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Anmerkungen zur konservativen Behandlung der Nephrolilhiasis

Kalziumoxalat-Steine. Sie kommen als Kelch- oder Beckensteine im ableitenden Hohlsystem der Nieren vor.Bei der Entstehung von Nierensteinen spielt eine Reihe von kausalen und mitbedingten Faktoren eine Rolle: z.B. Intoxikationen chemischer und bakterieller Natur, Herdinfekte, Störungen des vegetativen Gleichgewichtes, Allergien, hormonelle Störungen, Ernährungsfehler, Vitaminmangel. Weder chirurgische Eingriffe noch die sog. Stoßwellen-Zertrümmerung schließen Rezidive aus. Deshalb sind ganzheitliche Maßnahmen zur Prophylaxe und Therapie nach wie vor aktuell.


Sofortmaßnahmen bei Koliken

Akute Nierensteinkoliken, oft in der Morgenstunde auftretend, müssen unverzüglich symptomatisch behandelt werden. Die Schmerzen strahlen oft in die Blase und in den Penis aus; häufiger Harndrang, verbunden mit Schmerzen; im Urin Erythrozyten. Sofortmaßnahmen:

  • Glaubersalz-Gabe
  • Hydrotherapie
    Länger dauernde, warme bzw. ansteigende Sitzbäder; wiederholte Darmeinläufe, so warm wie sie vertragen werden, (ca. 41°C); heiße Bleibe- Klistiere; heiße oder Dampfkompressen auf die betreffende Lenden- oder Bauchseite.
  • Aderlaß
    Zur Abschwellung der Schleimhaut und zur Krampflösung.
  • Schmerzstillung
    Am besten mit Buscopan” 2% i. v. in ausreichender Dosis. Nach i. v. gegebenem Buscopan” kann der Patient nicht mit dem PKW nach’Hause fahren, da Akkomodationsstörungen auftreten können.


Die Allgemeinbehandlung der Nephrolithiasis richtet sich streng nach ganzheitlichen Prinzipien

In erster Linie an eine ausreichende Herdsanierung denken! Darüber hinaus sind alle anderen schädigenden Noxen, vor allem in der Ernährung, auszuschalten. Durch die Umstimmung des vegetativen Nervensystems muß der Neubildung von Steinen vorgebeugt werden.

Hydrotherapie
Ganzwaschung, Knie- und Unterschenkelgüsse, Dampfkompressen.

Folgender Versuch zum Abgang eines Steines kann empfohlen werden:

Man setzt den Patienten in ein warmes Heublumen-Sitzbad von 37°C., die Temperatur wird dann innerhalb von 40 Minuten auf 42 – 45°C erhöht. Vorher hat der Patient innerhalb von 45 Minuten etwa 1 1/2 Liter Lindenblütentee getrunken.

Im Bad soll der Urin so lange wie möglich gehalten und dann unter kräftigem Druck entleert werden.
Evtl. mehrfach wiederholen!

Die Diät richtet sich nach der Art des Steines.

Kennt man diese zunächst noch nicht, sofort eine längere Zeit über strenge Rohkost, schließlich streng vegetarische, salzarme Kost mit reichlich frisch gepreßten Obstoder Gemüsesäften, Rettichsaft.

Kleine Steine gehen mitunter ab durch starke Durchspülung mit reichlich warmer oder heißer Flüssigkeit ( bis zu 4 litern pro Tag. Solche Mengen werden allerdings nur von wenigen Patienten ertragen. Cave: Herz-Kreislauf!). Bleibt der Stein trotzdem eingeklemmt, pro Tag 100 g reines Glycerin auf einmal trinken lassen, evtl. mehrere Tage hintereinander.

Luftbäder mit Trockenbürsten der Haut.

Täglich zwei Stunden ruhiger Spaziergang.

Nach Möglichkeit keine großen Autofahrten, Omnibusoder Eisenbahnreisen.

Krankengymnastische Behandlung

Tiefer sitzende Steine kommen häufig durch die rhythmischen Bewegungen des Darmes in Bewegung. Starke, wirksame Unterstützung durch Darmbäder, im Notfall auch durch wiederholte Einläufe.
Vorteilhaft sind schnellfolgende rhythmische Erschütterungen durch Reiten, Motorradfahren (wirksam bei Steinen bis zu Bohnengröße). Sie können allerdings auch Koliken provozieren.

