Verbände beim Kleintier
nach Prof. Dr. E. Schimke
1. Material:
a. Zur Wundabdeckung:
Gaze, Kompresse, Tupfer nicht fusselnd, saugfähig, möglichst steril
b. Polsterung:
Kunstwatte:
gut zu verarbeiten, unter Umständen
hautreizend, nicht so saugfähig, dünne Einzellagen möglich (besonders bei Katzen relevant, die klobige Verbände
oft nicht tolerieren), relativ reißfest, kaum fusselnd, manchmal stark komprimierbar.
Naturwatte:
gut
verträglich, etwas schwieriger zu verarbeiten (Lagen rutschen leichter in sich zusammen), wenig komprimierbar,
oft dicke Lagen, saugfähig (Verbände saugen sich leicht mit Wasser/Urin voll), fusselt leicht (haftet an
Wunden), meist in großen Rollen (Handling erschwert, verschiedene Größen lieferbar). Vorteil: billiger, bei
längerer Verbandstherapie kaum Hautreizungen, Druckverbände lassen sich aufgrund der geringeren
Komprimierbarkeit besser anlegen.
Verbandszellstoff:
relativ dicke Lagen, kaum
komprimierbar, stabilisiert den Verband, kaum fusselnd, saugfähig. Kommt oft bei “Behinderungsverbänden”
zum Einsatz oder wenn man stabile Verbände anlegen möchte, ohne eine Schiene
anzufertigen.
Schaumgummi:
Kommt selten zur Anwendung. Möglich zur Unterpolsterung scharfer Schienenenden oder
der Schiene selbst
Binden:
Mullbinden:
Es gibt elastisches und nicht elastisches
Material. Bei Verbänden sind die elastischen Binden vorzuziehen, da sich der Verband besser anmodellieren lässt.
Das Gewebe ist relativ grobmaschig, nicht sehr reißfest, saugfähig. Vorteil: billig, gut zu verarbeiten,
verschiedene Größen, Großabpackungen. Nachteil: nicht wiederverwendbar.
Elastische
Binden:
oft Einzelabpackung, dichtes Gewebe, extrem reißfest, nicht sehr saugfähig. Kann bei Druckverbänden
eingesetzt werden und bei Verbänden, die verstärkt Schmutz, Feuchtigkeit und mechanischer Belastung ausgesetzt
werden. Vorteil: waschbar und damit wiederverwendbar
Elastische selbsthaftende Binden:
Aus
Kunststoffgewebe, bei dem sich aufgrund von Material- und Oberflächenbeschaffenheit die einzelnen Lagen
ineinander verzahnen. In verschiedenen Größen, Qualitäten und Farben erhältlich. Kaum saugfähig, sogar
geringgradig wasserabweisend, geben dem Verband sehr guten Halt, relativ reißfest, meist Einzelabpackung,
sehr teuer.
Schlauchbinden:
Sehr dehnfähiges Gewebe. In
unterschiedlichen Durchmessern erhältlich, nur zum Schutz, nicht zur Stabilisierung der
darunterliegenden Strukturen zu verwenden. Anwendbar bei Bauchverbänden, die Wunde und Wundabdeckung
vor dem Belecken schützen sollen. Den gleichen Zweck kann ein weites T- Shirt/ Höschen/ Socke…,
erfüllen. Vorsicht bei der Materialabmessung. Das Gewebe dehnt sich stark in die Breite und verkürzt
sich dabei enorm in der Länge ( das 2,5- bis 3- fache der eigentlich benötigten Länge
abschneiden).
Abklebung:
Gewebeband/Tape:
Gute Haftfähigkeit, nicht dehnbar, mit der
Hand abreißbar, mechanisch belastbar, wasserabweisend. Wird zum Befestigen des losen Bindenendes, zum Abkleben des
Übergangs von Watte zu Binde und zum Schutz vor Feuchtigkeit und Abnutzung benutzt. Den Verband damit am Fell
festzukleben ist in den meisten Fällen nicht nötig und bedeutet unnötige Schmerzen beim Verbandswechsel. Besonders
unkooperative, geschickte oder bewegungsfreudige Patienten lassen einem aber manchmal keine andere Wahl.
Klebende
elastische Binden (“Porelast”):
Resistenter gegen mechanische Belastung als Tape, teuer, Enden lösen sich
leicht von der unteren Lage (müssen meist mit einem Tapestreifen abgeklebt werden), nicht mit der Hand
abreißbar, klebt nicht so gut. Wird gerne verwendet, um den Fuß von Gliedmaßenverbänden gegen vorzeitiges
Durchlaufen zu schützen. Ins Fell geklebte Streifen lassen sich weniger schmerzhaft und leichter wieder
ablösen.
