Der Weg zur Heilung beginnt mit fließender Lymphe
Die ärztlichen Heilmaßnahmen erscheinen den Patienten meist eindrucks-, wirkungsvoll und sehr durchdacht. Dagegen zeigt die Realität bei den allermeisten Erkrankungen eine Therapieresistenz. Neben chirurgischen Eingriffen, Strahlungs- und Chemotherapie werden im Übermaß Antibiotika, Kortikoide, Schmerzmittel, Sedativa und Neuroleptika verwendet, um Symptome zu mildern oder zu beseitigen. Wir sprechen oft schon von Heilung, wenn solche und andere radikalen Eingriffe lediglich eine Verschlimmerung oder Ausbreitung der Krankheit verhindern.
Dagegen weist eine Lymphflussoptimierung als Therapiemaßnahme den praktischen Weg zur wirklichen Heilung, nämlich zu einer Verbesserung der angeschlagenen Gesundheit.
Zelle und extrazelluläre Matrix sind die beiden ebenbürtigen, polaren Partner der zu reformierenden Medizin, von denen die lebendige Zelle, das Lieblingskind der modernen Medizin, detailliert analysiert und erforscht worden ist. Die der Zelle gleichwertige extrazelluläre Matrix hingegen wird vordergründig als minderwertiger oder gar als unbedeutend betrachtet. Diese extrazelluläre Matrix, die Lymphe, ist jedoch der gesuchte Part, der „die Natur heilen“ lässt („medicus curat, natura sanat“), weil sie die Verbindung zwischen Blutbahn und Zelle zu deren Versorgung herstellt, verbessert und durchgängig macht. Auf dieser Intermediärstrecke bringt die Lymphe alles Gute aus dem Blut von der Kapillare zur Zelle und den „Abfall“ der Zelle in die Blutbahn zurück.
Die letzte Versorgungsstrecke zwischen Blutbahn und Zelle (Entsorgung zwar auch, aber vor allem Versorgung!) entscheidet über Kapazität und Belastbarkeit eines Gewebes. Kürzere oder längere Intermediärstrecken sind immer entsprechend leistungsfähig angelegt. Über die Blutbahn werden die Nährsubstanzen nur relativ nahe an die Zellen herangebracht – bis in die Kapillare hinein, den „Güterbahnhof“ – der direkte Versorger ist aber regelmäßig nicht das Blut, sondern die Lymphe. Sie ist das entscheidende Medium, ob und wie gut die abhängigen Zellen versorgt werden.
Die unterschiedliche Blutkapillardichte in diversen Geweben macht den Lymphweg als „Langsamfahrstrecke“ (gegenüber dem „Schnellweg“ Blutbahn) erheblich kürzer oder länger. Da es in Sehnen und Gelenkknorpeln keine Blutbahn gibt, sind die Lymphauffrischung mit Nährsubstanzen und Sauerstoff wie auch die Entsorgung von Stoffwechselendprodukten zur Blutbahn um ein Zigfaches schwieriger als in üppig durchbluteten Geweben und Organen. Für alle Lokalitäten ist jedoch entscheidend, dass die Lymphe überhaupt fließt, also fluide und nicht viskos ist. Je zähflüssiger die Lymphe, desto schlechter funktioniert die Zellversorgung und in zweiter Linie auch die Entsorgung.
Die wichtigsten Faktoren für geringe Viskosität und guten Lymphfluss sind:
- Säuregrad
- pH-Wert
- Temperatur
- Eiweißkonzentration in der Lymphe
- Aktive und passive Bewegung
Säure-Basen-Haushalt
Der Gehalt von Eiweißsubstanzen und Zuckerpolymeren entscheidet über die Viskosität und Stauneigung. Eine saure Umgebung verfestigt die Lymphproteine so, als wenn wir dem Eiklar eines in Wasser aufgeschlämmten Hühnereis Säure zugeben. Basen dagegen – z.B. basenreiche Nahrung, Basenpulver – verbessern auch den Lymphfluss. Fühlbar festes Gewebe wird weicher nach Basenpulvereinnahme, was direkt zu einer besseren Zellversorgung führt.
Wärme und Kälte
Wie ein warmer, flüssiger Pudding beim Erkalten fest wird, beeinflusst die Temperatur den Aggregatzustand der Lymphe. Wenn kalte Glieder erstarren, sorgt Wärmezufuhr, z.B. über Kleidung, Wolldecke, Wärmflasche, beheizte Umgebung oder Sauna, wieder für eine flüssige Lymphe.
Cave
Sauna über 60 °C führt zur Lymphverfestigung im Körper, weil dieser sich gegen die Hitze schützt, indem er die äußere Haut verfestigt. Deswegen empfehlen wir für eine gesunde Durchwärmung nur Saunaanwendungen bis 60 °C.
