady“ oder „Spanische Grippe“.
Die Entstehung des Virus ist nur schwer bestimmbar, jedoch nimmt man an, dass es erstmals am 5. März 1918 im Camp Funston in Kansas, USA aufgetreten ist.
Einsatz Homöopathischer Heilmittel bei Grippe
Die frustrierende Tatsache bleibt, dass die Grippe weiterhin unbesiegt ist. Man sieht zwar ein, dass Grippeimpfungen nur sehr eingeschränkt wirksam sind, wenn es darum geht, der Krankheit vorzubeugen. Trotzdem werden diese Impfungen jedes Jahr heftig angepriesen als die einzige Möglichkeit zum Schutz gegen die Grippe. Jene unter Ihnen, die nicht in jeder Grippesaison irgendeinen gerade aktuellen Impfstoff injiziert bekommen wollen, ziehen vielleicht eine der folgend aufgeführten Empfehlungen in Betracht.
Präventivmaßnahmen
Seit über 10 Jahren habe ich diese Präventivmaßnahmen sowohl bei meinen Patienten wie auch bei meinen Studenten persönlich und erfolgreich angewandt und empfohlen: Einen Monat vor der erwarteten Grippesaison (normalerweise um die Zeit, wenn die Medien damit beginnen, die Bevölkerung auf die Grippeimpfung hinzuweisen) nehmen Sie 4 Wochen lang jede Woche 1 Dosis Influenzinum D30. Überspringen Sie die 5. Woche und nehmen Sie dann in der 6. Woche nochmals 1 Dosis. Dann nehmen Sie während der ganzen Grippesaison 1 Dosis pro Monat. Wenn Sie trotz allem eine Grippe bekommen (und das ist ein paar Personen passiert), so fällt sie gewöhnlich viel leichter aus, als das normalerweise der Fall wäre. Wenn das geschieht, nehmen Sie 1 Dosis Influenzinum C30 und anschließend das angezeigte Heilmittel für diesen Fall.
Pierre Schmidt, M.D. äußert sich zum Einsatz homöopathischer Prophylaktika wie folgt:
„Gibt man Leuten in einem guten Gesundheitszustand homöopathische Medikamente, während
eine größere Anzahl Personen in der gleichen Umgebung plötzlich von einem pathologischen Zustand ergriffen werden,
so ist das, als ob man sie sensibilisieren und dabei unterstützen würde, die Krankheit besser abzuwehren; aber das
kann nur funktionieren, wenn sie sich in der Umgebung einer Epidemie befinden. Es wird bei jedem eine kurze,
völlig ungefährliche, künstliche Erkrankung ausgelöst, die geringe Dosis kann keine Wirkung erzielen, ohne dass
die Patienten dieser Umgebung ausgesetzt waren. Das künstliche Auslösen einer Krankheit, die dem pathologischen
Miasma, das den Patienten bedroht, ähnelt, kann als Anwendung präventiver Homöopathie gelten.“
Die folgenden Zitate sind Empfehlungen von verschiedenen homöopathischen Praktikern, mit dem Ziel, entweder der Grippe vorzubeugen oder sie in ihrer Heftigkeit zu beeinflussen.
Wade Boyle, N.D. und André Saine, N.D.: „Influenzinum und Oscillicoccinum können schon früh gegeben werden, um den Verlauf abzukürzen, und zusammen mit Tuberculinum kann es zu Beginn der Saison prophylaktisch gegeben werden.“
Miranda Castro, FSHom.: „Oscillococcinum (das einzige wirklich unaussprechliche Heilmittel in unserer Materia Medica!) ist nützlich, wenn man weiß, dass man dem Erreger ausgesetzt war, aber noch keine Symptome zeigt oder wenn das Krankheitsgefühl gerade erst angefangen hat, sich aber noch keine erkennbaren Symptome entwickelt haben. Nehmen Sie 3 Dosen in 4-8-stündigen Abständen und hoffen Sie das Beste.“
Stephen Cumming, F.N.P. und Dana Ullmann, M.P.H.: „Aconitum und Ferrum phosphoricum wurden häufig frühzeitig bei Einsetzen des Fiebers und der Schmerzen gegeben, um der Grippe vorzubeugen.“
W.A. Dewey, M.D: „Tuberculinum ist ein ausgezeichnetes Vorbeugemittel bei wiederkehrenden Ausbrüchen der Spanischen Grippe für die Betroffenen, die jedes Jahr davon heimgesucht werden.“
Jacques Jouanny. M.D.: „Oscillococcinum 200. Um der Grippe über einen langen Zeitraum vorzubeugen, verschreiben Sie während der Wintermonate 1 Dosis pro Woche. Kurzzeitig kann der Patient 1 Dosis einnehmen, sobald er die ersten Symptome verspürt; wenn Steifheit mit Frösteln, erste Anzeichen eines Schnupfens auftreten, kann bei Bedarf mehrere Stunden später 1 Dosis Sulfur C9 eingenommen werden. Klinisch gesehen hat dieses Heilmittel eine bemerkenswerte antivirale Wirkung, zweifellos weil die zahlreichen Aminosäuren, die in seiner Grundsubstanz enthalten sind, reich an DNA und RNA sind. Es kann präventiv (über einen längeren oder kürzeren Zeitraum) oder kurativ eingesetzt werden.“
