Säure- und Basenhaushalt
Im biochemischen Ablauf des menschlichen Körpers sind Säuren und Basen natürliche
Gegenspieler. Um das Gleichgewicht zwischen Säuren und Basen in den Körperflüssigkeiten zu gewährleisten (Homöostase)
müssen beide vorhanden sein.
So werden die Atmung und der Kreislauf durch Kohlendioxid (CO2) angeregt, das aus Kohlensäure
(H2CO3) entsteht.
Eine Verschiebung des Gleichgewichtes zwischen Säuren und Basen kann zu verschiedenen Störungen im Körper – z.B.
Schlafstörungen – führen.
Wenn freie Säuren und Basen, die dem Organismus schaden könnten, aufeinander treffen, kommt es zu einer
Neutralisierung, so dass dem Körper kein Schaden mehr zugefügt werden kann.
Es gibt allerdings auch Regionen im Organismus, in denen eine größere Säuremenge (wie im Magen) oder ein basisches
Milieu (z.B. im Duodenum = Zwölffingerdarm) notwendig ist.
Ob eine Flüssigkeit (oder ein Medium) sauer oder basisch (alkalisch) ist, wird nicht durch das äußere Erscheinungsbild bestimmt, sondern ist nur mittels eines Indikators (z.B. Lackmuspapier) feststellbar.
Was sind Säuren und Basen?
Es gibt verschiedene Definitionen für die Begriffe Säure und Base. Eine der einfachsten ist die von Brönstedt, nach der jede Säure Wasserstoff (H) abgeben oder Hydroxylgruppen (OH) aufnehmen kann, Basen hingegen eine Hydroxylgruppe (OH) abgeben oder Wasserstoff (H) aufnehmen können.
Es gibt starke und schwache Säuren und Basen, je nachdem ob eine vollständige oder unvollständige Dissoziation vorliegt.
Dissoziation ist der Zerfall einer Säure oder Base in ihre Bestandteile.
Vollständig ist die Dissoziation, wenn das dabei entstehende Gleichgewicht soweit auf die Seite der Bestandteile verschoben ist, dass die Ausgangssubstanz kaum noch vorhanden ist.
Ein Beispiel:
Salzsäure HCl dissoziiert in Wasserstoff-Ionen H+ und Chlorid-Ionen Cl–.
Der Zerfall der Salzsäure zu Wasserstoff-Ionen und Chlorid-Ionen ist nahezu vollständig, das Gleichgewicht ist also fast vollständig auf die Seite der Zerfallsprodukte H+ und Cl– verschoben und es handelt sich um eine starke Säure.
Im täglichen Leben findet man eine solche starke Säure beispielsweise in jeder Autobatterie (Schwefelsäure
H2SO4). Bereits ein Tropfen ruft eine Verätzung hervor.
Aber auch die Magensäure ist eine starke Säure. Es ist die bereits oben angegebene Salzsäure HCl.
Bei schwachen Säuren ist die Dissoziation unvollständig, es sind im Gleichgewicht also immer Zerfallsprodukte und
Ausgangsstoff in größerer Menge vorhanden.
Eine solche Säure ist die Essigsäure CH3COOH. Sie dissoziiert in Acetatrest und Wasserstoff-Ionen.
Es ergibt sich daraus:
Diese schwache Säure kann ein Mensch in vernünftigen Mengen gefahrlos zu sich nehmen, es handelt sich dabei um Essig.
Die wichtigsten und auch bekanntesten Säuren sind:
- Salzsäure HCl
- Salpetersäure HNO3
- Phosphorsäure H3PO4
- Schwefelsäure H2SO4
- Kohlensäure H2CO3
- Essigsäure CH3COOH
Letztere ist eine organische Säure, alle anderen sind anorganische Säuren.
Der pH-Wert von Säuren liegt unterhalb 7.
Die wichtigsten und bekanntesten Basen oder Laugen sind:
Kalilauge (Kaliumhydroxid)
Natronlauge (Natriumhydroxid)
Ammoniak NH3 (in Wasser aufgelöst NH4OH)
Backpulver (Natriumhydrogencarbonat NaHCO3)
Der pH-Wert dieser Flüssigkeiten liegt oberhalb von 7.
Der pH-Wert leitet sich her vom Dissoziationsgleichgewicht des Wassers und seiner Verschiebung. Im Gleichgewicht ist das Wasser als neutrales Molekül in einem solchen Übermaß enthalten, dass man es nicht berücksichtigen muss. Lediglich die Konzentration der bei der Dissoziation entstehenden Wasserstoff-Ionen (H+) und Hydroxyl-Ionen (OH–) wird betrachtet.
