Ganzheitliche Gesundheit
Eine wissenschaftlich-philosophische Betrachtung
Es ist absolut unerlässlich, im Rahmen einer ganzheitlichen Gesundheitspflege nach Faktoren zu suchen, die der Gesunderhaltung bzw. der Stärkung des individuellen Organismus dienen. Ganzheitliche Gesundheit will den Impuls geben, Krankheit und Gesundheit nicht als Schicksal zu betrachten sondern als beeinflussbare Dimension.
Hier müssen zwei Begriffe definiert werden:
A) ganzheitlich
B) Gesundheit
A) Ad definitionem ist Ganzheit ein Zustand, der nicht durch seine Bestandteile, sondern durch seine
strukturierten Zusammenhänge bestimmt ist. So wie u.a. in der Medizin, hat dieser Begriff Einzug in viele
Wissenschaften gehalten. Besonders in der Medizin jedoch wird versucht jede Einzeltatsache in die Zusammenhänge aller
Symptome zu stellen, als Ausdruck einer Störung der Ordnung des körperlich-seelischen Gesamtzustandes.
Die Ganzheit (wie ich sie verstehe) hat eine Bedeutung in der Medizin, Biologie, der Pädagogik und in der Psychologie
gefunden. Die Ganzheitspsychologie z.B. geht von der Tatsache aus, dass seelische Erscheinungen nicht als
Aneinanderreihung von “psychischen Elementen”, sondern als einheitlicher Erlebniszusammenhang zu sehen sind.
Das Wichtigste in der vorsorgenden gesamtheitlichen Gesundheitspflege ist eine Umweltbetrachtung unter folgenden Gesichtspunkten:
“Wie sieht mein Lebensumfeld aus?”
“Welche Qualität hat meine Nahrung – auch Sinnesnahrung (der Mensch lebt nicht vom Brot allein)?”
“Wie sieht mein Lebens-/Tagesrhythmus aus?”
Die ganzheitlich vorsorgende Gesundheitspflege muss eine Prüfung des menschlichen sozialen und emotionalen Umfeldes
mit einschließen.
Bereits Plato sagte:
“Es ist der größte Fehler bei der Behandlung von Krankheiten, dass Leib und Seele allzu sehr von einander getrennt
werden, wobei es doch nicht geschieden werden kann – aber das gerade übersehen die Ärzte und darum entgehen ihnen so
viele Krankheiten. Sie sehen nämlich niemals das Ganze. Dem Ganzen sollten sie ihre Sorge zuwenden, denn dort wo das
Ganze sich übel befindet, kann unmöglich ein Teil gesund sein.”
B) Jetzt wird es schwieriger, denn zu dem Begriff der Gesundheit haben sich die unterschiedlichsten
Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen Gedanken gemacht.
Hippokrates, der große Arzt der Antike, definierte Gesundheit als Gleichgewicht aller im Menschen wirkenden Kräfte und
die Krankheit als eine Störung dieses Gleichgewichtes.
Ähnlich definierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1946:
“Gesundheit ist ein Zustand vollständigen physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindens und nicht einfach die
Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen”.
Aus diesen beiden Aussagen ergibt sich, dass Gesundheit nicht nur auf einen naturwissenschaftlich-medizinisch messbaren Zustand reduziert werden kann. Spätestens jetzt wird es klar, dass sich Gesundheit nur unter dem Einfluss des Individuums, seinen sozialen Bezügen und auch seinen Umweltbedingungen angemessen betrachten lässt. Hier geht die WHO sehr weit.
