Phytobalneotherapie
Das Wort Phytobalneologie setzt sich aus den Wörtern Phytos – Pflanze und Balneo – Bad zusammen und meint die externe Anwendung von Pflanzen als Badezusätze. Für diese Therapie sind besonders die Pflanzen geeignet, die einen hohen Aromagehalt haben und reich an Tannininen und ätherischen Ölen sind. Dadurch haben Voll- oder Teilbäder mit den entsprechenden Pflanzen oder Pflanzenmischungen eine desinfizierende, beruhigende und adstringierende Wirkung. Die Pflanzeninhaltsstoffe wirken teilweise über die Haut, aber ganz besonders über den Respirationstrakt. Die Phytobalneotherapie kann immer nur eine Begleittherapie zur internen Applikation der phytotherapeutischen Medikamente sein. Dann aber entfaltet sie ihre besondere Wirkung, besonders wenn die Krankheitsbilder mit asthenischen, zirkulatorischen, und rheumatischen Symptomen einhergehen. Bei Hautaffektionen sollte auf Bäder mit geeigneten, auf die Symptome abgestimmten Pflanzenmischungen nie verzichtet werden. Oftmals können mit geringstem Aufwand (1 kg Kochsalz auf eine Wanne Wasser) erstaunliche Erfolge erzielt werden.
Es ist bekannt, dass viele Aktivstoffe über die Haut aufgenommen und sogar über das Blut bis in die Zellen geschleust werden können. Besonders zutreffend ist das für Pflanzenmischungen, die bei Stoffwechselerkrankungen eingesetzt werden. Ebenso auch bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, bei Gicht und bei Drüsenaffektionen. Es ist also nicht völlig richtig, wenn man die Phytobalneotherapie als reine externe Therapie ansieht. Sie hat aus den beschriebenen Gründen auch einen internen Faktor.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, Heilbäder zuzubereiten. Eine Möglichkeit ist, die empfohlene Menge der Pflanzenmischung in ein Leinensäckchen zu füllen und in ein wenig lauwarmem Wasser kurz aufquellen zu lassen. Danach wird mit der Pflanzenmischung im Säaeckchen der benötigte Infus oder Decoct hergestellt und dem Badewasser zugesetzt. Das Leinensäckchen wird zusätzlich in das Badewasser gehängt. Einen guten Effekt erzielt man, wenn dem Bad zusätzlich zu den Pflanzenmischungen ½ bis 1 kg Jodsalz beigefügt wird.
Die bequemere Möglichkeit, ein Heilbad herzustellen, ist, aus der empfohlenen Pflanzenmischung einen alkoholischen Auszug herzustellen und davon 100 ml dem Bad hinzuzufügen. Diese Zubereitungsform ist besonders bei Erkrankungen des Respirationstraktes zu empfehlen. Vielfach werden in Apotheken und Kräuterhäusern fertige Pflanzenmischungen, die mit einer Sprudelsubstanz versehen sind, angeboten. Der im Wasser frei werdende Sauerstoff soll die Wirkung der Pflanzen verstaerken. Ob das wirklich der Fall ist, sei dahingestellt. Sicher ist aber, dass die enthaltenen chemischen Stoffe Allergien auslösen können. Ich empfehle daher lieber die alte, etwas unbequemere aber sichere Form der Badzubereitung zu verwenden.
Bei der vegatativen Dystonie, bei Problemen der Frauen in der Menopause und bei Affektionen der Beckenorgane gibt es zwei Behandlungsformen mit der gleichen Pflanzenmischung.
Rp.
Herba Millefolii 20,0
Herba Levandulae 20,0
Herba Rosmarini 20,0
Herba Leonuri 20,0
Flores Tiliae 10,0
M.f. Spec.
Für die lokale Anwendung als Kompresse wird ein Infus aus 300 g der Pflanzenmischung und 3 Liter Wasser hergestellt. Mit dem Infus wird ein Leinentuch angefeuchtet und dann entweder ventral oder dorsal auf die zu behandelnden Zonen aufgelegt.
