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Flavonoide

Flavonoide

Mengenmässig sind die Flavonoide die am häufigsten auftretendenden sekundären Pflanzeninhaltsstoffe der höheren Pflanzen. Sie stellen eine große Strukturvielfalt innerhalb der Gruppe der Polyphenole dar. Es sind ungefähr 6500 Verbindungen bekannt, die je nach Grundstruktur in mehrere Gruppen eingeteilt werden.
Der Name leitet sich vom lateinischen Wort flavus = gelb ab. Der Name wurde gewählt, weil die meisten dieser Substanzen in ihrer reinen Form eine gelbliche Farbe aufweisen.
Eine Ausnahme bilden die Anthocyanidine. Es sind blau oder rot gefärbte Stoffe.
Flavonoide bieten der Pflanze Schutz vor äußeren schädlichen Einflüssen. Aus diesem Grund finden sich die höchsten Konzentrationen in den äußeren Blättern (z.B. bei Kohlgemüsen, Salaten) oder in Schalen. Die Empfehlung, Äpfel nicht zu schälen oder Tomaten nicht zu häuten hat also durchaus ihre Berechtigung.

Einteilung:

Durch die Kondensation von Pflanzensäuren zu einer C6-C3-C6-Verbindung (Chalcon (2-Hydroxyphenyl-styrylketon)) bildet die Pflanze Flavonoide (Ableitung =Chalcone).
Reagiert die phenolische OH-Gruppe mit der Arylkette unter Ringschluss zu einem Fünferring erhält man die Grundstruktur der Aurone (2 Bezyliden-2,3-dihydrobenzofuran-3-on). Der Ringschluss zu einem Sechserring führt zur Grundstruktur der Flavane (2-Phenylchroman), die je nach Oxidationsgrades des sauerstofhaltigen Rings weiteren Grundverbindungen ergeben. So werden Stoffe mit der Struktur Flavan-3-ol als Catechine, Flavan-3,4-diol als Leukoanthocyanidine, Flavyliumsalze als Anthocyanidine bezeichnet. Weitere wichtige Gruppen sind die Flavanone, Flavanonole, Flavone (Flaven-4-on) und Flavonole (3-Hydroxy-flaven-4-on). Isoflavanoide besitzen ein 3-Phenychroman-Grundgerüst (Isoflavan) und werden wie die Catechine und Leukoanthocyanidine, die sich leicht zu größeren Verbindungen zusammenlagern, gesondert besprochen.

Meist kommen Flavonoide als lösliche Glykoside (= Verbindungen mit Zuckermolekülen) im Zellsaft der Pflanze vor.
Sie wurden mit Namen bezeichnet, die sich von den Pflanzennamen der Pflanze ableiten, in der die Verbindung als erstes gefunden wurde. So entstand eine verwirrende Anzahl von Namen.
Zuckerfreie Strukturen werden Aglyka genannt und tragen oft die Endsilbe -genin in ihrem Namen. So ist z.B. das Aglykon des Naringins, einem Flavanon der Zitrusfrüchte, das Naringenin.

Wirkungen:

Flavonoidreiche Nahrungsmittel besitzen einen krankheitsvorbeugenden Effekt.
Flavonoide verfügen über ein beträchtliches antioxidatives Potential und sind so in der Lage, sehr reaktive Verbindungen, wie sie z.B. durch UV-Strahlung entstehen können, abzufangen und in verträglichere Verbindungen überzuführen, bevor die Zelle Schaden nehmen kann. Mit den antioxidativ wirkenden Vitaminen C und A entsteht ein Synergismus.
Aufgrund dieser Verbindungen setzt die Kosmetikindustrie flavonoidhaltige Pflanzenauszüge immer öfter in Antifalten- und Sonnencremes ein.

