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Naturheilkunde
Lesezeit: 6 Minuten

Gut gerüstet für den Hausbesuch

Unter einem Hausbesuch wird das Aufsuchen eines Patienten in seinem Zuhause zum Zweck der dortigen Behandlung verstanden. Hausbesuche gehören zu den typischen Leistungen eines Heilpraktikers, wobei der Begriff weit auszulegen ist und sich nicht nur auf die Wohnung des Patienten beschränkt. Sie können ihn auch an sonstigen Aufenthaltsorten besuchen, vorausgesetzt, Sie wurden dorthin bestellt. Bedingungen: Die Methode ist für die Durchführung außerhalb der Praxis geeignet (z. B. Wassertreten oder bestimmte Expositionstherapien), und die Berufshaftpflichtversicherung wurde angepasst. Neben dem Besuch in der unmittelbaren Umgebung kann ein Fernbesuch erfolgen, wofür die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel erforderlich ist. 

 

 

Im Gegensatz zu Ärzten ist es Heilpraktikern gestattet, ausschließlich im Rahmen von Hausbesuchen Heilbehandlungen abzugeben. Es obliegt jedoch dem jeweiligen Gesundheitsamt, ob eine reine Hausbesuchspraxis genehmigt wird. 

 

 

EINTEILUNG

Im Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH) werden Hausbesuche mit Beratung danach kategorisiert, ob sie standardmäßig (bei Tag), aufgrund bestimmter Dringlichkeit (sofortiger Eilbesuch) oder zu einer besonderen Zeit erbracht werden (bei Nacht, an Sonn- und Feiertagen). Diese Einordnung entspricht im Wesentlichen dem Verständnis der allgemeinärztlichen Praxis, wo zwischen termingerechtem Hausbesuch, dringlicher Visite und Aufstehvisite (nachts) unterschieden wird. 

 

Neben der Einteilung nach Dringlichkeit und Zeitpunkten können Hausbesuche auch in Erst-, Folge- und Langzeitbetreuungsbesuche eingeteilt werden. Letztere betreffen häufig geriatrische Patienten, für die der Weg in die Praxis zu mühsam ist und denen so Sicherheit gegeben wird. 

 

Erstbesuch: aufgrund eines neu auftretenden Symptoms 

Folgebesuch: dient der Verlaufskontrolle 

Langzeitbetreuung: bei einer chronischen Erkrankung 

 

 

Ein Hausbesuch inkludiert immer die Beratung, sie kann nicht extra abgerechnet werden. Daneben können weitere Leistungen erbracht werden (z. B. Akupunktur). Allerdings müssen Sie bei jedem Verfahren abschätzen, ob es sich für eine Behandlung außerhalb der Praxis eignet oder in dafür ausgestatteten Praxisräumen durchgeführt werden muss, u. a. weil besondere Hygiene-Anforderungen gelten oder Geräte notwendig sind (z. B. Colon-Hydro-Therapie). 

 

 

ABRECHNUNG UND KRANKENVERSICHERUNG

Voraussetzung für eine mögliche Erstattung durch die private Krankenversicherung ist, dass der Hausbesuch medizinisch notwendig war (medizinisch begründet) und der Patient nicht in die Praxis kommen konnte. Deshalb sollte auf der Rechnung der Ort der Leistungserbringung vermerkt werden und ggf. eine Kurzerklärung erfolgen, sofern sich die Notwendigkeit des Hausbesuchs nicht bereits aus der Diagnose ergibt. Für die Abrechnung von Hausbesuchen ist ein eigenes Kapitel (9) im GebüH vorgesehen. Danach kann ohne Honorarvereinbarung die Abrechnung als übliche Vergütung erfolgen. Wenn Sie eine höhere Honorarsumme in Rechnung stellen wollen, muss zuvor eine schriftliche Honorarvereinbarung mit den Patienten geschlossen werden. Bitte beachten Sie die Nebengebühren für Hausbesuche (GebüH Kapitel 10). 