Nach 15 Minuten wird dann der Rest des Pflanzentees in ein Vollbad gegeben. Die Badedauer sollte 20 Minuten nicht
überschreiten. Für alle medizinischen Bäder gilt vorher zu duschen und sich mit einer neutralen Seife zu waschen, um
Fette von der Haut zu entfernen. Bei zentralen und periferen Durchblutungsstörungen können drei Formen der
medizinischen Bäder – Fußbäder, Fuss-Wechselbäder, Vollbäder – mit der gleichen Pflanzenmischung durchgeführt
werden.
Rp.
Herba Millefolii 20,0
Herba Chamomillae 10,0
Herba Menthae 25,0
Herba Centaurii 10,0
Herba Hyperici 25,0
Flores Arnicae 10,0
M.f. Spec.
Für Fußbäder wird ein Infus (10 – 15 Minuten) von 100 g der Pflanzenmischung und 2 l Wasser hergestellt und 2 Eßlöffel Kochsalz hinzugefügt. Sollen Wechselbäder gemacht werden, wird der Infus zunächst für die Kaltwasseranwendung hergestellt, damit das Wasser gut abkühlen kann. Nach einer Eingewöhnungszeit können dem Kaltbad einige Eiswürfel hinzugegeben werden, damit der Temperaturunterschied und somit der entstehende Reiz möglichst groß ist. Es können 2 Badesitzungen innerhalb von 24 Stunden durchgeführt werden.
Für ein Vollbad werden 500 g der Mischung in ein Leinensäckchen gefüllt und mit 5 l heißem, nicht sprudelndem Wasser übergosesen. Nach 5 Minuten werden 33 g Salz in dem Badetee aufgelöst und dem Vollbad zugegeben. Bei Stoffwechselstörungen, Nervosität, übergroßem Stress, Anaemie und in der Rekonvaleszenzzeit nach bakteriellen oder viralen Erkrankungen empfehle ich folgendes Rezept:
Rp.
Herba Meliloti 20,0
Herba Origani 20,0
Folium Juglandis 10,0
Rhizoma Calami 10,0
Raqdix Valerianae 10,0
Radix Liquiritiae 30,0
M.f. Spec.
Aus 300 g dieser Pflanzenmischung und 3 l Wasser, wird ein Decoct (10 Minuten auf kleinem Feuer) hergestellt. Nachdem die Mischung ca. 10 Minuten abgekühlt ist, wird sie mit dem Leinensäckchen in das Badewasser geschüttet. Eine Anwendung dauert 10 – max. 20 Minuten. Dieses Bad sollte nur am Abend vor dem Schlafengehen genommen werden und danach sollte ein entsprechender Pflanzentee getrunken werden. Ein ruhiger und gesunder Schlaf kann danch praktisch garantiert werden. Eine ähnliche Wirkung, besonders aber wenn Angstgefühle und Unruhe auftreten hat sich bewährt:
Rp.
Herba Melissae 20,0
Turiones Pini 20,0
Herba Leonuri 30,0
Herba Basilici 10,0
Herba Majoranae 10,0
M.f. Spec.
Für ein Vollbad wird ein Infus (10 Minuten abgedeckt) aus 300 g der Pflanzenmischung und 3 l Wasser hergestellt und dem Badewasser zugesetzt. Die Wassertemperatur darf 45° nicht überschreiten. Nach dem Bad sollte ein sedierender Tee getrunken werden. Die interne und externe Therapie ergänzt sich hervorragend. Bei rheumatischen Schmerzen, Neuralgien, Myalgienen – auch Muskelkater – Lumbago, aber auch bei Neurodermitis und nach verheilten Frakturen empfehle ich Vollbäder oder lokale Applikationen mit folgender Pflanzenmischung:
Rp.
