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Berufsordnung & Gesetze

Therapeuten müssen rechtlich immer auf dem neuesten Stand sein. Berufsordnung, Heilpraktikergesetz, Rahmenhygieneplan und Heilmittelwerbegesetz und andere sind relevant für jeden Heilpraktiker und Therapeuten, der in eigener Praxis tätig ist. Wir haben für Sie die wichtigsten Themen rund ums Berufsrecht für Heilpraktiker, Heilpraktiker für Psychotherapie, Tierheilpraktiker und sonstige Therapeuten zusammengestellt. 

 

Bremen muß “Kleine HP-Prüfung” durchführen

Oberverwaltungsgericht
der Freien Hansestadt Bremen

OVG: 1 A 260/04 (VG: 1 K 1786/02)

Im Namen des Volkes!
Urteil
In der Verwaltungsrechtssache

des Herrn XXX,
Klägers,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. Zeller u.a, Karolinenstraße 15 – 19, 90402 Nürnberg, Gz.: 01/561,

gegen

die Stadtgemeinde Bremen, vertreten durch den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales, Contrescarpe 73, 28195 Bremen,

Beklagte,

Prozessbevollmächtigter:
Herr Senatsrat Nuschke, Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales – Bereich Gesundheit-, Birkenstraße 34, 28195 Bremen, Gz.: 510-01-94/2,

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen – 1. Senat – durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy sowie die ehrenamtlichen Richter B. Erlenwein und B. Reichelt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2005 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen – 1. Kammer – vom 23.06.2004 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob es zulässig ist, eine inhaltlich auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis zu erteilen.

Der 1962 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung zum pharmazeutisch-technischen Assistenten und arbeitete in verschiedenen Apotheken. Seit 1997 ist er Dozent an einer Heilpraktikerschule in Bremen. Er möchte die Heilkunde auf dem Gebiet der Psychotherapie ausüben und hat im September 2001 bei der Beklagten eine auf dieses Gebiet beschränkte Heilpraktikererlaubnis beantragt. Er sei bereit, sich in diesem Umfang einer Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten zu unterziehen.

Das Stadtamt Bremen lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18.03.2002 ab. Eine beschränkte Heilpraktikererlaubnis, wie sie der Kläger erstrebe, könne nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes (01.01.1999) nicht mehr erteilt werden. Bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes habe für die heilkundliche Ausübung der Psychotherapie eine Regelungslücke bestanden, die durch die Erteilung der beschränkten Erlaubnis ausgefüllt worden sei. Mit dem Psychotherapeutengesetz sei diese Lücke geschlossen worden. Es würden jetzt nur noch allgemeine Heilpraktikererlaubnisse erteilt, die eine Überprüfung der allgemeinen medizinischen Grundkenntnisse voraussetzten. Es sei dem Kläger unbenommen, eine solche Erlaubnis zu erwerben und auf deren Grundlage Psychotherapie auszuüben.

Der Kläger legte Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, dass die beschränkte Heilpraktikererlaubnis auch nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes erteilt werden könne. Das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 21.01.1993, BVerwGE 91, 356) habe hierfür ausdrücklich ein sachliches Bedürfnis anerkannt. Außer Bremen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein erteilten alle Bundesländer weiterhin derartige Erlaubnisse.

Der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2002 zurück. Der Widerspruch sei bereits unzulässig. Denn das Bundesland Bremen sei, weil der Kläger in Niedersachsen lebe, für den Antrag nicht zuständig. Unabhängig davon, sei der Widerspruch in jedem Fall unbegründet. Das Bundesverwaltungsgericht sei in der Vergangenheit in ständiger Rechtsprechung von der Unteilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis ausgegangen. Die Sonderregelung für Psychotherapeuten habe es nur für eine Übergangszeit zugelassen. Nachdem durch das Psychotherapeutengesetz eingehende Regelungen über die heilkundliche Ausübung der Psychotherapie geschaffen worden seien, bestehe kein Anlass mehr, an der Sonderregelung festzuhalten. Die Rechtslage sei in dieser Hinsicht eindeutig. Der abweichende Rechtsstandpunkt, der von verschiedenen anderen Bundesländern eingenommen werde, sei nicht haltbar.

