Wundbehandlung bei Hunden
Strategien in der Tierheilpraxis
Hunde verletzen sich ebenso leicht und häufig wie Menschen – unbehandelt allerdings mit hohem Infektionsrisiko. Nach der Erstversorgung können eine Reihe naturheilkundlicher Maßnahmen die Heilung erleichtern, zum Teil mit überraschendem Erfolg.
Bedeutung der Wundbehandlung
Bei jeder Wunde eines Tieres handelt es sich um einen potenziellen Notfall. Bei ungünstigem Verlauf (z. B. Unachtsamkeit des Halters, Einschleppen hoch pathogener Keime) kann z. B. ein Mückenstich lebensbedrohliche Folgen haben!
Grundsätzlich gilt bei der Behandlung von Wunden:
Schockbekämpfung (insbesondere Herz-Kreislauf-Stabilisierung)
Blutstillung
Wundversorgung, wenn notwendig unter Schmerzausschaltung (eventuell jetzt Überweisung zum Tierarzt)
ggf. chirurgische Behandlung
eventuell Bluttransfusion
Allgemeine Therapie
Zunächst ist es notwendig, die Haare im Wundgebiet durch Scheren zu entfernen. Eingedrungene Fremdkörper sollten in
der Wunde belassen werden, wenn abzusehen ist, dass diese ohnehin chirurgisch versorgt werden muss. In diesem Fall ist
eine sterile Abdeckung und ggf. eine Polsterung der Wunde (besonders im Bereich der Zwischenzehenräume) vorzunehmen
und der Transport zu veranlassen. Salben und Puder etc. sollten zu diesem Zeitpunkt nicht eingesetzt werden, da diese
ansonsten die chirurgische Wundversorgung erschweren. Wichtig ist insbesondere auch die Ruhigstellung des Tieres und
eventuell der Gliedmaße. Das Belecken der Wunde muss möglichst verhindert werden. Wunden, die eine Größe von 2 cm und
eine Tiefe von 5 mm überschreiten, sollten immer genäht werden. Alternativ können sie auch je nach Größe und
Körperregion geklammert oder geklebt (z. B. mit Epiglu®) werden.
Eine ausreichende Vitaminversorgung ist zu gewährleisten. Durch das Einbringen von Enzymen (z. B. Trypsin, Leukase-
Kegel®) kann die Durchblutung im Wundgebiet gefördert werden.
Auf jeden Fall ist eine regelmäßige Kontrolle (Adspektion und Palpation) der Wunde sehr wichtig, um Komplikationen wie z.B. die Verschlechterung der Heilung rechtzeitig zu erkennen. Regelmäßige Verbandswechsel und evtl. Spülungen mit Wasserstoffsuperoxid dienen einer guten Wundversorgung. Zusätzlich kann das Auswaschen von frischen oder schlecht granulierenden Wunden mit Eigenblut die Wundheilung begünstigen. Die Menge des zu verwendenden Eigenblutes hängt ab von der Größe und Tiefe der Wunde. Das Blut sollte direkt und ohne Gerinnungshemmer genutzt werden. Die hierzu erforderliche venöse Punktion kann allerdings zu einer Stressbelastung des Tieres führen und sollte somit gut überlegt werden. In sehr seltenen Fällen können auch Anzeichen einer Tetanus-Infektion festgestellt werden. Bei entsprechendem Verdacht oder anderen Komplikationen der Wundheilung ist eine sofortige Überweisung an eine tierärztliche Klinik vorzunehmen.
Eine schulmedizinische Behandlung wird erforderlich bei:
lebensbedrohlichem Zustand
starkem Blutverlust
Trächtigkeit, Stoffwechselerkrankungen oder ausgeprägte Aggression des Tieres
tief eingedrungenen Fremdkörpern
Verdacht auf eine gefährliche Infektion,
dominanten Wunden
starken Schmerzen
Verdacht auf innere Verletzungen oder Knochenbrüche
Falls keine schulmedizinische Versorgung der Wunden nötig erscheint, stehen dem Tierheilpraktiker eine Fülle von
Möglichkeiten zur Verfügung, die ich hier vorstellen möchte.
Alternative Therapien
Phytotherapie
Seit alters her hat die Pflanzenheilkunde viele therapeutische Möglichkeiten beigetragen, um Wundinfektionen,
Verwachsungen und Narbenkeloide zu verhindern. In der Phytotherapie nutzt der Therapeut u. a. die antioxidative
Wirkung der Flavonoide unserer Heilpfl anzen aus. Als Prototyp kann die Arnika dienen. Sie ist sehr intensiv erforscht
worden. besitzt einen milden therapeutischen Effekt und keine Toxizität.