Milcheiweiß und Fett – Ernährung
Die Eiweißkonzentration in der Lymphe wird vom Körper selbst reguliert. Normalerweise gelangt kaum oder gar kein Fremdeiweiß in die Lymphe des Gewebes, weil die Nahrungseiweiße – im Magen-Darm-Trakt aufgespalten – als Aminosäuren leicht die Darmwand passieren und die Lymphe erreichen.
Eine große Ausnahme bildet das Milcheiweiß, ein riesiges Molekül, das komplett als Fremdeiweiß aus der Nahrung ins Lymphsystem und das gesamte Gewebe eingeschleust wird. Wie andere Säugetiere auch, stillen (säugen) wir Menschen unsere Kinder mit artspezifischer, sogar individueller Muttermilch. Mit den darin enthaltenen vorgefertigten Antikörpern und Aufbauproteinen, die als Ganzes in die Lymphe im Gewebe aufgenommen werden, unterstützt die Natur den Säugling in dieser außerordentlich kritischen Lebensphase physiologisch und sehr effektiv in seiner Entwicklung und im Kampf gegen Infektionen.
Da die Natur die Aufnahme des großmolekularen Muttermilcheiweißes durch die Darmschleimhaut ermöglicht, kann es im Körper des Säuglings wie eigene Antikörper und Bausubstanzen wirken – dies trifft aber eben nur auf das Muttermilcheiweiß der eigenen Mutter zu! Das Muttermilcheiweiß anderer Säugetiere geht zwar denselben Weg ins Lymphsystem/ Gewebe, wird aber vom Immunsystem als „fremd“ erkannt und zerstört – soweit jenes das angesichts der täglich zugeführten, großen Mengen an Milcheiweiß schafft. Günstig ist, wenn der Überschuss an Fremdeiweiß wieder ausgeschieden werden kann, z.B. durch Schleimauswurf, teilweise durch Schwitzen, eventuell auch durch dünnen Stuhl. Der oft große verbleibende Rest wird deponiert als Lymphverfestigung, gebunden an Faszien und andere Gewebsstrukturen.
Leider sprechen wir – auch als Fachleute – oft von Fettsucht, weil in rückgestauter, verfestigter Lymphe regelmäßig auch Fettzellen gefunden werden. Diese sind aber nur die Folge des Lymphstaus, der „acidotischen Lymphblockade“. Das als Lipoprotein gebundene und dadurch wasserlösliche Fett in der Lymphe verlangsamt den Lymphfluss, macht ihn zähflüssiger. Dieses Fett wird der Lymphe, der extrazellulären Matrix, entzogen und intrazellulär, also innerhalb der Zellen, deponiert und somit für die Lymphviskosität unschädlich abgelagert. Die vom Fettanteil entlastete Lymphe ist flüssiger, sodass die Passageengstellen wieder leichter durchflossen werden können.
Tiermilchprodukte sind der stärkste Dickmacher – je magerer die Milch, umso höher ist der Anteil des belastenden Milcheiweißes! Der verpönte Milchzucker, die Laktose, ist weit weniger bedeutend und seine Unverträglichkeit erst eine Folge der Milcheiweißzufuhr.
Cellulite – regelmäßig missdeutet als Folge von übermäßiger Fettansammlung – ist ein typischer Rückstau der wässrigen Lymphe im Oberschenkel, weil der Unterbauch den Zustrom der Lymphe aus dem Bein zu wenig, kaum oder gar nicht zulässt. Eine Cellulitetherapie muss daher immer im Unterbauch und mit der Lymphbasifizierung beginnen. Eine primäre Cellulitemassage allein im Oberschenkel ist fast nutzlos.
Daher empfehlen wir unbedingt eine basenbetonte Ernährung, frei von Tiermilch und Tiermilchprodukten, wie sie die langjährig erprobte Acidose-Naturküche1) in idealer Weise repräsentiert.
Bewegung
Um flüssig zu bleiben, muss die Lymphe bewegt werden. Andauerndes Sitzen, Liegen oder Stehen sind kontraproduktiv und lassen die Lymphe stagnieren. Das Körpergewebe wird fester und fester, die Muskeln verspannen und verkrampfen sich, der Tonus erhöht sich. Wir werden steif, unbeweglich, können nach langem Sitzen nur mühsam aufstehen. Zur Lymphverflüssigung eignen sich besonders gut variable Bewegungsformen wie Gartenarbeit oder Waldlauf. Das Joggen auf der Teerstraße dagegen ist zu einseitig und lässt bestimmte Körpergewebe relativ unbewegt.
