Wenn der Schlaf durch Mobil- und Kommunikationsfunk gestört wird
Kürzlich machte eine „Sensationsmeldung“ die Runde: „Schlafstörungen nehmen dramatisch zu.“ Die Zahl
der Menschen in Deutschland, die schlecht ein- oder durchschlafen können, ist mittlerweile laut einer Umfrage der
Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) stark angestiegen. Fast 80% der Erwerbstätigen berichteten von
Schlafproblemen. Das sind etwa 30% mehr als noch vor sechs Jahren. Jeder Zweite sei in der Folge bei der Arbeit müde.
Unter besonders schweren Schlafstörungen leide jeder zehnte Arbeitnehmer – ein Anstieg von 60% seit 2010! Die
spannende Frage aber, was für diese auffällige Entwicklung verantwortlich sein könnte, blieb letztlich ungeklärt.
Schlafstörungen können unterschiedliche Ursachen haben, hieß es – von Umgebungslärm in der Nacht über Stress am
Arbeitsplatz oder in der Familie bis hin zu einem generell falschen Umgang mit dem Schlaf. Solch bekannte
Allgemeinregeln treffen jedoch auch für frühere Jahrzehnte zu und erklären keineswegs die aktuelle, dramatische
Zunahme. Ein möglicher Faktor wurde in die Erörterung der Gründe nicht einbezogen: Funk. Tatsächlich ist im
betreffenden Zeitraum die Strahlenbelastung durch Funk allgemein stark angestiegen – und vielfach auch individuell,
bis hinein in die Schlafzimmer. So mancher Zeitgenosse schläft mit angeschaltetem Smartphone oder Handy am Bett, ohne
sich über die möglichen Auswirkungen auf die menschliche Biologie Gedanken zu machen.
Gerne verlässt man sich darauf, dass ja die offiziellen Grenzwerte eingehalten würden – ohne zu realisieren, dass diese amtlichen, ursprünglich bloß an der Wärme- oder Hitzewirkung orientierten Festlegungen höchst umstritten sind. Inzwischen verdichten sich nicht mehr zu ignorierende Hinweise auf biologische Wirkungen von Funkemissionen weit unterhalb der festgesetzten Grenzwerte. Selbst ganz geringe Dosen hochfrequenter gepulster Strahlung sind offenbar in der Lage, das zentrale Nervensystem, ja Zellmembranen zu beeinflussen oder oxidativen Stress auszulösen. So zeigte 2015 eine Studie in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „Scientific Reports“, dass schon nach fünf Minuten WLAN-Bestrahlung mit 8000 µW/m2 Zellfunktionen negativ beeinflusst werden können – 1000-fach unterhalb der in Deutschland geltenden Grenzwerte! Eine geringe Leistungsflussdichte von weit unter 1 µW/m2 vermag offenbar an der Zellmembran bereits biologisch zu wirken.
Schon 1932 hatte Professor Erwin Schliephake in der Deutschen medizinischen Wochenschrift ein Forschungsergebnis veröffentlicht, wonach Personen, die sich längere Zeit in der Nähe elektrisch schlecht abgeschirmter Sender aufhielten, Symptome einer typischen vegetativen Störung zeigten – darunter „Schlafstörungen in der Nacht“. Auch Depressionen wurden hier bereits genannt: Ob deren starke Zunahme nicht ebenfalls auf die Wirkungen von Funk hin betrachtet werden sollten? Das Buch „Seeleninfarkt“ (2012) von Dr. Rüdiger Dahlke liefert Hinweise in diese Richtung.
