Was tun, wenn der Patient nicht zahlt?
Durch effektives Forderungsmanagement schneller ans Geld kommen
Viele Heilpraktiker kennen es nur zu gut: Eigentlich sollte es selbstverständlich sein – eine Dienstleistung, die der Patient in Anspruch genommen hat, muss er auch bezahlen. Soweit die Theorie. Leider sieht es im Alltag zahlreicher Praxen anders aus: Viele klagen über eine sinkende Zahlungsmoral und zum Teil über erhebliche Forderungsausfälle.
Es ist nicht nur ärgerlich, sondern auch sehr teuer, wenn Patienten Leistungen nicht oder nur mit erheblicher Verzögerung bezahlen. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein – allen gemein ist aber, dass der Heilpraktiker auf sein Geld wartet, und das unter Umständen sehr lange. Je nach Höhe der ausstehenden Forderungen kann das existenzbedrohend sein.
Dabei soll es ausdrücklich nicht um diejenigen Patienten gehen, die in Zahlungsschwierigkeiten sind oder auf die Erstattung durch die Krankenkasse warten – sofern dieses mitgeteilt wurde. Es ist jedem Praxisinhaber unbenommen und oftmals auch erforderlich, individuelle Lösungen zu finden und zu schauen, wie man Patienten entgegenkommen kann. Es geht nachfolgend vielmehr um die kleine Gruppe von Patienten, die sich nicht melden und Rechnungen einfach ignorieren.
Unverzichtbar, aber oftmals unterschätzt ist daher ein effektives Forderungsmanagement. Nur so wird die Liquidität der Praxis langfristig gesichert. Oftmals ist aber genau das Gegenteil anzutreffen: Es gibt 3 Mahnungen mit überaus großzügigen Fristen. Der Patient wird weiter behandelt, als wäre nichts gewesen. Man wartet geduldig auf sein Geld.
Dabei zeigt die Erfahrung, dass das Zuwarten nicht zu empfehlen ist. Je schneller die Rechnung erstellt und verfolgt wird, desto höher ist die Zahlungswahrscheinlichkeit. Wichtig ist dabei, konsequent zu sein. Das fällt einigen Heilpraktikern sehr schwer. Viele verstehen sich in einer Linie als Behandler, wollen mit und am Patienten arbeiten und lehnen „Bürokram“ ab. Das ist zwar verständlich, dennoch nicht ungefährlich – Organisatorisches gehört einfach zu einer erfolgreichen Praxis. Es ist kein lästiges Übel, sondern notweniger Bestandteil.
Bargeld lacht – diese alte Weisheit hat sicherlich immer noch ihre Berechtigung. Wann immer möglich, sollte die Barzahlung oder die Zahlung mittels EC- oder Kreditkarte vorgeschlagen werden. Das hat den Vorteil, dass über das Geld zeitnah verfügt werden kann.
Bei hochpreisigen Behandlungen wird es aber ohne Rechnung mit Zahlungsfristen häufig nicht gehen. Das gilt immer dann, wenn der Patient eine Rechnung benötigt, die er bei seiner Versicherung einreichen möchte, um eine (anteilige) Erstattung zu erhalten.
Effektives Forderungsmanagement
ist also wichtig, aber wie funktioniert es? Unverzichtbar sind grundsätzlich eine zeitnahe Abrechnung, eine korrekt ausgestellte, übersichtliche Rechnung und ein höfliches, aber konsequentes und termingerechtes Mahnverfahren. Auch das Thema Verjährung ist zu beachten, um nicht unnötige Erlösverluste dadurch zu erleiden, dass Rechnungen ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr geltend gemacht werden können. Das sollte gerade zum Ende eines Kalenderjahres standardmäßig überprüft werden.
Wer lange mit der Rechnungsstellung wartet, suggeriert außerdem unbewusst, dass er das Geld nicht braucht. Zu empfehlen ist, wenigstens quartalsweise, besser monatlich, abzurechnen. So lassen sich auch Forderungsausfälle zumindest weitgehend begrenzen.
