Anmelden als
Lesezeit: 4 Minuten

Kohlenhydrate, Saccharide

Kohlenhydrate, Saccharide

Kohlenhydrate (Saccharide) kommen weitverbreitet in Lebewesen vor. Sie sind eine umfangreiche Stoffgruppe. In Form von Stärke oder Ballaststoffen sind sie für den Menschen ein wichtiger Bestandteil der Ernährung. Bestimmte Polysaccharide und Schleimstoffe werden auch medizinisch genutzt.
Der Name Kohlenhydrat leitet sich von der Summenformel für Zucker Cn(H2O)n ab, die ein Hydrat des Kohlenstoffs vermuten ließ.

Obwohl dieses natürlich nicht den richtigen Bindungsverhältnissen entspricht, wurde der Name beibehalten. Der Summenformel entsprechen z.B. Amino- und Desoxyzucker nicht, sie gehören aber dennoch zu dieser Stoffgruppe. Am häufigsten kommt der Grundbaustein – die Glucose – vor. Sie wird von Pflanzen durch die Photosynthese gebildet.

Einteilung:

Die Kohlenhydrate werden nach der Anzahl der Grundbausteine eingeteilt. Monosaccharide bestehen aus einem, Oligosaccharide aus zwei bis acht und Polysaccharide aus mehr als zehn Einheiten.

Monosaccharide:

Monosaccharide sind Oxidationsprodukte mehrwertiger Alkohole, den Zuckeralkoholen. Je nach dem ob eine primäre oder sekundäre Alkoholgruppe oxidiert wird, entsteht als funktionelle Gruppe ein Aldehyd oder ein Keton, die dann als Aldosen bzw. Ketosen bezeichnet werden. Diese Moleküle können in Ringform vorliegen. Wenn sich ein 6-er Ring bildet, spricht man von einer Pyranose, bei einem 5-er Ring von einer Furanose. Die Oxidation der endständigen Hydroxylgruppe zur Carbonsäure resultiert in der entsprechenden Uronsäure. Aus der Glucose wird dann z.B. die Glucuronsäure. Nach Anzahl der C-Atome im Molekül unterscheidet man noch Pentosen (5 C-Atome) und Hexosen (6 C-Atome). Der Austausch einer Hydroxylgruppe durch ein Wasserstoffatom führt zu den Desoxy-, ein Ersatz durch eine Aminogruppe zu den Aminozuckern.


Strukturformel der alpha-D-(+)-Glucose

Das durch Hydrolyse von Saccharose gewonnene äquimolare Gemisch von Glucose und Fructose wird als Invertzucker bezeichnet.

Oligosaccharide:

Oligosaccharide setzen sich aus zwei bis acht Monosacchariden zusammen. Am häufigsten sind die Disaccharide wie z.B. Saccharose (Rohrzucker), eine über die halbacetalischen Hydroxylgruppen verknüpfte Verbindung aus Glucose und Fructose oder Lactose (Milchzucker), eine über eine halbacetalische Hydroxylgruppe mit einer alkoholischen Hydroxylgruppe verknüpfte Verbindung aus Galcactose und Glucose. Die Verknüpfungsart des ersten Beispiels wird als Trehalose-Typ, die des zweiten Beispiels als Maltose-Typ bezeichnet.


Saccharose = ß-D-Fructofuranosyl-alpha-D-Glucopyranosid

Lactose = 4-O-ß-D-Galactopyranosyl-alpha-D-Glucopyranose

Als weitere Beispiele für Disaccharide sind Maltose und Lactulose, Trisaccharide sind Raffinose und Gentianose (ein Speicherkohlenhydrat der Enziangewächse, z.B. dem Gelben Enzian) zu nennen.