Im ursprünglichen (neutralen) Gleichgewicht ist die Konzentration beider Komponenten gleich und beträgt
10-7 mol/l. Daraus ergibt sich der pH-Wert durch eine einfache mathematische Rechnung: Von diesem Wert
(10-7) bildet man den dekadischen Logarithmus, also den Logarithmus mit der Basis 10 (dies kann man mit
fast jedem Taschenrechner machen, die Taste lg oder log ergibt den dekadischen Logarithmus) und multipliziert den so
erhaltenen Wert mit -1 (oder vertauscht einfach das Minus-Zeichen mit einem Plus-Zeichen).
Schon hat man einen Wert von 7, dieser Wert kennzeichnet den Neutralpunkt.
Nach der weiter oben gemachten Aussage zu Säuren und Basen führt die Zugabe zu einem Anreichern von Wasserstoff-Ionen (H+) oder Hydroxyl-Ionen (OH–) und damit zu einer Verschiebung des Gleichgewichts.
Die pH-Skala ergibt sich also daraus folgendermaßen:
Nach dieser Einteilung ist es möglich, alle Flüssigkeiten – auch Körperflüssigkeiten – zu unterscheiden und einzuordnen.
Körperflüssigkeit | pH-Wert (pH-Bereich) | Bemerkungen |
Blut | 7,35-7,45 mit einem Mittelwert von 7,4 | Dies liegt also knapp oberhalb des neutralen Bereiches. Blut ist schwach alkalisch (oder basisch) und darf die engen Grenzen nicht überschreiten, sonst besteht Lebensgefahr! Wenn der Wert unter 7.35 fällt, spricht man auch von einer Übersäuerung. |
Harn | 4,8-8,0 | Der weite Bereich ist dadurch erklärbar, dass der Körper nicht benötigte Säuren über den Urin ausscheidet. |
Magensaft | 1,2-3,0 | Der Magensaft (auch Magensäure genannt) ist die sauerste Körperflüssigkeit. |
Sekret der Bauchspeicheldrüse | 8,0 | Das Sekret der Bauchspeicheldrüse entstammt der exokrinen Funktion und geht in den Verdauungstrakt über. |
Gallenflüssigkeit | 8,0-8,5 | Gallenflüssigkeit wird in der Leber produziert und manchmal in der Gallenblase gesammelt. |
Damit der pH-Wert des Blutes von etwa 7,4 optimal erhalten bleibt, verfügt der Organismus über so genannte Puffersysteme. Die wichtigsten davon sind Phosphat-Puffer, Hydrogenkarbonat-Puffer, Protein-Puffer und das System Oxyhämoglobin – Dexoxyhämoglobin. Diese Komponenten haben zwar unterschiedliche pH-Werte, im Zusammenwirken ergibt sich aber der physiologische pH-Wert des Blutes.
Stellen wir noch einmal fest:
Eine Übersäuerung liegt dann vor, wenn der pH-Wert des Blutes unter die kritische Grenze von 7,35 sinkt. Dies ist
nicht gleichzusetzen mit dem Verzehr saurer Lebensmittel, wie dies aber oft fälschlicherweise
geschieht!
Die Bildung von Säuren und Basen im Körper
Die zugeführten Nahrungsmittel werden im Verdauungstrakt aufgespalten und dann mit Hilfe von Sauerstoff “verbrannt”. Diese Verbrennung ist aber bekanntlich nicht mit Flammenbildung verbunden, sondern wird mit Hilfe von “Biokatalysatoren”, den Enzymen oder Fermenten, durchgeführt. Dabei entsteht Energie, Wasser und Kohlendioxyd, das über die Lunge abgeatmet wird. Kohlendioxid und Wasser entstehen aus der ursprünglich entstehenden Kohlensäure durch spontanen Zerfall, daher bezeichnet man auch das Kohlendioxid als “flüchtige” Kohlensäure.
Aber auch die weiteren Verbrennungsrückstände müssen entsorgt werden. Das geschieht u.a. dadurch, dass die entstandenen Säuren mit Hilfe von Basen neutralisiert werden, sie werden also abgepuffert. Die dabei entstandenen Produkte werden ausgeschieden, u.a. über die Nieren.