In jeder Rechnung sollte immer ein konkretes Zahlungsziel zur Orientierung stehen. Ungünstig sind Formulierungen, die Spielraum lassen, z.B. „zahlbar 14 Tage nach Zugang der Rechnung“ o.ä. Besser ist es, sich auf ein konkretes Datum festzulegen, also „zahlbar bis zum 31.10.2016“ o.ä.
Bei Überschreitung der Zahlungsfrist um mehr als einige Tage folgt eine Zahlungserinnerung oder Mahnung – gerne als Einwurfeinschreiben, um den Zugang im Streitfall auch beweisen zu können. Wenn dann immer noch nicht gezahlt wird und sich der Patient auch nicht meldet, ist zu überlegen, ob der Vorgang einem Rechtsanwalt übergeben oder per gerichtlichem Mahnverfahren allein weiterverfolgt werden soll. Manche Heilpraktiker rufen ihre Patienten auch an und erinnern mündlich. Es gibt viele Patienten, die dann zahlen, weil ihnen das Telefonat unangenehm ist. Das Gespräch bietet auch den Vorteil, noch offene Fragen zu klären oder über eine Ratenzahlung zu verhandeln.
Welchen Weg Sie beschreiten, ist Geschmacksfrage. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass ein verbindliches Telefonat oftmals sehr hilfreich ist. Im persönlichen Kontakt lässt sich oftmals schneller eine Lösung finden.
Viele Heilpraktiker scheuen indes, ihre Vergütung selbstbewusst geltend zu machen. Manche glauben auch, man müsse 3 Mahnungen versenden. Das ist ein populärer Rechtsirrtum, der sich leider immer noch hartnäckig hält. Eine Erinnerung per Mahnung ist ausreichend. Wer zweimal mahnt, zeigt dem Patienten, dass er noch Zeit hat zu zahlen, weil eine dritte Mahnung ohnehin noch folgen wird. Mit vielen Patienten ist es oftmals ein wenig wie mit Kindern: Liebevolle Konsequenz führt noch am ehesten zum Erfolg!
In jedem Fall gilt: Nur wer konsequent dafür sorgt, dass seine Leistung auch bezahlt wird, kann auf Dauer wirtschaftlich erfolgreich sein. Auch wenn Sie lieber am Patienten als im Büro tätig sind und der Papierkram nervt: Ohne effektives Forderungsmanagement geht es heute nicht mehr.
Gerade wenn sehr zögerlich abgerechnet und dann mit erheblichem Verzug gemahnt wird, droht ein weiteres Problem: die Verjährung. Wichtig ist, diese zu verhindern; Forderungen verjähren im Grundsatz innerhalb von 3 Jahren. Der Schuldner kann sich dann mit der Erhebung dieser Einrede aus der Affäre ziehen – das sollten Sie unbedingt vermeiden. Dazu sollte man wissen, wann genau die Verjährung eintritt.
Gemäß § 199 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Wenn z.B. eine Forderung am 16.05.2015 entstanden ist, beginnt die Frist am 31.12.2015. Bis zum 31.12.2018 ist die Forderung nicht verjährt. Ab dem 01.01.2019 tritt dagegen Verjährung ein.
Eine Mahnung hat übrigens keinen Einfluss auf die Verjährung – nicht aber die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens oder die Erhebung einer Klage.
Daher bietet sich folgender Ablauf an:
- Zeitnahe Rechung mit konkretem Zahlungsziel (z.B. „bis zum 31.10.2016“)
- ggf. zeitnahe Zahlungserinnerung mit konkretem Zahlungsziel und Rechnungskopie als Einwurfeinschreiben
- ggf. Telefonat mit dem Patienten
- ggf. gerichtliches Mahnverfahren oder Klage
- ggf. Zwangsvollstreckung
Taktik
Viele Dienstleister haben für sich bestimmte Rechnungssummen festgelegt, die sie nicht gerichtlich verfolgen, weil es sich „nicht lohnt“. Das ist im Grundsatz sicherlich nicht falsch, aber im Ergebnis nicht unproblematisch.
