Darmparasiten als Störfaktor bei allergischen Erkrankungen
Auch wenn sie sich über die Haut äußert – die Neurodermitis ist alles andere als eine reine Hauterkrankung. Bei Erkrankungen des allergischen Formenkreises sind mehrere Faktoren entscheidend: Allergene, Infekte und Umweltschadstoffe. Alle drei Faktoren sind bei jedem Allergiker zu finden. Dabei sind chronische Infekte der Haut, der Schleimhäute und des Darmes ein Merkmal dieser Erkrankung. Letztere werden v.a. durch Bakterien und Pilze verursacht, können aber auch auf Parasiten zurückgehen. Doch nach diesen wird üblicherweise nur selten gefahndet – obwohl sich die Suche oft lohnt, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen.
Mikrobielle Trittbrettfahrer
Als größte Körperoberfläche kommt dem Darm eine besondere Bedeutung zu. Hier liegt die Hauptkontaktfläche mit Allergenen und anderen Schadstoffen aus der Umgebung. Dementsprechend stark sind die örtlichen Schutzmaßnahmen. Vor allem die bakterielle Darmflora und die Stationierung eines erheblichen Teils unserer Körperimmunzellen sollen den unkontrollierten Übertritt schädlicher Substanzen durch die Darmschleimhaut verhindern.
Viele Neurodermitis-Kranke weisen deutliche Veränderungen in der mikrobiellen Schutzflora sowie Schwächen im Darmimmunsystem auf. Eine solchermaßen gestörte Barrierefunktion des Darmes stellt eine offene Flanke für Fremdkeime dar. Die Rolle von Pilzen, insbesondere Hefen der Gattung Candida, ist in diesem Zusammenhang mittlerweile eindeutig belegt. Aber auch Parasiten können solche Störungen zur Ansiedlung nutzen. Dies ist insofern bedeutsam, da viele an Allergien beteiligten Immunkomponenten eigentlich Bestandteil der körpereigenen Abwehr gegen Parasiten sind. Eine parasitäre Infektion aktiviert daher unter Umständen allergische Reaktionen. Genug Gründe also, bei Neurodermitis-Patienten auch an das mögliche Vorliegen parasitärer Infektionen zu denken.
Über 2000 Patienten untersucht
Der Frage, ob Darmparasiten tatsächlich eine Rolle bei der Neurodermitis spielen, ist die Spezialklinik Neukirchen gemeinsam mit der Labor L+S AG/Enterosan nachgegangen. Dazu wurde bei über 2000 Neurodermitis-Kranken im Stuhl nach Parasiten gefahndet. Zusätzlich erfolgte eine Untersuchung auf wichtige Vertreter der Darmflora. Das Ergebnis: Bei annähernd 10% der Patienten wurden im Stuhl Parasiten nachgewiesen, fast immer in Zusammenhang mit einer deutlichen Störung der Darmflora.
Vermehrt Darmparasiten bei Neurodermitis-Kranken
Nach landläufiger Meinung sind parasitäre Infektionen nur in tropischen Ländern von Bedeutung. Doch dies entspricht nicht der Realität. Auch in den westlichen Ländern sind gerade einzellige, also nur unter dem Mikroskop erkennbare Darmparasiten durchaus verbreitet. Die bekanntesten Vertreter sind Lamblien (Giardia lamblia) und Amöben. Darminfektionen mit Würmern kommen dagegen in Deutschland wesentlich seltener vor.
Bei den einzelligen Parasiten treten als Durchfallerreger v.a. die beiden Parasitenarten Giardia lamblia und Entamoeba histolytica in Erscheinung. Diese Erreger wurden bei den untersuchten Neurodermitis-Kranken nur selten nachgewiesen. Wesentlich häufiger fanden sich Parasiten, deren klinische Bedeutung in Bezug auf Darmerkrankungen noch nicht eindeutig geklärt ist. Dabei wurden so klangvolle Arten wie Blastocystis hominis, Endolimax nana, Entamoeba coli und Jodamoeba bütschlii gefunden.
Darmparasiten als Allergietrigger
Auch wenn diese Parasiten nicht grundsätzlich Darmbeschwerden verursachen, stellen sie doch einen unnatürlichen Reiz im Darm dar. Schließlich überleben sie, indem sie die Schleimhautzellen des Darmes besiedeln. Die Folgen: Störungen des Zellstoffwechsels und der normalen Schleimhautfunktionen. Außerdem bestehen bei Neurodermitikern die typisch entzündlichen und allergischen Reaktionen der Haut und des Darmes. Dabei spielen insbesondere Immunglobuline der Klasse E, Abwehrzellen wie eosinophile Granulozyten und Mastzellen eine entscheidende Rolle. Diese an allergischen Prozessen beteiligten Immunkomponenten haben jedoch ihre ursprüngliche Funktion in der Abwehr parasitärer Infektionen. All diese Faktoren führen zu einer Gewebeschädigung und damit letztlich zu einer erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut. Möglichen Allergenen wird so der Übertritt in den Körper erleichtert und der Krankheitsverlauf der Neurodermitis zusätzlich getriggert. Dabei steigt bei einer parasitär bedingten Eosinophilie und erhöhten Mastzellenzahl in Kombination mit dem erhöhten IgE-Titer bei Allergikern auch die Gefahr von allergischen Reaktionen.