Bei passiver Bewegung, wie z.B. Massage, führt eine Erhöhung des Drucks im lymphatischen Raum einerseits zur Lösung der verfestigten Anteile, andererseits aber auch zur Verdichtung gequollener oder flüssiger Anteile, indem das Wasser ausgepresst wird. Trotzdem helfen Massagen, die Lymphe zu verflüssigen, da große Teile des verfestigten Gewebes bereits vom Körper selbst gelöst werden können, wenn genügend Basen zur Verfügung stehen.
Die einfachste und effektivste ergänzende Basenzufuhr ist nach meiner Erfahrung die Basenpulverrezeptur nach Sander II; ergänzende Entwicklungen haben hierfür keine wesentlichen Vorteile gebracht.
Lymphologische Therapieformen
Die von mir entwickelte Lymphologische Ganzheitstherapie (LGB®) ist derzeit die meines Wissens intensivste Lymphbehandlung – auch im tiefen Bauchraum – mit außergewöhnlichen Erfolgen auch bei bisher als unheilbar geltenden Erkrankungen.2)
Der Hauptlymphsee im hinteren Bauchraum, in der „Radix mesenterii“, ist die zentrale Sammelstelle für den Rückstau der Lymphe aus Unterkörper und Beinen sowie aus Oberkörper, Hals, Kopf und Armen. Der Rückstau in der Zentrale führt zu Rückstau in der Taille, dem Lumbalbereich, dem Becken, den Beinen, aber auch in Brustwirbelsäule, Brustraum, Hals, Gesicht und Schädel. Die Krankheitssymptome sind extrem unterschiedlich entsprechend den unterschiedlichen Organfunktionen, z.B. Atemnot oder Asthma bei Stau im Brustraum oder Darmkoliken im Bauchraum.
Mit der LGB ist ein Lymphstau im hinteren Bauchraum sehr effektiv zu lösen: Einerseits wird mit erheblichem manuellem Druck die Lymphe entlastet, andererseits werden die den Lymphabfluss störenden Hindernisse beseitigt, indem vorwiegend gegen die Richtung des Lymphstroms behandelt wird, sodass die Lymphe anschließend schnell abfließen kann. Der Heilungseffekt der „fließenden Lymphe“ auf ganz verschiedene Erkrankungen wird in der klassischen Medizin meines Wissens ignoriert, jedenfalls gewaltig unterschätzt.
Andere manuelle Therapien wie Cranio-SacralTherapie, Osteopathie oder Rolfing behandeln die Lymphe ebenfalls wirkungsvoll. Die vorsichtige Rücksichtnahme auf „Lymphgefäße“ schwächt allerdings ihre Effektivität deutlich. Denn die Lymphgefäße sind Stauräume und eben keine den Lymphabfluss fördernden Gefäße. Die Lymphe muss diese Lymphgefäße wieder verlassen, um diffus und breitflächig fließen zu können.
Darüber hinaus gibt es eine relativ breite Palette an technischen Geräten zur Verflüssigung der Lymphe; diese können allerdings kaum auf individuelle Staus reagieren.
Die Acidose-Lymphmassage nach Rosemarie Holzer verflüssigt die Lymphe im Gewebe der gesamten Körperoberfläche ausgesprochen intensiv und angenehm zugleich. Sie führt zu erstaunlichen Heileffekten.
Lymphdrainage ist eine seit Langem anerkannte therapeutische Lymphbewegungstherapie, die vielfältig angewendet wird. Durch mehr oder weniger leichtes Bewegen des Lymphgewebes in Stromrichtung wird die wässrige Lymphe verschoben. Wie bei einem angeschwemmten Staudamm in einem Bach versucht der Therapeut, das Lymphwasser mit Streichbewegungen über den Damm zu spülen. Die Barriere, der Staudamm, bleibt aber bestehen. Oftmals wird dann mit Bandagen verhindert, dass sich das gestaute Gewebe schnell wieder auffüllt.
Weitere Methoden, mit denen jeder selbst für einen guten Lymphfluss sorgen kann, sind die Acidose-Selbstmassage3) – leicht erlernbare Griffe, die das Gewebe von Kopf bis Fuß bewegen – und Gymnastikformen wie die Acidose-Lymphgymnastik4), mit der der Bewegungsapparat mit Gelenken und Muskeln gedehnt und beweglich gehalten wird.
Die Ursache aller schmerzhaften Störungen im Körper ist eine lokale acidotische Lymphblockade, die oft allerdings von den Nerven an einem anderen Ort signalisiert wird, nämlich am Ort der gestörten Zellversorgung. Die erfolgreiche Therapie muss aber am Ort des Lymphstaus selbst ansetzen:
• Ischialgische Schmerzen in den Beinen entstehen durch Lymphstau im Bauchraum in Höhe der Lendenwirbelsäule, wo die Ischiasnerven die Wirbelsäule verlassen. Die dort schlecht versorgte Muskulatur verkrampft sich, verstärkt den Druck der Wirbel auf die Bandscheibe, die dann in den anliegenden Rückenmarksraum entgleitet und die Nerven komprimiert.
