Wie denkt der Mensch sich gesund?
Mentale Kohärenz: Die Voraussetzung für GesundheitIn diesem Artikel geht es um die Frage, was Gesundheit eigentlich ist und wie wir
Gesundheit erreichen und aufrechterhalten können. Zur Klärung dieser Frage werden zunächst die Erkenntnisse
der Gesundheitspsychologie beschrieben. In der Tat besteht zwischen unserer Psyche und unserer körperlichen
Gesundheit ein enger Zusammenhang. Es gibt bestimmte psychische Voraussetzungen, um gesund zu werden und
bleiben. Das gilt im verstärktem Umfang, wenn wir gesellschaftliche und individuelle Entwicklungen in der
heutigen Zeit und in der nahen Zukunft betrachten. Anschließend wird das Kohärenzmodell von Antonovsky
dargestellt. Antonovsky ist ein Forscher, der die mentalen Strategien gesunder Menschen intensiv studiert hat.
Weiter schlagen wir eine Brücke zum Neurolinguistischen Programmieren (NLP). NLP hat die Verhaltensweisen und
Denkmuster genialer und erfolgreicher Menschen untersucht. Der Clou besteht darin, daß diese Strategien
weitervermittelt werden können und erlernbar sind. Das gilt natürlich auch für die Strategien vom gesunden
Menschen: dabei handelt es sich um Denkmuster, mentale Vorstellungen und Handlungsweisen, welche wir in unser
eigenes Repertoire aufnehmen und die natürlich auch an Klienten weitervermittelt werden können. Dazu werden
einige NLP-Übungen vorgestellt.
Was ist Gesundheit? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierte demgegenüber bereits vor einigen Jahrzehnten Gesundheit als einen “Zustand vollkommenen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens, nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen”. Die WHO hat also Gesundheit im Sinne einer Zielbestimmung positiv formuliert, allerdings bleibt die Definition noch sehr allgemein und schwammig. Vor allem fehlt die Antwort auf die Frage: Wie wird man gesund? Nun haben auch die Psychologen in den letzten Jahren ihr Scherflein zur Gesundheitsdebatte beigetragen und als neue Teildisziplin “Gesundheitspsychologie” eingeführt. Die Gesundheitspsychologie umfaßt folgende Gebiete:
Wie man an dieser Aufstellung sieht, widmet auch die Gesundheitspsychologie einen großen Teil ihrer Aufmerksamkeit den Krankheiten. Sehr populär geworden ist durch die Gesundheitspsychologie das Modell der Risikofaktoren. Risikofaktoren sind gesundheitsbeeinträchtigende Variablen. In der Bundesrepublik steht zum Beispiel an erster Stelle der Risikofaktoren der Bewegungsmangel. Es folgen schlechte Ernährung und das Rauchen. Wenn ich also den ganzen Tag auf unergonomischen Stühlen sitze, mich von dort zum Fahrstuhl bewege, von diesem zu meinem Auto, unterwegs einen Hamburger mit Fritten vertilge (am besten im Drive-In!) und anschließend eine Zigarette “genieße” – dann habe ich gute Chancen, nicht besonders alt zu werden. Das ist mittlerweile auch mit zahlreichen Untersuchungen nachgewiesen. Zur Förderung von Gesundheit (und vor allem zur Verminderung von Risikofaktoren) wurden in der Vergangenheit die unterschiedlichsten Trainingsprogramme aufgelegt und durchgeführt. So gibt es Kurse zur vollwertigen Ernährung, Raucherentwöhnungsprogramme, Streßbewältigungsseminare, Bewegungskurse für Herzkranke, Rückenschulen und vieles mehr. Die meisten dieser Kurse sind verhaltenstherapeutisch angelegt, viele sind auch standardisiert (z.B. “Nichtraucher in zehn Wochen”). Sie funktionieren dann, wenn der Kursteilnehmer sich und sein Leben sehr stark kontrolliert und sich “zusammenreißt”. Vielleicht fällt Ihnen dazu das alte Sprichwort ein “Nach der Gesundheit leben ist ein elend Leben”. Oft fehlt der Faktor Spaß und deswegen werden gesundheitsfördende Verhaltensweisen oft auch nicht beibehalten, wenn der Kurs vorüber ist. Auch werden tiefergehende Fragen (Was ist mein Lebenssinn? Welche Wertvorstellungen habe ich? Wie löse ich meine inneren Konflikte?) in der Regel ausgeblendet. Gesundheitspsycholgisch fundierte Trainingsprogramme sind daher ein Schritt in die richtige Richtung, sie reichen aber in ihrer momentanen Form nicht aus. Was geht im Kopf gesunder Menschen vor? Noch einmal zurück zur eingangs gestellten Frage: Was ist Gesundheit? Eine neuere Teilrichtung der Gesundheitspsychologie zur Klärung dieser Frage befaßt sich mit der “Salutogenese”, wörtlich übersetzt “Entstehung von Gesundheit”. Im Mittelpunkt stehen nicht die Risikofaktoren (also das, was man nicht tun sollte), sondern die Gesundheitsfaktoren (was tun die Menschen im Idealfall?). Aaron Antonovsky, ein israelischer Forscher, sieht Gesundheit und Krankheit nicht als strikten Gegensatz, sondern als zwei Pole an den beiden entgegengesetzten Enden einer Skala. Meistens bewegen wir uns zwischen diesen beiden Polen irgendwo im mittleren Bereich. Gesundheit —————————————-> <—————————————- Krankheit