Plastikklebeband:
Sieht wie strukturierter Tesafilm
aus, lässt sich leicht abreißen, geringe Klebekraft, Lagen verlieren bei Feuchtigkeit ihr
Haftungsvermögen. Für Verbände ungeeignet. Beim Befestigen von kurzfristigen Druckverbänden (Blutstillung
nach Blutentnahme oder nach dem Entfernen von Braunülen usw.) aber sehr hilfreich, da sie sich problemlos,
schnell, relativ schmerzfrei und unter Umständen sogar ohne Schere vom Besitzer entfernen lassen
(besonders bei unkooperativen Katzen von Vorteil).
Klebeband von papierartiger Konsistenz:
Meist
wasserabweisend beschichtet, leicht reißbar, kaum mechanisch belastbar, nur schwache Klebekraft. Für
Verbände kaum geeignet, evtl. Einsatzmöglichkeiten wie beim
Plastikklebeband.
Schienung:
In der Veterinärmedizin verwenden wir nur Schienen, keine zirkulär angelegten Gipse
zur Stabilisierung eines Verbandes. Sie sind wiederverwendbar (Kosten, Arbeitsaufwand), leicht zu entfernen und geben
dem Gewebe die Möglichkeit der Schiene beim Auftreten von Schwellungen auszuweichen. Damit werden Drucknekrosen,
Ischämien und die damit verbundenen Schmerzen weitgehend vermieden. Da sie wieder verwendet werden können fällt die
Entscheidung zum Verbandswechsel leichter und die Wunden können häufiger kontrolliert werden.
Schienen werden nie
direkt dem Körper angelegt. Sie müssen gründlich unterpolstert werden und werden am oder um den angelegten Verband
befestigt.
Kunstgipsschienen:
Aus schnellhärtendem Kunststoff. Binden
sind vakuumverpackt und müssen vor Gebrauch unter Wasser gehalten werden, damit der Polymerisationsvorgang
einsetzen und der Kunststoff aushärten kann. Sie sind wasserabweisend, leicht, reißfest, in sich formstabil aber
entlang der Längsachse um angelegte Biegungen elastisch verformbar (erleichtert das Abnehmen und erneute Anlegen,
tolerieren lange Zeit die beim Laufen auftretenden Verformungen der Schiene). Nachteil: teuer, können an der
Biegung brechen, haben manchmal scharfe Kanten, die scheuern ( glätten beim Herstellen/ Unterpolstern ), härten
manchmal schneller aus als man möchte (zügig arbeiten, alles vorher bereitlegen), erfordern meist Hilfsperson,
kleben stark (Handschuhe tragen, Schienenunterlage und Außenseite mit Vaseline/ Gleitgel/ Schmierseife…..
abdecken).
Gips:
Für die Veterinärmedizin ungeeignet, da zu schwer
und für das Ausformen von Schienen zu spröde.
Zungenspatel:
Können gut zur seitlichen Fixierung
von Verbänden benutzt werden. Sie lassen sich nicht biegen und sind von definierter Länge und Festigkeit.
Deshalb beschränkt sich die Anwendung meist auf Gliedmaßenverbände bei Katzen und kleinen Hunden.
Eventuell können sie zur seitlichen Stabilisierung bei Halsverbänden (“Behinderungsverbände”) eingesetzt
werden.
Pappschienen:
Aufgeweichte stabile Pappstreifen
(keine Wellpappe) zeigen nach dem Austrocknen eine gewisse Stabilität und können die im nassen Zustand
angenommene Form in gewissen Grenzen halten. Sie sind billig, leicht zuzuschneiden, wiederverwendbar,
gut formbar und kleben beim Anlegen nicht. Da sie nicht in Bahnen angeformt werden müssen entfällt
auch die Notwendigkeit einer Hilfsperson . Sie eignen sich aufgrund ihrer nicht all zu großen
Stabilität nur als Provisorium oder für Verbände bei Katzen und kleinen Hunden. Nachteil: Sie können
leicht abknicken, verlieren bei Feuchtigkeit ihre Funktion, härten sehr langsam aus, verformen sich
leichter und können nur sehr begrenzt tragende Funktion ausüben.