 

 

ZIELE

Der Hausbesuch zielt auf therapeutische und diagnostische Maßnahmen ab, auch eine erweiterte Diagnostik (z. B. Beurteilung des Wohnumfeldes hinsichtlich Umweltbelastungen) und das Erkennen weiterer Therapieoptionen (z. B. Bewegungstherapie, Ernährungstherapie). 

 

 

VORBEREITUNG

Bevor Sie mit der Behandlung außerhalb der Praxis starten, sollten Sie Ihren Hausbesuch bzw. Ihre Tour gründlich planen. 

 

Wichtige Punkte sind: 

 

  • Adresse und Telefonnummer des Patienten
  • Zeitbedarf (zum Aufenthaltsort des Patienten und zurück)
  • • Ausreichend Parkmöglichkeiten vor Ort oder zusätzlicher Fußweg notwendig?
  • Besonderheiten vor Ort: steile Treppen, Stolperfallen, Haustiere, ungünstige Arbeitsbedingungen?
  • Nur Hausbesuchskoffer oder „Praxismobil“ nötig (Transport einer Kofferliege)?
  • Packliste für den Hausbesuchskoffer

 

 

WAS GEHÖRT IN DEN HAUSBESUCHSKOFFER?

Es gibt keine Norm, wie ein Hausbesuchskoffer ausgestattet sein muss. Wichtig ist, dass Sie eine Bestandsliste erstellen und den Inhalt an Ihre Bedürfnisse anpassen. Als Minimalausstattung für die Diagnostik werden Blutdruckmessgerät, Stethoskop, Diagnostikleuchte und Reflexhammer erwartet. Bei Medikamenten, Salben und Ampullen müssen das Haltbarkeitsdatum und die Kühlkette beachtet werden. Denken Sie an wichtige Formulare, z. B. einen Rezeptblock oder den Medikamentenplan. 

 

 

VOR ORT

Wie bei der Behandlung in der Praxis steht an erster Stelle eine gründliche Anamnese, der eine angemessene Patientenuntersuchung folgt. Das A und O vor Ort ist, dass Sie, angepasst an die jeweilige diagnostische oder therapeutische Maßnahme, angemessene hygienische Bedingungen schaffen. Generell gelten auch beim Hausbesuch die gleichen Anforderungen wie bei der Versorgung innerhalb der Praxis. 

Diese Hygienemaßnahmen sind für Hausbesuche sinnvoll: 

 

  • Händedesinfektionsmittel (VAH-gelistet)
  • Flächen-Schnelldesinfektionsmittel (VAH-gelistet)
  • Haut- und Schleimhautantiseptika
  • Liegenpapier (falls Liege vorhanden)
  • Medizinische Einmalhandschuhe
  • Abfallbehältnis für Sharps, Mundschutz, Schutzkleidung, Einmalüberzieher für Schuhe
  • Bitten Sie darum, dass Haustiere sich nicht im Behandlungsbereich aufhalten

 

 

Tipps: Achten Sie auf Ihre eigene Gesundheit und ergonomisches Arbeiten. Bringen Sie ggf. eine leichte Liege mit, die Sie auf Ihre Körpergröße einstellen können, oder arbeiten Sie mit Hilfsmitteln (bei z. B. bettlägerigen Patienten mit einem Lifter). Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für eine gute Dokumentation. Wenn das nicht machbar ist, muss die Dokumentation zumindest am selben Tag erfolgen. 

 

 

NACHBEREITUNG

Nach dem Hausbesuch sollten Sie zunächst die Krankenunterlagen zugriffssicher wegsortieren, Ihren Hausbesuchskoffer kontrollieren und ausstehende Desinfektionsmaßnahmen durchführen. Die erforderliche Schreibtischarbeit bleibt nicht aus. Falls der Patient eine private Versicherung hat oder beihilfeberechtigt ist, müssen Sie Ihre Rechnung aufschlüsseln. Möglicherweise benötigen Sie Zeit, um einen Therapieplan zu erstellen oder Medikamente nachzubestellen. 

