Erfolgstherapien von Kopf bis Fuß – Teil 21 – Arterielle Durchblutungsstörungen
Allgemeines
Schlagadern sind bekanntlich zuführende Transportbahnen, deren
Durchgängigkeit die Sauerstoffversorgung einer Körperregion entscheidet. Je dicker ein Gefäß, umso größer das
Versorgungsgebiet. Schlagadern sind dehnbar und durch wechselnde Spannung ihrer Muskulatur fähig, sich je nach
Blutbedarf des Versorgungsgebietes zusammenzuziehen oder zu erweitern. Liegt aber zum Beispiel eine Arteriosklerose
vor, können sie sich nicht dem steigenden Blutbedarf anpassen und es kommt dabei bei Muskelarbeit gefäßstarrer Beine
(z.B. beim Gehen) zum Wadenschmerz, der allerdings in Ruhe wieder verschwindet. Wird die Gefäßlichtung aber durch
Verdickkung der Gefäßinnenhaut um mehr als die Hälfte eingeengt, entstehen bereits Ruheschmerzen. Wenn nun gar die
Verlegung der Gefäßlichtung weiter fortschreitet, entsteht ein Durchblutungsstop, in dessen Folge das
sauerstoffunterversorgte Gewebe absterben und zur Nekrose führen kann.
Aber nicht nur das, es kann zur peripheren
Verschlußkrankheit kommen, auf die ich in dieser Serie näher eingehen möchte.
Abgesehen von den
Verschlußkrankheiten der Extremitäten ist auch eine Minderdurchblutung der Herzkranzgefäße zu beachten, die uns oft
als Angina pectoris begegnet. Blutpfropfverschlüsse führen nicht selten zum Brand der Kammermuskulatur, und wir haben
das Bild eines Herzinfarktes. Eine Drosselung der Nierengefäße (Nierenhochdruck) führt zur Freisetzung
blutdrucksteigernder Stoffe und zum nierenbedingten Hochdruck, wobei vor allem der diastolische Druck ansteigt.
Ursächlich dafür verantwortlich ist das Renin, bzw. Angiotensin. Eine Folge der arteriellen Mangeldurchblutung wäre
schließlich auch der Hirninfarkt, den ich in einem weiteren Kapitel besprechen werde.
Zunächst aber zum ganzen Komplex der arteriellen Verschlußkrankheit, mit dem wir uns in unseren Praxen oft genug zu befassen haben.
Periphere arterielle Verschlußkrankheiten
Die PAVK wird definiert als organisch bedingter Verschluß oder hochgradige Einengung einer oder mehrerer Extremitätenarterien mit daraus resultierenden Funktionseinschränkungen der betreffenden Extremität. In der Regel betreffen die zugrunde liegenden ätiologischen, pathologischen und morphologisch unterschiedlichen Prozesse das gesamte Arteriensystem, jedoch es gibt Ausnahmen (Etagenkrankheit). Ca. 90% aller Fälle betreffen die Beine, daher wird die Bezeichnung PAVK weitgehend auf die unteren Gliedmaßen bezogen.
Claudicatio intermittens
Wegen der charakteristischen Intervallschmerzen nach Belastung, von
denen die unteren Extremitäten betroffen werden und dem dabei entstehenden “Schonhinken” sprechen wir von der
Claudicatio intermittens oder auch von der sog. “Schaufensterkrankheit”. Zu den 10% der seltenen Form der PAVK zählen
Lokalisation am Unter- und Oberarm sowie im Schultergürtelbereich.
Ätiologie
Neun Zehntel der chronischen Arterienverschlüsse beruhen auf arteriosklerotischen
Wandveränderungen. Die obliterierende Arteriosklerose ist eine Erkrankung der Intima (Media Adventitia),
gekennzeichnet durch Wandverhärtung, Elastizitätsverlust und Lumeneinengung. Nur knapp ein Zehntel der arteriellen
Verschlußkrankheiten sind auf eine Endangitis obliterans (Winiwarter-Bürger) zurückzuführen.
Hauptrisikofaktoren
Zigarettenrauchen, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Hypertonie,
Hyperparathyreoidismus, die Hypothyreose und das nephrotische Syndrom. Rauchen steht an erster Stelle aller Noxen. Bei
den meisten Patienten treffen die Risikofaktoren 1. und 2. Ordnung zu. Medizinische Schriften berichten, daß die
Hälfte aller 35 Jahren alten starken Raucher noch vor ihrem 70. Geburtstag sterben. Treffen mehrere Faktoren zusammen,
wird die pathogenetische Wirkung nicht addiert, sondern potenziert. Die schlechteste Kombination ist Rauchen und die
gleichzeitige Einnahme der Pille.