Ein Dreivierteljahrhundert nach Schliephakes Untersuchungen ergaben sich mit der Auswertung des Deutschen Mobilfunk-Forschungsprogramms 2008 durchaus offene Fragen hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf Befindlichkeit und Schlaf. Die Strahlenschutzkommission resümierte: „Eine Beeinflussung der Schlafqualität durch Felder des Mobilfunks gehört zu den am häufigsten geäußerten Beschwerden, obwohl objektive Belege dafür bisher fehlen.“ Der damalige oberste Strahlenschützer Deutschlands, Alexander Lerchl, suchte in jenen Jahren abzuwiegeln: „Auch Schlafstörungen sind bislang experimentell nicht auf Mobilfunkstrahlung zurückzuführen.“ Doch warum wurde eine Studie von 2008 ignoriert, die Hans-Peter Hutter, Michael Kundi und andere Wissenschaftler zum Thema durchgeführt hatten? Sie kamen zum Ergebnis: „In einer dem Bevölkerungsdurchschnitt entsprechenden Personengruppe wurde ein gesicherter Zusammenhang zwischen vorhandenen Beschwerdesymptomen und Stärke der GSM-Mobilfunkstrahlung gefunden.
Damit wurde jetzt in einer wissenschaftlichen Studie erneut bestätigt, was in der Praxis seit etwa einem Jahrzehnt evident ist. Aufgrund der jüngsten Beobachtungen in der Praxis ist dieser Zusammenhang auch für UMTS-Strahlung wahrscheinlich. […] Damit ist bestätigt, dass Mobilfunkantennen in einem Teil der Bevölkerung Beschwerden verursachen, und zwar umso stärkere, je höher die Strahlungsimmissionen sind.“
Dass Mobilfunkstrahlung tatsächlich die Hirnaktivität im Schlaf beeinflussen kann, ist 2011 durch ein breit angelegtes Schweizer Forschungsprogramm gezeigt worden.
Als 2017 die DAK die eklatante Zunahme von Schlafstörungen bekannt machte, diskutierte in diesem Zusammenhang kaum jemand als Ursache die nahezu flächendeckende Verstrahlung mit Mobil- und Kommunikationsfunk. Und doch gab es in diesem Zusammenhang immerhin die Meldung: „Das Handy im Schlafzimmer wird zunehmend zum Problem. Das hat das Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft in Schmallenberg festgestellt.“ Der Chefarzt im Schlaflabor in Grafschaft riet konsequent dazu, Handys und Laptops aus dem Schlafzimmer zu verbannen. In der Tat wären dies einfach durchzuführende und zu erprobende Maßnahmen. Es müsste aber auch überprüft werden, ob nicht andere Strahlungsquellen den Schlafplatz beeinträchtigen und beseitigt oder abgeschirmt werden sollten. Zu denken wäre hierbei an nahe Funkmasten außerhalb der Wohnung, aber auch an haushaltsinterne Funker wie smarte Strom- und Heizungsmessgeräte oder einschlägige Wasserzähler.
Wenn aktuell damit geworben wird, durch ein smartes Heim könne „die elektronische Vernetzung von Küche, Wohn- und Schlafzimmer“ erfolgen, so wird hier zwar praktisch, aber kaum biologisch gedacht.
Umweltärzte und Baubiologen warnen vor den Auswirkungen gepulster Funkstrahlung. Sogar die Internet-Bank Ing-DiBa weiß: „Jährlich kosten Fehltage wegen psychischer Erkrankungen oder Schlafstörungen die deutsche Wirtschaft viele Milliarden – und die Zahl wächst.“ Sie stellte kürzlich fest: „Längst ist auch das Schlafzimmer keine handyfreie Zone mehr. Dabei warnen Wissenschaftler: Das blaue Licht der Smartphone-Displays hemmt die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Wer also kurz vor dem Einschlafen seine E-Mails checkt oder im Internet surft, schläft tendenziell eher schlechter ein.“ Damit ist ein wichtiger Faktor benannt. Aber dass ein Handy oder Smartphone nicht nur Licht abstrahlt, sollte künftig ernsthafter in Rechnung gestellt werden.
Insofern dürfte es auch keine gute Nachricht sein, wenn derzeit neue Funktechniken in Aussicht gestellt werden, die immer besser durch Wände und bis in die Keller dringen können sollen. Tolle Leistungsfähigkeit verspricht in dieser Hinsicht das sog. neue Narrowband IoT, kurz NB-IoT. Und in drei Jahren soll der neue Mobilfunk-Standard 5G kommen, der mit einer Übertragungsgeschwindigkeit in Echtzeit einhergehen wird.