 

 

VORTEILE UND NACHTEILE

Die Vorteile für den Patienten liegen auf der Hand: Neben der bedarfsgerechten Betreuung vor Ort empfinden viele Patienten durch den Hausbesuch ein hohes Maß an Zuwendung, was sich positiv auf die Heilpraktiker-Patienten-Beziehung auswirkt. Sie haben den Vorteil, dass Sie den Patienten in seinem persönlichen Umfeld beurteilen, die Lebensumstände erfassen (z. B. Informationen von Angehörigen) und zusätzliche Einsichten gewinnen können.  

 

Als Nachteil von Hausbesuchen werden die Einschränkung des diagnostischen und therapeutischen Spektrums gesehen und dass nur zum Teil auf die in der Praxis etablierten Hygienestandards zurückgegriffen werden kann. Da Sie in Ihrer Honorargestaltung frei sind, müssen Sie als Heilpraktiker – im Gegensatz zu Ärzten – keine mangelnde Rentabilität beklagen und haben beim Faktor Zeit einen anderen Handlungsspielraum. 

 

 

HAUSBESUCH VERSUS HEILKUNDE IM UMHERZIEHEN

Immer wieder stellt sich die Frage, was unter „Umherziehen“ zu verstehen ist. Wir haben dazu 2024 ein Rechtsgutachten erstellen lassen, das wir Ihnen als VUH-Mitglied im internen Mitgliederbereich unter „Praxisführung/Rechtsinformationen/ Rechtsgutachten“ zur Verfügung stellen. 

 

„Heilkunde im Umherziehen“ meint, dass Sie weder über einen festen Praxissitz noch über eine Adresse verfügen, unter der Sie das Gesundheitsamt kontrollieren kann, und dass Sie ohne vorherige Bestellung arbeiten. Nach heutigem Verständnis bieten Sie ein Reisegewerbe (früher: Wandergewerbe) an, bei dem Sie, bildlich gesehen, z. B. im Wohnwagen durch die Lande ziehen und Ihre Dienste auf Märkten und Messen anbieten. 

 

Das o.g. Rechtsgutachten kommt zu folgenden gesicherten Feststellungen: 

  • Der Heilpraktiker ist nicht dazu verpflichtet, eine eingerichtete Praxis vorzuhalten. Er kann jedoch mehrere Praxen betreiben.
  • Dem Heilpraktiker ist es gestattet, ausschließlich im Rahmen von Hausbesuchen Heilbehandlungen abzugeben.
  • Der Heilpraktiker muss dem Gesundheitsamt als Aufsichtsbehörde eine Adresse mitteilen, unter der er kurzfristig und unproblematisch zu erreichen ist. Es muss eine konkrete und tatsächliche Adresse sein, nicht z. B. nur ein Postfach.
  • Sofern der Heilpraktiker Leistungen außerhalb seiner Praxisräume abgibt, muss seine konkrete Leistung vom Patienten vorab angefordert (bestellt) worden sein.
  • Eine Leistungsabgabe des Heilpraktikers bei Messen, Wochenmärkten, Jahrmärkten, Seminaren oder Sportveranstaltungen ist nicht gestattet und stellt ein verbotenes Umherziehen dar.

 

 

 

FAZIT

Hausbesuche gehören zum Fachstandard des Heilpraktikers. Gerade auf dem Land und bei einer zunehmenden Zahl an älteren und hochbetagten Menschen stellen sie eine Bereicherung für den Patienten und den Behandlungsalltag dar. Gut ausgerüstet und vorbereitet ermöglichen sie eine bedarfsgerechte Betreuung vor Ort. Regelmäßige Hausbesuche bei chronisch kranken Menschen bieten die Chance, rasch zu reagieren, z. B. wenn sich das Krankheitsbild oder der Allgemeinzustand ändert und der Patient an einen Arzt verwiesen werden muss. 


TIPP:

Unterstützung bei der Planung einer Hausbesuchspraxis 

bietet unsere neue „Checkliste Hausbesuchspraxis – Anforderungen/Organisation“, die Sie im internen Mitgliederbereich unter „Praxisgründung“ finden. 


Sonja Kohn

Heilpraktikerin, Zweiter Vorstand des VUH e.V.

info@heilpraktikerverband.de

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