Der Kläger hat am 09.09.2002 Klage erhoben. Er hat vorgetragen, in Bremen, wo er als Dozent tätig sei, auch eine Praxis als Heilpraktiker eröffnen zu wollen. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe das Bundesverwaltungsgericht die auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis keinesfalls nur übergangsweise anerkannt. Es wäre unter dem Gesichtspunkt der Berufsfreiheit unverhältnismäßig, von Personen, die sich als Heilpraktiker nur auf dem Gebiet der Psychotherapie betätigen wollten, den Nachweis allgemeiner medizinischer Grundkenntnisse zu verlangen. Die beschränkte Prüfung ermögliche im Übrigen eine wesentlich zielgenauere Kontrolle der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Stadtamts Bremen vom 18.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales vom 09.08.2002 zu verpflichten, den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie, neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es sei daran festzuhalten, dass das Heilpraktikergesetz auf der Konzeption der einheitlichen Heilpraktikererlaubnis beruhe. Die Heilpraktikererlaubnis stelle keine “kleine Approbation” dar, sondern sei lediglich ein Instrument der Gefahrenabwehr. Es gehe darum, die Bevölkerung vor Heilbehandlern zu schützen, die Gesundheitsschäden verursachen könnten. Erlaubnisse für Teilgebiete widersprächen diesem Gesetzeszweck. Sie würden den Eindruck besonderer fachlicher Kompetenz erwecken, der mit der Erteilung der Heilpraktikererlaubnis gerade vermieden werden solle. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit für Psychotherapeuten abweichende Regelungen zugelassen habe, sei das auf eine Sondersituation zurückzuführen gewesen. Es sei vor allem um akademisch qualifizierte Personen gegangen, die nach wissenschaftlich anerkannten Verfahren Psychotherapie ausgeübt hätten und die bis zum 01.01.1999 mangels spezieller gesetzlicher Regelung dem Heilpraktikerrecht unterworfen gewesen seien. Nur für diesen Personenkreis sei die Möglichkeit der beschränkten Prüfung und Erlaubnis eröffnet worden, für die aber nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes kein Bedürfnis mehr bestehe.

Das Verwaltungsgericht Bremen – 1. Kammer – hat die Beklagte mit Urteil vom 23.06.2004 verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. In dem Urteil wird ausgeführt, dass die Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ausgeräumt worden seien. Der Kläger habe einen Anspruch auf Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis, sofern er die auf das Gebiet der Psychotherapie bezogene Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten erfolgreich absolviere. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch das Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes nicht gegenstandslos geworden. Auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils wird im Einzelnen Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegen dieses Urteil rechtzeitig die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese wie folgt begründet:

Die Heilpraktikererlaubnis sei unteilbar. Ihre Einschränkung auf einzelne Fachgebiete oder gar auf bestimmte Heilverfahren widerspreche Wortlaut und Zweck des Gesetzes. Die Heilpraktikererlaubnis dürfe deshalb nur erteilt werden, wenn der Bewerber sich einer Überprüfung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten unterzogen habe, die das gesamte Gebiet der Heilkunde abdecke. Nur auf diese Weise werde sichergestellt, dass die Bevölkerung effektiv geschützt werden könne. So könne Psychotherapie etwa nur betrieben werden, wenn der Betreffende auch über hinreichende somatische Grundkenntnisse verfüge. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21.01.1993 vom Grundsatz der Unteilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis abgerückt sei, habe es sich um eine Ausnahme gehandelt. Mit Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes sei der Grund für diese vorübergehende Lösung weggefallen. Der seitdem ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift in § 12 Psychotherapeutengesetz lasse sich nur entnehmen, dass vor dem 01.01.1999 erteilte beschränkte Heilpraktikererlaubnisse weiterhin wirksam seien. Die Entscheidungen beträfen Fragen des Bestands- und Vertrauensschutzes. Aus ihnen folge nicht, dass auch zukünftig Raum für die Erteilung entsprechender Erlaubnisse sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen – 1. Kammer – vom 23.06.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verkenne, dass der von ihr herausgestellte Grundsatz der Unteilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis in Wahrheit für zahlreiche Diagnose- und Therapiebereiche nicht gelte. So seien den Heilpraktikern kraft spezieller gesetzlicher Regelungen etliche heilkundliche Betätigungen verschlossen (z. B. Zahnheilkunde, Geburtshilfe, Behandlung von Infektionskrankheiten etc.). Dies relativiere den vermeintlichen Grundsatz der Unteilbarkeit. Außerdem habe die Rechtsprechung wiederholt anerkannt, dass sich die Psychotherapie durch sachliche Unterschiede von den übrigen heilkundlichen Betätigungsfeldern unterscheide. Diese inhaltliche Differenzierung innerhalb der heilkundlichen Berufsfelder rechtfertige die beschränkte Heilpraktikererlaubnis.

