Herz unter Druck
Unterschätze Gefahr: Arterielle Hypertonie
Zur Zeit von Paracelsus (1493-1541) galt das Herz noch als der Sitz der Seele. Auch in unserer heutigen Zeit spricht der Volksmund von der „Verbundenheit des Herzens“ mit unseren Seelenzuständen. Dies lässt erahnen, dass eine Erkrankung des Herzens nie nur ein Defekt eines zentralen Organs ist. Aus den vielen Er- scheinungen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sticht in diesem Sinne v. a. die arterielle Hypertonie hervor, der in der Naturheilpraxis bereits frühzeitig präventiv und später schulmedizinisch begleitend begegnet werden kann. Nur allein ihre Symptome zu bekämpfen wäre kurzsichtig. Für eine erfolgreiche Therapie ist eine gründliche und ganzheitliche Diagnostik essenzieller Ausgangspunkt.
Führende Todesursache
Die moderne Kardiologie errang in den letzten Jahrzehnten enormes Wissen um die Funktionalität des Herzens. Es ist heute u. a. möglich, lädierte Herzklappen zu ersetzen und verengte Gefäße durchlässig zu machen. Sogar die Transplantation von Fremdherzen beherrscht man inzwischen. Aber trotz dieses enormen medizinischen Fortschritts zählen Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen in den westlichen Ländern leider noch immer zu den häufigsten Todesursachen. Dabei bleiben die wahren Ursachen der Fehlleistungen des Herzens auch heute noch oft ungewiss.
Zu den häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören:
- Hypertonie (Bluthochdruck)
- Herzinfarkt
- Herzrhythmusstörungen
- Kardiophobie (Herzneurose)
Der Sichtweise der modernen Kardiologie liegt oftmals eine mechanistische Vorstellung von der Organfunktion zugrunde. Eine Erkrankung am Herzen bzw. im Herz-Kreislauf-System sollte aber nicht nur symptomatisch betrachtet werden. Ebenso wichtig ist es, den Blick auf sämtliche körperliche Gegebenheiten und auch auf die Psyche des Betroffenen zu werfen.
Die Sprache des Herzens
Im täglichen Leben werden meist unterbewusst Redewendungen genutzt, die Hinweise auf etwaige Krankheitsursachen geben können. Hierzu zählen z. B.:
- Sie hat das Herz am rechten Fleck.
- Das Herz ist ihm in die Hose gerutscht.
- Das bricht einem das Herz.
- Er hat ein Herz aus Stein.
- Sie gibt ihrem Herzen einen Ruck.
- Man sieht nur mit dem Herzen gut.
- Psychisch-emotionale Belastungen: Überforderung im Alltag, Stress, Pflege von Angehörigen
- Ernährung: Fast Food, Übergewicht, Diabetes mellitus
- Bewegungsmangel
- Schlafmangel
- Suchtmittel: Nikotin, Alkohol
- Psychosoziale Probleme: Einsamkeit
- Familiäre Prädisposition
Achtsames Hinhören kann oft schon als ein erster Hinweis zur Erkennung einer etwaigen Erkrankung dienen.
Das Herz der Frau
Auch wenn man die Redewendung „Frauen haben ein großes Herz“ kennt, so sind weibliche Herzen anatomisch gesehen doch immer noch kleiner als männliche. Sie müssen deshalb schneller schlagen, um den Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Zudem sind die weiblichen Herzkranzgefäße feiner, weshalb diese rascher an Elastizitätsverlust leiden. Beschwerden können dadurch andere sein und Medikamente anders wirken. In der Folge sollten sie bei Frauen auch unterschiedlich dosiert werden als bei Männern.
Das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen wurde lange Zeit sehr unterschätzt. Die Forschung legte ihren Schwerpunkt v. a. auf die Männergesundheit. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass Frauen ebenso gefährdet sind, entsprechende Leiden zu entwickeln. Gerade in der heutigen Zeit, in der v. a. Frauen oft Mehrfachbelastungen ausgesetzt sind, sollte diese Problematik in die therapeutische Betrachtung einfließen.