Unterschiedliche topografische Rangordnung
Hypertonie hat vor allem Folgen im Bereich der
Zerebralarterien mit der Gefahr eines Schlaganfalles.
Hyperlipoproteinämie und Nikotin wirken sich im Koronarbereich aus (Herzinfarkt). Zigarettenrauchen und Diabetes mellitus bevorzugen die Gliedmaßenarterien mit der Gefahr eines Arterienverschlusses und der Symptomatik der Claudicatio intermittens. Die Diabetiker verkörpern den “akralen” Typ, es erkranken vorwiegend die kleinen Gefäße, das heißt: man findet meist eine Mikrozirkulationsstörung. Allerdings greifen makro- und mikrozirkulatorische Angiopathien ineinander. Die Veränderungen an den großen Gefäßen gleichen auch beim Diabetes denen einer Arteriosklerose.
Pathogenese
Bei der Pathogenese der Arteriosklerose unterscheidet man 3 Stadien
Stadium I: Intimaödem, Fettstreifen
Pathologische Veränderungen im
Gefäßsystem (z.B. Hypertonie, Hyperglykämie, Hypercholesterinämie) bewirken eine Schädigung des Endothels mit
konsekutiv gesteigertem Stoffeinstrom und Intimaödem.
Im weiteren Verlauf kommt es dann zur Ausfällung von
Lipoproteinen und Fibrinogen in der Intima.
Stadium II: Bildung von fibrinösen Plaques
Diese Vorgänge lösen
in der Arterienwand eine Proliferation von Bindegewebe und glatten Muskelzellen sowie eine gesteigerte Synthese von
sauren Mucopolysacchariden, Kollagen und Elastin aus.
Zum Gefäßlumen hin bilden sich sklerotische Beete, an denen
ständig Gerinnungsprozesse ablaufen und Thrombozyten aggregieren, aber auch rote Blutkörperchen gebunden werden.
Schließlich haben wir die klinisch manifesten
Folgekrankheiten im
Stadium III:
Die fibrösen Plaques werden
von der Arterienwand her bindegewebig organisiert, so daß es mit fortschreitender Krankheit zu Obstruktionen, bzw.
Verschlüssen kommt. Diese führen je nach Lokalisation zu den klinischen Manifestationen der PAVK.
Allerdings sind diese Lokalisationen zu trennen. Wir sprechen von einer Zerebralsklerose als einer zentralen
Lokalisation, von der KHK als kardinale- und der PAVK als periphere Lokalisation. Ausgegangen werden muß davon, daß
die PAVK eine Systemerkrankung ist, weil sich, wie eben erwähnt, daneben Herz-Kreislauf- sowie Stoffwechselkrankheiten
vergesellschaften.
Gegen die PAVK abzugrenzen wäre die Mönckeberg-Sklerose der Arterien muskulären Typs, die zu
langstreckigen Verkalkungen der Media führt, jedoch primär keine Einengung des Gefäßlumens bewirkt. Das Vorhandensein
einer PAVK muß immer Anlaß zur Suche nach Befunden im Zerebral- und Koronarbereich sein.
Männer mit einer
Claudicatio sind durch konkomittierende Krankheiten im kardiovaskulären Bereich 3,5 mal mehr gefährdet als befundfreie
Männer.
Die häufigsten Begleiterscheinungen der PAVK
Es ist selbstverständlich, daß diagnostisch und
therapeutisch diese Begleiterkrankungen berücksichtigt werden müssen.
Alters- und Geschlechtsverteilung
Männer sind 4 – 5 mal häufiger betroffen als Frauen. Dabei kann die
Krankheit bereits ab dem 30. Lebensjahr auftreten, vor allem dann, wenn schon sehr früh mit dem Rauchen begonnen
wurde. Insofern handelt es sich nicht ausschließlich um ein geriatrisches, katabolisches oder involutionäres Problem.
