Fallstudie Homöopathie: Pulsatilla
40-jährige alleinstehende, ledige Patientin; Büroangestellte in Vollzeit; leicht adipös; 164 cm, 80 kg; gepflegtes Äußeres; wirkt zurückhaltend und ruhig, beschreibt sich als geselligen und kontaktfreudigen Menschen.
Beschwerdebild und Grund der Behandlung:
Patientin leidet nach eigenen Angaben seit längerer Zeit unter Gefühls- und Gemütsschwankungen, Antriebslosigkeit, Misstrauen gegen andere Personen, Schmerzen im Halswirbel- und LWS-Bereich mit meist stechendem Charakter. Sie sucht eine Alternative zur schulmedizinischen Behandlung, will keine Medikamente einnehmen.
Anamnese:
In der familiären Krankengeschichte finden sich Tuberkulose, Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes und Bronchitis. Die Patientin selbst hat wissentlich Masern, Mumps, Röteln und Windpocken durchgemacht. Als Kind litt sie häufig unter Stirnhöhlenvereiterungen. Mit 12 Jahren eine Blinddarm-OP. Erkältungskrankheiten, die sie selbst als „normal“ einstuft, begleiten sie durchs Leben. Derzeit keine medikamentöse Behandlung; keine Verhütungsmittel. Morgens fühlt sie sich – nach eigener Aussage – am schlechtesten, „depressiv“. Jahreszeitliches Tief in den Wintermonaten. Sie leidet an unruhigem Schlaf, Albträumen und stets kalten Füßen. Schlimmste Kindheitserfahrung: Umzug der Familie vom Land in die Großstadt. Sie hat sich danach immer eingeengt, eingesperrt gefühlt. Häufig Schwindelanfälle. Sie fühlt sich innerlich leer, hat Kummer, lebt alleine aus Angst vor einer Beziehung. Ihr größter Wunsch ist eine eigene Familie, Schutz und ein liebevoller Mann. Sie steht in Gesellschaft „häufig neben sich“, hat dann Schwindelanfälle und Depressionen.
Traumatisches Erlebnis:
Vor 2 Jahren wird sie auf dem Weg zur Arbeit von einem Mann mit einem Messer angegriffen, in eine Seitengasse gedrängt und bedroht. Sie fühlt sich nackt, schutzlos, einsam und bloßgestellt. Trotzdem redet sie in ihrer Angst unentwegt auf den Täter ein, dieser lässt dann überraschend von ihr ab. Danach kann sie mit niemandem darüber reden, die psychotherapeutische Behandlung bricht sie ab. Schuldgefühle dominieren ihren Alltag und sie macht sich selbst für das Ereignis verantwortlich. Seither hat sie Angst in der Dunkelheit. Während dieser Schilderungen ist sie sehr erregt, weint und zittert.
Behandlung:
Ich verordne das homöopathische Mittel Pulsatilla XM als einmalige Gabe (2 Globuli).
Ausschlaggebend für meine Wahl sind die konstitutionelle Erscheinung der Patientin, die entsprechenden Symptome sowie ihre angegriffene Persönlichkeit (ihre Weiblichkeit wurde verletzt und missbraucht, deshalb Angst vor neuen Bindungen). Ihre Individualität wurde zerstört, deshalb Verlust des Selbstbewusstseins und ihrer Stabilität (Rückenprobleme). Sie durchlebt dieses Trauma nach wie vor im Alltag und verdrängt die Realität: Schwindelanfälle (Verdrängen), Gefühlsschwankungen (verdrängte Wut aufgrund des Angriffs), stechende Rückensymptome und Schmerzen (Angriff von hinten mit Messer!). All diese Symptome finden wir im Arzneimittelbild und der Materia Medica zu Pulsatilla Pratensis.
Die Potenz XM verordnete ich aufgrund ihrer tiefgreifenden psychosomatischen Störung. Die Wirkung von Pulsatilla entfaltet sich in dieser Potenzierung nach ca. 2-3 Wochen.
Zwischenbericht nach 4 Wochen:
Die Patientin gibt an, dass sich bereits nach 2 Wochen ihr Allgemeinbefinden und ihre Stimmungslage gebessert haben. Sie ist ausgeglichener, fühlt sich relaxter, die Rückenschmerzen haben sich deutlich gebessert, ihre Angstzustände abgenommen. Sie hat weniger Depressionen, ist unternehmungslustiger geworden, im Umgang mit Freunden fühlt sie sich nicht mehr „überflüssig“.
Ich empfehle, die Mittelwirkung weitere 4-6 Wochen entfalten zu lassen und sich dann wieder zu melden.
Folgebehandlung nach 8 Wochen:
Allgemeinzustand sehr gut. Sie hat keine Schmerzen mehr, unternimmt viel und macht sich mehr Gedanken um ihre Zukunft. Sie spürt jetzt, dass sie die Dinge selbst in die Hand nehmen muss und ist selbstsicherer geworden. Sie kann sich sogar eine neue Beziehung vorstellen, träumt sehr aktiv, häufig von den Ereignissen der Vergangenheit, Kindheit/Jugend, der letzten Beziehung und dem Überfall.
Zur weiteren Behandlung verordne ich: Natrium chloratum LM 6 3x tgl. 3 Tropfen für die Dauer von 14 Tagen.
Da derzeit Kummer das Hauptsymptom darstellt, erscheint das Mittel Natrium chloratum in einer niedrigen LM-Potenz als „Akutmittel“ für langwierig zurückliegende Ereignisse bzw. Kummer zur Aufarbeitung perfekt. Es soll ihrer Psyche mehr Stabilität verleihen.
2 Monate später:
Die Patientin gibt an, dass es ihr sehr gut geht. Sie hat inzwischen eine neue Bekanntschaft mit einem Mann und fühlt sich sehr wohl, wieder offen für andere Dinge und geht in der Beziehung voll und ganz auf.
HP Rita Gruber
Kontakt: rita.gruber@t-online.de
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