Schönheit – was ist machbar?
Schönheit liegt in den Augen des Betrachters. Damit haben Philosophen einst ausdrücken wollen, wie schwer es ist, das Phänomen Schönheit an objektiven Gesetzmäßigkeiten festzumachen. Das war gestern. Schönheit ist heute objektivierbar, Maßstäbe sind die massenmedial erzeugten Soll-Bilder der Äußerlichkeit. Schön ist demnach, was Hollywood, die Medien und die Werbung so definieren. Wer dem nicht entspricht, kann nicht schön sein. Und wo der moderne Mensch auf Schritt und Tritt der suggestiven Gewalt der schönen Bilder ausgesetzt ist, verstärkt sich der Druck, die eigenen Abweichungen vom Ideal wahrzunehmen und der Wunsch, sie zu „reparieren“. Kein Wunder also, dass die ästhetische nichtinvasive oder invasive Intervention (Chirurgie) Zuwachsraten verzeichnet wie kein anderer Wirtschaftszweig. Wir wollen in dieser Serie Einblicke in die Welt der ästhetischen Intervention bieten und berichten über Chancen, Risiken, Probleme, Erfolgsaussichten und Kosten von Schönheitseingriffen und -operationen. Wir werden uns in den nächsten Folgen jeweils von Fachleuten erklären lassen, was wie „funktioniert“.
Es genügt nicht mehr, über die „Operierten“ die Nase zu rümpfen und hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln und die Kinder mit dem „schwarzen Mann“ Michael Jackson zu erschrecken, wenn Hunderttausende sich für einen ästhetischen Eingriff entscheiden, wenn gar immer jüngeres Publikum sich „reparieren“ lässt, wenn sich – im Gegenteil — die OP zum Massenphänomen mit Statussymbolcharakter entwickelt.
Nun, ganz neu ist das Phänomen „Schönheitsoperation“ nicht. Schon vor Jahrhunderten war es für viele Menschen eine Pein, wenn ihr Äußeres dem Ideal zu sehr widersprach – und sie ließen „einschneidende“ Veränderungen vornehmen, etwa an der relativ schlecht zu verbergenden Nase. Schon Ende des 16. Jahrhunderts formte der italienische Arzt Gaspare Tagliacozzi neue Riechorgane aus Eigengewebe für Patienten, deren Nasen die Syphilis zersetzt hatte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließen sich viele Iren, die nach Amerika ausgewandert waren, die Stupsnasen wegmodellieren, um nicht gleich als Iren erkannt zu werden. Hellhäutige Farbige gingen zum Arzt, um eine Nasensilhouette zu bekommen, wie sie die Weißen haben und Juden ließen sich ihre prominenten Nasen in „arische“ umwandeln.
In den letzten Jahren aber erlebt die Schönheitschirurgie eine wahre Explosion. Seit der Jahrtausendwende werden die Eingriffe immer zahlreicher, die Wünsche immer eigentümlicher, die Patienten immer jünger. Auf der anderen Seite wollen auch deutlich mehr ältere Menschen ihr Aussehen, wenn es Not tut, auch mit größeren Eingriffen jung und schön über die Runden retten. 10 % aller ästhetisch-plastischen Operationen werden an unter 20-Jährigen vorgenommen.
Schönheitsoperationen gewinnen immer mehr an sozialer Akzeptanz. Eine aktuelle Forsa-Umfrage für den Stern fand heraus, dass 70 % der Deutschen prinzipiell nichts gegen derartige Eingriffe einzuwenden haben. 13 % können sich vorstellen, Hand an sich legen zu lassen – bei unter 30-jährigen sind es sogar 21 %! Auffällig ist, dass sich ästhetisch operierte Menschen mittlerweile ohne Scheu outen. „Schönheits-OP“ wird zum Statussymbol. Nachdem Künstler und Existenzialisten die Vorhut übernommen hatten, stellen sich jetzt die Damen der High Society mit gemachtem Näschen und imposanter Oberweite in den Medien ebenso ungeniert zur Schau wie Staatspräsidenten ihre neugewachsene Haarpracht und gestrafften Falten, und machen die Eingriffe weltweit salon- und hoffähig.