Der Verwaltungsvorgang hat vorgelegen. Sein Inhalt war, soweit in dieser Entscheidung verwertet, Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkten Heilpraktikererlaubnis neu zu bescheiden. Der Kläger hat, sofern er nachweist, dass er die Heilkunde auf dem Gebiet der Psychotherapie ohne Gefahr für die Patienten ausüben kann und keine weiteren Versagungsgründe nach § 2 der 1. DVO zum Heilpraktikergesetz vorliegen, einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechend beschränkten Erlaubnis.

1.
Der Kläger benötigt für die von ihm angestrebte berufliche Tätigkeit eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz.

Das Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) vom 17.12.1939 (RGBI. I S. 251; BGBl. III 2122-2) – HeilpraktG -unterwirft die nichtärztliche Ausübung der Heilkunde der Erlaubnispflicht (§ 1 Abs. 1). Das Gesetz sollte ursprünglich dazu dienen, den Berufsstand der Heilpraktiker langfristig zu beseitigen und ein Ärztemonopol einzuführen. Dazu war vorgesehen, dass die Erlaubnis an Personen, welche die Heilkunde bisher nicht ausgeübt hatten, nur in besonders begründeten Ausnahmefällen erteilt werden durfte (§ 2 Abs. 1 HeilpraktG). Unter der Geltung des Grundgesetzes ließ sich diese Zielsetzung nicht aufrecht erhalten. Vor dem Hintergrund der im Grundgesetz verankerten Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) kann als Gesetzeszweck nur noch der Patientenschutz anerkannt werden: Die Patienten sollen nicht ungeeigneten Heilbehandlern ausgeliefert werden. Dieser gewandelte Gesetzeszweck ist bei der Anwendung der Vorschriften des Heilpraktikergesetzes sowie der 1. DVO zum Heilpraktikergesetz stets zu berücksichtigen (st. Rspr. seit Bundesverwaltungsgericht, U. v. 24.01.1957 – I C 194/54 – BVerwGE 4, 250; ebenso BVerfG, B. v. 10.05.1988 – 1 BvR 482/84 und 1166/85 – BVerfGE 78, 179).

Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen (§ 1 Abs. 2 HeilpraktG). Dazu gehört auch die Psychotherapie. Psychotherapie hat das Erkennen und die Behandlung psychischer und körperlicher Erkrankungen durch systematische Beeinflussung des Seelenlebens des Patienten zum Gegenstand (BVerwG, U. v. 10.02.1983 – 3 C 21.82 – BVerwGE 66, 367). Für diese Beeinflussung steht ein Spektrum unterschiedlicher Therapieformen zur Verfügung. Wer sie praktizieren will, ohne als Arzt bestallt zu sein (Approbation, Erlaubnis oder Anerkennung i. S. des § 2 Bundesärzteordnung), bedarf der Heilpraktikererlaubnis (BVerwG, U. v. 10.02.1983; a. a. 0.; U. v. 28.11.2002 – 4 C 44.01 – MedR 2003, 640).

Neben bestallten Ärzten und Inhabern einer Heilpraktikererlaubnis darf Psychotherapie von Personen ausgeübt werden, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Psychotherapeutengesetz vom 16.06.1998 (BGBl. I, S. 1311), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.12.2004 (BGBl. I S. 3396, 3404), – PsychThG – erfüllen (Approbation als Psychologischer Psychotherapeut oder als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut; befristete Erlaubnis zur Ausübung des Berufs). Die Approbation wird erteilt, wenn ein einschlägiges Hochschulstudium und eine anschließende 3-jährige praktische Ausbildung erfolgreich absolviert wurden (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 5 PsychThG). Mit dem Psychotherapeutengesetz, das am 01.01.1999 in Kraft getreten ist, wurde ein neuer heilkundlicher Berufsstand geschaffen, der den Ärzten in berufs- und krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht gleichgestellt ist (vgl. BVerwG, U. v. 09.12.2004 – 3 C 11.04 – MedR 2005, 297). Der neue Berufsstand besitzt aber kein Monopol auf die Ausübung der Psychotherapie. Nach wie vor darf diese auch von bestallten Ärzten und Heilpraktikern ausgeübt werden.