In diesen Fällen sollte differentialdiagnostisch dringend an eine Endangiitis obliterans gedacht werden, dessen
Ätiologie allerdings nicht ganz geklärt ist. Manche Autoren sehen Zusammenhänge mit chronischen Infekten, oft handelt
es sich um Kranke vom asthenischen Typus mit Hypotonie, vegetativer Labilität, sowie Neigung zu Magenbeschwerden und
Hyperhidrosis. Die Lebenserwartung des PAVK-Kranken verringert sich um etwa 10% gegenüber Gesunden, jedoch läßt sich
durch Einsatz prophylaktischer und therapeutischer Maßnahmen, vor allem aber durch das Einstellen des Rauchens die
Lebenserwartung deutlich verlängern und die Lebensqualität verbessern.
Wichtig ist, eine eventuelle
a-symptomatische PAVK zu berücksichtigen, vor allem im Stadium 1. Sie ist etwa 3 mal häufiger anzutreffen als die
symptomatische Form.
Symptome, Anamnese, Untersuchungsmethoden, Laborparameter
Zunächst berichten die Patienten über einen belastungsabhängigen Gehschmerz und das daraus resultierende
intermittierende Hinken. Mit diesen Beschwerden stellen sie sich meist vor. Dabei tritt der Muskelschmerz im
betreffenden Bein nach einer bestimmten Gehstrecke auf und zwingt den Patienten zum Stehenbleiben. Seine Beschwerden
kaschiert er z.B. durch das Stehenbleiben vor einem Schaufenster (Schaufensterkrankheit)! Nach einer Ruhepause von
anfangs wenigen Sekunden kann der Betreffende bei fortgeschrittener Erkrankung oft erst nach 10 Minuten weiterlaufen.
Zu diesem Zeitpunkt ist der Zustromwiderstand der stenotisch verengten Leitarterien bereits so hoch, daß der
Durchblutungsbedarf bei Muskelarbeit nicht mehr gedeckt ist. Infolge der unzureichenden Ver- und Entsorgung kommt es
zur Anhäufung von algetischen Substanzen im Muskelgewebe wie Prostaglandinen, Bradykinin etc. (übrigens auch bei
venösen Erkrankungen).
Die Reizung der Nozirezeptoren durch algetische Substanzen löst dann den typischen
Ischämieschmerz in der Wadenmuskulatur aus. Dazu ist festzustellen: Aus hämodynamischen Gründen wirken sich die Folgen
dieser Mangeldurchblutung hauptsächlich stromabwärts, das heißt eine Etage unterhalb des Verschlusses aus. Ist z.B.
die Arteria femoralis superficialis betroffen, führt dies zu Schmerzen in der Wadenmuskulatur.
Wichtig für die Differentialdiagnose ist:
Die Claudicatio – Schmerzen werden durch Bewegung und
Hochlagerung, nie aber in Ruhe verstärkt (außer Stadium IV). Ein Ruheschmerz bei gleichzeitiger Besserung beim Gehen
ist eher typisch für Venenerkrankungen. Der “Loslaufschmerz” hingegen wäre charakteristisch für das Vorliegen einer
Cox- bzw. Gonarthrose.
Weitere Symptome für die PAVK sind:
- Kältegefühl des betroffenen Fußes
- Parästhesie
- Blasse Extremität
- Interdigitalmykosen an den Füßen
Anamnese
Wichtig sind Hinweise aus der Familienanamnese, nachzufragen sind Herz- und
Kreislauferkrankungen.
Bei Männern sollte man sich nach der sexuellen Aktivität erkundigen. Durch
Beckenvenenverschlüsse kann es zu einer erektilen Impotenz kommen. Ansonsten ist typisch für die Anamnese des
PAVK-Patienten eine Zunahme der Gehschmerzen über Monate bis Jahre.
Klinische Untersuchung
Allgemeine Untersuchungen
wie:
- Blutdruckmessung an beiden Armen und Knöcheln
- Gefäßstatus mit Palpation und Auskultation
- Lagerungsprobe nach Ratschow
- Abzuklären sind Herz und Lunge wegen dekomp. Insuffizienz u.a.
Zu tasten sind:
- A. carotis communis
- A. radialis
- A. poplitea (an Gesunden üben!)
- A. tibialis posterior und dors. Pedis (kann physiologisch fehlen!)
Merke: Die Pulse immer an beiden Seiten gleichzeitig tasten (außer A. carotis communis und A. poplitea).
- A. femoralis
Ist ein Fußpuls tastbar, sind die angegebenen Schmerzen mit ziemlicher Sicherheit nicht ischämiebedingt.