Aber nicht nur wohlhabende Menschen oder Prominente gehen inzwischen den Weg zum „Schönheitsdoc“, Angestellte oder Auszubildende sparen für den Eingriff, verzichten auf Urlaub oder stottern ihre Schulden beim Operateur in Raten ab. Und – um mit einem alten Irrglauben gleich aufzuräumen: „Jeder Fünfte, der heute verschönert wird, ist männlichen Geschlechts – Tendenz steigend“, so Schönheitschirurg Prof. Werner Mang, der medienaktivste unter den deutschen Schönheitschirurgen.
Psychologische Relevanz
Der Blick in den Spiegel ist für viele Menschen ein Blick in ihr Selbstbewusstsein. Erfolg bei der Partnersuche, Akzeptanz im Freundeskreis, Erfolg in Beruf und Karriere, positives Auftreten, wie sehr hängt das doch vom Selbstbewusstsein ab. Und das wird heute viel weniger geprägt von tradierten Werten, Tugenden und Verdiensten ums Vaterland als von der Entsprechung der eigenen Erscheinung mit dem inneren Dorian Gray. Wie sehr kann da ein angeborener oder erworbener „Schönheitsmangel“, die zu kleine Brust, die Höcker- oder Stupsnase, abstehende Ohren, Fettpolster durch falsche Ernährung oder angeborene Reithosenfettsucht, Tränensäcke, Falten oder Hautschädigung durch Sonneneinstrahlung, Alkohol oder Rauchen das Selbstbewusstsein untergraben. Mann/Frau fühlt sich in der eigenen Haut nicht wohl, kann sich selbst nicht leiden. Echte und gravierende seelische Traumata und Depressionen kann das auslösen, damit natürlich auch psychosomatische Folgeerkrankungen. Wir mögen uns beklagen über soviel Narzissmus und Oberflächlichkeit, aber es ist Fakt: Schönheit ist ein sehr wesentlicher Faktor der Lebensqualität. Wer sich schön fühlt, ist selbstsicherer, zufriedener, ausgeglichener. Die Versagung des Grundbedürfnisses Schönheit führt zu entsprechend großer Frustration.
Schönheit wird machbar
Der Boom der ästhetischen Intervention hat neben der Explosion der Nachfrage auch eine andere bedeutende Grundlage: Der rasante Zuwachs an Wissen in der medizinischen, vor allem der dermatologischen Forschung und die Entwicklung präzisester und zuverlässigster technischer Werkzeuge, Maschinen und Roboter für die invasive Ästhetik. So können heute Eingriffe, die vor 10 Jahren noch mit relativ hohem Misserfolgs- und Gesundheitsrisiko verbunden waren, risikoarm, zuverlässig und mit präzise vorhersehbaren Ergebnissen durchgeführt werden. Gleichzeitig sind die Preise für den „Reparaturbetrieb“ erschwinglich geworden und haben nichts mehr mit den ehedem utopisch hohen Tarifen von Pitengi & Co. zu tun, die sich nur Millionäre leisten konnten.
Plazet: Wir halten es in Abwägung der hohen Bedeutung des eigenen positiv empfundenen Erscheinungsbilds für viele Menschen, und dem ausgereiften Stand heutiger Technik der Schönheitschirurgie für ethisch vertretbar, wenn sich Menschen Gedanken über ästhetische Interventionen machen und die Optionen dafür prüfen möchten.
Fettabsaugen (Liposuktion)
Mit der Liposuktion werden Fetablagerungen an bestimmten Körperstellen reduziert bzw. entfernt, allerdings nicht bei starkem Übergewicht oder krankhafter Fettleibigkeit. Überall dort, wo große Fettpolster die Konturen des Körpers verunstalten, können Fettablagerungen mit der Absaugmethode entfernt werden. Einmal abgesaugte Fettzellen werden vom Körper nicht mehr nachgebildet. Die Fettabsaugung ist ein Weg, schnell und dauerhaft unerwünschte Problemzonen zu beseitigen. Bei straffer, elastischer Haut können mit der Fettabsaugung sehr gute Ergebnisse erzielt werden. Ein positiver Nebeneffekt der Fettabsaugung ist, dass die lästige Cellulite deutlich reduziert wird. Ist die Haut stark erschlafft (z.B. herabhängende Bauchdecke), können zusätzliche Eingriffe (Bauchdeckenstraffung) erforderlich sein.