2.
Das Heilpraktikergesetz enthält kein Verbot, eine auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis zu erteilen.

Der Beklagten ist allerdings im rechtlichen Ansatz darin zu folgen, dass das Heilpraktikergesetz eine inhaltlich beschränkte Heilpraktikererlaubnis nicht vorsieht. Das Gesetz kennt nur die einheitliche Berufsbezeichnung “Heilpraktiker” (§ 1 Abs. 3). In der Vergangenheit hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass es nicht zulässig ist, die Heilpraktikererlaubnis formal auf ein Spezialgebiet oder einzelne heilkundliche Tätigkeiten zu beschränken (BVerwG, B. v. 21.05.1964 – I B 183.63 – Buchholz 418.04 Nr. 6; U. v. 25.06.1970 – IC 53.66 -BVerwGE 35, 308; U. v. 10.02.1983, a.a.O.). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Heilpraktikererlaubnis nicht als eine “kleine” Approbation verstanden werden darf. Bei der Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten, der der Bewerber um eine Heilpraktikererlaubnis sich zu unterziehen hat, handelt es sich nicht um ein “medizinisches Staatsexamen mit ermäßigten Anforderungen”. Vielmehr geht es um eine bloße Unbedenklichkeitsprüfung, die aus Gründen der Gefahrenabwehr im Interesse des Patientenschutzes durchgeführt wird. Es handelt sich nicht um eine Prüfung im eigentlichen Sinne, sondern um behördliche Sachverhaltsermittlung (BVerwG, U. v. 21.12.1995 – 3 C 24.94 – BVerwGE 100, 221). Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung bedeuten würde (§ 2 Abs. 1 Buchstabe i der 1. DVO Heilpraktikergesetz). Die pauschalierenden, gefahrenabwehrenden Vorschriften des Gesetzes prägen das Berufsbild des Heilpraktikers, das dadurch deutlich von dem des akademisch ausgebildeten Heilbehandlers abgegrenzt wird (vgl. BVerfG, B. v. 10.05.1988, a.a.O.).

Andererseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich seit dem Erlass des Heilpraktikergesetzes im Jahre 1939 auf den Sektor der Heilberufe erhebliche Änderungen ergeben haben. Die nichtärztliche Psychotherapie hat sich zu einem selbständigen Zweig der Heilkunde entwickelt, der in der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung eine wichtige Rolle einnimmt. Durch das bereits erwähnte Psychotherapeutengesetz vom 16.06.1998, das die neuen Heilberufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten geschaffen hat, hat diese Entwicklung ihren gesetzlichen Abschluss gefunden.

Diese Entwicklung gebietet es, eine auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis zuzulassen. Die beschränkte Erlaubnis vollzieht die Differenzierung, die innerhalb der Heilkunde eingetreten ist, nach. Es wäre unverhältnismäßig und mit der im Grundgesetz verankerten Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht vereinbar, Personen, die sich allein in diesem selbständigen Zweig der Heilkunde betätigen wollen, einen entsprechend beschränkten Berufszugang zu versagen. Aus dieser Überlegung hat auch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21.01.1993 (3 C 34.90 – BVerwGE 91, 356) die Erteilung einer beschränkten Berufserlaubnis anerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur übergangsweise bis zum Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes eine Regelungslücke geschlossen. Vielmehr hat es ausdrücklich auf die seit Inkrafttreten des Heilpraktikergesetzes eingetretene Differenzierung auf dem Sektor der Heilberufe Bezug genommen und von einer Anpassung an die gegenwärtigen Gegebenheiten gesprochen.

Zu den Heilpraktikern mit beschränkter Berufserlaubnis, die nicht die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift in § 12 PsychTG erfüllt haben und die im Rahmen ihrer vor dem 01.01.1999 erteilten Erlaubnis weiterhin heilkundliche Psychotherapie ausüben dürfen (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28 07.1999 – 1 BvR 1006/99 und 1 BvR 1056/99 – NJW 1999, 2729 und 2730, Kammerbeschluss vom 16.03.2000 – 1 BvR 1453/99 – NJW 2000, 1779; BVerwG, U. v. 09.12.2004, a.a.O.), treten deshalb Heilpraktiker, die diese Erlaubnis erst nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes erlangt haben.