A.femoralis |
A.poplitea |
|
Die Auskultation
Je nach Intensität des Strömungsgeräusches kann auf den Grad der Lumeneinengung
geschlossen werden!
- 40-50%ige Einengung – leises Geräusch (Puls gut tastbar)
- 70-75%ige Einengung – maximal lautes Gefäßgeräusch
- 90%ige Einengung – leises Gefäßgeräusch (Puls kaum tastbar)
- A. subclavia in der Supraclavikulargrube
- A. abdominalis im gesamten Verlauf
- A. femoralis communis ab dem Leistenband
Lagerungsversuch nach Ratschow
Heute durch Doppler veraltet aber in der naturheilkundlichen
Praxis verwendbar.
Typische Palpationspunkte bei der angiologischen Untersuchung |
Auskultationsareale bei der angiologischen Untersuchung |
Lagerungsprobe nach Ratschow an der unteren Extremität mit deutlich vergrößerter kapillärer Wiederauffüllung (> 15 Sekunden) über dem erkrankten Bein Lagerungsprobe an der oberen Extremität mit Verzögerung der kapillären Füllung der Handfläche (> 15 Sekunden) hei Oberarmarterienverschluß |
Laborparameter
- Blutbild
- Leberenzyme
- Blutzucker
- Lipide
- Hämatokrit
- Kreatinin, BSG, Fibrinogen
Klinische Stadien, Lokalisationstypendiagnostik, Differentialdiagnose
Für die Stadieneinteilung der PAVK ist das Leitsymptom “belastungsabhängiger Schmerz” ausschlaggebend.
Nach Fontaine wird die PAVK in folgende Stadien eingeteilt
- Stadium I Beschwerdefreiheit (asymptomatische Stenose)
- Stadium II eingeschränkte Gehstrecke durch belastungsabhängige Schmerzen (Claudicatio intermittens)
- Stadium III Ruheschmerzen
- Stadium IV Nekrose bzw. Gangrän. III Dann kennen wir noch das
- Stadium II a mit einer schmerzfreien Gehstrecke bis mehr als 200 m und
- Stadium II b bei einer Gehstrecke von weniger als 200 m.
Lokalisationstypen
Je nach Höhe des
Verschlusses sprechen wir vom Beckentyp, dem Oberschenkeltyp und dem Unterschenkenltyp.
Zum Beckentyp: Hier handelt es sich um eine Obstruktion der A.Iliaka und
der Aorta, die A. femoralis ist nicht oder nur abgeschwächt tastbar.
Oberschenkeltyp: In diesem Fall liegt ein Verschluß der A. femoralis vor,
betroffen ist zu 95% die A. femoralis superficialis. Die A. femoralis ist jedoch in der Leistenbeuge tastbar, während
die A. poplitea in der Kniekehle nicht mehr palpabel ist. Ca. 40-50% aller Verschlußfälle sind dem Oberschenkeltyp
zuzuordnen.
Unterschenkeltyp: Er betrifft nur 15-20% aller Fälle.
Oft findet man einen Diabetes vor, keineswegs immer! Die A. poplitea ist tastbar, die Fußpulse nicht. In meiner Praxis
gehören zur Basisdiagnose zwei Methoden, von denen eine durchaus umstritten sein mag:
Der Magnesiumtest
Ich punktiere die A. femoralis und injiziere (langsam!) 2 ml Magnesium. Das ist zwar
schmerzhaft, aber ich weiß von der vom Patienten angegebenen Schmerzlokalisation ziemlich genau, wo der Verschluß
liegt.
Der kontrollierte Gehtest
Er führt zur entscheidenden Beurteilungsgrundlage. Vorgehen: zu erfassen
sind
– zurückgelegte Meter bis zum Schmerzbeginn, sowie Art und Lokalisation der Beschwerden.
– zurückgelegte
Meter bis zum schmerzbedingten Stehenbleiben.
– alle weiteren Beschwerden (Schnaufen u.s.w.).
Sie tun gut daran,
die Gehstreckte selbst abzugehen und zu messen.
Differentialdiagnose
- Gonarthrose, Coxarthrose, Arthrosen an Sprung- und Fußgelenken.
- Venenerkrankungen (Varizen, Postthrombotisches Syndrom)
- Neuritiden, LWS-Syndrom, Ischiaigle.