Auch streichende Massagen des Ureters nach der Blase zu in Seitenlage (auf der gesunden Seite) kann bei mageren Kranken, ebenso bei Frauen, Erfolg bringen. Am besten wird diese Massage im warmen Vollbad durchgeführt.

Behandlung der Reflexzonen in den anfallsfreien Zeiten, und zwar die Muskelzonen mit Vibration, die Bindegewebszonen durch Bindegewebsmassagen.

Gut wirkt oft auch die Anwendung der heißen Rolle über den entsprechenden lumbalen Rückenabschnitten in halbschräger Seitenlage.

Unterwassermassagen vermögen in manchen Fällen ebenalls den Stein abzutreiben.

Arzneibehandlung

Glycerinkur: 3 x tägl. 50 g reies Glycerin – 3 Tage lang, also insgesamt 450 g.

Die Konzentration des Glyceins kann im Urin bis auf 5 % steigen. Damit ist in vielen Fällen Steinabgang zu erreichen!

Das Glycerin hat folgende Wirkungen: krampflösend, wasser-entziehend, peristaltikanregend.

Rp.: Glycerini pur. 80, Tct. amar., Tct. cort. Aurant. aa 10,0 MDS, 3 Tage hintereinander nüchtern je 2 Eßlöffel, 4 – 6 Wochen-Iang, 1 x wöchentlich wiederholen.

Eine Steigerung der Diurese durch Verabreichung größerer Mengen von Nierentee, Species diureticae, Obstsäften, Mineralwasser, 2 – 3 Liter täglich.

In genügender Konzentration regt Rubia tinctorum den Austreibungsturnus des Nierensystems an.

Cave: Koliken können sich dabei vermehren!

Im ganzen wird jedoch die Krampfbereitschaft herabgesetzt, die Peristaltik angeregt.

Aber: Man muß den Harn ansäuern!

Folgendes Salzgemisch kann zur Verminderung weiterer Steinbildung versucht werden:

Rp.: Calcium citricum 75 g, Magnesium phosphoricum pu. 165 g, Natrium biphosphoricum pur. 60 g. MDS 3 x tägl. 1 Teelöffel in Milch.


Besondere Form der Harnkonkremente: Uratsteine

Harnsteinerkrankungen sind weit verbreitet. 1 – 2 % der Bevölkerung sind davon betroffen. Häufigkeit und gesundheitspolitische Bedeutung entsprechen damit etwa denen des Diabetes. Männer erkranken häufiger als Frauen. Steine kommen auch schon bei Kindern vor.

Kristallisation von Harnsäure zu Harnsteinen.Die Ursachen der Steinentstehung sind mannigfaltig und im Einzelfall nicht immer Kristallisation von Harnsäure zu Harnsteinen. feststellbar. Die Rezidivneigung ist groß.

Es gibt prärenale, renale und postrenale Faktoren der Steingenese:

  1. vermehrte Ausscheidung verhältnismäßig schlechtlöslicher Stoffe im Urin: Calciumoxalat, Harnsäurecystin
  2. physikalische Veränderungen des Urins: hohe Harnkonzentration, Verschiebung des pH-Wertes
  3. örtliche Veränderung an den Nieren
  4. Störungen der Harnpassage
  5. Infektionen.

Harnsteine unterscheiden sich chemisch und physikalisch voneinander. Die wichtigsten sind, der Häufigkeit nach, Konkremente aus:
Calciumoxalat (ca. 50 %)
Harnsäure oder Uraten (ca. 25 %)
hosphaten und Karbonaten (ca. 20 %)
Cystin ( ca. 1 %)
Mischsteine kommen oft vor.

Calciumhaltige Steine geben einen Schatten im Röntgenbild, Cystinsteine sind nur wenig, Harnsäuresteine gar nicht schattengebend. Man kann sie als Aussparungen im Kontrastmittelschatten erkennen.

Der Lokalisation nach wird unterschieden in:
Nierensteine (Kelch-, Nierenbeckensteine), Harnleitersteine, Blasensteine, Harnröhrensteine.