Für die Behandlung von schlecht heilenden Wunden und Geschwüren eignen sich Mittel mit entzündungshemmenden,
granulationsfördernden, antimikrobiellen und immunstimulierenden Eigenschaften. Solche Eigenschaften zeichnen
beispielsweise die Kamille (Chamomilla, DHU) und die Ringelblume (Calendumed®-Salbe, DHU) aus.
Homöopathie
Für den Einsatz homöopathischer Mittel ist die genaue Beschreibung der Wunde und deren Heilungsverlauf von großer
Bedeutung. So werden Qualitäten wie z.B. “übelriechend”, “noch nicht eitrig, jedoch mit dünnem Wundsekret bedeckt”
beschrieben. Die genaue Suche nach dem zur Symptomatik und zum Verhalten passenden Mittel für den Patienten kann – wie
in der Human-Homöopathie – mehrere Stunden dauern. Beispiele für die therapeutische Nutzung homöopathischer Mittel
[1]:
Arnica D3-D6: bei frischen Wunden mit hellroter (arterieller) Blutung, bei Schnitt- und Quetschwunden oder frischen
Hämatomen
Ledum D8: bei Stich- oder Punktwunden; hochgradiger Schmerz bei verhältnismäßig geringer Wundfläche
Lachesis D8: bei Sepsis, Fieber, Erschöpfung; Berührungsempfindlichkeit
Bellis perennis D3-D6: bei Verletzungen, Überanstrengung der Muskeln; Abgeschlagenheits- und Wundheitsgefühl
Calendula (Salbe) D6-D12: bei Gewebseinschmelzungen durch Wundliegen, Verbrennungen, Erfrierungen, Reizbarkeit
Akupunktur
Die Akupunkturbehandlung kann mit Nadeln oder Soft- bzw. Low-Level-Laser durchgeführt werden. Die Lasereinstrahlung und die Eindringtiefe sind so dosiert, dass Verbrennungen oder Gewebsschäden ausgeschlossen werden können. Der Umgang mit Softlasern erfordert Erfahrung in der Bestimmung der geeigneten Frequenzen und der Dauer der Behandlung. Im Allgemeinen werden Akupunkturpunkte ca. 15 bis 30 Sekunden der Laserbestrahlung ausgesetzt. Die Therapie mittels Akupunkturlaser nimmt in den Tierheilpraxen immer mehr zu. Als Akupunkturpunkt zur Wundheilung kann z.B. der MP2 genannt werden. Es handelt sich hierbei um den Tonisierungspunkt des Milz-Pankreas-Meridians. Der MP2 liegt beim Hund im mediodistalen Bereich der Hintergliedmaße in Höhe der Afterkrallen.
Softlaser
Softlaser, also Lasergeräte, die mit roten bis infraroten Wellenlängen arbeiten und lediglich eine Eindringtiefe von
3-10 mm bei 30 bis maximal 500 mW aufweisen, können zur beschleunigten Wundheilung mit großen Erfolg eingesetzt
werden. Therapeutisch werden die Wundränder mit dem gebündelten Licht aus geringer Entfernung beleuchtet. Größere
Flächen können bis zu 30 Minuten der Laserbestrahlung ausgesetzt werden. Eine Regeneration der Wundränder und eine
Verkürzung der Heilungsdauer werden oft bereits nach wenigen Anwendungen bestätigt. Da der Einsatz des Softlasers
schmerzlos ist, eignet sich dieser zur Behandlung von Tieren besonders gut. – Zudem ist eine Infektionsgefahr
praktisch ausgeschlossen.
Neuraltherapie
Bei der Neuraltherapie werden sogenannte “Quaddeln”, d. h. Injektionen kleiner Mengen eines Lokalanästhetikums
(Procain) direkt in Wundränder, an Muskelnund Sehnenansätze und an traumatisierte Gelenke gesetzt. Dies unterbricht
den Schmerzkreislauf und sorgt für Schmerzfreiheit unterschiedlicher Dauer.
Eigenblutbehandlung
Eine Behandlung mit Eigenblut bietet sich vor allem bei schlecht heilenden Wunden oder wiederkehrenden
Sekundärinfektionen an. Das Blut wird dabei aus der Vene entnommen, ggf. mit homöopathischen Mitteln angereichert und
wieder in die Muskulatur des Tieres injiziert.
Magnetfeldtherapie
Eine Magnetfeldtherapie eignet sich als unterstützende Maßnahme zu den vorgenannten Methoden und bei Verletzungen der
tieferen Strukturen wie Knochen, Gelenke, Sehnen und Bänder. Die Magnetfeldtherapie wird gerne von Tieren angenommen,
da es sich um eine sehr beruhigende und entspannende Therapieform handelt.