Wer nicht in Großstädten tätig ist, sollte allgemein Folgendes beachten: Wer vermeintlich „kleinen“ Forderungen nicht nachgeht, riskiert, dass sich dieses Verhalten sehr schnell herumspricht und dann Rechnungen unterhalb einer bestimmten Grenze (z.B. 100,- €) gar nicht mehr bezahlt werden, weil man weiß, dass dies keine Folgen haben wird. Viele Schuldner tauschen sich – etwa in einschlä- gigen Internetforen – aus und sind daher sehr gut informiert, wenn es um das Thema „Wie veräppele ich meinen Gläubiger“ geht.
Wichtig ist die Rechnungsversendung mit Einwurfeinschreiben, nur dann können Sie als Absender den Zugang beweisen. Das ist entscheidend für die Verzugsfolgen. Viele Rechnungen, die mit einfachem Brief – also nur mit einer Briefmarke frankiert – versendet werden, gehen auf wundersame Weise auf dem Postweg verloren und erreichen den Empfänger nie. Auch wenn es als unwahrscheinlich gilt, dass gerade Rechnungen verloren gehen; das Recht fragt freilich nicht nach Verlustwahrscheinlichkeiten, sondern nach dem Zugang. Und der lässt sich mit einem einfachen Brief leider nicht beweisen. Daher ist das Zusatzentgelt für ein Einwurfeinschreiben sehr gut investiert.
Formulierungsbeispiele
Rechnung
Neben den formalen Bestandteilen wie
Behandlungszeitraum, Behandlung, Einzelpreis, ggf. Umsatzsteuerausweis etc. ist vor allem ein konkretes Zahlungsziel
wichtig. Weniger glücklich sind Formulierungen wie „binnen 2 Wochen“ oder „zeitnaher Ausgleich“. Sinnvoller ist ein
konkretes Datum, da der Schuldner am Tag danach im Zahlungsverzug gerät und verzugsbedingte Kosten tragen muss.
Das Gesetz formuliert dazu in § 286 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs:
„Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.“
Viele Dienstleister nehmen diesen Satz mit in ihre Rechnung auf und formulieren etwa: „Diese Rechnung ist bis zum … zur Zahlung fällig. 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang dieser Rechnung sind Sie gemäß § 286 Abs. 3 BGB in Verzug. Die Verzugszinsen belaufen sich auf 5% über dem Basiszinssatz, wenn Sie Verbraucher sind.“
Zahlungserinnerung/Mahnung
Eine Zahlungserinnerung sollte immer mit Rechnungskopie versendet werden. Für den Fall, dass der Schuldner die Rechnung verlegt, nicht erhalten hat o.ä., erleichtert ihm diese Kopie die Zahlung. Eine Zahlungserinnerung sollte sachlich und verbindlich formuliert werden, da der Schuldner bereits im Zahlungsverzug ist.
Ein Beispiel: „Sicher ist es nur Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, unsere o.a. Rechnungen zu begleichen. Zur Sicherheit haben wir aber eine Kopie unserer Rechnung beigefügt. Wir bitten Sie, die Regulierung nachzuholen und sehen dem Eingang Ihrer Zahlung, spätestens bis zum … entgegen. Sie befinden sich bereits seit dem … im Zahlungsverzug. Sollte der Termin nicht eingehalten werden, gehen sämtliche verzugsbedingten Kosten zu Ihren Lasten. Sollten Sie zwischenzeitlich bereits Zahlung geleistet haben, betrachten Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos. Wir haben Zahlungseingänge bis zum … berücksichtigt.“
Fazit
Ein effektives Forderungsmanagement setzt neben der konsequenten Forderungsverfolgung eine entsprechende Organisation voraus: Rechnungen sollten zeitnah erstellt, Wiedervorlagefristen eingeführt und regelmä- ßig kontrolliert werden. Zahlungserinnerungen und Telefonanrufe sollten nicht als lästige Pflicht, sondern als notwendiger Bestandteil der Praxistätigkeit angesehen werden. Zum Jahresende sollten wegen drohender Verjährung standardmäßig alle offenen Rechnungen abschließend kontrolliert werden. Nichts ist ärgerlicher, als wenn eine Forderung verjährt ist und deshalb nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden kann.
Nur wer konsequent dafür sorgt, dass die eigene Dienstleistung auch bezahlt wird, kann dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich sein.
Dr. Birgit Schröder
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht
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