Ruhende Steine verursachen nur geringe oder gar keine Beschwerden, wandernde Konkremente machen sich durch Irritationen an den Harnwegen und intermittierendem Harnstop bemerkbar.

Steinverschlüsse führen akut zu kolikartigen, heftigsten Schmerzen, die in Dauerschmerz übergehen, wenn die Harnpassage nicht wieder freigegeben wird.

Die überwiegende Zahl der Steine geht spontan ab.

Die Abgangsfähigkeit ist von der Größe des Steines – etwa bis Erbsengröße – , der Beschaffenheit seiner Oberfläche und der Weite der Harnwege abhängig.

Physiologische Engen im Harnleiter bestehen an dessen Abgang aus dem Nierenbecken, an seiner Kreuzung mit der A. iliaca und an seinem Durchtritt durch die Blasenwand. An diesen Stellen bleiben Steine häufig hängen.

Steine, die die Blase erreicht haben, werden durch die Harnröhre ausgeschieden, wenn keine Entleerungsbehinderung wie z.B. Prostata- Adenom oder Striktur besteht. Auf vesikalen oder subvesikalen Entleerungsstörungen beruht fast stets die Existenz von Blasensteinen.

Merksatz:
Mechanischer Reiz, Harnstau und Infektion sind die Faktoren, die Steine zur Gefahr für die Niere machen und zu deren Verlust führen können.

Symptome:
subjektiv: Schmerz,
objektiv: Hämaturie.


Diagnostik bei Harnsteinen

Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus:
Schmerzen im Nierenlager, Koliken, Bewegungshämaturie.

Vorgeschichte:
Vorausgegangene Steinerkrankung, bekannte Stoffwechseierkrankung.

Befund:
Klopfempfindlichkeit des Nierenlagers.
Erythrozyten im Urin, evtl. auch Leukozyten bei sekundärer Infektion.

Sicherung der Diagnose:
Sonographie (Ultraschalldiagnostik); die Sicherheit liegt bei ca. 90 %, so daß sich Röntgen-Aufnahmen meist erübrigen!

Zusätzliche Untersuchungen:
Bakteriologische Harndiagnostik, da sekundäre Infektion häufig.
Steinanalyse unter allen Umständen erforderlich, Blutcalcium- oder Harnsäurespiegel bestimmen lassen.

Schmerzen als diagnostische Hilfe

Obwohl Schmerzen nicht unbedingt zum Bild der Nephrolithiasis gehören, sind sie aber im allgemeinen in irgendeiner Form vorhanden und Hinweis auf die Erkrankung.

Ziehender oder stechender Schmerz im Nierenlager mit Ausstrahlung in die Leistengegend wird häufig angegeben.

  • Große und festsitzende Konkremente machen geringere subjektive Zeichen als bewegliche kleine Steine.
  • Steineinklemmung, bevorzugt im Kelchhals, im Fundibulum oder an den physiologischen Engen, führt zu Koliken.
  • Ausstrahlung des Schmerzes in Hoden oder Labia rnajora spricht für Sitz des Steines im oberen Drittel, tiefsitzende Steine führen zu Harndrang und ziehen in den Ureter.

Erythrozyten im Harn fehlen fast nie, eigentlich nur bei komplettem Steinverschluß.

Sie können nach körperlicher Bewegung verstärkt auftreten und manchmal auch zur Makrohämaturie werden. Massive Blutungen sind nicht ganz ungewöhnlich.


Prinzipien der Therapie

Das unmißverständlichste Symptom des Harnsteins, die Steinkolik, erfordert häufig eine sofortige Therapie, bevor eine exakte Diagnostik erfolgen kann.

Behandlung der Steinkolik:

  1. Lokale Wärme, warmes Bad,
  2. Suppositorien mit Spasmo- Iytica wie z.B. Buscopan©
  3. Spasmoanalgetica i. v.

Nach dem Anfall:

  1. versuchen, den Stein aufzufangen
  2. sicherstellen, daß Harnwege frei sind, auch wenn nach dem Anfall keine Beschwerden mehr bestehen
  3. Steine lassen sich gut durch Ultraschalldiagnostik darstellen.