Venenerkrankungen sind durch Ruheschmerzen gekennzeichnet. Durch die Muskelpumpe beim Gehen (und Kompression) kann eine erhebliche Linderung erreicht werden.
Neuritis
Bei der peripheren Neuritis bestehen Schmerzen meist in Ruhe und bei Bewegung (schlimmer
unter der Bettdecke!).
Therapien
Therapieziel muß zunächst sein, eine Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes
durch Abnahme der Erythrozytensteifigkeit und der damit verbundenen Ery-Aggregation zu erreichen. Weiters eine
Verbesserung der Perfusion und Verminderung der Ödembildung in der postischämischen Phase, sowie eine Hemmung der
Sauerstoffradikalen. Dazu steht uns ein Gingko biloba Präparat zur Verfügung, das mittlerweile zum Klassiker wurde und
auch von Klinikern eingesetzt wird: RÖKAN der Firma Intersan. Das Originalpräparat wird nach einem speziellen
Extraktionsverfahren hergestellt, ist hervorragend verträglich, von unerwünschten Substanzen wie z. B. Gerbstoffen
gereinigt und gewährleistet gerade bei älteren Patienten eine gute Compliance bei Langzeitbehandlungen.
RÖKAN
entfaltet selbstverständlich auch bei Hirnleistungsstörungen, soweit sie durch ein Durchblutungsdefizit bedingt sind,
eine signifikante Wirkung. Generell verordne ich 3 mal 20-30 Tr. täglich (s. Praxisfälle).
Allgemeine Maßnahmen
- Herdsanierung zur Ausschaltung von Toxinen
- Gewichtsreduktion bei adipösen Patienten
- Antikoagulantien bei Thrombosegefahr (z. B. Aspirin 100, 1 Tab/Tag)
Bewegungstherapie
Neben der medikamentösen Therapie und Einschränkung der Risikofaktoren stellt
sie eine grundlegende Behandlungsform bei der PAVK dar. Voraussetzung ist das Vorhandensein einer arteriellen
Durchblutungsreserve. Zielgruppe sind demnach Patienten im Stadium I, II a und im Frühstadium II b. Beim
fortgeschrittenen Stadium II b bis IV, bei kardialen oder vaskulären Erkrankungen, schweren Herzrhythmusstörungen
u.s.w. ist eine Trainingsbehandlung kontraindiziert.
Phytotherapie
Neben Gingko biloba wäre noch das Mutterkorn (Secale cornuntum), das die
Kontraktionsfähigkeit der peripheren Arteriolen beeinflußt, zu nennen. Allium sativum, der Knoblauch, gewährt mit
seiner Senkung der LDL protektiven Schutz der Gefäße vor Arteriosklerose.
Hydrotherapie
Örtliche Heiß- oder Kaltanwendungen sind bei der PAVK wegen möglicher paradoxer
Gefäßreaktionen kontraindiziert. Zu empfehlen sind eher lauwarme oder warme ansteigende Teilbäder bei allmählicher
Steigerung der Reizanwendungen. In meiner Praxis spielen sie keine Rolle.
Neuraltherapie
Quaddeln über dem erkrankten Areal. Injektionen an die zuführenden Arterien (s.
Praxisfälle).
Homöopathie
Bei Endangiitis obliterans
– Barium jod. D6
– Aurum jod.
D6
Bei Claudicatio intermittens
– Arnika D6 oder D30
–
Secale D6 – D12
– Tabacum (bes. bei Rauchern) D6
Bei trockener
Gangrän
– Arsen, Secale, jeweils D6
Bei feuchter
Gangrän
– Echinacea 0 – D12
– Carbo veg. D6 – D12
– Lachesis D12
– Kreosot D6
Weitere Behandlungsvorschläge bei arteriellen Verschlußkrankheiten
- Rökan 5 mal 25-30 Tropfen
- Mucokehl D6 Amp. i.v. 2 mal pro Woche über 6 Wochen
- Multiplasan H 33 5.3 mal tägl. 5 Tabl. vor dem Essen
- Multiplasan GL 17 S.3 mal tägl. 5 Tabl. vor dem Essen
- Basenreiche Ernährung, viel Flüssigkeit
oder Oral:
- Rökan FT 3 mal 3
- Venopyronum triplex 2 mal 1 Tabl.