Das sind gewiss, rein technisch betrachtet, erfreuliche Entwicklungen. Doch was werden sie mit der menschlichen Biologie machen? Wie selten diese Frage gestellt wird, zeigte die 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin, die im Dezember 2016 in Dresden stattfand. Dort wurde für den Mobilfunk-Standard G5 geworben und die „dringende Notwendigkeit“ betont, den Schritt in Richtung „Schlafmedizin 4.0“ zu gehen – mit Überlegungen etwa, künftig Smartphones für die Schlaf-Erfassung zu nutzen. Wird nicht mit derlei Tendenzen die Chance verschlafen, Fortschritt in unserer „Müdigkeitsgesellschaft“ (Byung-Chul Han) menschengerecht zu gestalten?
Prof. Dr. Werner Thiede
Pfarrer der Ev.-Luth. Kirche in Bayern, Publizist und Autor
Buchtipp
Werner Thiele:
Mythos Mobilfunk –
Kritik der strahlenden Vernunft.
oekom verlag
Foto: © Focus Pocus LTD I fotolia.com
Weitere Artikel aus dieser Ausgabe
- 1Editorial
Der Artikel beleuchtet die Herausforderungen und Unsicherheiten der Heilpraktiker-Anwärter in Bezug auf neue Prüfungsleitlinien und politische Diskussionen.
- 2Gesund mit Mikronährstoffen
Mikronährstoffe spielen eine entscheidende Rolle für die Zellfunktion und das Immunsystem. Ein Mangel kann zu gesundheitlichen Problemen führen, weshalb eine ausgewogene Ernährung wichtig ist.
Naturheilkunde - 3MUDRA-Yoga für Finger und Hände
Mudras sind spezielle Handhaltungen im Yoga, die Wohlbefinden und Entspannung fördern können. Sie bieten eine einfache Möglichkeit, Hand- und Fingergelenke zu stärken.
Energetik und Spiritualität - 5Volkskrankheit DEPRESSION
Ein neuer Therapieansatz beleuchtet die vielen Facetten der Depression und bietet effektive Methoden, um Betroffene aus ihrer Antriebslosigkeit und Traurigkeit zu befreien.
Psychotherapie - 6HOPP Schwiiz – Paracelsus Schule Zürich
Die Paracelsus Schule Zürich bietet eine breite Ausbildung in Naturheilkunde und freien Therapieberufen an, mit Modulen von medizinischer Grundausbildung bis hin zu E-Learning-Plattformen und Seminaren.
Naturheilkunde - 7Ohrkerzenanwendungen
Ohrkerzen bieten eine natürliche Methode zur Entspannung und fördern das Wohlbefinden, indem sie den Körper beruhigen und Stress reduzieren. Sie sind sicher und verursachen keine Schäden.
Naturheilkunde - 8Beauty Experten-Tipp
Erleben Sie die asiatische Schönheitspflege mit Soja, asiatischer Lilie, Goji und Frauen-Ginseng für eine glatte Haut und einen strahlenden Teint.
Beauty und Wellness - 9Nahrungsmittel-Unverträglichkeit
Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind bei Kindern ein wachsendes Problem. Dieser Artikel beleuchtet Ursachen, erklärt den Unterschied zu Allergien und bietet Lösungsansätze.
Naturheilkunde - 10Geburtstrauma
Geburtstraumata sind komplexe Erlebnisse für Mutter und Kind. Unterschiedliche Faktoren während und nach der Geburt können dazu beitragen, dass Traumata entstehen und verarbeitet werden müssen.
Naturheilkunde - 11Problemverhalten des Pferdes und Lösungsansätze aus der Verhaltenstherapie
Warum zeigt mein Pferd ungewöhnliches Verhalten? Lernen Sie die Ursachen und passende verhaltenstherapeutische Lösungsansätze kennen, um ein harmonisches Miteinander zu fördern.