Risikofaktoren
Geschlechtsunspezifische Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind:
- Psychisch-emotionale Belastungen: Überforderung im Alltag, Stress, Pflege von Angehörigen
- Ernährung: Fast Food, Übergewicht, Diabetes mellitus
- Bewegungsmangel
- Schlafmangel
- Suchtmittel: Nikotin, Alkohol
- Psychosoziale Probleme: Einsamkeit
- Familiäre Prädisposition
Herz-Kreislauf-Leiden
- Schwindel, auch beim Treppensteigen, Benommenheit
- Kurzatmigkeit
- Schlechter Schlaf
- Herzklopfen, -rasen, -stolpern
- Engegefühl und Schmerzen im Brustbereich
- Gliederschmerzen meist am Bein, Muskelkrämpfe
- Unwohlsein mit Schwächegefühl
- Stechende oder brennende Schmerzen hinter dem Brustbein
Bei Herzinfarkt: stark ausstrahlender Schmerz in die Innenseite des linken Oberarms, hinter das Brustbein oder unter das Kinn; bei Frauen Beschwerden im Oberbauch mit Übelkeit und Erbrechen.
Auch Hinweise über die dem Herzen zugeordneten Head‘schen Zonen können hilfreich sein und schnelles Handeln erfordern. So können in den linken Oberarm ausstrahlende Schmerzen auf einen etwaigen Herzinfarkt hindeuten.
Gefahr Bluthochdruck
Unter Arterieller Hypertonie versteht man eine chronische Erhöhung des Blutdrucks im arteriellen Gefäßsystem. Hoher Blutdruck ist ein anerkannter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, z. B. Herzinfarkt und Schlaganfall. Ist der Blutdruck dauerhaft erhöht, können neben dem Herzen auch andere wichtige Organe (z. B. Gehirn, Nieren, Augen) geschädigt werden.
Arterielle Hypertonie kann viele Ursachen haben, wobei die genauen, allumfassenden Gründe bis heute nicht abschließend erforscht sind. Oftmals sind keine körperlichen Ursachen feststellbar. Trotz alledem oder auch gerade deshalb ist es besonders wichtig, eine gründ- liche Diagnostik durchzuführen.
Diagnostik
Der Blutdruck ist einer der wichtigsten veränderlichen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Er sollte regelmäßig kontrolliert und der empfohlene Zielwert eingehalten oder erreicht werden. Um aussagekräftige Blutdruckwerte zu erhalten, sind mehrmalige Messungen notwendig. Es sollten mindestens drei Blutdruckmessungen an zwei verschiedenen Tagen durchgeführt werden. Am besten misst man fachgerecht zu Hause, um die bekannte „Weißkittelkrankheit“ auszuschließen. Zusätzlich kann eine 24- Stunden-Blutdruckmessung vom Arzt durchgeführt werden, damit die tageszeitlichen Schwankungen miterfasst werden.
Des Weiteren sind folgende Laborparameter abzuklären:
Blutbild: Erythrozyten, Hämoglobin, Hämatokrit, Leukozyten, Thrombozyten
Elektrolyte: Kalium, Natrium, Kalzium, Magnesium
Entzündung: C-reaktives Protein (CRP)
Zucker- und Fettstoffwechsel: Hba1c, Gesamtcholesterin, LDL-/HDL-Cholesterin, Triglyzeride, Omega-3-Index, Harnsäure
Schilddrüse: TSH, fT4 und fT3 (freies Thy- roxin bzw. Trijodthyronin)
Leber und Niere: GOT, GGT, AP, Serumal- bumin, Serumkreatinin
Risikomarker: Homocystein
Der Omega-3-Index misst den prozentualen Anteil der Omega-3-Fettsäuren am Gesamt-Fettsäuregehalt im Blut. Er gilt schon seit Längerem als Marker für das kardiovaskuläre System. Höhere Konzentrationen an Omega-3-Fettsäuren sind mit einem niedrigeren Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen verbunden. Somit ist die Index-Bestimmung ein wichtiger Faktor für die Prävention sowie bei bereits eingetretenen Beschwerden.