Plastikschalen:
Meist mit Schaumstoff
gepolstert, sind in der Regel starr, gestreckt und halbröhrenförmig. Sie sollten allenfalls als
Provisorium eingesetzt werden um die Gliedmaße/ den Frakturbereich… für den Transport ruhig zu
stellen, um so Schmerzen und weitere Dislokationen der Frakturenden zu vermeiden. Ihre Form
fixiert die Gliedmaße in einer unphysiologischen Stellung, deshalb ist von einer länger dauernden
Anwendung abzuraten.
Aluminiumschienen:
Sind auch eher als
Unterstützung und Provisorium gedacht, da sie sich zu leicht verbiegen.
Drahtkonstruktionen (z.B.
Thomasschiene):
Hierbei handelt es sich um gebogene Drahtbügel in denen die Gliedmaßen
wie das Tuch in einem Trampolin aufgehängt wird. Ein Teil des Drahtbügels wird
unterpolstert und als Stütze unter die Achsel, das Becken oder die Leistenbeuge geführt.
Es sieht so aus, als laufe der Hund auf einer Krücke. Diese Schienen werden fertiggestellt
angeboten oder können direkt am Tier angepasst werden. Die individuell angepassten
Schienen sind den fertigen Standardschienen, die fast nie passen, vorzuziehen. Es kommt
oft zu ausgeprägten Druck- und Scheuerstellen, die Haltebänder zur Aufhängung der
Gliedmaße schnüren oft ein und es kommt dadurch, dass das Tier über den Scheitelpunkt der
Schiene abrollt zu einer unphysiologischen Belastung der Gliedmaße und der Gelenke aus der
unter Umständen Stellungsanomalien entstehen können. Die erfolgreiche Anwendung erfordert
große
Erfahrung.
Anlegen des Verbandes:
Wundabdeckung:
Sie sollte die Wunde in ihrer ganzen Ausdehnung abdecken und so angebracht werden, dass sie beim weiteren Arbeiten
nicht verrutscht (evtl. zirkulär um die Gliedmaße wickeln).
Polsterung:
Hunde und Katzen haben im Zwischenzehenbereich
Schweißdrüsen. Unter dem Verband entsteht beim Schwitzen deshalb in diesem Bereich ein feuchtwarmes Milieu, in dem
sich Keime besonders gut vermehren können. Das führt sehr schnell zu Dermatitiden im Zwischenzehenbereich. Hinzu
kommt, dass es bei schlechter Polsterung zu Scherbewegungen und Reibung kommen kann, die zu einer Intertrigo
führen. Aus diesem Grund müssen die Zwischenzehenbereiche bei jedem Gliedmaßenverband ausreichend mit saugfähigem,
möglichst hautverträglichem Material gepolstert werden (evtl. vorhandene Wolfskrallen nicht vergessen). Die
Polsterung sollte ausreichend dick sein, damit unregelmäßig angezogene Bindenlagen keine Einschnürungen
verursachen können. Exponierte Knochenvorsprünge oder scharfkantige Schienenenden müssen gesondert unterpolstert
werden. Das gleiche gilt für Bereiche in denen der Verband strangartig unter der Achsel oder der Leiste entlang
läuft (Hosen-/Schulterverband). Die Polsterung muss an den Gliedmaßen so hoch wie möglich angelegt werden, da sie
nach distal rutscht. Sie sollte immer etwas über den mit Binden umwickelten Bereich herausragen, um Einschnürungen
zu vermeiden. Die Polsterung sollte aber auch nicht zu dick ausfallen, da sich die Patienten (besonders Katzen)
sonst ganz einfach des Verbandes entledigen können. Erstens sitzen solche Verbände meist nicht fest genug,
zweitens lassen sie sich nicht ausreichend winkeln und drittens rutschen sie oft schon durch ihr Eigengewicht beim
Laufen von der Gliedmaße. Nach distal wird die Gliedmaße mit einer senkrecht zur Wickelrichtung angelegten
Wattelage abgepolstert.
Wickeltechnik:
Prinzipiell sollte man immer die gleiche
Wickelrichtung beibehalten, dabei spielt es im Allgemeinen keine Rolle ob rechts- oder linksherum gewickelt
wird. Wickelt man hingegen Polsterung und Binden entgegengesetzt, verliert der Verband an Stabilität.