Einige der Verbindungen erwiesen sich in Laborversuchen als wachstumshemmend auf Bakterien und Viren, entzündungshemmend, immunmodulatorisch, antihepatotoxisch, antikanzerogen, durchblutungsfördernd, spasmolytisch, diuretisch und antiallergisch.
Möglicherweise kommen die süss schmeckenden Dihydrochalcone als Süssstoffe in Frage.
Die Bioverfügbarkeit von Flavonoiden wurde bislang als problematisch angesehen. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass sie durch einen aktiven Prozess im Dünndarm aufgenommen werden.
Flavonoide scheinen für den Menschen ungiftig zu sein. Im Laborversuch konnte man jedoch für einige Aglyka mutagene und genotoxische Wirkungen feststellen. Die Bedeutung dieser Befunde ist jedoch noch unklar.
Die in der Nahrung vorliegende Glykoside haben diese Eigenschaft offensichtlich nicht oder diese werden durch in der Pflanze enthaltenen weiteren Stoffe verhindert. Insofern ist es sicher ratsam sich durch natürliche Nahrungsmittel flavonoidreich zu ernähren anstatt zu Nahrungsergänzungsmitteln zu greifen.


Chalkon

Flavanon

Flavanol (Catechin)

Flavon

Flavandiol
(Leukoanthocyanidin)

Flavonol
 
Flavanonol

Anthocyanidin

Vorkommen:

Flavonoide sind im Pflanzenreich weit verbreitet. Sie kommen praktisch in allen Obst- und Gemüsesorten vor. Aber auch bestimmte Nüsse und Getreidesorten enthalten diese wertvollen Stoffe. Folgende Tabelle zeigt einige Beispiele:

Grundstruktur Aglykon Flavonoid Beispiele
Flavonole Quercetin Spiraeosid Zwiebel
    Isoquercitrin Holunderblüten
    Flavonolignane Mariendistel
    kein Trivialname Tomate
    kein Trivialname Ruhrkrautblüten
    kein Trivialname Preiselbeere
    kein Trivialname Schnittlauch
    Rutosid Weinrautenkraut
    Rutosid Weißdorn
    Hyperosid Birke
    Hyperosid Weißdorn
    Hyperosid Stiefmütterchen
    kein Trivialname Schachtelhalm
  Kämpferol kein Trivialname Grünkohl
    kein Trivialname Endivie
    kein Trivialname Schachtelhalm
Flavanole Catechin Catechingerbstoffe Odermenning
    Catechingerbstoffe Heidelbeeren
    kein Trivialname Pfirsich
    kein Trivialname Rotwein
    kein Trivialname Äpfel
  Epicatechin kein Trivialname Aprikose
    Epicatechingallat Grüner Tee
  Procyanidine Procyanidin B-2 Weißdorn
    Procyanidin B-2 Mossbeeren
Flavanone Hesperetin Hesperidin Orange
    Hesperidin Zitrone
  Naringenin Naringin Grapefruit
Flavone Apigenin Vitexin Stiefmütterchen
    Isovitexin Orthosiphon
    Biflavone Ginkgo
    kein Trivialname Sellerie
  Luteolin Orientin Passionsblume
    kein Trivialname Grüne Olive
    kein Trivialname Paprika
Anthocyanidine Malvidin kein Trivialname Blaue Trauben
    kein Trivialname Heidelbeeren
    kein Trivialname Malvenblüten
  Delphinidin kein Trivialname Johannisbeere
Dihydrochalcone Phloretin kein Trivialname Äpfel
Isoflavonoide Genistein Genistin Sojabohnen
  Formonetin Ononin Hauhechel

Literatur:

  • Bernhard Watzl, Achim Bub:
    Flavonoide Ernährungs-Umschau
  • Gunter Metz:
    Phytamine – Pflanzliche Nahrung zur Prävention PZ-Schriftenreihe Nr. 13 (2001), Govi Verlag
  • Uwe Gröber:
    Orthomolekulare Medizin, 2000, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  • Georg Schiller, Karl Hiller:
    Arzneidrogen, 4. Aufl. 1999, Spektrum Akademischer Verlag
  • Hager ROM 2002, Springer Verlag