Personen, die sich in Richtung auf Gesundheit bewegen, berichten über körperliches Wohlbefinden (Ruhe, Entspannung, Lustempfinden, Frische) und psychische Ausgeglichenheit (Lebensfreude, Zufriedenheit, Konzentrationsfähigkeit). Ob wir uns in Richtung Gesundheit oder aber in Richtung Krankheit bewegen, hängt dabei gar nicht so sehr von äußeren Umständen ab, sondern von unseren inneren Einstellungen. So wurden leitende Angestellte eines Betriebes untersucht, die in ihrem Beruf höchstem Stress ausgesetzt waren. Ein Teil dieser Führungskräfte erkrankte häufig, ein anderer Teil nicht. Die Kranken zeigten Entfremdungstendenzen, Gleichgültigkeit, starre Gewohnheiten und Hilflosigkeit, während die Gesunden sich durch Engagement, Neugier und Flexibilität bei Aufgabenstellungen auswiesen. Ferner bewerteten die Gesunden Probleme als Herausforderungen und hatten den Glauben, ihr Leben meistern zu können. Ein häufig geäußerter Satz war “Das Leben geht immer weiter”. Andere Untersuchungen differenzierten zwischen Optimisten und Pessimisten. Es zeigte sich, daß Optimisten eine höhere Lebenserwartung haben, Krankheiten schneller bewältigen, über reife Abwehrmechanismen verfügen (Humor, Sublimierung) und vor allem an die eigene “Selbstwirksamkeit” glauben. Antonovsky, Begründer und Hauptvertreter der Salutogenese, ging in seinen Studien noch einen Schritt weiter und untersuchte Menschen, die extreme Situationen erlebt hatten. Er befaßte sich vor allem mit den Überlebenden aus Konzentrationslagern und interviewte diese ausführlich. Auch hier gab es eine Teilgruppe von Person, welche diese Ereignisse relativ unbeschadet an Körper und Seele überstandet hatten, während viele andere Überlebende chronisch krank wurden, depressiv wurden oder Suizid vorhatten. |
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3 mentale Gemeinsamkeiten
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Die stressresistente Teilgruppe wies drei mentale Gemeinsamkeiten auf (s.o.). Diese drei Faktoren bilden zusammen das Kohärenzgefühl. Kohärenz heißt Zusammenhalt. So ist beispielsweise Laserlicht ein kohärentes Licht, also besonders energiereich, gebündelt und konzentriert. Das Kohärenzgefühl ist demnach ein ursächlicher Einflußfaktor auf Gesundheit. Je stärker das Gefühl von Kohärenz bei einem Menschen ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß dieser Mensch sich in die Richtung von Gesundheit bewegt. Originalton Antonovsky: “Das Gefühl der Kohärenz, des inneren Zusammenhangs, ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, inwieweit jemand ein sich auf alle Lebensbereiche erstreckendes, überdauerndes und doch dynamisches Vertrauen hat, daß die Reize aus der inneren und äußeren Welt im Laufe des Lebens strukturiert, vorhersagbar und erklärbar sind, daß es Mittel und Wege gibt, die Aufgaben zu lösen, die durch diese Reize gestellt werden, und daß diese Aufgaben Herausforderungen sind, für die es sich lohnt, sich zu engagieren und zu investieren.” Die wachsende Bedeutung von mentaler Kohärenz in unserer Zeit Gesundheit durch NLP NLP-Übungen zur mentalen Kohärenz |
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Übung zur Verstehbarkeit
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Ein weiteres Element von Kohärenz ist die Machbarkeit. |
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Übung zur Machbarkeit
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Das letzte und vielleicht wichtigste Element von Kohärenz ist die Bedeutsamkeit. Was ist nun unter persönlichen Lebenssinn zu verstehen? Die Diskussion darüber füllt ganze Bibliotheken und ist vermutlich bis heute nicht letztendlich geklärt. An dieser Stelle erfolgen daher nur einige Arbeitsvorschläge für die psychotherapeutische Praxis: Sinn bedeutet für viele Menschen die Zugehörigkeit zu einem System oder einer Gruppe wie etwa der eigenen Familie. Sinn kann sich auch einstellen, wenn ich von einer persönlichen Mission überzeugt bin, wenn ich in meinem Leben einige fundamentale Aufgaben zu erfüllen versuche. Sinn kann auch der Glaube an ein höheres Wesen oder an ein Leben nach dem Tode sein. Oft klären sich Sinnfragen, wenn ich mir meine eigenen Wertvorstellungen bewußt mache, wenn ich meine eigenen höchsten Werte kenne und versuche, diesen Werten entsprechend zu leben. Gibt es einen Konflikt zwischen meinen Werten und meinen Handlungen, so sollte ich versuchen, diesen Konflikt zu lösen – denn wenn ich einen Lebensweg gehe, hinter dem ich nicht mit dem Herzen stehe, kann dieser nur in einer Sackgasse enden. Mit Wert- und Sinnfragen sind sehr hohe Ebenen angesprochen. Eine Therapie auf der Verhaltensebene reicht in diesem Fall meist nicht aus. NLP stellt Möglichkeiten bereit, Wertfragen zu klären, innere Konflikte zu bewältigen und Sinnfragen zumindestens auszusprechen. Methoden dazu können die Arbeit mit Trance sein oder die Aufstellung von Familiensystemen. Für diese Arbeit braucht man in der Regel einen Therapeuten oder Begleiter, deshalb wird an dieser Stelle keine Übung angeboten. Zurück zum Anfang Für Kritik und Anregungen zu den hier gemachten Ausführungen ist der Autor offen und dankbar. |
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AUTOR: Michael Schimpke |
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Literatur:
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