• Migräne spiegelt den Lymphüberdruck im Kopf wider und ist effektiv durch manuelle Entlastung lokal und im Bauchraum zu erleichtern oder zu beseitigen.
• Ohrgeräusche, Tinnitus, Sehstörungen, auch Glaukom sind Lymphstaus, die im Abflussbereich des Kopfes (Hals) aufgelöst werden können.
• Nächtliche Schlafstörungen mit Verwirrtheit werden oft irrtümlich als Schlafmangel gedeutet und mit Schlafmitteln behandelt. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass es sich um Lymphabflussstörungen mit Überdruck in der Gehirnkapsel handelt. Bereits durch eine relativ steile Schräglage im Bett schlafen die Betroffenen oft schon besser; flaches Liegen ist zu vermeiden. Auch nächtliches Aufstehen reduziert den Druck im Gehirn, verbessert den Lymphabfluss und fördert den weiteren Schlaf.
• Darmstörungen, wie z.B. Durchfall oder Obstipation, sind häufig Folge eines Lymphstaus im Bauchraum. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind mit LGB nachhaltig zu heilen, ebenso wie Erkrankungen des Oberbauchs.
• Bronchialasthma, Bronchitis, Herzsymptome wie Herzinsuffizienz oder -rhythmusstörungen entstehen aufgrund von Lymphstau im Mediastinum und sind gut therapierbar über die Entlastung im Bauchraum.
• Das therapieresistente Schulter-Arm-Syndrom ist fast ausschließlich lymphologisch zu lösen, weil die Nervenstörung mit Schmerzen in Arm, Schultergelenk und Schulterblatt vom lymphgestauten Plexus brachialis, eventuell Pl. cervicalis, in der lateralen Halsgrube herrührt. Eine Therapie dort und im Bauchraum ist sehr erfolgreich, auch und gerade bei Therapieresistenz mit klassischer Therapie.
• Acidotische Lymphblockaden im Unterbauch sind die zentrale Ursache für verschiedene gynäkologische Leiden, Blasen- und Colonerkrankungen bis zum Colon-Ca sowie Krankheiten der Beine. Das Lösen der Lymphblockaden im tiefen Becken ist der entscheidende Therapieansatz.
• Arthrose, z.B. im Knie, ist nahezu ausschließlich Folge eines Lymphstaus im Bauchraum, der einen weiteren im Oberschenkel provoziert, wobei eine dauerhafte Tonussteigerung der Oberschenkelmuskulatur über Sehnenzug das Kniegelenk unter anhaltenden Dauerdruck setzt. Der Gelenkknorpel wird so zerstört, weil kein Wechsel von Druck und Entlastung („Schwammeffekt“) mehr stattfindet und seine Zellen nicht mehr lymphatisch versorgt werden können. Eine erfolgreiche Therapie muss vom Bauchraum her erfolgen.
• Fehlentwicklungen der Füße wie Senk-, Platt-, Hohlfuß bis Krallenzehen und Hallux valgus sind auf Lymphflussstörungen im Unterschenkel zurückzuführen. Dort muss dann auch die Therapie ansetzen.
Allerdings: Mit einer gesunden Lebensweise, individuell passender Ernährung und regelmäßiger aktiver oder passiver Bewegung können wir alle täglich viel für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden tun – und leisten nebenbei einen erheblichen Beitrag zur Entlastung des staatlichen Gesundheitswesens.
Dr. med. A. H. Barth
Arzt für
Naturheilverfahren und Homöopathie, seit 2004 privatärztliche Praxis für Lymphologische Ganzheitstherapie (LGB®) in
Müllheim-Britzingen, ärztlicher Leiter des dortigen Potamos® Acidosecentrums, Entwicklung und Lehre der LGB
post@potamos.de
Literatur
1) Holzer, Rosemarie: Acidose-Natur Küche. Lymphe in Fluss bringen – der genussvolle Weg zu Vitalität und Lebensfreude. Potamos-Verlag, 2013
2) Barth, Dr. A. H.: Die Lymphe – das heilende Wasser. Meine lymphologische Ganzheitstherapie. Potamos-Verlag, 2013
3) Holzer, Rosemarie: Acidose-Selbst-Massage. Potamos-Verlag, 2014
4) Holzer, Rosemarie: Acidose-Lymph-Gymnastik. Potamos-Verlag, 2015
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