Tierheilkunde - 12Mehr SEX bitte!
Sexuelle Aktivitäten fördern die Gesundheit und binden Partner emotional. Rituale und Offenheit können das Liebesleben positiv beeinflussen und Stress abbauen.
Psychotherapie - 13Welchen Nutzen hat Weihrauch in der Meditation?
Weihrauch wird traditionell zur Meditation eingesetzt, um psychisches Wohlbefinden zu fördern und den Geist zu stärken. Seine anregende Wirkung unterstützt sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene in ihrer Praxis.
Energetik und Spiritualität - 14Prävention und Transformation
Dieser Artikel betont die Bedeutung der Prävention gegenüber Stress, Depressionen und Krankheiten, indem er Selbstheilung und Selbstfürsorge in den Fokus stellt.
Pflege und Geriatrie - 15Tabuthema Potenzstörung und Lustlosigkeit – Was tun?
Sexuelle Unlust und Hormonumstellungen belasten viele in der Lebensmitte. Doch bestimmte Naturstoffe können helfen, den Hormonhaushalt ins Gleichgewicht zu bringen.
Naturheilkunde - 16Rückblick: 53. Psychotherapie-Symposium des VFP
Das 53. Psychotherapie-Symposium des VFP in Frankfurt thematisierte die Herausforderungen chronischer Überforderung bei Jugendlichen. Experten tauschten sich lebhaft aus.
Psychotherapie - 17Mein Weg mit Paracelsus
Eine persönliche Reise durch die Begegnungen mit der Naturheilkunde, von ersten Erlebnissen in der Kindheit bis hin zur Studienleiterrolle bei Paracelsus.
Naturheilkunde - 18Große Persönlichkeiten der Naturheilkunde
Michel de Nostredame, bekannt als Nostradamus, war ein berühmter französischer Apotheker und Astrologe, der vor allem für seine Prophezeiungen bekannt ist, die bis heute Rätsel aufgeben.
Naturheilkunde - 19Fallstudien – Aus der Praxis für die Praxis
Fallstudien geben Einblicke in verschiedene Heilpraktiken: Von naturheilkundlicher Akupunktur bei Krebs über psychotherapeutische Ansätze bei Trennungen bis zu Tierrehabilitation nach Operationen.
Naturheilkunde - 20Be fit Stay fit
Effektive Übung für Schulter und Rücken, um die negativen Auswirkungen von zu vielem Sitzen zu reduzieren. Perfekt für eine kurze und intensive Trainingseinheit.
- 21Seminar- und Erlebnisberichte an den Paracelsus Heilpraktikerschulen
Erfahrungsberichte über spannende Seminare an den Paracelsus Heilpraktikerschulen zu Autogenem Training und Tierkommunikation, die persönliche und berufliche Bereicherung bieten.
Psychotherapie - 22Für Sie gelesen & gehört
Eine Sammlung von Büchern und Hörbüchern über verschiedene Gesundheitsthemen wie Duftmedizin, herzgesunde Ernährung, Epigenetik und Heilsteine.
- 23Paracelsus – Die Heilpraktikerschulen
Die Paracelsus Schulen bieten vielseitige Ausbildungsmöglichkeiten in Bereichen wie Tierheilkunde, Osteopathie und Psychotherapie an. Regelmäßige Informationsveranstaltungen zeigen das breite Spektrum der angebotenen Programme und deren Praxisnähe.
Psychotherapie - 24News
Bayern plant die Einführung verpflichtender elektronischer Funkwasserzähler, was bürgerliche Grundrechte tangieren könnte. Strahlenschutzbedenken werden aktuell vernachlässigt.
- 25Lehrhof der Paracelsus Schulen Gut Rosenbraken
Zwei Tierheilpraktikerinnen von Gut Rosenbraken, Cora Schneidenbach und Cerstin Plath, bestanden erfolgreich die Zertifizierung des Verbandes Deutscher Tierheilpraktiker. Beide lobten die Ausbildung an den Paracelsus Schulen.
Tierheilkunde