Meisterpflanze Ashwagandha
Ashwagandha – dieser Name klingt wie Musik. Und wer sich mit dieser Pflanze beschäftigt, stellt schnell fest: Es ist „Musik drin“. Nicht nur enthält sie eine Fülle an Vitalstoffen, die synergetisch zusammenwirken als eine Symphonie der Nährstoffe, sondern Ashwagandha gehört als eine von wenigen zur Gruppe der Adaptogene, also Pflanzen, die körperliche und seelische Funktionen optimieren können. Außerdem zählt der „Indische Ginseng“ im Ayurveda zu den seltenen Verjüngungsmitteln oder Rasayanas, die nicht nur dem Körper jugendliche Vitalität erhalten, sondern auch degenerative Gehirnerkrankungen wie Demenz oder Alzheimer vorbeugen können. Lassen Sie uns in das Potenzial dieser spannenden Pflanze eintauchen.
AUF DEM VORMARSCH
Ashwagandha gehört zu den weltweit am stärksten genutzten medizinisch wirksamen Pflanzen. Interesse und Bedarf steigen auch bei uns in Europa stetig an. Nicht von ungefähr – die Pflanze ist seit Jahrtausenden erprobt, Nebenwirkungen sind bis heute unbekannt, es gibt weder Gewöhnungseffekte noch Entzugserscheinungen beim Absetzen, und das Beste: Ashwagandha ist eine der vielseitigsten Heilpflanzen, die ich kenne. Ich bezeichne sie als „intelligentes Superfood für alle Eventualitäten des Lebens“.
WAS IST EIN ADAPTOGEN?
Das Wort Adaptogen stammt vom lateinischen „adaptare“, was „an- oder ausgleichen“ heißt. Es wurde 1947 vom russischen Pharmakologen Nikolai V. Lazarev geprägt. Ihm war zusammen mit anderen Wissenschaftlern der Nachweis gelungen, dass es pflanzliche Wirkstoffe gibt, die dem menschlichen Organismus helfen, besser mit Stresssituationen umzugehen, indem sie die körpereigene unspezifische Abwehr nebenwirkungsfrei steigern.