Injektionstherapie: 12 Injektionen i.m. Lophacom Hamamelis 5 ml bilateral. Ozon-Blutwäsche und/oder Ozonbegasung der betr. Extremität.
Praxisfälle
Fall 1
Patientin, 56 Jahre, arterielle und venöse Durchblutungsstörungen der unteren Extremitäten.
Therapie oral: Rp.:
– Rökan Tr. 3 mal 20 Tropf./tägl.
– Venopyronum N forte Kapseln 2 mal
tägl. 1 Kapsel
– Wobenzym Drag. 200 3 mal tägl. 3 Dragees
Injektionstherapie:
Venöse
Stasen-injektion s.c. 2 mal wöchentlich
Ozontherapie:
10 Ozon/Sauerstoff 10 ml 9,5 gamma/ml
(St. 11/06)
Fall 2
Ehepaar, 46 und 52 Jahre. Periphere arterielle Durchblutungsstörungen. Gehstrecke ca. 100 m ohne Beschwerden. Da beide begeisterte Wanderer und Bergsteiger sind, empfanden sie die Bewegungseinschränkung besonders deprimierend.
Therapie: Rp.:
– Rökan Tr. 3 mal 20 Tropfen täglich
– Wobenzym Drag. 200 3 mal 5 Dragees (3
mal 3 Drag.) täglich
Ozontherapie:
2 mal wöchentlich Intrafemoralpunktion mit Voltil und Ozon
Nach 2 Wochen verbesserte sich die Gehstrecke bereits auf 400 m. Abschließend werden 6 große Ozon-Blutwäschen durchgeführt. Da die Patienten von auswärts kamen, erhielt ich nach 6 Wochen eine Ansichtskarte von der Zugspitze, auf der sie mir begeistert mitteilten, daß sie den Abstieg von 4 Stunden ohne nennenswerte Beschwerden geschafft hatten. Medikamentös wurde Rökan beibehalten und um gelegentliche Vorstellung gebeten.
Fall 3
Ein besonders erfolgreicher Fall: Patient, 42, schwere arterielle Durchblutungsstörungen bzw. Verschluß an beiden Beinen, Stadium III-IV nach Fontaine. Gangrän, unerträgliche Schmerzen, besonders nachts. Nach Ansicht der Kliniker ist eine Amputation unausweichlich. Anamnestisch liegt ein Vorderwandinfarkt vor.
Klinik: reduzierter AZ, RR 140/100
Labor: BKS 49/78, Blutzucker 290 mg/%,
Harnsäure 13,4 mg/%, Kreatinin 4,16 mg/0/0, Gamma GT 235, SGOT 20.
Diagnose: PAVK Stadium II – IV,
variköser Symptomenkomplex, Diabetes mellitus.
Nebenbefund: Niereninsuffiziens.
Therapie: Arterielle Punktion, Ozon-Blutwäsche.
Injektionstherapie: Voltil 5 ml
3 mal wöchentlich
Medikamentös:
– Wobenzym Dragees 5.3 mal 10 Dragees/Tag
– Rökan Tr. 3 mal
20 Tropf/Tag
– Phönix Entgiftungskur
– Nierentee
– Angocin, Nephroselect
Lokal:
Calendula-Essenz äußerlich, 2 mal tägl. Auflagen oder Bäder, Wasserstoffsuperoxyd-Spülungen, bzw. Auswaschen der
Wunden mit Physiologischer Kochsalzlösung.
Da das Bein hart wie ein Baumstamm und mit ekzematösen Hauterscheinungen übersät war, behandelte ich die Schuppen mit Salicyl-Herba-Salbe. Zur direkten Wundbehandlung diente mir Debrisorb-Paste im Wechsel mit Carbo Königsfeld, wobei ich vorher die Wunde im Calendula Essenz badete und nach dem Abnehmen des Verbandes wieder eine gründliche Wundreinigung vornahm. Zu empfehlen sind weiters Echinacin-Verbände und die Ucee-Salbe. Quark-Traubenzucker-Honigauflagen sind zwar Methoden älterer Volksheilkunde, aber durchaus berechtigt. Im übrigen müssen Sie selber ausprobieren, womit Sie, bzw. der Patient am besten zurecht kommen.
Injektionen zur Gangrän-Behandlung:
– Horvitrigon und Vit. B1, 2 mal wöchentlich
– 1 Ampulle
Horvi Rhodostoma Reintoxin (Schlangengifte), 2 mal wöchentlich
– Secale Bleiglanz, 3 mal wöchentlich s.c. in jedes
Bein.
