Fasten – der königliche Heilweg
„Wer stark, gesund und jung bleiben will,
heile sein Weh eher durch Fasten
als
durch Medikamente.“
Hippokrates
Fasten erlebt gerade eine Renaissance. Noch nie gab es so viele Neuveröffentlichungen zum Thema. Das Thema Fastenwandern hat es sogar ins öffentlich-rechtliche Fernsehen gebracht, zur Prime-Time um 20:15 Uhr: „Fasten ist entgiften in einer zunehmend giftiger werdenden Welt“ (Dr. Rüdiger Dahlke). Fasten ist vielleicht die älteste Heilmethode überhaupt und bedeutet eine freiwillige, zeitlich begrenzte Nahrungsenthaltung. Aus zwei Gründen wurde seit Jahrtausenden gefastet: Aus religiösen oder spirituellen Gründen sowie zur Heilung von akuten und chronischen Krankheiten. Wir kennen das von Tieren und kleinen Kindern: Sie verweigern instinktiv jegliche Nahrung bei Fieber und Krankheit. Der Körper braucht sich dann nicht mehr mit dem Stoffwechsel zu beschäftigen. Er kann seine Selbstheilungskräfte optimal aktivieren.
Fasten ist „in“
Das Topmodel Karolina Kurkova hält ihre zarte Figur mit Fastenkuren in Form. Schauspielerin Gwyneth Paltrow praktiziert eine Nulldiät mit Zitronenwasser und Einläufen. Literaturkritiker Hellmut Karasek war Stammgast in der Buchinger-Fastenklinik am Glauberberg oberhalb des Bodensees. Und Fernsehkoch Johann Lafer fastet regelmäßig im Fasten-Sanatorium Lanserhof.
Bei vielen Krankheiten hat sich Fasten bewährt, z.B. bei Bluthochdruck, Migräne, chronischen Darmleiden, Diabetes Typ II, Arthrosen, Rheuma, Übergewicht, Magenschleimhautentzündung, akuten Infekten, Allergien, Stimmungsschwankungen und Energiemangel. Durch Fasten gibt man sich dem „inneren Arzt“ hin, der Weisheit des Körpers, dem Tempel unserer Seele. Es handelt sich sozusagen um eine „Operation ohne Messer“. Fasten wird inzwischen selbst von der Schulmedizin empfohlen und in vielen Kliniken eingesetzt. Professor Andreas Michalsen von der Charité bezeichnet Fasten als „Reset-Knopf für Körper und Geist.“
Was können wir durch Fasten erreichen? Unser Lebensmut steigt, und Energien fließen in nicht gekannter Weise. Schon während des Fastens kann sich ein Hochgefühl einstellen: die Fasteneuphorie! Wir können mit Fasten nicht nur gesundheitliche Probleme beheben, sondern auch unsere Stimmung positiv beeinflussen und unserem Leben mit frischem Elan eine neue Richtung geben. Fasten ist nicht nur etwas für Kranke und Übergewichtige, auch Gesunde profitieren davon, weil sie Krankwerden und verfrühte Alterungsprozesse vermeiden, neue Lebensfreude und -lust gewinnen. Der Japaner Yoshinori Ohsumi bekam 2016 den Medizin-Nobelpreis für die Erforschung der „Autophagie“. Bei der Reparatur von Zellen werden unbenutzte Zellbestandteile zerlegt und für die Bildung neuer Zellen genutzt. Dieser Recycling-Prozess wird beim Fasten – sogar schon beim kurzfristigen Intervall-Fasten – stark angeregt. Wir können uns durch Fasten biologisch verjüngen, also älter werden und dabei jung bleiben.
Nur der Mensch kann fasten, weil es sich um eine freiwillige Entscheidung handelt. Unfreiwilliger Nahrungsentzug bei Mensch und Tier bedeutet hungern, nicht fasten. Das Schöne beim Fasten: Entgegen verbreiteter Vorurteile erlebt man kein eigentliches Hungergefühl.
