Gesunde Milz – gesunder Mensch
Die Milz liegt tief unter dem linken Rippenbogen. Sie grenzt an Magen und linke Niere und hat die Form eines Schwammes. Als größtes Organ des Immunsystems bildet sie Abwehrzellen aus, mit deren Hilfe Viren und Bakterien aus dem Blut entfernt werden können. Täglich fließen mehrere Liter Blut durch die Milz. Alte, fehlerhafte oder verformte rote Blutkörperchen bleiben hängen und werden aus dem Blut herausgefiltert. Dieser Vorgang wird als „Blutmauserung“ bezeichnet, da diese Art der Blutreinigung die Bildung von neuem Blut anregt. In der Schulmedizin findet die Milz kaum Beachtung. Sie gilt sogar als entbehrlich, weil andere Gewebe ihre Funktion übernehmen können. Die Alternative Medizin schreibt der Milz jedoch eine weitaus größere Rolle zu, da sie die Kraft der Mitte bildet und maßgeblich an der Gesunderhaltung des menschlichen Körper-Geist-Systems beteiligt ist.
Die Milz versorgt die Organe mit Energie (Qi)
Die Milz assimiliert Nähr-Qi aus der Nahrung und trennt trübes von klarem Qi. Ersteres wird in den Darm geleitet und ausgeschieden. Letzteres wird zusammen mit Blut zu den Organen geleitet und verteilt. Die Lunge nutzt es für den Lebensatem (Prana), die Nieren für den Erhalt der Lebensessenz und zur Bildung von Energie. In der Leber sorgt Qi dafür, dass alle Säfte reibungslos durch den Körper fließen. Ein mit Qi versorgter Magen wirkt ausgleichend und stabilisierend auf das ganze Körper-Geist-System. Die Milz selbst nutzt die hebende Kraft des Milz-Qi, um Organe in ihrer Position zu halten.
Helfer für Muskeln und Herz
Die Milz formt die Muskeln und überwacht die Funktion und das Zusammenspiel der Muskulatur. In der Akupunktur werden bei vielen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (z.B. Fibromyalgie) Milzpunkte genadelt, was zur Wiederherstellung der Muskelfunktion beitragen kann. Außerdem wird der Milz eine haltende Kraft zugeschrieben, mit der nicht nur ein Organ an seinem Platz stabilisiert, sondern auch das Blut in den Gefäßen gehalten werden kann. Diese Kraft der Mitte bewirkt ein kontrolliertes Fließen von Blut durch das Gefäßsystem. Damit ist die Milz auch ein starker Partner für das Herz.
Die Milz ermöglicht Schöpferkraft
Die Milz nimmt nicht nur Einfluss auf den Körper, sondern auch auf den Geist und die Emotionen. Sie stärkt die Schöpferkraft und trägt zur Entwicklung einer gesunden Ich-Identität bei. Man kann sich dann ausreichend von der Umwelt und dem Umfeld abgrenzen und die eigene Persönlichkeit schützen. Der Milz wird die Emotion Sorge zugeschrieben. Ist das Milz-Qi stark, ist das Denken klar ausgerichtet, es gelingt, „Nein“ zu sagen und dem Umfeld konstruktive Hilfe bei Problemlösung und Entscheidungsfindung anzubieten.
Die Milz im Gleichgewicht
Wenn die Milz in ihrem Gleichgewicht arbeiten kann, bedeutet sie eine starke Mitte für den Menschen. Das Immunsystem kann wie ein Schutzschild fungieren und Störfaktoren beseitigen. Die Organe werden in ihrer ursprünglichen Position gehalten und ausreichend mit vitalem Blut und Qi versorgt. Kräftige und schmerzfreie Muskeln bewegen die Gelenke, und das Blut fließt physiologisch durch die Gefäße. Eine gesunde Milz bildet eine Ich-Identität, die klar urteilen und entscheiden kann.
Was bringt die Milz aus dem Gleichgewicht?
Der größte Feind der Milz ist der Lebensstil westlicher Kulturen und der Raubbau an körpereigenen Ressourcen. Chronischer Stress, Überstunden, Schichtdienst und komplizierte Denkvorgänge bis spät nachts bringen die Milz aus dem Gleichgewicht. Hinzu kommt eine unausgewogene, ungesunde Ernährung und zu spätes Abendessen. Bei banalen Infekten werden zu schnell und zu häufig Antibiotika verschrieben, deren Wirkstoffe die Milz auskühlen und die Darmflora zerstören. Ein Mangel an Bewegung oder einseitige Bewegung ist ebenfalls ungesund für die Milz.
Summieren sich diese Faktoren, ist das kleine schwammartige Organ überfordert. Aus dem Nähr-Qi kann nicht mehr ausreichend klares Qi gebildet werden. Darunter leiden alle Organe, die von Qi und Blut abhängig sind. Ein Versuch der Milz, mit mangelnder Milz-Energie und einem Überangebot an unverdauten Speisen trotzdem Nähr-Qi zu bilden, endet in der Produktion von Feuchtigkeit und Schleim. Schleim ist in der Chinesischen Medizin der auslösende Faktor für schwerwiegende Erkrankungen wie Krebs, Demenz und Autoimmunleiden.