Fett ist nicht gleich Fett
Fettansammlungen an Hüften, Oberschenkeln und Po werden vom Körper relativ gut verkraftet. Das innere Bauchfett hingegen produziert besonders viele Fettsäuren, die in der Leber in andere Fette umgebaut werden. Zahlreiche Krankheiten wie z.B. Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen können die Folge sein. Über 7-8 kg Bauchfettdepot können auf Dauer krank machen. Da nur Fett aus dem Unterhautfettgewebe und kein inneres Bauchfett abgesaugt werden kann, ist eine Fettabsaugung bei einem größeren Bauchumfang sicherlich der falsche Lösungsansatz.
Vorbereitung und Aufklärung
Spätestens einen Tag vor dem Eingriff sollte der Gesundheitszustand des Patienten vom Hausarzt überprüft werden. Dazu gehört eine Blutabnahme zur Bestimmung des kleinen Blutbildes. Bei über 40-jährigen Patienten ist ein großes Blutbild sowie ein EKG erforderlich. Ebenso muss eine persönliche Beratung, medizinische Aufklärung sowie eine Untersuchung stattfinden.
Die Operation
Die OP dauert, entsprechend Umfang und Ausmaß, 1 bis 3 Stunden. Bei einem Absaugvolumen bis 1000 ml und maximal einer Körperzone kann der Eingriff ggf. in Lokalanästhesie, über 1000 ml muss er immer in Vollnarkose durchgeführt werden.
Techniken
Im Tumeszenzverfahren wird das Fettgewebe mit Kochsalzlösung aufgeschwemmt, die Fettzellen werden auseinander geblasen und mit einer dünnen Kanüle abgesaugt. Beim Tulip-System wird der Unterdruck nicht durch eine elektrische Absaugpumpe, sondern durch eine spezielle Spritze erzeugt. Ultraschall zertrümmert Fettzellen. Die Zellen implodieren und setzen das enthaltene Fett frei. Die entstandene Fett-Öl-Lache wird danach abgesaugt. Lipostyling löst Fett durch hochfrequente Energie-Impulse auf. Zwei feine Kanülen, in die Problemzonen gestochen, senden elektrische Impulse mit hoher Frequenz, aber niedriger Energie aus. Sie zerstören die Fettzellwände und setzen das flüssige Fett frei, das nun vom Arzt über die Kanülen abgesaugt wird. Bei der Feintunnelungstechnik wird das Fett bis dicht unter die Hautoberfläche abgesaugt. Die Kanülen werden teils fächerförmig, teils parallel unter die Haut geführt und etwa 4000-8000 Mal in der Sekunde gerüttelt (Ultravibration). Dadurch werden die Fettzellen aus ihrem Verband gelöst.
Vor der Operation werden die Behandlungs-Zonen markiert. Die der Körperflüssigkeit angepasste Salzlösung, die ein örtliches Betäubungsmittel und eine gefäßverengende Substanz enthält, wird in der gewünschten Zone unter die Haut gebracht. Während einer etwa halbstündigen Einwirkzeit verteilt sich die Lösung gleichmäßig im Gewebe. Die Haut schwillt sichtbar an und wirkt wie aufgeblasen. Die Fettzellen lösen sich. Durch die Tumeszenz-Anästhesie wird das Ausmaß der Blutung und der Schwellung nach der Operation vermindert. In der Nähe der zur Behandlung vorgesehenen Zone wird die Haut durch einen kleinen Schnitt von ca. 5 mm geöffnet und eine 3 mm starke Kanüle in das Unterhautfettgewebe eingeführt. Die Absaugkanüle ist an eine Vakuumpumpe angeschlossen und entfernt mit Unterdruck das Fett. Behutsam wird die Absaugkanüle – manuell oder maschinell – unter der Haut hin und her bewegt. Nerven und große Gefäße dürfen dabei nicht verletzt werden. Die kleinen Einschnitte werden nach dem Eingriff meist mit selbstauflösenden Fäden genäht. Das Behandlungsergebnis ist nach ca. 4 Wochen zu erkennen, das Endergebnis jedoch frühestens nach 4 Monaten.
Klinikaufenthalt
Bei größeren Absaugvolumina (absolutes Maximum ca. 4000 ml !) ist nachoperativ ein stationärer Aufenthalt von 1-3 Tagen notwendig. Bei kleineren Volumina kann i.d.R. eine nicht allzu weite Rückreise frühestens 24 Stunden nach der OP angetreten werden.