3.
Wer sich ausschließlich im Bereich der Psychotherapie heilkundlich betätigen will, braucht sich nur einer auf dieses Gebiet bezogenen Unbedenklichkeitsprüfung zu unterziehen.

Die vor Erteilung der Heilpraktikererlaubnis vorzunehmende Unbedenklichkeitsprüfung erstreckt sich grundsätzlich auf die allgemeinen medizinischen Grundkenntnisse. Die Überprüfung erfasst nach der einschlägigen Verwaltungsvorschrift im Bundesland Bremen (Erlass des Senators für Gesundheit, Jugend und Soziales vom 25.04.1994, BremABl. 1994, S. 207 i. d. F. des Änderungserlasses des Senators für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz vom 25.03.1999, BremABl. 1999, S. 384) im schriftlichen Teil etwa “Grundkenntnisse der Anatomie, pathologischen Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie”, “Grundkenntnisse der allgemeinen Krankheitslehre, Erkennung und Unterscheidung von Volkskrankheiten, insbesondere der Stoffwechselkrankheiten, der Herz-Kreislaufkrankheiten, der degenerativen Erkrankungen, der übertragbaren Krankheiten, der bösartigen Neubildungen sowie psychiatrische Erkrankungen”, “Erkennung und Erstversorgung akuter Notfälle und lebensbedrohender Zustände”, “Praxishygiene, Desinfektion und Sterilisation”, “Deutung grundlegender Laborwerte” (Nr. 5.2 des Erlasses). Die mündliche Überprüfung erstreckt sich zusätzlich auf die “Technik der Anamneseerhebung; Methoden der unmittelbaren Krankenuntersuchung (Inspektion, Palpation, Perkussion, Auskultation, Reflexprüfung, Puls- und Blutdruckmessung)” sowie “Injektions- und Punktionstechniken” (Nr. 6.3 des Erlasses).

Die Überprüfung ist thematisch auf diejenigen Bereiche der Heilkunde zugeschnitten, die typischerweise von Ärzten abgedeckt werden. Es wäre unverhältnismäßig, entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten von Heilpraktikern zu verlangen, die ausschließlich Psychotherapie ausüben wollen. Auch von Psychologischen Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten werden solche allgemein medizinischen Grundkenntnisse nicht verlangt. Nichts anderes kann für Heilpraktiker gelten, die nur im Bereich der Psychotherapie tätig sein wollen.