Stehen nun nicht genügend Basen zur Verfügung – sie müssen über die Nahrung zugeführt werden – oder ist nicht ausreichend Sauerstoff vorhanden verschiebt sich der pH-Wert des Blutes mehr und mehr in den sauren Bereich. Um nicht einen zu niedrigen pH-Wert im Blut zu riskieren, werden die überschüssigen Säuren im Bindegewebe, in den Muskeln, Sehnen oder Gelenken zwischengelagert.
Das bekannteste Zeichen dafür ist der unangenehme “Muskelkater”, eine kurzzeitige Gewebeübersäuerung nach
Überbeanspruchung des entsprechenden Muskels oder eine unvollständige “Verbrennung” z.B. von Glukose.
Das aufnehmende Gewebe sorgt auf diese Weise für eine Entlastung der Nieren, da diese die angefallene Säureflut nicht
sofort neutralisieren und ausscheiden können. Erstes Kennzeichen ist eine saure Reaktion des Urins.
Sollte ein lang anhaltendes Basendefizit entstehen, kommt es zu einer “latenten Azidose” und in deren Verlauf treten
die ersten Symptome auf, die zunächst noch den Charakter einer “Unpässlichkeit” tragen.
Im zweiten Stadium spricht man von einer “kompensierten Azidose”, können Cellulitis, akute und chronische
Ausscheidungskatarrhe und Osteoporose auftreten.
Später im Stadium der “dekompensierten Azidose” kann der Körper die Säureflut nicht mehr dauerhaft bewältigen. Die
“Unpässlichkeiten” entwickeln sich mehr und mehr zu chronischen, lebensbedrohenden Krankheiten.
Neben den Azidosen gibt es auch noch Alkalosen, bei denen der pH-Wert des Blutes zu sehr in den basischen Bereich gerät.
Die entstandenen Störungen des Säure-Base-Haushaltes können metabolische (nahrungsbedingte) oder respiratorische (atmungsbedingte) Ursachen haben, die sich gegenseitig kompensieren können, wenn auch nur in Grenzen.
Am besten erkennbar sind Alkalosen an einem Anstieg des pH-Wertes, Azidosen an einem Abfall. Bei metabolischen Störungen kommt es zu einer Veränderung der Konzentration an Hydrogenkarbonat (Alkalose-Anstieg, Azidose-Abfall), bei respiratorischen Störungen zu einer Veränderung der Zusammensetzung der Blutgase, insbesondere des Kohlendioxids (Alkalose-Abfall, Azidose-Anstieg).
Die metabolische Azidose ist sicherlich die bekannteste Form der Störungen des Säure-Base-Haushaltes und die
“Übersäuerung” schlechthin.
Ursache ist oft eine zu hohe Zufuhr von Proteinen und Fetten mit der Nahrung. Proteine werden bei der Verdauung in
Aminosäuren zerlegt, Fette in Fettsäuren.
Aber auch ein hoher Anfall organischer Säuren wie β-Hydroxybuttersäure oder Milchsäure (Laktat) oder eine chronische
Niereninsuffizienz sowie der Missbrauch von Abführmitteln können zu einer Übersäuerung führen.
Eine vollständige Ausscheidung der im Stoffwechsel auf diese Weise ständig auftretenden Säuren setzt eine konsequente
basenüberschüssige Kost voraus.
Besser ist aber von vornherein eine bewusste Ernährung, die auf ein ausgewogenes Verhältnis von säureproduzierenden
und basenproduzierenden Lebensmittel orientiert.
Basenüberschüssige Kost
- Bedenken Sie bitte: Im Gegensatz zu den Basen werden Säuren fortwährend im Körper gebildet. Basen müssen dagegen grundsätzlich in ausreichendem Maße über die Nahrung zugeführt werden.Was im Mund sauer schmeckt, z. B. ein saurer Apfel, liefert keine sauren Bestandteile in Bezug auf den pH-Wert des Blutes, im Gegenteil er wird überwiegend in basische Bestandteile zerlegt.
- Soll eine Übersäuerung vermieden werden, muss darauf geachtet werden, dass die säureüberschüssigen Lebensmittel höchstens 20% der Nahrung ausmachen.
- Zu empfehlende Nahrungsmittel sind vor allem: Alle Blattsalate, Keimlinge, fast alle Gemüsesorten (nicht aber Tomaten und Spinat), jedes ausgereifte frische Obst, die meisten davon auch im getrockneten Zustand, Nüsse, Mandeln.
- Zu reduzierende Nahrungsmittel sind vor allem: Fleisch, Fisch, Milchprodukte und konzentriert proteinhaltige Nahrungsmittel wie Hülsenfrüchte
© Dr. Frank Herfurth
Januar 2009