Israel I. Brekman, ebenfalls ein russischer Pharmakologe und später „Vater der Adaptogene“ genannt, untersuchte daraufhin mehr als 160 Heilpflanzen auf Eigenschaften, die sie zu einem
Adaptogen machen könnten:
• Ein Adaptogen muss auch langfristig eingenommen für den Körper vollkommen unschädlich sein.
• Ein Adaptogen steigert spezifisch die Widerstandskraft gegen ein breites Spektrum an physikalischen, chemischen und biologischen Einflüssen.
• Ein Adaptogen muss eine normalisierende Wirkung auf den Stoffwechsel erzielen, unabhängig von der Richtung der vorausgegangenen krankhaften Veränderungen. Diese Stoffe wirken auch prophylaktisch, denn Vorbeugen ist besser als Heilen.
Unter den strengen Anforderungen von Brekham schafften es nur 6 der 160 untersuchten Pflanzen, alle Kriterien zu erfüllen, darunter Ashwagandha.
ADAPTOGENE BEI STRESS
Hauptwirkmechanismus von Adaptogenen ist eine Nachahmung des Effekts eines bestimmten Proteins, das die Menge des im Körper kursierenden Cortisols und Stickoxids verringert – Stoffe, die in akuten Stresssituationen und unter Dauerstress vermehrt ausgeschüttet werden und langfristig als Zellgifte schädliche Effekte bewirken können. Indem beide Substanzen aufgrund des Adaptogens (hier: Ashwagandha) nicht mehr grenzenlos ansteigen können, bleiben mentale Leistungsfähigkeit und körperliche Ausdauer auch in Stresssituationen erhalten. Die Mitochondrien in unseren Zellen werden geschützt, die Energieproduktion (ATP) angekurbelt, und bei sportlicher Betätigung bleiben die Laktatwerte niedrig. Erschöpfung und Ermüdung reduzieren sich, DNA-Reparatur und Regeneration werden gefördert.
WIRKUNG AUF DIE PSYCHE
Adaptogene können die Langzeitschäden von Dauerstress vermindern oder verhindern. Wie ein Schirm schützen sie uns vor einem Übermaß an Stress und Überforderung. Daneben führt Ashwagandha u. a. zu einer Erhöhung des Serotoninund Dopaminspiegels, womit eine stimmungsaufhellende und stabilisierende Wirkung einhergeht. Außerdem kommt es zur Verlängerung der Aufmerksamkeitsspanne und einer Steigerung von geistiger Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Die Produktion von Stresshormonen wird reduziert, die Nebennieren werden entlastet und einer Erschöpfung dieses Organs, verbunden mit rapidem Leistungsabfall oder Burn-out, vorgebeugt. Ashwagandha beruhigt die Nerven, bringt Sympathikus und Parasympathikus in Balance, wirkt angstlösend, antidepressiv und nervenstärkend. Die Pflanze schenkt zugleich Energie, innere Ruhe und heitere Gelassenheit.
ZUR BOTANIK
Ashwagandha wächst in Asien und den Mittelmeerländern, in Afrika und auf den Kanaren. Ursprünglich stammt sie aus Indien, Sri Lanka und Pakistan. Es handelt sich bei Withania somnifera, so ihr lateinischer Name, um einen immergrünen Strauch, der bis zu 1,5 m hoch wächst. Die Blätter sind oval und etwa 10 cm lang, die Blüten grün bis hellgelb und in Dolden angeordnet. Daraus entwickeln sich leuchtend rote Früchte. Die größte Heilkraft steckt in ihren Wurzeln, die zylindrisch geformt, fleischig und bis 20 cm lang sind.
WARUM „QUEEN OF AYURVEDA“?
Ashwagandha nimmt in der ayurvedischen Arzneimittellehre einen ähnlichen Platz ein wie Ginseng in der chinesischen Heilkunde. Sie gilt als Meisterpflanze und verjüngende Heilpflanze (Rasayana). In der Kategorie der Verjüngungsmittel hat Ashwagandha als „Medhyarasayana“ eine Sonderstellung, weil sie den Verstand und die intellektuellen sowie kognitiven Fähigkeiten fördert. So wird sie in Indien seit jeher Kindern mit Gedächtnisdefiziten und älteren Menschen, deren kognitive Fähigkeiten nachlassen, verabreicht. Als „Queen of Ayurveda“ ist Ashwagandha Bestandteil von über 200 ayurvedischen Heilmitteln. Es wird nicht nur als allgemeines Stärkungsmittel verordnet, sondern auch als „Brusya“ (Stärkung der Sexualfunktion von Mann und Frau) und „Pustida“ (gesunde Nährstoffquelle).
RELEVANTE INHALTSSTOFFE
Als biologisch aktive Substanzen stechen über 130 Withanolide und Steroidlactone hervor. Das sind Triterpenoide, die zur Familie der bioaktiven Substanzen oder Pflanzenbegleitstoffen gehören. Die häufigsten sind Withanolid A, Withaferin A, Withanon sowie Withanolid D. Withanolide hemmen das Wachstum von Krebszellen, senken zu hohen Blutzuckerspiegel, wirken antioxidativ als Radikalfänger, schützen die Leber, sind entzündungshemmend, helfen bei Alzheimer und Demenz. Sie entfalten antibakterielle sowie antivirale Effekte und schützen das Gehirn. Die Withanolide in Ashwagandha sind effektive Immunmodulatoren.
Es finden sich in der Pflanze auch antioxidativ wirkende Flavonoide wie Kaempferol, Rutin und Quercetin, Bitterstoffe zur Optimierung des Stoffwechsels und gesunde Fettsäuren. Ashwagandha ist mit 119 mg/100 g sehr eisenreich und wird daher bei Eisenmangel empfohlen. Auch der Anteil an Folsäure ist beachtlich.
VIELFÄLTIGE ANWENDUNGSBEREICHE
Stärkung des Immunsystems, positive Effekte bei Stressbeschwerden und Depressionen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Arteriosklerose, Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung), bei Krebsleiden und Erscheinungen von Alterungsprozessen – all diese Indikationen konnten auch im Rahmen moderner Studien bestätigt werden. Mehr als 1500 Einträge allein in der international anerkannten medizinischen Datenbank PubMed, darunter etliche wissenschaftliche Studien mit Goldstandard, zeugen vom hohen Interesse an der Heilpflanze und ihren Effekten.
Neben den o.g. Einsatzgebieten gibt es zahlreiche weitere Felder, in denen die Anwendung von Ashwagandha interessant ist: So können Schlafprobleme (Einschlaf- und Durchschlafstörungen) gelindert und die Schlafqualität verbessert werden. Unter- und Überfunktionen der Schilddrüse können leichter ausgeglichen werden. Die krampflösenden Inhaltsstoffe können die Häufigkeit von Anfällen bei Epileptikern verringern. Bei Männern, die Ashwagandha zu sich nehmen, bleibt die Testosteronproduktion auch im Alter hoch, bei Frauen werden Wechseljahresbeschwerden gemildert. Äußerlich helfen Auszüge in Salben, um Pigmentflecken zu reduzieren.

FAZIT
Ashwagandha bietet eine Symphonie wertvoller Inhaltsstoffe, die in ihrer Synergie sowohl körperlich als auch seelisch ausgleichende und stärkende Effekte entfalten. Wo gibt es das schon: eine Pflanze, die als „Schlafbeere“ (so die Übersetzung ihres Namens) zu einem schnellen und tiefen Schlaf verhilft, einem aber gleichzeitig Energie und Kraft schenkt? Ashwagandha ist kein Allheilmittel, aber wir erfahren damit gesteigerte Lebensqualität und -freude, bleiben körperlich wie geistig frisch und belastbar – Qualitäten, die mir angesichts unseres heutigen schnelllebigen Alltags besonders wertvoll sind. Daher hoffe ich, dass in Zukunft immer mehr Menschen von Ashwagandha erfahren und profitieren.


Barbara Simonsohn
Gesundheits-Autorin, Expertin für Ernährung und Yoga, Reiki-Ausbilderin
info@barbara-simonsohn.deWeitere Artikel aus dieser Ausgabe
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