Naturheilkundliche Strategien
Hoher Blutdruck wird schulmedizinisch mit mehreren Medikamenten behandelt. In eine Bluthochdruck-Therapie sollten darüber hinaus Lebensstiländerungen einbezogen werden. Diese sind im Rahmen eines naturheilkundlichen Konzepts zentral:
Ernährungsumstellung: Salzreduktion, mediterrane Kost, Omega-3-Fettsäuren, Vollkornprodukte, Kräuter, ausreichend stilles Wasser
Mehr Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität (z. B. Radfahren, Wandern, Schwimmen)
Stressmanagement: Entspannungstechniken (z. B. Yoga, Atemübungen)
Besserer Schlaf: Routinen und Rhythmus entwickeln (u. a. feste Zeiten für Aufstehen und Zubettgehen)
Ergänzt wird mit bewährten Therapieansätzen:
Traditionelle Methoden: Phytotherapie, Spagyrik, Homöopathie
Orthomolekulare Medizin: Analyse und Gabe spezifischer Mikronährstoffe
Psyche: Tragfähige Beziehungen, Gesprächstherapie
Fallstudie
Meine Patientin ist Mitte 50 und berufstätig. Meist fühlt sie sich gut, an manchen Tagen ist ihr jedoch schwin- delig. Dann leidet sie an Kopfschmerzen und spürt meist abend ein unangenehmes Herzklopfen und einen leichten Druck hinter ihrer Brust, weshalb sie in meine Praxis kommt. Im Gespräch erklärt sie, dass ihr „alles auf die Nerven“ gehe. Zudem leide sie an Schlafstörungen, v. a. beim Einschlafen, und habe häufig Gedächtnisprobleme (z. B. vergisst sie im beruflichen Kontext, terminierte Tätigkeiten auszuführen).
Wir sprechen über ihren Lebensstil.
Die Patientin ist leicht übergewichtig. Sie schätzt sich jedoch als sportlich aktiv ein, da sie gerne in den Bergen wandert. Sie ernährt sich gesund, trinkt wenig Alkohol und nimmt keine Medikamente ein.
Ihre Mutter ist an einem Schlaganfall verstorben. Die von der Patientin über Jahre gepflegte kranke Schwiegermutter demütigte sie regelmäßig. Außerdem nimmt sich die Patientin das aktuelle Weltgeschehen sehr zu Herzen.
Untersuchungsergebnisse
Die Blutdruckmessungen in der Praxis und zu Hause im gewohnten Umfeld ergeben 140-145 mmHg systolisch und 90-95 mmHg diastolisch. Auffällige Laborwerte sind: leicht erhöhtes Homocystein, minimal erhöhtes CRP, LDL- Cholesterin im oberen und HDL-Cholesterin im unteren Bereich (erhöhter LDL/HDL-Quotient), niedriger Omega-3-Index.
Therapie
Im vorliegenden Fall empfehle ich:
Homocystein Balance (Fa. Nahani): täglich 1/2 Dosierlöffel Pulver in 200 ml Wasser auflösen und schluckweise trinken Homocystein ist eine für den Stoffwechsel wichtige schwefelhaltige Aminosäure. Sie ist an der Entstehung kardiovaskulärer und cerebrovaskulärer Erkrankungen beteiligt und wird im Rahmen der normalen Verstoffwechselung von Methionin gebildet, das durch Lebensmittelverzehr aufgenommen wird. Erhöhte Homocysteinwerte werden mit Erkrankungen der Herzkranzgefäße sowie v.a. mit Schlaganfällen neurologischen Krankheiten, Osteoporose und Störungen der Fortpflanzungsfähigkeit in Verbindung gebracht.
ChillPills (Fa. Nahani): täglich zum Frühstück 1 Kapsel mit Wasser einnehmen
Die adaptogenen Eigenschaften der Inhaltsstoffe stärken die Resistenz des Organismus gegen Stress. Es kann eine verbesserte Stressregulation und darüber eine gesteigerte körperliche Widerstandskraft und geistige Leistungsfähigkeit erreicht werden. Die Kapseln sollten nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit, bei bipolarer Störung oder während der Einnahme von Ciclosporin und trizyklischen Antidepressiva (z. B. Melitracen) eingenommen werden.