Polyaccharide:

Polysaccharide sind aus mehr als 10 Monosacchariden aufgebaut. Bestehen sie nur aus einer Art von Monosacchariden, so werden sie als Homoglykane bezeichnet. Das Homoglykan der Fructose wird z.B. Fructan genannt. An Heteroglykanen sind zwei oder mehr Monosaccharide unterschiedlicher Struktur beteiligt. Bestehen Heteroglykane überwiegend aus Uronsäuren, so werden diese unter dem Namen Polyuronide zusammengefasst. Mucopolysaccharide besitzen Bausteine aus Aminozuckern.
Ein wichtiges Beispiel für ein Homoglykan ist die Cellulose, die aus 1,4-ß-verknüpften Glucoseeinheiten besteht.


Cellulose

Stärke ist das wichtigste Speicherkohlenhydrat der Pflanzen. Es besteht aus dem Gemisch zweier Homoglykane, der Amylose und dem in heißem Wasser unlöslichen Amylopektin.

Pektine sind Polysaccharide aus Galacturonsäure, die teilweise mit Methylalkohol verestert sind. Schleimstoffe aus höheren Pflanzen sind Gemische von Heteropolysacchariden mit verzweigten Ketten, die mit Wasser kolloidale, hochvisköse Lösungen bilden.
Ballaststoffe sind bis auf das Lignin Kohlenhydrate, die vom menschlichen Organismus nicht verdaut werden können. Sie werden in wasserlösliche (z.B. Pektine, Pflanzengummis) und wasserunlösliche Ballaststoffe (z.B. Cellulosen, Hemicellulosen) eingeteilt.

Wirkungen:

In erster Linie dienen die Kohlenhydrate dem Körper zur Energiegewinnung.

Obwohl Ballaststoffe unverdaulich sind, haben sie sich als ein sehr wichtiger Bestandteil der Ernährung erwiesen.

Die wasserlöslichen Ballaststoffe werden im Dickdarm durch Bakterien z.T. zu kurzkettigen Fettsäuren zersetzt und dienen so auch der Gesunderhaltung und Ernährung der Darmschleimhaut.
Schleimstoffe werden aufgrund ihrer einhüllenden und adsorbierenden Wirkungen zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts verwendet. Unlösliche Schleimstoffe, wie z.B. in Leinsamen, werden wegen ihrer Quellfähigkeit bei Verstopfung eingesetzt. Polysaccharide aus dem Sonnenhut haben immunmodulatorische Eigenschaften und dienen zur Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte bei Infektionskrankheiten.

Vorkommen:

Kohlenhydrat

Wirkung

Beispiel

Inulin (1,2-ß-D-Fructosan mit endständiger Glucose) Prebiotische Nahrungsergänzung Topinambur-Knolle
Invertzucker (Glucose + Fructose) Ernährung Honig, Gelée royale
Malzextrakt (Maltose, Dextrine) Kräftigungsmittel Gerste
Weizenkleie (Cellulose, Pentosane, Pektin, Stärke) Obstipation Weizen
Lichenan, Isolichenan Quellmittel Isländisches Moos
Alginate (Poyuronid) Quellmittel Braunalgen
Galactomannane Schleimstoff Bockshornklee
Galactorhamnane, Arabinoglalactane Schleimstoff Eibisch
Arabinoxylane Schleimstoff Flohsamen, Indische Flohsamen
Saure Polysaccharide Schleimstoff Huflattich
Arabinoxylan + saure Polysaccharide Schleimstoff Leinsamen
Arabinoglalactan Schleimstoff Lindenblüten
Rhamnogalacturonane, Arabinogalactane Schleimstoff Wilde Malve
Arabinoglalctan, Glucomannan Schleimstoff Spitzwegerichkraut
Xyloglucan, Arabinoglalctan Schleimstoff Wollblumen
4-O-Methylglucuronoarabinoxylan, Arabinorhamnoglalactan, Xyloglucan Immunmodulatorisch  

Literatur:

  • Georg Schiller, Karl Hiller: Arzneidrogen, 4. Aufl. 1999,
    Spektrum Akademischer Verlag
  • Karl Hiller, Matthias F. Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen, 1999,
    Spektrum Akademischer Verlag
  • Andreas Hahn, Nahrungsergänzungsmittel, Paperback APV Band 41, 2001,
    Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart
  • Hager ROM 2002, Springer Verlag