Die
Binde wird dabei so gehalten, dass sich die Lagen dem Verband beim Abrollen direkt anlegen (Rolle zeigt nach
oben). Zieht man die Bindenlage vor dem Anlegen über die Finger der die Gliedmaße haltenden Hand, resultiert
ein gleichmäßiger Zug. Steht ein Tier lange unter Verband, kann es durch das Ständige Ziehen in die bevorzugte
Wickelrichtung zu einer leichten Auswärts- oder Einwärtsdrehung der Gliedmaße kommen. In diesem Fall kann die
Fehlstellung meist durch Einsatz der entgegengesetzten Wickelrichtung korrigiert werden.
Ein
Gliedmaßenverband wird immer von distal nach proximal gewickelt. Dabei ist darauf zu achten, dass es zu keinen
Einschnürungen kommt, die ein Stauungsödem verursachen können. Stauungsödeme können in zwei Fällen
auftreten:
Wenn ein Verband ringförmig um die Gliedmaße angelegt und zu fest angezogen wird, bleibt der
arterielle Zufluss erhalten und der venöse Rückfluss wird unterbunden. Es kommt zu einer ödematösen Schwellung
des distalen Gliedmaßenabschnittes. Das kann vermieden werden, indem man das Gliedmaßenende in den Verband mit
einbezieht. Der Druck des Verbandes wirkt dann dem Austreten von Flüssigkeit in die Interzellularräume
entgegen.
Doch selbst wenn die Pfote mit in den Verband einbezogen wird, kann es noch zur Entstehung eines
Stauungsödemes kommen. Das ist immer dann der Fall, wenn im distalen Bereich deutlich lockerer gewickelt wird
als im proximalen Bereich. Auch hier kommt es zu einer ringförmigen Einschnürung mit den bekannten Folgen, nur
ist sie in diesem Fall nicht so offensichtlich. Deshalb: immer gleich von der Pfote an kräftig anziehen
(Wickelt man distal kräftiger als proximal ist das nicht weiter schlimm)
Wie schon bei der Polsterung
erwähnt, sollte man immer etwas unterhalb der Wattegrenze mit dem Wickeln aufhören, da es sonst zu
schmerzhaften Einschnürungen kommen kann.
Gliedmaßenverbände sollten auch nicht in zu stark gestreckter
Stellung angelegt werden. Zum einen entspricht das nicht der physiologischen Winkelung der Gelenke, zum
anderen können die Verbände nicht so leicht ins Rutschen geraten.
Abkleben:
Abgeklebt
werden alle Übergänge von den Bindenlagen zur Watte, soweit sie für das Tier erreichbar sind. Kann der Patient
die Watte unter den Bindenlagen herausziehen, nimmt er dem Verband die Stabilität und kann sich seiner in
kürzester Zeit entledigen. Zum Schutz gegen Feuchtigkeit und Abnutzung beim Laufen kann noch die Pfote
abgeklebt werden. Bei Katzen kann dadurch auch verhindert werden, dass sie sich mit den Krallen in die
Mullbinden haken und sich die Verbände wie einen Stiefel
ausziehen.
Halskragen:
Entpuppt sich der Patient als “verbandfressender
Entfesselungskünstler” kann man ihm zusätzlich einen Halskragen aufziehen. Dabei sollte der Halskragen um so
weiter über die Schnauze herausragen, je weiter hinten der Verband angelegt wurde.
Verschiedene Verbandarten:
Schutzverbände:
Schutzverbände dienen zum Abdecken einer Wunde. Es soll damit verhindert werden,
dass die Wunde in Kontakt mit kontaminierten Flächen kommen kann oder mechanisch irritiert wird (Abschürfungen,
Belecken…). Des Weiteren soll kontagiöses Wundsekret vom Verbandsmaterial aufgenommen werden. Aber auch ohne Wunde
kann es notwendig werden Schutzverbände anzulegen, zum Beispiel bei der Gefahr von Automutilationen aufgrund von
Parästhesien, zur Vermeidung von Dekubitusstellen bei festliegenden Tieren oder zur Vermeidung von Abschürfungen bei
Tieren, die wegen neurologischer Ausfälle nicht in der Lage sind ihre Gliedmaßen korrekt zu positionieren.
Schutzverbände müssen nur so fest gewickelt werden, dass sie nicht verrutschen können und ihre vorgegebene Form
behalten. Ein besonders festes Anziehen ist nicht nötig.