Abgesehen davon wäre die Überprüfung der allgemeinen medizinischen Grundkenntnisse auch ein wenig geeignetes Mittel, um die spezifischen Gefahren abzuwehren, die sich bei unsachgemäßer Ausübung der Psychotherapie ergeben können. Es ist aufschlussreich, dass bis zum Änderungserlass des Senators für Frauen, Gesundheit, Jugend, Soziales und Umweltschutz vom 25.03.1999, der für das Bundesland Bremen die bis dahin mögliche beschränkte Erteilung der Heilpraktikererlaubnis beseitigt hat, durchaus eine solche spezifische Überprüfung vorgesehen war. Von Personen, die nicht den akademischen Grad eines Dipl.-Psychologen besaßen, waren danach “ausreichende Kenntnisse der psychologischen Diagnostik, der Psychopathologie und der klinischen Psychologie nachzuweisen”. Die Bewerber mussten “ausreichende Kenntnisse über die Abgrenzung heilkundlicher Tätigkeit, insbesondere im psychotherapeutischen Bereich, gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen besitzen sowie ferner ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf das einschlägige Krankheitsbild haben und die Befähigung besitzen, die Patienten entsprechend der Diagnose psychotherapeutisch zu behandeln” (Nr. 8.2 des Erlasses i. d. F. vom 25.04.1994). Allein eine solche spezielle Überprüfung wird der tatsächlichen Bedeutung gerecht, die die Psychotherapie als selbständiger Zweig der Heilkunde erlangt hat. Sie wehrt zugleich wirksam die Gefahren ab, die von ungeeigneten Heilbehandlern auf diesem Gebiet drohen. Ein wichtiges Kriterium ist dabei, ob von dem Betreffenden erwartet werden kann, dass er die Grenzen seiner eigenen heilkundlichen Möglichkeiten beachtet. Das betrifft einmal die Abgrenzung zu den Psychologischen Psychotherapeuten und den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die über eine akademische Ausbildung zur Feststellung, Heilung oder Linderung von psychischen Störungen mit Krankheitswert verfügen. Zum anderen muss gewährleistet sein, dass die Abgrenzung zu den Ärzten und den allgemeinen Heilpraktikern beachtet wird, was beinhaltet, dass der Betreffende beurteilen kann, ob eine fachkundige somatische Abklärung erforderlich ist. Inhalt und Umfang dieser Überprüfung brauchen hier nicht abschließend bestimmt zu werden. Der genannte Erlass vom 25.05.1994 enthält insoweit jedenfalls brauchbare Anhaltspunkte.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ebnet dies nicht einer inhaltlichen Neuausrichtung des Heilpraktikerberufs den Weg. Die Heilpraktikerprüfung bleibt weiterhin eine bloße Unbedenklichkeitsprüfung. Die generalisierenden, gefahrenabwehrenden Vorschriften des Heilpraktikergesetzes lassen die Aufwertung zu einer Fachprüfung, die auf den Nachweis einer Fachqualifikation zielt, nicht zu. Eine derartige rechtliche Aufwertung würde den Rahmen der zulässigen Gesetzesanwendung überschreiten; sie bedürfte vielmehr einer Leitentscheidung des Gesetzgebers. Hier geht es allein darum, aus der Tatsache, dass sich die Psychotherapie neben der allgemeinen Medizin zu einem selbständigen Gebiet der Heilkunde entwickelt hat, die notwendigen berufsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Die beschränkte Heilpraktikererlaubnis darf aus diesem Grund nur für die Ausübung der Psychotherapie erteilt werden, nicht für einzelne Spezialgebiete und einzelner heilkundliche Tätigkeiten innerhalb der allgemeinen Medizin. Die Befürchtung der Beklagten, es könnte eine Zersplitterung des Heilpraktikerrechts eintreten, ist unbegründet.

4.
Die beschränkte Heilpraktikererlaubnis muss in der Berufsbezeichnung kenntlich gemacht werden.

Außerhalb der Psychotherapie darf der Heilpraktiker mit beschränkter Berufserlaubnis keine Heilkunde ausüben. Ein Verstoß gegen diese Beschränkung ist strafbewehrt (§ 5 HeilpraktG). Damit zieht der Begriff der Psychotherapie die Grenze der zulässigen Berufsausübung. Dieser Begriff, der auch für den Geltungsbereich des Psychotherapeutengesetzes maßgebliche Bedeutung hat, ist ausreichend bestimmt, um die gebotene Grenzziehung vorzunehmen. Er nimmt Bezug auf eine tatsächlich eingetretene Differenzierung auf dem Gebiet der Heilkunde.

Aus Gründen des Patientenschutzes ist es geboten, die inhaltliche Beschränkung der Heilpraktikererlaubnis in der Berufsbezeichnung kenntlich zu machen. Eine solche Kenntlichmachung ist ohne weiteres möglich (z. B. “Heilpraktiker, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie”). Sie ist bis zum Änderungserlass vom 25.03.1999 auch im Bundesland Bremen praktiziert worden (vgl. Nr. 9.2 des Erlasses vom 25.05.1994). Diejenigen Bundesländer, die nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes an der Erteilung einer eingeschränkten Heilpraktikererlaubnis festgehalten haben, praktizieren sie auch derzeit noch. Dass es in dieser Hinsicht zu Unzuträglichkeiten gekommen wäre, etwa im Hinblick auf die Abgrenzung oder die Überwachung durch die zuständigen Behörden, ist nicht erkennbar. Jedenfalls hat die Beklagte hierzu nichts vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwG() i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwG() zuzulassen. Die für die Entscheidung dieser Rechtssache erhebliche Frage, ob nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes noch auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnisse erteilt werden können, ist von allgemeiner Bedeutung und bisher höchstrichterlich nicht geklärt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist die Revision zulässig.

Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Am Wall 201, 28195 Bremen, schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Für das Revisionsverfahren besteht Vertretungszwang dies gilt auch für die Einlegung der Revision und deren Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

gez.: Stauch gez.: Göbel gez.: Alexy

Beschluss Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Bremen, den 20.12.2005
Das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen – 1. Senat -:
gez.: Stauch gez.: Göbel gez.: Alexy