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Pflege und Geriatrie
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Physikalische Maßnahmen bei Parkisonismus

r9501_pa1Physikalische Maßnahmen, vor allem Krankengymnastik, werden meist lebenslang verordnet. Dabei kann über den erzielten effektiven motorischen Gewinn objektiv nur wenig ausgesagt werden. Es sind im wesentlichen die Patienten selbst, die versichern, daß ihnen diese Maßnahmen besonders gut tun. Therapeuten und Angehörige wiederum berichten übereinstimmend über eine deutlich positive psychische Stimulierung des Betroffenen.

Überhaupt sollten die Angehörigen von vornherein in die therapeutischen Maßnahmen miteinbezogen werden sowie die Möglichkeit haben, bei einem speziell psychotherapeutisch geschulten Mitarbeiter über ihre Probleme beim Umgang mit dem Patienten zu berichten und anschließend gemeinsam mit dem Patienten an der Krankengymnastik teilzunehmen und/oder spezielle Erleichterung bei täglichen Verrichtungen wie Drehen im Bett, Aufstehen vom Stuhl, Hinsetzen usw. kennen lernen. Unter solchen Bedingungen ist bei etlichen Patienten oft schon nach einem Vierteljahr eine Besserung von Akinese, Feinmotorik, Koordination und sogar des Armtremors festzustellen.

Warum Bewegungstherapie?

Bewegung ist für den Menschen notwendig. Ohne Bewegung kommt es zu Muskelatrophie, Versteifung und Kontrakturen in den Gelenken. Bewegung ist notwendig, um Herz, Kreislauf, Nieren- und Lungenfunktion aufrecht zu erhalten. Parkinson-Kranke sind zu einem hohen Anteil hypoton und können so ihren Kreislauf stützen. Aktive Patienten leiden auch weniger unter Obstipation, und schließlich hat Bewegung einen günstigen Effekt auf die Stimmung. Denn meist folgt der Bewegung das Gefühl, sich wohl zu fühlen.

Parkinson-Patienten neigen dazu, sich auch krankheitsspezifischen Gründen zurückzuziehen, daß heißt, Aktivitäten zu meiden, sie sind meist leicht depressiv und antriebsarm. Auch hier kann durch physikalische Maßnahmen gegengesteuert werden.

Folgende Möglichkeiten stehen zur Verfügung:

  1. Krankengymnastik
  2. Therapeutisches Schwimmen
  3. Massagen
  4. Logopädie
  5. Ergotherapie

Krankengymnastik

Sie steht als Einzel- oder Gruppentherapie im Zentrum physikalischer Maßnahmen. Der Patient hat vor allem hier die Möglichkeit, etwas gegen seine Krankheit zu tun, und ihr nicht tatenlos ausgeliefert zu sein. Bei speziellen Symptomen ist Einzelgymnastik bereits zu Beginn der Behandlung sinnvoll (Haltungsprobleme, Gleichgewichtsstörungen u.a.). Für die meisten Patienten ist jedoch während der ersten Behandlungsjahre eine Gruppengymnastik angenehmer und ausreichend.

Einzelgymnastik ist immer dann notwendig, wenn Fluktuationen der Beweglichkeit auftreten. In den ON-Phasen muß vor Überanstrengung gewarnt werden, damit das „OFF” nicht vorzeitig protrahiert auftritt. Passive Übungen können zunehmend das aktive Programm ergänzen oder ersetzen. Eine Verbesserung der Beweglichkeit im „OFF” ist durch Bewegungsübungen nicht möglich. Die Patienten müssen eher zu Ruhe und Gelassenheit. in dieser akinetischen Phase angehalten werden.

Zur Krankengymnastik gehört auch das Einüben bestimmter Tricks zur Überwindung von speziellen Parkinson-Schwierigkeiten wie z.B. Freezing. Optische, gelegentlich auch akustische oder taktile Signale können hilfreich sein, um Startstörungen zu überwinden.