Cortex Salicis 30,0
Cortex Hippocastani 20,0
Herba Ulmaria
oder Herba Filipendulae vulgaris 20,0
Herba Equiseti 20,0
Herba Meliloti 10,0
M.f. Spec.
Für ein Vollbad wird ein Decoct aus 300 g der Pflanzenmischung in 5 l Wasser hergestellt. Die Pflanzenmischung wird 10 Minuten abgedeckt auf kleinem Feuer gekocht. Die Gesamtmenge incl. dem Leinensäckchen mit der Pflanzenmischung wird in das Bad gegeben und dann wird ½ kg Kochsalz hinzugefügt.
Für die lokale Anwendung werden Kompressen mit einem konzentrierten Decoct aus 100 g der Pflanzenmischung auf 1 l Wasser lauwarm auf die schmerzenden Stellen gelegt. Bei Durchblutungsstörungen der Extremitäten und bei allergischen Hauterscheinungen hat sich das Auflegen von Heublumensäckchen (Anthoxanthum odoratum) sehr bewährt.
250 g der Heublumen werden in ein Leinensäckchen gegeben und in 200 ml lauwarmen Wasseer zum Aufquellen gebracht. Nach einigen Minuten wird mit heißem, nicht sprudelndem Wasser auf 1 l aufgefüllt. Die Mischung muss nun 10 Minuten abgedeckt ziehen. Nachdem der Heublumensack leicht ausgedrückt wurde und auf eine erträgliche Temperatur abgekühlt ist, wird er auf die zu behandelnden Stellen für 20 Minuten aufgelegt. Für ein Vollbad wird 1 kg Flos Anthoxanthum odoratum benötigt.
Bei allen akuten oder chronischen Dermatosen, bei Entzündungen der Haut, aber auch bei Hämorrhoiden empfiehlt die Phytobalneologie folgendes Rezept:
Rp.
Herba Chamomillae 25,0
Herba Millefolii 25,0
Herba Rosmarini 10,0
Herba Lavandulae 10,0
Weizenkleie 30,0
M.f. Spec.
Für eine lokale Applikation wird ein Infus aus 50 g der Pflanzenmischung und ½ l Wasser, für ein Vollbad 300 g der Mischung auf 3 l heißem, nicht sprudelndem Wasser hergestellt. Bei chronischen Dermatosen, besonders aber bei Schweißfüßen ist eine lokale Behandlung mit einem Decoct aus Eichenrinde (Cortex Quercus robur L.) besonders zu empfehlen.
Für einen konzentrierten Decoct werden 100 g Eichenrinde in 1 l Wasser so lange gekocht, bis die Flüssigkeit auf die Hälfte eingekocht ist. Für eine Kompresse wird ein Leinentuch mit dem Decoct, ohne ihn zu verdünnen, befeuchtet und auf die zu behandelnden Stellen aufgelegt. Für ein Fußbad werden 300 g Eichenrinde in 3 l Wasser gekocht. Am Anfang dieser Arbeit habe ich gesagt, dass medizinische Bäder auch mit Pflanzenölen durchgeführt werden können. Sie sind zwar teurer, haben aber den Vorteil, dass ein Bad schneller und bequemer bereitet werden kann.
Aus den vielen bestehenden Rezepten habe ich die herausgesucht, die nicht nur eine lokale Wirkung haben, sondern durch das Inhalieren der Aerosole eine besonders gute Wirkung zeigen. Bei cardio – vasculären Beschwerden ist folgendes Rezept sehr wirksam und erfolgreich:
Rp.
Aethereolum Salviae 10,0
Aethereolum Lavandulae 10,0
Aethereolum Juniperi 05,0
Aethereolum Rosmarini 10,0
Aethereolum Thymi 05,0
Aethylalkohol 950 60,0
M.f. Spec. ext.