Fasten heißt: Nichts essen für 7 Tage oder länger. Nur trinken: Frisch zubereitete Gemüsebrühe, Kräutertees, frische Gemüsesäfte und viel Wasser. Das nennt man „Buchinger-Fasten“. Dr. Otto Buchinger senior war ein Fasten-Pionier, der schon 1919 Fasten gegen viele Widerstände gesellschaftsfähig machte – aber er musste sich mit Anzeigen wegen Gefährdung der Volksgesundheit auseinandersetzen. Dabei hilft uns Fasten, gesund zu werden und zu bleiben. Eine schwere Gelenkerkrankung hatte Buchinger zum Invaliden gemacht. Er war Militärarzt. Durch eine mehrmalige zweiwöchige Fastenkur heilte er sich komplett, war vital und arbeitsfähig bis zu seinem Tod mit Ende 80. Dr. Buchinger war aber nicht der Erfinder vom Heilfasten. Die Ärzte der Antike, z.B. Galen und Hippokrates, heilten ihre Patienten mit Nahrungskarenz und gaben ihnen Ernährungs- und Lebensführungstipps. Von Hippokrates ist das Zitat überliefert: „Wer stark, gesund und jung bleiben will, heile sein Weh eher durch Fasten als durch Medikamente.“ Ich finde, dieser Satz ist aktueller denn je.
Die Alternative wäre eine Mayr-Kur mit Buchweizensemmel und Pflanzenmilch oder Basenfasten mit Gemüse. Allerdings ist dies nicht im engsten Sinn unter „Fasten“ zu verstehen, weil der Darm immer noch tätig, der Stoffwechsel aktiv ist und die Selbstheilungskräfte nicht so effektiv aktiviert werden wie beim Weglassen aller fester Nahrung. Es fühlen sich viele mit längerem Fasten überfordert, obwohl es ganz einfach ist, und so ist eine Mayr-Kur oder das Basenfasten eine gute Alternative oder ein Einstieg. Wer schon einmal „auf eigene Faust“ gefastet hat, kann eine Fastenkur sogar neben seiner beruflichen Tätigkeit durchführen. Dr. Franz Xaver Mayr war ein berühmter österreichischer Darmspezialist. Von ihm kommen die Aussprüche „Der Tod sitzt im Darm“ und „Der Darm ist die Wurzel der Pflanze Mensch.“ Wenn wir dem Darm Ruhe gönnen, gut kauen und ihn sanieren, nur dann kann der Mensch wirklich gesund sein. Nur dann sind Nährstoffaufnahme und -ausscheidung optimal. Was nutzt das beste Superfood, wenn der Darm so verschlackt ist, dass er die Vitalstoffe nicht richtig aufnehmen kann?
Intervall-Fasten – der neue Trend
Auch alternierendes oder Intervall-Fasten ist ein Jungbrunnen für Körper, Seele und Geist. Der Hintergrund dieses neuen Fasten-Trends ist die Erkenntnis der Autophagie (s.o.). Schon bei 24 Stunden Nahrungs-Karenz ist die freie Glukose aus dem Blut eliminiert und kranke Zellen (z.B. Krebszellen) sterben ab. Krebszellen brauchen für ihren rapiden Stoffwechsel viel Zucker. Die gesunden Zellen fahren ein Regenerationsprogramm hoch, was Zelltrümmer und fehlerhafte Mitochondrien zu neuen Aminosäuren umwandelt. Selbstheilungskräfte werden aktiviert und der Körper kann sich verjüngen.
Alternierendes Fasten wurde durch den österreichischen Gesundheitscoach Bernhard Ludwig bekannt, sein Buch „Morgen darf ich essen, was ich will“ wurde ein Bestseller. Gegessen wird nur jeden zweiten Tag. Da man mit dem Abendessen aufhört und am übernächsten Tag mit dem Frühstück beginnt, hat der Körper Zeit, sich über 36 Stunden zu regenerieren. Nach etwa 20 Tagen hat sich der Körper auf diesen Rhythmus eingestellt, Hungergefühle treten kaum noch auf. An den Ess-Tagen ist der Magen geschrumpft, man isst automatisch weniger und hat mehr Appetit auf Gesundes.
Nützlich ist sogar schon das „Dinner Canceling“, bei dem man die Abendmahlzeit auslässt. Oder man fängt erst mittags an, etwas zu essen. Ich habe mir angewöhnt, einen Tag in der Woche zu fasten mit selbst gemachter Gemüsebrühe, Kräutertee, Wasser und einem frisch gepressten Obstsaft. Ballaststoffe, also auch Suppen oder grüne Smoothies, sind tabu. Wer eine träge Verdauung hat, beginnt den Fastentag mit einem Bittersalz-Trunk: 1 Teelöffel Magnesium-Sulfat in einem 1/4 Liter Wasser auflösen. Das entschlackt außerdem den Dünndarm.