Arbeitsfähigkeit und Sport
Bis 2000 ml Absaugvolumen können körperlich nicht anstrengende Aktivitäten (Büro) nach 3 Tagen wieder aufgenommen werden, körperlich anstrengende Arbeit frühestens 2 Wochen nach dem Eingriff. Sport oder übermäßige körperliche Anstrengung erst nach ca. 6 Wochen. Größere Absaugvolumina erfordern längere Rekonvalenszensphasen.
Risiken und Nebenwirkungen
Obwohl der Eingriff mittlerweile weltweit hunderttausendfach durchgeführt wird, ist er doch mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden, die in der Werbung von Ärzten und Kliniken manchmal heruntergespielt und im Kleingedruckten versteckt werden. In Deutschland gab es 2008 bei 7.500 Eingriffen 7 Todesfälle. Verlässliche Angaben über nichtletale Behandlungsfehler und -folgen existieren nicht. In Internetforen finden sich aber Schilderungen wie folgende (www.fettabsaugung-forum.de): „Ich habe mir vor 10 Jahren an beiden Oberarmen Fett absaugen lassen, seitdem bin ich schwerbehindert und muss täglich sehr starke Schmerzmittel nehmen. Meine Oberarme sind entstellt, voller Dellen. Ich kann mich nicht mal mehr schmerzfrei anziehen oder eine Flasche Wasser öffnen. Mein Rat: Tut das nicht!“
Nicht immer wird auch das angestrebte ästhetische Ziel erreicht und Asymmetrien, Hyperpigmentierungen, unschöne Narben, Dellen- und Zystenbildungen etc. trüben die Freude der Behandelten. Zusätzlich zum Narkoserisiko können vereinzelt auch chirurgische Komplikationen wie Hämatome, Perforationsverletzungen, Infekte, Thrombosen, Nerven- und Gefäßverletzungen, Embolien, Hautnekrosen etc. entstehen. Fettabsaugen nützt im Übrigen nicht viel, wenn nicht auch Ernährung und Bewegungsprofil gleichzeitig umgestellt werden, die ja zu den überflüssigen Pfunden geführt haben, sonst bilden sich Fettdepots an anderen Stellen (z.B. an Oberarmen, im Nacken, am Rücken, im Gesicht) und es entstehen neue, vielleicht sogar noch weniger schöne Problemzonen.
Wichtig ist es also, wenn man sich nicht lieber auf natürliche, aber schweißtreibende Weise durch vernünftige Ernährung, viel Bewegung und Sport die Pfunde wegzaubern möchte, sich ausschließlich an erfahrene und renommierte Chirurgen oder Plastische Chirurgen zu wenden. Der Begriff „Schönheitschirurg“ ist nicht geschützt, so dass sich jeder so nennen kann. Dies birgt enorme Gefahren! Paracelsus fand eine Menge wenig seriöse Angebote im Internet. OP-Fettabsaugen wird schon bei ebay versteigert oder zum Billigtarif aus dem Ausland verramscht.
Aus unserer Sicht: Wenden Sie sich ausschließlich an hoch spezialisierte Kliniken, bei denen Fachärzte den Eingriff vornehmen. Nehmen Sie zuvor mindestens 3 Beratungsgespräche in Anspruch, fragen Sie den Arzt, wie oft er die Behandlung schon durchgeführt hat, lassen Sie sich Vorher-Nachher-Bilder zeigen und bitten Sie ihn um Referenzadressen von Behandelten.
Der Preis der Schönheit
Fettabsaugen ist keine Kassenleistung! Aus dem Ausland kommen billige Angebote, die jedoch mit besonderer Vorsicht zu prüfen sind. Probleme können bei Komplikationen und der Nachsorge auftreten. Beachten: Durch übermäßiges Fettabsaugen wird die Haut mitunter schlaff und muss deshalb zusätzlich gestrafft werden, um auch wirklich den gewünschten ästhetischen Erfolg zu erreichen. Die Kosten dafür müssen darüber hinaus berücksichtigt werden, sofern sie nicht bereits im Behandlungsvertrag vereinbart sind.
Dr. Malte M. Villnow
(56) ist Facharzt für Chirurgie
und ästhetische Chirurgie in der Privatklinik für Ästhetische und Plastische Chirurgie „Pearl of Aesthetic“ im
Breidenbacher Hof, Königsallee 11 in Düsseldorf und beantwortet gerne Fragen der Paracelsus Leser unter info@pearlofaesthetic.com oder Tel. 0211 280 66 16
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