Druckverbände:
Eine besondere Form des Schutzverbandes ist der Druckverband. Er dient in erster Linie zur Stillung einer stärkeren
Blutung im Wundbereich. Durch den angelegten Druck sollen die verletzten Gefäße komprimiert werden, so dass die
Vorgänge der Blutstillung leichter und schneller ablaufen können. Um einen besonders starken Druck auf die verletzten
Gefäße ausüben zu können, wird ein festes Druckpolster (Kompressenstapel, Bindenrollen…) mit relativ kleiner
Druckfläche über die Wunde gelegt, gut abgepolstert und über fest angezogene Wickelungen fixiert. Die Polsterung
sollte in diesem Fall nicht zu stark komprimierbar sein, damit der angelegte Druck möglichst optimal übertragen werden
kann. Druckverbände können aber auch bei ödematösen Schwellungen im Gliedmaßenbereich angelegt werden. Hier helfen
sie, die Rückresorption der interzellulär gelegenen Flüssigkeit zu beschleunigen. Kontraindiziert sind Druckverbände
in Gebieten mit Mangeldurchblutung und Gefahr der ischämischen Nekrose.
Druckverbände werden auch bei großflächigen
Ablösungen der Haut von der Unterhaut oder zur Vermeidung der Serombildung bei größeren Wundhöhlen mit unzureichender
Möglichkeit der Adaptation eingesetzt.
Druckverbände werden in der Regel länger belassen als einfache
Schutzverbände. Häufiges Wechseln würde dazu führen, dass gerade gebildete Thromben/Verklebungen zu früh wieder
auseinandergerissen werden und die Blutungen erneut auftreten.
Stützverbände:
Stützverbände werden eingesetzt, wenn die Stützfunktion der Gliedmaße nicht
(konservative Frakturheilung) oder nur eingeschränkt (nach Implantatentfernung, Implantat kann voller Belastung nicht
standhalten, Implantat konnte aus bestimmten Gründen nicht mit optimaler Stützfunktion eingebracht werden usw.)
gegeben ist, oder zur Ruhigstellung von Gelenken (Sehnenabriß, Arthrodese usw.). Als Grundregel hierbei gilt, dass ein
Bereich nur ruhiggestellt werden kann, wenn das proximal und das distal gelegene Gelenk mit ruhiggestellt wird. Diese
Voraussetzungen können schon ab dem Ellbogengelenk und dem Kniegelenk nicht mehr gewährleistet werden. Der
Tiermediziner muss sich deshalb oft mit einer recht unzureichenden Ruhigstellung zufrieden geben.
Die Stützfunktion
wird bei den Stützverbänden durch unterschiedliche Schienungen erreicht (siehe oben). Das Material der Schiene muss so
bemessen sein, dass es der jeweiligen individuellen Situation mit der gegebenen Belastung standhält und individuell
der Gliedmaße in Form und Größe angepasst werden kann. Die Schiene selbst muss so angepasst werden, dass sie den
labilen Bereich überbrückt und die physiologische Belastung der Gliedmaße nicht behindert. Am schlimmsten sind
Schienungen, die auf Höhe des Frakturspaltes oder in ungünstiger Stellung zu benachbarten Gelenken enden, so dass
starke Hebelkräfte auftreten, die zu Verschiebungen der Bruchenden oder Subluxationen führen. Auch sollte schon direkt
beim Anfertigen darauf geachtet werden, dass Schienen nicht zum Wundscheuern führen können (scharfe Kanten vermeiden
oder umbiegen, störende Ecken rechtzeitig abschneiden…).
Anhand röntgenologischer Befunde und klinischen Erhebungen
wird entschieden, über welchen Zeitraum die Schienung belassen werden muss.
“Behinderungsverbände”:
Eine besondere Form der Stützverbände sind die so genannten “Behinderungsverbände” (Hosenverbände, Schulterverbände,
starre Halsverbände…). Meist sollen sie keine eigentliche Stützfunktion übernehmen, sondern nur eine übermäßige
Bewegung/Belastung an sich (extrem agile Tiere) oder in eine bestimmte Bewegungsrichtung unterbinden (Vermeidung des
Ausgrätschens, der Abduktion oder Adduktion, des zu weiten Vorführens, usw.). In diesem Sinne ist auch ein Maulkorb,
der das Öffnen des Fanges bei konservativer Therapie von Kieferfrakturen unterbindet den “Behinderungsverbänden”
zuzurechnen.
“Behinderungsverbände” können, müssen jedoch nicht mit einer Schienung verbunden sein.
Quelle: Chirurg. Vet. Klinik der JLU-Gießen, -Kleintierchirurgie-, Prof. Dr. E. Schimke