Die Selbstheilung
Wundheilung ist ein Prozess, welcher der Wiederherstellung zerstörten Gewebes dient und viele humorale Mechanismen in
Gang bringt. Eine gestörte Wundheilung kann auch durch einen Vitaminmangel ausgelöst sein. Eine ausgewogene und
artgerechte Ernährung sollte nicht nur bei einer gestörten Wundheilung sichergestellt werden, sondern in der
Tierhaltung selbstverständlich sein. Gegebenenfalls kann auch auf Nahrungsergänzungsstoffe zurückgegriffen werden, die
jedoch nur nach genauer Abwägung durch einen Therapeuten verordnet werden sollten. Ferner ist auf ausreichende
Bewegung zu achten, die jedoch auf die Schwere der Verletzungen abgestimmt sein muss. Jede Wunde, die das Tier nicht
tötet, heilt selbständig ab. (Dieses einfache Prinzip der Natur findet jedoch bei Hundehaltern keine ausreichende
Zustimmung.) Durch eine ungenügende Selbstheilungskraft kann sich jedoch der Verlauf der Wundheilung merklich
verzögern oder die Symptomatik sich sogar verschlechtern. Insbesondere dann, wenn die Wunde vom Tier beleckt wird oder
wenn durch Spiel und Freilauf neue pathogene Keime die Wunde kontaminieren, verläuft die Selbstheilung problematisch.
Ferner kann ohne Therapie eine pathologische Fehlstellung der betroffenen Extremitäten verbleiben. Schließlich ist es
möglich, dass durch eine unzureichende Behandlung von Wunden, wulstige und entstellende Narben zurück bleiben, die
sich wie auch die behandelten Wunden zu Störfeldern entwickeln können.
Allgemeine Ratschläge
Als Schmerzmittel hat sich die Weidenrinde (Salix) bestens bewährt, z.B. als Salix Bürgerlösung®
Cave: Alkohol als Lösungsmittel und Assilix® in Tablettenform. Sehr gute Therapieeigenschaften werden auch dem homöopathischen Komplexmittel Traumeel. (Injektionslösung, Tabl., Salbe) bestätigt. Bei leichten Verbrennungen und Verbrühungen kann Lebertransalbe (Mirfulan) sehr gute Dienste leisten.
Tieren, die unter Schock stehen, gebe ich immer Rescue-Tropfen (Bach-Blüten). Stark beruhigend wirkt auch Sulfur D
200.
Falls der Hund den Unfall psychisch nicht gut verkraftet hat, kann eine zusätzliche Therapie mittels Pheromonen
(Duftstofftherapie) langfristig Abhilfe schaffen. Pheromone (DAP-Dog) sind über niedergelassene Tierärzte zu erhalten.
Häufig wird ein synthetisches Pheromon verwendet, was den Geruch am Gesäuge der Hündin imitiert und den Hund damit
beruhigt. Zusätzlich kann die psychische Grundeinstellung eines Hundes auch durch viel Spiel und Beschäftigung durch
den Halter und durch vermehrten Kontakt zu Artgenossen verbessert werden.
Bei der Beschaffung von Arzneimitteln für Tiere (Kennzeichnung: ad us.vet.) tun sich einige Apotheken schwer, so dass
sich eine vorherige telefonische Anfrage lohnt.
Literatur
[1] Consilium Cedip Veterinaricum Naturheilweisen am Tier, Sonderausgabe für LEHMANS, Wissenschaftliche Beratung und
Schriftleitung
[2] Prof. Dr. Helmut Kraft; Köln: CEDIP; 2003 Westerhuis A, Jurrius M: Homöopathie für Hunde, München: Knaur; 2000
[3] Petermann U: Kontrollierte Akupunktur für Hunde und Pferde. Praxis Lehrbuch, Stuttgart: Sonntag; 2004
[4] Saller R u.a.: Heilpflanzenkunde für Tierärzte, Heidelberg: Springer 2005
Georg Krause
Waldstr. 185a
51147 Köln
THP Georg Krause hat mit einer Kollegin für Physiotherapie eine stationäre Praxis für alternative Tiermedizin und
Verhaltenstraining in Köln. Schwerpunkte seiner Arbeit sind neben der Verhaltensmedizin, die physische und psychische
Beurteilung von Hunden und Katzen. Darüber hinaus ist er beratend tätig, z. B. bei Tierschutzorganisationen, Behörden
und Tierhaltern.
E-Mail: info@tierheilpraktiker-koeln.de