– Cholincitrat-Injektion in den Zehenzwischenraum, 1 mal
wöchentlich.
Langzeittherapie:
– Rökan Tropfen, 3 mal 20 zur besseren Durchblutung des
peripheren Raumes,
– Nephroselect zur Nierenbehandlung,
– Alkala gegen Übersäuerung,
– Restructa N forte (3
mal 2 Drag.) zur Senkung der Harnsäure.
Die Behandlung dauerte 10 Monate und führte zur völligen Ausheilung eines Krankheitsbildes, an das ich mit äußerster Skepsis heranging. Sie war nur möglich durch kooperatives Verhalten des Patienten und die Unterstützung durch den Hausarzt, der die erforderlichen – und zum Teil recht teuren – Medikamente rezeptierte.
Fall 4
Patient, 52 Jahre (derzeit noch in Behandlung)
Anamnese: In der Familienanamnese finden sich Diabetes und schwere venöse Durchblutungsstörungen
mütterlicherseits. Der Patient (kein Diabetiker) leidet seit zwei Jahren an Ulcera, die aber auf venösen Ursprung
zurückzuführen waren. Inzwischen kam es zu einer Leberzirrhose (kein Alkoholiker) und einer Herzinsuffizienz mit
Ausbildung von massiven Ödemen im Beinbereich.
Aktueller Status: Zunächst boten ausgedehnte
Eiterkrater, die sich bereits bis zum Knochen durchgefressen hatten und ihren Geruch bis ins Treppenhaus verbreiteten,
einen erschreckenden Eindruck. Zwar hatte der Patient, im Gegensatz zu Fall 3 nur geringe Schmerzen. Das Bein war hart
wie ein Baumstamm, der Wadenumfang betrug bei dem sonst normalgewichtigen Patienten 58 cm, war livide verfärbt und mit
ekzematösen Plaques übersät.
Die Klinik schlug sofortige Amputation vor, entließ den Patienten, nachdem er sich
geweigert hatte dem zuzustimmen, als austherapiert und gab ihm eine Lebenszeit von etwa 6 Monaten. Nach der ersten
Inspektion neigte ich dazu, mich dem Urteil der Klinik anzuschließen und bin nach wie vor von skeptischem
Optimismus.
Diagnose: Hochgradige venöse und arterielle Durchblutungsstörungen, Gangrän,
Leberzirrhose, Herzinsuffizienz, beginnende Niereninsuffizienz, Zustand nach Thrombose.
Therapieversuch: Sorgen machte der Leberschaden, da das Organ nur noch bedingt in der Lage ist,
toxische Abfallprodukte zu entgiften. Intern wurde die ärztliche Verordnung von Elobact beibehalten, da das Ulcus
bakteriell superinfiziert war.
– Legalon Kapseln, 3 mal 2 Kapseln tägl.
– Entgiftungstropfen Phönix
–
Wobenzym Drag., 3 mal 6 Dragees
– Rökan Flüssig, 3 mal 20 Tropfen
Lokal: Wunddesinfektion mit
Betaisodona (wurde wegen Jodempfindlichkeit abgesetzt). Calendula-Essenz 1:1 als Wundbad bzw. Kompressen
täglich.
Über Nacht: Rp.:
– Camphora 2,0
– Mucilag. Gummi arab. 20,0
– Aqua font.ad
100,0
– M. f. mucil.
– S. ad man med.
Über Nacht eine Mullkompresse mit dem Campherschleim tränken und
auflegen.
Tags darauf vorsichtig Beläge abtragen. Entzündete Ulcusränder mit Gentianaviolett touchieren.
Rp.:
– Pyoctanium coeruleum 1,5
– Aqua dest. Ad 100,0
– M.D.S. ad man med.
Die Wundränder werden mit Mirfulan Spray abgedeckt. Die Wunde selbst nach gründlicher Reinigung mit Echinacea noch
einmal sorgfältig mit physiologischer Kochsalzlösung nachwaschen und trockenföhnen.Versuchsweise hatte ich Carbo
Königsfeld (Kaffeekohle) in die Wunde gestreut, bessere Wirkung erzielte ich mit Debrisorb Paste.