Tomas Kruzel, N.D.: „Oscillicoccinum. Am besten gibt man es bei den ersten Anzeichen einer Grippe – Angstgefühle, blass, zittern, Zwangsvorstellungen, Sturheit, wäscht sich häufig die Hände, hat Angst vor Stürmen, Absonderungen aus Ohren und Nase, verstopfte Nase und Niesen, seröses bis schleimig-eitriges Sekret, Schmerzen in den vorderen Nebenhöhlen, trockener Reizhusten, stechender Schmerz in beiden Ohren mit verschlechtertem Hörvermögen.“
Samuel Lilienthal, M.D.: „Camphora. Dieses Mittel reicht häufig aus, um gleich zu Beginn den Ausbruch der Krankheit zu unterbrechen, oder zumindest ihren Schweregrad herabzusetzen. Das Stadium des Fröstelns bleibt bestehen.“
Pierre Schmidt, M.D.: „Influenzinum hispanicum C200 [Nosode zur Zeit der Spanischen Grippe]. 3 Dosen im Abstand von 8 Stunden zu Beginn der Epidemie.“
Michael Weiner, Ph.D.: „Nach einem Kontakt mit einem Grippekranken empfehle ich Homöopathen Gelsemium 30 in 3 Dosen über einen Zeitraum von 24 Stunden, um einer Infektion vorzubeugen. Wenn die passende Heilmittelkombination (aus den 2 oder 3 vorrangigen Mitteln bei einer bestimmten Epidemie) ermittelt worden ist, dann wird statt Gelsemium die gleiche Dosis dieser Heilmittelkombination eingenommen.“
Schnelle Schlüsselmerkmale
Etliche moderne Heilmittelverzeichnisse beinhalten eine Rubrik über die Grippe, wie z.B. das „Klinische Repertorium der Homöopathie“ von Robin Murphy und „Synthesis“ von Dr. Frederik Schroyens. Das gebräuchlichste Verzeichnis, Kents „Repertorium“, enthält jedoch keine spezielle Rubrik über die Grippe. Wenn Sie mit der homöopathischen Methode vertraut sind, die Symptome für einen bestimmten Fall zu klassifizieren und Zeit keine Rolle spielt, ist es immer am besten, die typischen Merkmale der vorgestellten Symptome zu Hilfe zu nehmen, um das angezeigte Heilmittel zu bestimmen. Wer jedoch zu wenig Bezugsquellen über die Materia Medica hat, und wenn es im Krankheitsfall keine Zeit zu verlieren gilt, ist jede Methode von Nutzen, die den Suchprozess nach dem richtigen Heilmittel beschleunigt. Hier geht es nun darum, das benötigte Heilmittel in kurzer Zeit ausfindig zu machen. Man sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es sich nur um ein Werkzeug handelt, und wie es bei einem Werkzeug der Fall ist, hängt seine Genauigkeit und Brauchbarkeit einzig und allein von der Fähigkeit desjenigen ab, der es benutzt. Es darf daher nicht als das einzig wahre und richtige Mittel zur Bestimmung eines Heilmittels für einen bestimmten Fall angesehen werden; vielmehr sollte es dazu dienen, sich einer Gruppe von Mitteln anzunähern, die für den vorliegenden Fall am ehestens zu berücksichtigen sind.
Methode
Da alle wichtigen Symptome bei Grippe für die Krankheit typisch sind und daher zur Bestimmung des angezeigten Heilmittels nur wenig nützen, wählen Sie die markantesten und vorherrschenden Symptome aus, die Sie in diesem speziellen Fall beobachten. Diese sind die auffallendsten Symptome – diejenigen, die dem Patienten am meisten Kraft nehmen. Das heißt, es handelt sich hier um die Symptome, die der Patient, wenn er eine Wahl hätte, am liebsten loswerden würde.
Beginnen Sie die Behandlung mit dem ausgewählten Heilmittel, das der Mehrheit der Symptome im vorliegenden Fall am nächsten kommt. Wenn die Symptome und der Allgemeinzustand des Patienten auch nach 3 bis 4 Dosen noch keine Besserung zeigen, brechen Sie die Behandlung mit diesem Mittel ab und geben dem Patienten das nächste angezeigte Mittel, das Sie für diesen Fall ausgewählt haben, usw. Dabei muss betont werden, dass das Mittel nicht gewechselt werden darf, wenn sich der mentale/emotionale Zustand des Patienten gebessert hat, d.h. wenn er sich emotional und im Allgemeinen besser fühlt, die körperlichen Symptome sich jedoch noch nicht deutlich gebessert zu haben scheinen. Das ist ein sehr gutes Zeichen, dass die Wahl des Heilmittels richtig ist und sich bald eine Besserung der physischen Symptome einstellen wird.
Sandra Perko
Seit über 25 Jahren in
eigener Praxis
als Ernährungsberaterin und
Homöopathin in Texas, USA tätig
Auszüge aus:
Perko, Sandra:
Die homöopathische Behandlung der
Grippe.
Narayana Verlag, 2009
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