Wilde Omega-3-Fettsäuren (Fa. Nahani): täglich 2x1 Kapsel zu einer proteinreichen Mahlzeit (z. B. Joghurt, Quark, fettreicher Fisch)
Die im fetten Meeresfisch enthaltenen essenziellen Omega-3-Fettsäuren werden für die Regulierung der Zellfunktion, des Hormonhaushalts, der Blutfette, des Blutdrucks sowie für die Bildung und Erhaltung des Bindegewebes benötigt.
Im wöchentlichen Wechsel sind einzunehmen:
Crataegus Urtinktur (Fa. Ceres): über 1 Woche täglich 3x3 Tropfen in ein Glas Wasser geben und über den Tag verteilt trinken
Der Weißdorn (Crataegus) soll neue Lebensimpulse geben, Gefühle wieder fließen lassen und so seelisch bedingte Beklemmungs- und Druckgefühle in der Herzgegend lösen.
Viscum album Urtinktur (Fa. Ceres): über 1 Woche täglich mittags 5 Tropfen in ein Glas Wasser geben und schluckweise trinken
Verlauf
Dank der konsequenten Befolgung der Therapieempfehlung und Gesprächstherapie verändert sich der Allgemeinzustand der Patientin zusehends. Als erste Erleichterungen zeigten sich das Verschwinden des Drucks hinter der Brust, des Schwindels, der Kopfschmerzen und des unangenehmen Herzklopfens am Abend. Die Rückmeldung der Patientin ist: „Ich kann jetzt die Fünf gerade sein lassen“. Nach sechs Wochen stabilisiert sich der Bluthockdruck im Normalbereich. Der Druck auf der Brust ist nachhaltig verschwunden. Die Schlafstörungen und Gedächtnisprobleme verbesserten sich zusehends und waren nach drei Monaten nicht mehr da.
Fazit
Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist es wichtig, hinter die offensichtlichen Dinge zu blicken, um sämtliche Verursachungsfaktoren der Beschwerden zu finden. Zudem ist es wichtig, die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und den gesamten Organismus zu stärken. Ich erarbeite meine Therapiekonzepte für jeden Patienten individuell, dabei lautet mein Credo: Schulmedizin und Naturheilkunde gehen Hand in Hand. Es muss nicht Entweder/Oder sein.
Cornelia Weninger-Wurm
Heilpraktikerin in eigener Praxis am Ammersee Eine gesunde Grundlage zur Bewältigung von Aufgaben bilden eine starke Psyche, genügend Energie, Klarheit und Entschlossenheit zum Handeln. In schwierigen Lebenssituationen ist es wichtig: Psychisch stabil zu sein, Chancen zu erkennen, fexibel zu sein, sich der Situation bewusst zu sein, bereit zu sein, sich den Problemen zu stellen und fem Wunsch nach Veränderung nachzugehen.
info@naturheilpraxis-cww.deWeitere Artikel aus dieser Ausgabe
- 1
- 3Ängsten den Schrecken nehmen
Angst sicherte unser Überleben als Spezies, sie begleitet uns somit seit Bestehen der Menschheit. Aus Angst zu verhungern oder zu erfrieren, sorgten wir für ausreichend Nahrung und Unterschlupf. Um unserer Angst vor Raubtieren und Feinden zu begegnen, verteidigten wir uns oder flohen. Die automatisch ablaufenden Angstreaktionen des Nervensystems haben sich über viele Jahrtausende in unser Sein eingeschrieben.
Psychotherapie - 4Hufrehe beim Pferd
Schleichende Vergiftung beim Pferd – Hufrehe als Folge falscher Fütterung
Tierheilkunde - 5Osteopathie ist angekommen
Von wegen alternativ – Osteopathie verbindet Schulmedizin und empirische Heilkunst
Osteopathie - 6Chronobiologische Ernährung – Teil 1
Wussten Sie, dass wir mithilfe einer chronobiologischen Ernährung und der Epigenetik die Möglichkeit haben, die Macht der inneren Uhr optimal zu nutzen und selbst die Genaktivität zu regulieren?
Naturheilkunde - 7Hyperakusis
Die Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis) ist eine Intoleranz gegenüber Umgebungsgeräuschen. Davon abzugrenzen sind die Misophonie als Hass auf bestimmte Geräusche und die Phonophobie als Angst vor bestimmten Geräuschen.
Psychotherapie