Von dieser Ölmischung werden für ein Vollbad 50 g benötigt. Die Wassertemperatur soll 45° nicht überschreiten, die Badedauer beträgt 15 – 20 Minuten. Bei Affektionen des Atemtraktes empfehle ich folgende Ölmischung:
Rp.
Aethereolum Pini montanae 02,0
Aethereolum Anisi 02,0
Aethereolum Menthae 03,0
Aethereolum Salviae 02,0
Aethereolum Eucalypti 02,0
Aethereolum Thymi 01,0
Aethylalkohol 950 88,0
M.f. Spec. int. et. ext.
Diese Ölmischung ist praktisch unbegrenzt haltbar. Sie kann sowohl intern als auch extern verwendet werden.<
Intern:
- Erwachsene:
3-mal tÄglich 25 Tropfen in etwas lauwarmem Wasser. Morgens auf nüchternen Magen, Mittags vor dem Essen und am Abend direkt vor dem Schlafengehen.
- Kinder:
3 – 6 Jahre, 3 mal täglich 3 Tropfen, 7 – 12 Jahre, 3 mal täglich 10 Tropfen.
Extern:
Für ein Vollbad werden 25 ml in eine Wanne mit warmem Wasser gegeben. Es sollte 3 mal in der Woche gebadet werden. Bei Affektionen des Verdauungssystems empfehle ich intern wie auch extern folgende Ölmischung:
Rp.
Aethereolum Carvi 01,0
Aethereolum Anisi 01,0
Aethereolum Origani 01,0
Aethereolum Lavandiae 01,0
Aethereolum Salviae 02,0
Aethereolum Caryophylorum 00,5
Aethylalkohol 950 95,0
M.f. Spec. int. et ext.
Intern:
Diese Ölmischung eignet sich besonders für Erwachsene, für Kinder unter 14 Jahren ist sie nicht zu empfehlen. 3 mal
täglich 25 Tropfen in etwas warmem Wasser vor den Hauptmahlzeiten.
Extern:
25 ml für ein Vollbad. Die Temperatur soll 45 Grad nicht überschreiten und die Badedauer ist 20 Minuten. Bei
Beschwerden des Urogenitaltraktes und bei Nierensteinen wird intern und extern folgende Ölmischung empfohlen:
Rp.
Aethereolum Abietis 03,0
Aethereolum Eucalypti 03,0
Aethereolum Basilici 02,0
Aethereolum Salviae 02,0
Aethylalkohol 950 90,0
M.f. Spec. int. et ext.
Intern:
3 mal täglich 10 Tropfen in etwas warmem Wasser oder auf einen Teelöffel Zucker.
Extern:
25 ml in ein Vollbad. Die Wassertemperatur soll 45° nicht überschreiten, die Badedauer ist 20 Minuten, 2 – 3 Bäder pro
Woche. Bei Affektionen des Zentralen Nervensystems (ZNS) empfiehlt die Aroma- und Phytotheapie folgendes Rezept:
Rp.
Aethereolum Rosmarini 01,0
Aethereolum Salviae 00,5
Aethereolum Origani 01,0
Aethereolum Basilici 00,5
Aethereolum Majoranae 02,0
Aethereolum Zingiberis 01,0
Aethyalkohol 950 94,0
M.f. Spec. int. et ext.
Intern:
3 mal täglich 20 Tropfen in etwas warmem Wasser vor den Hauptmahlzeiten.
Extern:
25 g der Ölmischung für ein Vollbad. Die Wassertemperatur sollte 45° nicht überschreiten, die Badedauer ist 20
Minuten. Es sollten 3 Bäder pro Woche gemacht werden.
Ich habe fast nur die ätherischen Öle gewaehlt, die seit hunderten von Jahren auch in der Küche verwendet werden. Sie haben den Vorteil, dass sie, wie auch alle vorher angesprochenen Pflanzen bzw. Pflanzenmischungen, in der Regel keine negativen Nebenwirkungen haben.