Im Tierversuch leben übrigens Mäuse, die Intervall- oder alternierendes Fasten machten, um ein Drittel länger als die Vergleichsgruppe, die ständig futtern durften. Der Stoffwechsel von Mäusen ist dem von Menschen sehr ähnlich. Die „Fasten-Mäuse“ waren auch im Alter noch geistig fit und litten kaum an chronischen Erkrankungen wie Rheuma, Arthritis, Krebs oder Diabetes Typ II. An meinem wöchentlichen Fastentag, das merke ich deutlich, bin ich zu geistigen und körperlichen Höchstleistungen in der Lage. Gleichzeitig bin ich sensibler, fühle mich wie ein rohes Ei, und gehe daher unangenehmen Menschen und Situationen möglichst aus dem Weg.
Die Zeitung „Daily Mail“ schreibt übrigens zum Thema Intervallfasten: „Die größte DiätRevolution aller Zeiten!“ Ich ergänze: Es ist keine Diät, sondern eine neue Lebensweise, im Einklang mit unserem biologischen Programm seit Jahrmillionen.
Längeres Fasten
Der Beginn einer Fastenkur besteht aus einer gründlichen Darmreinigung, damit es nicht zu einer Rückvergiftung über den Darm ins Blut kommt. Es ist dann so, als ob ein Schalter umgelegt wird: von „Aufnahme“ zu „Ausscheidung“. Hungergefühle tauchen in der Regel nicht mehr auf. Die Fortsetzung der Darmreinigung erfolgt dann täglich durch Bittersalz oder Einläufe. Bewegung – Radfahren, Yoga, Power Walking oder Jogging – und Schwitzen in der Sauna fördern die Entgiftung und regen den Kreislauf an. Frisch gepresste Säfte sowie frisch zubereitete Gemüsebrühen aus Bio-Gemüse sorgen für ein Säure-Basen-Gleichgewicht. Meditation und leichtes Yoga zentrieren uns aufs Wesentliche. Azidose-Bindegewebsmassagen nach Dr. Renate Collier bringen die Säuren im Bindegewebe auf Trab und mildern Fastenkrisen ab: Bauchmassage, Kopf-Nacken-Massage, Beinmassage einschließlich der Füße – diese Anwendungen sind auch als Selbstmassagen möglich sowie als Rückenmassage. Erwünschter Nebeneffekt: Durch Massieren wird der Kreislauf angeregt.
Bei einer Fastenkur sind Prießnitz‘sche Wickel wichtig. Dafür braucht man ein weißes Baumwoll- oder Leinentuch, eine kleine dünne Wolldecke, ein Badelaken, große Sicherheitsnadeln und drei Wärmflaschen. Über Nacht nimmt der Wickel über das Ausscheidungsorgan Haut die Gifte auf.
Mit einem pH-Streifen kann man den Säuregrad des Urins messen. Ist er zu sauer, kann man mit Basenpräparaten (z.B. Dr. Jacobs Basenpulver oder Basica) gegensteuern, damit man während des Fastens seelisch ausgeglichen bleibt. Auch Basenbäder sind eine große Unterstützung.
Da wir evolutionär auf Hunger- und Fastenzeiten eingestellt sind, ist diese Art der inneren Ernährung problemlos möglich. Fastende erleben oft während der Fastenzeit eine erhebliche Leistungsfähigkeit, sowohl auf körperlichem, intellektuellem als auch auf musischem Gebiet. Wer regelmäßig ein- bis zweimal jährlich fastet, wird feststellen, dass er, bis auf gelegentliche Erkältungen, so gut wie nie krank wird. Wir setzen Prioritäten neu und gestalten unser Leben bezogen auf das Wesentliche. Unsere Sinne werden geschärft und die Schönheit der Natur entzückt uns mehr und mehr. Wie ein Kind erleben wir wieder zahlreiche „Begeisterungsstürme“ im Laufe des Tages, mitten im Alltag.
Barbara Simonsohn
Gesundheits-Autorin
Literatur
- Simonsohn, Barbara: Fasten leicht gemacht, Schirner Verlag
- Simonsohn, Barbara: Azidose-Therapie mit Anleitung zur Selbstmassage, Schirner Verlag
- Mosley, Dr. Michael & Spencer, Mimi: The Fast Diet. Das Original, Goldmann Verlag
© srkphoto / fotolia.com
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