Der Begriff Krankheit muss bei dieser Betrachtung herausgelassen werden, denn dessen Definition lässt sich nur mit dem persönlichen Befinden des Patienten beschreiben und ist somit kaum objektivierbar. Mit Beginn der siebziger Jahre wurde deutlich, dass Gesundheits- und Umweltpolitik sich gegenseitig bedingen und kein nationales, sondern auch ein internationales Zusammenwirken erfordern. Heute ist man sich aber weitgehend zumindest im alternativen Heilungsbereich darüber einig, dass Gesundheit kein statischer Zustand ist, sondern vielmehr dynamisch als persönliche und soziale Aufgabe zu verstehen ist. “Gesundheit ist ein Balance-Akt, der zu jedem lebensgeschichtlichen Zeitpunkt immer erneut hergestellt werden muss.” (Hurrelmann, 1988)
Ich verkürze ein Zitat aus der Charta der ersten internationalen Konferenz zur Gesundheitsförderung 1986 in Ottawa,
ohne es zu verfälschen:
“Gesundheit steht für ein positives Konzept, das in gleicher Weise die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen
betont sowie der körperlichen Fähigkeiten um Einfluss zu nehmen im alltäglichen Leben auf ihre Umwelt zum Wohlbefinden
aller.”
Hieraus ergibt sich, dass die Verantwortung für die Gesundheitsförderung auch im politischen Bereich gesehen werden muss und auf die Entwicklung gesünderer Lebensweisen abgezielt sein sollte.
Gesundheitsressourcen stehen uns zur Verfügung, sie müssen aber als Zusammenhänge und Synergismen gesehen werden:
soziale Dimension:
Mitwelt – Familie, Nachbarn, soziales Netz (nicht soziale Hängematte)
ökologische Dimension:
Umwelt – natürliche Lebens-Umwelt, Wohn- und Infrastruktur
individuelle Dimension:
Eigenwelt – Intelligenz, Erfahrung, Kreativität, Motivation
transzendente Dimension:
Überwelt – Vertrauen, Glaube, Perspektive.
Die Kraft liegt, um es einfach auszudrücken, im Zusammenspiel dieser Ressourcen, die in ihrer Gemeinsamkeit die Kraft
zur ganzheitlichen Gesundheit geben können. In diesem Zusammenhang betrachtet, ist das salutogenetische
Gesundheitsmodell körperlicher, psychischer und sozialer Faktoren gleichwertig. Dabei zielt die Hauptrichtung weniger
auf den krankmachenden Aspekte, sondern wie es Menschen schaffen, trotz nicht zu verleugnender krankmachender Faktoren
gesund zu bleiben.
Ein bekanntes Erklärungsmodell versucht die gesunderhaltenden Dimensionen menschlicher Lebensbedingungen zu erfassen.
Dabei nimmt das klassische Modell kulturelle, soziale und politische Strukturen als Bedingungen sozialer
Auffälligkeiten an. Demnach sollen hier Krankheiten und gesundheitsschädigende Verhaltensweisen auftreten. Im
psychosomatischen Denkmodell jedoch, werden Gesundheit und Krankheit als Wechselwirkung von körperlichen, psychischen
und sozialen Faktoren aufgefasst. Dabei wird das Augenmerk allerdings verstärkt auf die Bewältigungsstrategien
gelenkt.
Wenn man sich dieses vor Augen hält ist es leicht, sich Gesundheit am Modell einer Waage klarzumachen:
In der linken Waagschale liegt z.B.:
Jegliche Art von Stress
Mobbing
Belastungsfaktoren
In der rechten Waagschale liegt z.B.:
Lebensweise
Grunderkennung
Bewältigungsfaktoren
Auf keinen Fall sollte die linke Seite überstrapaziert werden, die Waage sollte im Gleichgewicht sein.
Leider ist es so, die Erfahrung beweist es, dass sich die meisten Menschen erst Gedanken über die Gesundheit machen, wenn sie auf dem besten Wege sind sie zu verlieren. Die ersten Anzeichen für eine Erkrankung werden – willentlich – übersehen um sich dann bei der unweigerlich drauffolgenden Krise schnellstens in die Obhut und Verantwortung einer medizinischen Person (Arzt oder Heilpraktiker) zu begeben, in der Hoffnung dass diese die Probleme lösen wird.
Dabei ist es wichtig Krankheitssymptome nicht als etwas zu “bekämpfen” anzusehen, vor allem nicht zu ignorieren, sondern als eine Botschaft des Körpers, dass die körperliche Ordnung droht aus dem Gleichgewicht zu geraten. Das ist der Unterschied zum allopathischen Gedankengut.