Bisherige
Therapiebilanz: Der Wadenumfang hat sich auf 37 cm verringert, kein Eitergeruch mehr, die Innenseite des
zweiten Geschwürs hat sich um etwa 30% verbessert, wegen des bedenklichen Leberbefundes habe ich einen
Krankenhausaufenthalt veranlaßt. Die Behandlung wird danach wieder fortgesetzt.
Mit dem Thema arterielle Durchblutungsstörungen endet die Serie “Krankheiten von Kopf bis Fuß”. Ich hoffe, Sie konnten einige Anregungen in ihrer Praxis umsetzen und in ihr Therapieprogramm integrieren.
HP Mario Schischegg
Weitere Artikel aus dieser Ausgabe
- 1Blick in die Patientenkartei
Ein Blick in die Patientenkartei eines Heilpraktikers offenbart die Herausforderungen und unterschiedlichen Therapieansätze bei komplexen Krankheitsbildern.
Naturheilkunde - 2Praxisgründung – Teil 5
Ein umfassender Leitfaden zur Gründung einer eigenen Praxis mit praktischen Tipps und Checklisten. Finanzielle Planung und rechtliche klärungen sind entscheidend für den Erfolg.
Coaching und Management - 3Multiple Persönlichkeitsstörung – Dissoziative Identitätsstörung
Die Facharbeit behandelt Therapiezielsetzungen und Methoden bei dissoziativer Identitätsstörung, einschließlich der Integration abgespaltener Persönlichkeiten.
Psychotherapie - 4Kurze Einführung in die Psychographie
Die Psychographie von Dr. Dietmar Friedmann beschreibt eine prozessorientierte Persönlichkeitstypologie, die sich auf die Entwicklungsprozesse der Typen Beziehungstyp, Sachtyp und Handlungstyp fokussiert.
Psychotherapie - 5Kleines Fachlexikon für Psycho-Chinesisch
Das Fachlexikon bietet umfassende Erklärungen zu psychologischen Begriffen und Theorien wie Tachykardie, Thalamus, Transaktionsanalyse und mehr, illustriert durch Beispiele und deren Bedeutung.
Psychotherapie - 6Beratung und Therapie älterer Menschen
Psychologische Beratung kann im Alter helfen, Lebensqualität zu verbessern und mit Verlusten umzugehen. Welche Herausforderungen und Chancen bieten sich dabei?
Psychotherapie - 7Wie denkt der Mensch sich gesund?
In diesem Artikel wird untersucht, wie mentale Strategien und die Kohärenztheorie von Antonovsky zur Erreichung und Erhaltung von Gesundheit beitragen können.
Psychotherapie - 9Luftschadstoffe – Teil 1
Dieser Artikel beleuchtet die Gefahr von Luftschadstoffen in Innenräumen und wie diese die Gesundheit beeinflussen können. Er bietet Lösungen zur Verbesserung der Luftqualität.
- 10Diabetes mellitus – Oxidativer Streß
Diabetes mellitus betrifft viele Menschen, besonders ältere. Zink spielt eine bedeutende Rolle im Umgang mit der Krankheit. Eine Studie aus Stuttgart zeigt Zusammenhänge mit oxidativem Stress auf.
Naturheilkunde - 11Religion und Spiritualität – Teil 2
Einblicke in die Rolle von Traumfasten und Visionssuchen bei Indianerstämmen, die in der Verbindung mit Schutzgeistern und der Bedeutung heiliger Zahlen verwurzelt sind.
Energetik und Spiritualität - 12Der Umgang mit Ohrgeräuschen
Der Artikel beleuchtet die Ursachen, Auswirkungen und Behandlungsmöglichkeiten von Tinnitus, einem oft stressbedingten Ohrgeräuschproblem, und bietet alternative Therapieansätze.
Psychotherapie - 13Psychologische Homöopathie – Teil 1: Natur und Persönlichkeitstyp
Die Wahl des passenden homöopathischen Mittels erfordert ein tiefes Verständnis der emotionalen und psychischen Charakterzüge der Konstitutionstypen. Der Artikel beleuchtet die Systematik der Gruppenanalyse nach Jan Scholten.
Naturheilkunde - 14Husten, Schnupfen, Heiserkeit
Erkältungszeit steht bevor: Erfahren Sie, welche pflanzlichen Heilmittel bei Husten, Schnupfen und Heiserkeit helfen. Eine umfangreiche Sammlung von pflanzlichen Drogen für die kalte Jahreszeit.
Naturheilkunde