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Zement

Eine Therapie mit Zement

Im Folgenden wird von einem speziellen Mittel aus der Volksheilkunde berichtet, von dem ich durch einen Patienten in meiner ländlichen Praxis Kenntnis erhielt. Die Veröffentlichung an dieser Stelle erfolgt zum einen, um dieses volksheilerische Erfahrungsgut nicht der Vergessenheit anheim fallen zu lassen, zum anderen aber wegen seiner simplen Kuriosität, die sehr zum Nachdenken und zum Vergleichen mit ähnlichen bekannten Behandlungsmethoden anregt. Hier die Mitteilung:

Herr Friedrich Hagedorn in Fredelsloh im Solling, jetzt 85 Jahre alt, ehemals als Maurer tätig, wurde in früheren Jahren durch Beobachtungen, die er in seinem Leben machte, dazu angeregt, bei Wunden und Geschwüren etc. Zement als Heilmittel zu verwenden. Es ist ja bekannt, dass bei Maurern wie auch bei Ton Arbeitern Wunden an den Händen außerordentlich rasch heilen. Hagedorn wandte den Zement erstmalig in einem Selbstversuch an, den er in einem Bericht an eine Universitätsklinik beschreibt. Er litt von 1894 bis 1930 an Geschwüren an den Lenden und im After. Diese Geschwüre trotzten jeglicher ärztlichen Behandlung, waren “hart wie Stein und außen zerfressen”. Geschwüre, die dann aufplatzten, enthielten schwarzes, geronnenes Blut, welches weit hochschoss, und es verbreitete sich dabei ein stinkender Geruch. Ein Arzt äußerte Verdacht auf Krebs. Der verzweifelte Kranke stellte sich daraufhin ein Gemisch von halb Sand und halb Zement mit Wasser angemengt her und legte dieses direkt auf seine Wunden für die Dauer von einer Stunde, wobei er die Zementlage in dieser Zeit vier- bis fünfmal erneuerte. Danach wurden die Wunden und Geschwüre mit Wasser sorgfältig gereinigt und, wie er schreibt: “von dem Moment an gingen die Geschwüre zurück, ich wurde rein und habe seither keine Geschwüre mehr gehabt.”

Er wandte daraufhin, wie er angibt, mit stetem Erfolg diese Zementpackungen in seinem Bekannten und Verwandtenkreise bei Geschwüren, üblen verunreinigten Wunden, bei Lymphangitis uvm. an. So heilte er seiner Angabe nach bei einer Dorfbewohnerin “ein Loch im Gaumen”, das sich auch auf fachärztliche Behandlung hin nicht gebessert hatte, mit Zement, indem er die Zementmischung mittels eines Lappens in das “Loch” drückte, woraufhin eine baldige Heilung eintrat. – Hagedorn empfiehlt, bei Wunden, Geschwüren und Carcinom 30 bis 60 Minuten, bei Lymphangitis 120 Minuten, unter häufiger Erneuerung aufzulegen. Bei Uteruscarzinom empfiehlt er mit Zementwasser dreimal täglich Spülungen zu machen.

Soweit der Bericht des alten Mannes, der mir als ehrenhaft und ehrlich bekannt ist und dessen ernsthaftes Anliegen an seinem Lebensabend ist, dass seine Erfahrungen den Ärzten zur Nachprüfung und Weiterforschung bekannt werden. Ich gebe seinem Wunsche statt und bitte interessierte Kollegen das Thema aufzugreifen. Zweifellos dürfte eine ähnliche Wirksamkeit wie bei der Heilerdeanwendung vorliegen, wobei jedoch im Zement ein potenziertes Spezifikum vorzuliegen scheint. Nach der Beschreibung von Hagedorn darf man annehmen, dass der Zementbrei die Oxidationsvorgänge im gestörten Zellverband günstig beeinflusst, vermutlich infolge einer pH-Verschiebung und durch direkte Einwirkung auf das elektrische Potential der Zelle. Jedenfalls dürften diese Beobachtungen eines einfachen Mannes den interessierten Arzt zum Nachdenken, Nachprüfen und Vergleichen anregen.

Mein Kommentar:
Über den Namen des Autors decke ich den Mantel des Schweigens.
Nur soviel sei gesagt: Ich habe viel von ihm gelernt; aber auch der Beste kann sich einmal irren und über das Ziel hinausschießen. Diesen Artikel fand ich in einer Zeitschrift für diagnostische und therapeutische Sondermethoden, Band IV/ 1955, Haug Verlag. Ich halte diese Therapie – im Gegensatz zur Heilerdetherapie (wo sie angebracht ist) – wegen der Infektions- und Allergiegefahr für gefährlich.
Zur Information über Zement und seine Herstellung, empfehle ich folgende Website: www.heidelberger-zement.de