Auch das Hinsetzen auf den Stuhl und das Wiederaufstehen sowie das Umdrehen im Bett läßt sich durch bestimmte Bewegungsabläufe erleichtern.

Das Einbeziehen der Angehörigen zu diesen Übungen ist, wie gesagt, vor allem aus psychologischen Gründen sinnvoll.

Bei Spätfällen sind passives Durchbewegen, Dehn- und Streckübungen angebracht, ebenso eine Atemtherapie zur Infektionsprophylaxe.

Therapeutisches Schwimmen

Patienten versichern, daß sie sich nach Übungen im Wasser „wie neu geboren” fühlen. Dieser Effekt hält manchmal den ganzen Tag an. Bewährt haben sich Wassertemperaturen zwischen 28-30 Grad. Bei diesen Temperaturen ist der Kreislauf nicht zu sehr belastet, und die Patienten empfinden sie als angenehm. Die Koordination kann im Wasser besonders gut geübt werden.

Vorsicht ist jedoch bei Patienten mit Fluktuationen geboten. Im „OFF” kann es plötzlich zu Erstarrungen kommen, so daß lebensgefährliche Situationen nicht auszuschließen sind. Es ist daher notwendig, daß die Therapeuten mit den Patienten im Wasser stehen.

Massagen

Rigorose Verspannungen sprechen gut auf Muskelmassagen an. Sie sollten etwa einmal pro Woche durchgeführt werden.

Physikalische Maßnahmen müssen sich der Schwere des Krankheitsbildes und der Einzelsymptomatik anpassen. Während der ersten Behandlungsjahre, bei denen die Mehrzahl der Patienten gut auf die medikamentöse Therapie anspricht und nur wenig behindert ist, sind im allgemeinen gruppengymnastische Übungen ausreichend. Die
Einzeltherapie sollte bestimmten Symptomen vorbehalten bleiben. Während dieser Zeit können auch individuelle sportliche Aktivitäten ausreichend sein wie z.B. Skilanglauf, Tennis, Federball, Jogging und mehr. Allerdings muß vor Überanstrengung gewarnt werden. „Leistungssport” ist unbedingt zu vermeiden.

Logopädie

Dysarthrische Störungen treten häufig auf; sie sind medikamentös nur schlecht zu beeinflussen. Ein Leiserwerden der Stimme verbunden mit Vontonie kann sogar erstes Symptom der Erkrankung sein. Eine wirksame logopädische Therapie muß über Monate täglich und sehr intensiv, am besten auch unter Mitwirkung der Angehörigen, durchgeführt werden. Da diese Möglichkeiten nicht immer zur Verfügung steht, muß zumindest bei leichteren Fällen mit mimischer Gymnastik, Gebrauch von speziellen Sprachkassetten und Singen geholfen werden.

Der Wert einer zusätzlichen Akupunkturbehandlung ist noch umstritten. Erste klinische Untersuchungen mit Laserakupunktur sind jedoch entmutigend. Parkinson-Patienten atmen gut ein, aber sehr oberflächlich aus. Durch Verbesserung der Vitalkapazität der Lungenfunktion mittels Akupunktur kommt es offenbar auch zu einer Verbesserung der Sprache.

Ergotherapie

Sie ist hier nicht nur eine Beschäftigungstherapie. Sie dient dazu, daß

a) patholigische Bewegungen physiologisch sinnvoll gemacht werden (z.B. bei Mi-krographie)

b) der Umgang mit den Gegenständen des täglichen Bedarfs gesichert bzw. neu erlernt wird wie z.B. die Benutzung spezieller Bestecke, Kugelschreiber, Strumpfanzieher usw. Damit kann die Alltagssituation deutlich verbessert werden.

Auch Übungsprogramme im Sinne der Förderung von Hirnleistung gehören zur Ergotherapie.

Bei malignen Verläufen, die schlecht und nur kurzfristig auf Medikamente ansprechen, haben physikalische Maßnahmen von vornherein einen größeren Stellenwert.

Gudrun Ulm

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