Erste Warnsignale
Die Milz schickt frühzeitig Hilferufe, wenn sie überfordert ist. Patienten sollten diese erkennen und auf sie reagieren. So können schwere Erkrankungen vermieden werden. Ständige Müdigkeit, Kältegefühl, Energiemangel und immer wiederkehrende Infekte zählen zu den ersten wahrnehmbaren Symptomen. Durchfall zeigt an, dass zu wenig Qi für die Transformation der Nahrung vorhanden ist. Bei Verstopfung funktioniert der Transport von Blut und Qi nicht. Trockene Haut, müde Beine und Arme, Schlaflosigkeit und Schwindel folgen, wenn die Körpersignale ignoriert werden. Wenn die Milz die Kontrolle über die Blutgefäße verliert, kommt es zu Blutungen. Geht die stabile Ich-Organisation verloren, fällt es immer schwerer, „Nein“ zu sagen und Entscheidungen zu treffen. Das Gedankenkarussell dreht sich meist um Sorgen und die Beschäftigung mit der eigenen Person.
Laborwerte
Sind einige dieser Symptome zu bemerken, kann die Diagnostik der Schulmedizin hinzugezogen werden. Die Milz hat im Gegensatz zu z.B. Nieren und Leber keine eigenen Laborparameter; im großen Blutbild kann jedoch auffallen, dass der Bilirubinwert erhöht und die Anzahl der Lymphozyten erniedrigt ist.
Unterstützung aus der Alternativen Medizin
Um den Milzstoffwechsel anzukurbeln, empfehle ich eine 8-wöchige Milzkur mit Ailgeno spag. Tropfen (3×10 Tropfen täglich). Dazu passt Mariendistel, wenn der Leukozytenwert zu niedrig ist und das Symptom der Müdigkeit überwiegt. Recarcin ist hilfreich, wenn rezidivierende Infekte und Immunschwäche Hauptsymptom sind. Weidinger Mischungen (W14 oder W15) mit frischem Ingwer empfehle ich bei fehlendem Milz-Qi. Der Akupunkturpunkt Mi 6 bewegt Blut und Qi und stärkt die Mitte auf körperlicher und geistiger Ebene.
Selbsthilfe für eine gesunde Milz
Sorgen Sie für ausreichend Schlaf. Die Zeit von 23 bis 6 Uhr wirkt regenerierend und stressabbauend. Laut Organuhr hat die Milz in der Zeit zwischen 21 und 23 Uhr am wenigsten Energie für ihre Funktionen zur Verfügung. Diese Pause sollten Sie der Milz zur Erholung gönnen. Essen Sie also nicht zu spät. Wenn sich spätes Essen nicht vermeiden lässt, bevorzugen Sie eine frisch zubereitete Suppe, die leicht verdaut werden kann. Grundsätzlich braucht die Milz warmes Essen und Getränke in breiiger Konsistenz. Es darf auch etwas natürliche Süße (z.B. Obst) enthalten. Lassen Sie sich beim Essen Zeit. Essen Sie bewusst und nicht nebenbei. So kann sich die Milz auf die Verwertung der Nahrung einstellen. Die Milz braucht ausgleichend Bewegung. Ideal sind Joggen, Radfahren, Yoga, Ausdauertraining und Tanzen. Versuchen Sie, Stress als Herausforderung anzunehmen und stressige Situationen zu entschärfen. Eine regelmäßige Teilnahme an Meditationskursen, Progressive Muskelentspannung, Stressmanagement-Workshops und Yoga Nidra können helfen.
Bewegung für die Milz
Im Yoga gibt es Übungen, die energieausgleichend und organstärkend wirken. Ich empfehle den „Frosch“ als milzstärkende Übung abends vor dem Schlafengehen.
Anleitung: Führen Sie das Gesäß zu den Fersen. Öffnen Sie die Knie so weit, wie es Ihnen möglich ist. Lassen Sie Ihre Arme nach vorne gleiten. Achten Sie darauf, dass der Bauch frei bleibt. Drehen Sie den Kopf zu einer Seite. Nach 90 Sekunden wechselt der Kopf die Seite. Bleiben Sie insgesamt 3 Minuten im „Frosch“.
Friederike Reumann
Staatlich anerkannte Physiotherapeutin, Heilpraktikerin mit
Schwerpunkten Traditionelle Chinesische Medizin, Osteopathie, Regulationsmedizin und Yogatherapie
mailbox@physioplus-neustadt.de
Literatur
- Reumann, Friederike: Das Workbook. Eine Arbeitshilfe aus der YogaPraxis. BoD Verlag
- Platsch, Klaus-Dieter: Die fünf Wandlungsphasen. Das Tor zur chinesischen Medizin. Urban & Fischer Verlag
- Ursinus, Lothar: Mein Blut sagt mir … Labor ganzheitlich. Schirner Verlag
- Weidinger, Dr. Georg: Der goldene Weg der Mitte. OGTCM Verlag
Foto: © ag visuell / fotolia.com
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