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Psychotherapie
Lesezeit: 5 Minuten

Fallstudie aus der psychotherapeutischen Praxis: Ein Fahrradsturz und seine Folgen

Patient: 14-jähriger Junge

Anamnese

Die Mutter des Patienten kommt zu mir in die Praxis und klagt über verschiedene Veränderungen in der Psyche und im Verhalten ihres Sohnes. Etwa seit Beginn des vorletzten Schuljahres im August 2011 habe sich Sebastian sowohl in der Schule wie auch zu Hause sehr nachteilig entwickelt. Er sei seit dieser Zeit immer verschlossener, gleichgültiger und lustloser geworden, arbeite in der Schule kaum noch mit, erledige auch seine Hausaufgaben nicht mehr ordentlich, wirke nach außen immer ziemlich „cool“, mache ihr aber doch eher einen unglücklichen und irgendwie deprimierten Eindruck. Alle Versuche, mit ihm ins Gespräch zu kommen, gemeinsam nach Ursachen zu forschen, ihn wieder zu motivieren oder ihm sonst irgendwie zu helfen, seien gescheitert. Er behaupte, es gehe ihm doch gut, ansonsten sollten die Eltern ihn in Ruhe lassen! Sie könne sich diesen Wechsel in seinem Verhalten nicht erklären. Die große Umstellung von der 6. Klasse in die 7. der weiterführenden Schule habe er damals eigentlich gut gemeistert. Ob das einfach die Pubertät sei oder der Einfluss seiner Clique? Nun sei aber von der Schule die Nachricht gekommen, dass er mit den inzwischen dramatisch abgesackten Leistungen nicht in die 8. Klasse versetzt werden könne. Das habe ihn dann doch etwas aufgeschreckt, sodass er jetzt einer Testsitzung zugestimmt habe.

Therapie

Die Methoden der Kinesiologie erlauben über den Muskeltest als Kommunikationsbrücke zum Unbewussten und Körper der Testperson ein präzises Auffinden, Bewusstmachen und Verändern traumatischer Erlebnisse und ihrer Folgen.

Die Methode der Kinesiologie kennt Sebastian von einer damals wohl recht erfolgreichen Allergiebehandlung als 9-Jähriger. Wir verabreden einen Termin und Sebastian kommt mit seiner Mutter in die Sprechstunde, weiß aber eigentlich gar nicht recht, was er da soll. Im Gespräch, in dem ich versuche, mit ihm in Kontakt zu kommen und eventuell einen Funken eigener Motivation für die Behandlung zu entdecken, zeigt er sich ähnlich verschlossen wie von der Mutter geschildert. Immerhin willigt er ein, sich kinesiologisch befragen zu lassen, um vielleicht das drohende Sitzenbleiben doch noch zu verhindern, denn er möchte gerne mit seinen Klassenkameraden zusammenbleiben.

Für das präzise Muskelbiofeedback ist es grundsätzlich erforderlich, eine Reihe von Vortests und ggf. Vorkorrekturen durchzuführen. Nur dann ist sichergestellt, dass man zu einem bestimmten Thema über die unterschiedliche Muskelspannung wirklich zuverlässige Antworten bekommt. Für die Art der Fragestellung gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: verbal und nonverbal. Um suggestive Elemente möglichst auszuschalten, bevorzuge ich in der Regel zunächst die nonverbale Testung über die sogenannten Fingermodes oder bestimmte Reflexpunkte, die die Richtung eines „Defektes“, eines Traumas oder einer sonstigen Blockierung anzeigen. Ein vielfach bewährtes Instrument dabei ist das sogenannte Dreieck der Gesundheit, das der „Gründervater“ der Angewandten Kinesiologie, Dr. George Goodheart, eingeführt hat.

2013-01-Fahrrad1Die strukturelle Seite unseres Organismus umfasst dabei unsere Muskeln, Sehnen, Knochen, Gelenke, Wirbel, Organe, Drüsen usw. Die biochemische Seite umfasst sämtliche Prozesse, die die „Struktur“ zum Leben bringen, wie: Atmung und Verdauung, Stoffwechsel der Hormone, der Neurotransmitter usw. Die psychisch-mentale Seite schließlich umfasst all das, was unser Menschsein letztlich ausmacht: unsere Gedanken und Gefühle, unsere Wünsche und Befürchtungen, unsere Bedürfnisse und Überzeugungen. Als das verbindende Element sah Goodheart das Meridiansystem – entlehnt aus der chinesischen Medizin – an: Durch die Meridiane fließt die Lebensenergie (Chi) und mit ihr die steuernden Informationen. Eine Behandlung über das Meridiansystem, z.B. in Form von Akupunktur oder Akupressur, ist daher stets eine ganzheitliche Behandlung.

Ich benutze nun diese Grundfigur des Dreiecks der Gesundheit, um die Testfragen nach Sebastians verändertem Verhalten sinnvoll gliedern zu können. Die Vermutung der Mutter, die Pubertät sei schuld, würde sich dabei auf der biochemisch-hormonellen Seite zeigen, ebenso wie möglicherweise wieder bestimmte Allergieauslöser oder neu dazugekommene Gifte (z. B. Drogen) oder sonstige Unverträglichkeiten. Probleme des Selbstvertrauens, innerseelische und soziale Konflikte, familiäre Spannungen und Verstrickungen, Leistungsängste oder geistige Überforderung würden sich auf der psychischmentalen Seite spiegeln. Hier suchen wir eine ganze Weile, um mögliche Hypothesen zu überprüfen, finden aber nichts Entscheidendes.

Fündig werde ich dann unvermuteterweise auf der strukturellen Seite, beim Stichwort Unfälle/ Traumata. Als Zeitpunkt für einen Unfall können wir über den Muskeltest den Juli 2011 bestimmen. Zunächst fällt aber weder Sebastian noch der Mutter etwas dazu ein. Schließlich dämmert es Sebastian: Er hatte damals in den Sommerferien einen Sturz mit seinem Fahrrad, wobei er über die Lenkstange gegangen war. Zuhause hatte er davon gar nicht groß erzählt, weil er ohne sichtbare Verletzungen geblieben war. Der emotionale Schock dieses Erlebnisses hat sich aber in den Strukturen seiner Schädelknochen festgesetzt und hat ganz offensichtlich weitreichende Auswirkungen auf seine Psyche und sein Verhalten nach sich gezogen.

Dies bestätigt sich dadurch, dass nach der kinesiologischen Behandlung, die im Wesentlichen aus der etwa 10-minütigen Bestrahlung spezifischer Akupunkte am Kopf mit farbigem Licht (Farbpunktur) bestand, Sebastian fast wieder der Alte wird: ein zugänglicher und umgänglicher Jugendlicher, der wieder Spaß am Lernen und – gemäßigt – auch an der Schule entwickelt. So jedenfalls berichten er und seine Mutter bei den Kontrollterminen einige Wochen und einige Monate später. Allerdings kann er sein Ziel, in der Klasse zu bleiben, nicht mehr erreichen, dazu hat er im laufenden Schuljahr zu viel versäumt. Jedoch bleibt ihm und seiner Familie dank der kinesiologischen Test- und Balancemöglichkeiten eine langwierige und teure Verhaltenstherapie erspart!

Dr. paed. Werner Weishaupt Dr. paed. Werner Weishaupt
Dozent, Heilpraktiker für Psychotherapie und Kinesiologe, Leiter der „Praxis im Zentrum“ in Salzgitter, Präsident des VFP e.V.
kinesiologiesz@aol.com.de

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