Auch vermeintlich harmlose Parasiten sind ein Problem
Diese Vorgänge sind nicht nur bei den bekannt krankmachenden Parasiten zu erwarten. Auch die landläufig als nicht darmpathogen bezeichneten Spezies gehören nicht zur Normalflora des Darmes und stellen einen starken Immunreiz dar. Ein direkt den Parasiten zuordenbares Beschwerdebild ist in diesen Fällen zwar nicht unbedingt gegeben. Es ist jedoch eine für den Körper zusätzliche (immunologische) Belastung zu erwarten. Dies kann vermutlich die neurodermitische Symptomatik verstärken bzw. zu ihrer klinischen Ausprägung beitragen. So existieren zahlreiche Berichte über die Verbindung zwischen parasitären Magen-Darm-Infektionen und Allergien, z.B. wurden Blastocystis hominis und Giardia lamblia als Verursacher von Nesselsucht nachgewiesen.
Wichtig: Umfangreiche Ursachensuche
Es lohnt sich also durchaus, bei Neurodermitis und anderen allergischen Erkrankungen nach Parasiten zu fahnden. Dies ist nichtinvasiv und schmerzfrei über eine spezielle Stuhluntersuchung möglich. Gegebenenfalls kann dann gezielt antiparasitär behandelt werden.
Das allein genügt jedoch nicht: Letztlich ist der Nachweis von Parasiten im Stuhl immer ein Hinweis auf eine Schwächung des Wirtsorganismus. Erst dies ermöglicht den Parasiten die Ansiedlung im Darm. Somit müssen sich die therapeutischen Maßnahmen v. a. auf die Stabilisierung des Wirts konzentrieren – das setzt eine breitangelegte Diagnostik voraus. Der Analyse der „inneren Umwelt“ dienen die genannten routinemäßig durchgeführten quantitativen und qualitativen Untersuchungen der Stuhlflora, die durch die mikrobiologische Untersuchung von Rektalabstrichen ergänzt werden. Die vom fehlbesiedelten Darm ausgehende Belastung des Körpers kann durch die Erfassung bakterieller und pilzbedingter Stoffwechselprodukte wie Fuselalkoholen und biogenen Aminen im Blut nachgewiesen werden. Serologische Untersuchungen auf diverse Infektionserreger und deren Toxine (Candida spp., Schimmelpilze, Staphylokokken, Streptokokken, E. coli) runden die mikrobiologische Analytik ab.
Wie ist die immunologische Schlagkraft?
Auch die Erfassung der Immunfunktionen gehört zur ursächlichen Diagnostik. Einen wichtigen Hinweis auf den Zustand des Darmimmunsystems gibt z.B. der Nachweis des sekretorischen IgA im Stuhl. Normalerweise überzieht eine Schutzschicht dieses speziellen Antikörpers unsere sämtlichen Schleimhäute. Nur ein intakter Schutzfilm verhindert letztlich die Ansiedlung von möglicherweise krankmachenden Bakterien, Pilzen und Parasiten. Bei Patienten mit Allergien, Haut- und Umwelterkrankungen bestehen hier häufig deutliche Defizite. Diese können auch auf eine unzureichende Versorgung mit Mikronährstoffen zurückgehen. Die Erhebung des Antikörper-, Vitamin- und Spurenelementstatus zählt daher ebenfalls zur diagnostischen Abklärung.
Ganzheitliche Therapie
Auch Störfaktoren aus der Umwelt müssen bei einer ganzheitlichen Betrachtung von Hauterkrankungen berücksichtigt werden. Belastungen durch Umweltschadstoffe (z.B. verschiedene Schwermetalle, Pestizide, Holzschutzmittel und Lebensmittelzusatzstoffe) sowie durch Nahrungsmittel- und Inhalationsallergene werden in Neukirchen daher ebenfalls im hauseigenen Labor untersucht.
Dieses aufwendige Diagnoseprogramm stellt im Zusammenhang mit einer ausführlichen klinischen Untersuchung die Grundlage für eine ganzheitliche und individuelle Therapie dar. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt des Interesses, und nicht der Erreger. Entscheidend ist die individuelle Stabilisierung des Wirtsorganismus. Diese stützt sich auf verschiedene Therapiesäulen: Schadstoffausleitung, Darmsanierung, Immunmodulation, Ausgleich des intermediären Stoffwechsels und psychologische Betreuung. Dabei kommen unterschiedliche Therapiekonzepte zur Anwendung: von diätetischen Maßnahmen wie Rotations- und Suchdiäten über die mikrobiologische Therapie des Darmes auf Basis der Stuhluntersuchung bis hin zu therapeutischen Impfungen und einem psychotherapeutischen Begleitprogramm. Dann haben Parasiten keine Chance mehr!
Univ. Doz. Dr. John Ionescu
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