Ziel der Therapie ist im weiteren, den Stein so zu entfernen, daß die ableitenden Harnwege und die Niere möglichst wenig geschädigt werden.

Anschließend müssen prophylaktische Maßnahmen zur Verhütung von erneuter Steinbildung eingeleitet werden.

Die konservative Behandlung ist immer angezeigt, wenn folgende Umstände vorliegen:

  1. abgangsfähige Steine ohne wesentliche Beschwerden, ohne Harnstauung und ohne Infektion
  2. Harnsäuresteine ohne die genannten Komplikationen
  3. Ausgußsteine der Niere ohne Harnstauung mit erheblicher Parenchymschädigung.

Ziel der konservativen Behandlung ist der spontane Steinabgang.
Zum spontanen Steinabgang können folgende Maßnahmen verhelfen:

  1. Anregung der Diurese durch Flüssigkeitszufuhr und gegebenfalls durch Diuretica
  2. körperliche Bewegung
  3. Spasmolytica, gegebenfalls kombiniert mit Analgetica per os oder als Suppositorien
  4. Anregung der Peristaltik bzw. Bekämpfung einer oft begleitenden Obstipation.

Die gleichzeitige Beseitigung von Abflußhindernissen im Bereich der Harnwege ist aus Gründen der Prophylaxe unbedingt erforderlich.


Harnsteinprophylaxe

Mit häufigen Rezidiven der Konkrementbildung ist zu rechnen, wenn die Ursache der Steinbildung oder begünstigende Faktoren der Steinentwicklung nicht beseitigt werden.

Merke:
Grundlage der Prophylaxe ist die Kenntnis des Steinmaterials!

Oft liegt der Steinbildung eine Stoffwechselerkrankung, insbesondere eine Störung des Kalziumstoffwechsels (primärer Hyperparathyreoidismus, Knochenerkrankung) oder eine Urikopathie zu grunde, woraus sich die Möglichkeit zu einer kausalen Therapie des Steinleidens ergibt.

Von großer prophylaktischer Bedeutung bei Harnsteinen ist die Beseitigung von Harnabflußstörungen und Harnwegsinfekten.

Allgemeine Prophylaxe von Harnsteinbildung:

  1. Senkung der Konzentration der Steinbildner durch Erhöhung des Harnvolumens ca. 1 1/2 bis 2 Liter pro Tag
  2. Verbesserung der Löslichkeit durch günstigen pHWert des Urins, der vom Patienten selbst mit Indikatorpapier leicht kontrolliert werden kann
  3. Herabsetzung der im Harn ausgeschiedenen Menge steinbildender Substanzen durch Senkung des Blutspiegels
  4. Verhinderung oder Beseitigung einer Harnwegsinfektion.

• Kalziumhaltige Steine (Kalzium-Oxalatsteine):

  • Kalziumarme Kost, keine Milch oder Milchprodukte.
  • Einschränkung von oxalathaitigen Nahrungsmitteln, wie Tomaten, Schokolade, Spinat, Spargel
  • hochdosierte Magnesiumtherapie
  • Vitamin B 6, 1 x tägl. 1 Tbl. zu 40 mg
  • bei Erhöhung des Harnsaurespiegels: Allopurinol

• Phosphatsteine:

  • Reduzierung von Milch oder Milchprodukten und alkalisierender Kost wie z.B. Zitrusfrüchte und Fruchtsäfte
  • Phosphatbindung im Darm durch Alludrox, 5 x tägl. 4 Tbl.
  • Ansäuerung des Harns durch Mixtura solvens Comp., 3 x tägl. 2 Kompretten.

(Cave: Kontraindiziert bei renaler tubulärer Acidose und Niereninsuffizienz!)

• Harnsäuresteine:

  • Einschränkung von purinreicher Kost, wenig Fleisch und Gemüse
  • Neutralisierung des Harns mit Uralyt-U, bis auf einen konstanten pH-Wert von 6,4 bis 6,8
  • Senkung eines erhöhten Harnsäurespiegels durch Allopurinol

(Merke: Die Prophylaxe mit Uralyt- U wird jeweils alternierend jede zweite Woche durchgeführt)

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