Herbstblues
Energie & Lust statt Müdigkeit & Frust
Müdigkeit, Leistungsabfall, sexuelle Unlust und Stimmungstief – das sind nicht selten typische Begleitphänomene der kürzer werdenden Tage. Was viele Menschen nicht wissen: Man muss nicht gleich zu klassischen Stimmungsaufhellern greifen. Vielfach helfen Naturstoffe, die den Stoffwechsel und Hormonhaushalt wieder in Schwung bringen und für mehr Lebenskraft, Energie und Lust auf alles, was das Leben zu bieten hat, sorgen.
Frauen nehmen häufiger Psychopharmaka – mit Nebenwirkungen!
Depressive Verstimmungen und Angstzustände kommen bei Frauen grundlegend häufiger vor und verursachen auch im Beruf mehr Fehltage als bei Männern. Das zeigen Untersuchungen der Krankenkassen, die deutlich machen, dass Frauen doppelt so häufig Psychopharmaka anwenden als Männer. Eine Reihe dieser chemischen „Problemlöser“ birgt ein hohes Abhängigkeitspotenzial, das sich v.a. dann einstellt, wenn die Medikamente über längere Zeit (mehrere Wochen oder Monate) geschluckt werden. Besonders problematisch ist die Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine (z.B. Valium, Diazepam, Tavor), die Frauen bei Angstzuständen, psychischen Problemen, Nervosität, Schlafstörungen und muskulären Verspannungen verordnet werden. Diese Arzneimittel wandern am häufigsten über den Apotheken-Verkaufstisch. Insgesamt sind in Deutschland etwa 1,5 Millionen Menschen süchtig nach diesen angstlösenden und schlaffördernden Pillen – 65% davon sind Frauen. Neben der Suchtgefahr ist noch ein weiteres Problem gegeben: Unter der Anwendung entsteht häufig ein Gewöhnungseffekt, was bedeutet, dass die Medikamente, um die gleiche Wirkung zu erzielen, immer höher dosiert werden müssen. Die hilfreichen Pillen können auch eine Reihe von Nebenwirkungen, z.B. Verlangsamung der Atmung, Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit oder Kopfschmerzen, verursachen. Der Einsatz von Antidepressiva sollte daher sorgfältig abgewogen und die Anwendungsdauer nach Möglichkeit kurz gehalten werden. Das Absetzen muss von einem Therapeuten begleitet werden.
Hormonschwund drückt auf die Psyche
Die weibliche Hormonausstattung spielt für die Anfälligkeit von Frauen für Stimmungsschwankungen und psychische Probleme eine wichtige Rolle. Zu den weiblichen Sexualhormonen zählen Östrogene und Gestagene (Progesteron). Die Östrogene haben im weiblichen Organismus eine Vielzahl von Funktionen wahrzunehmen: Sie wirken u.a. gefäßprotektiv, sorgen für gute Stimmung, gesunde Knochen und ein schönes Hautbild. Das Progesteron (Gelbkörperhormon) wird bei Frauen in den Eierstöcken und der Plazenta gebildet und übernimmt wichtige Aufgaben während Schwangerschaft und Stillzeit. Darüber hinaus hat es einen positiven Einfluss auf Psyche und Haut, v.a. das Bindegewebe. Mit der altersbedingt abnehmenden körpereigenen Hormonproduktion leiden viele Frauen unter depressiven Verstimmungen, Schlafstörungen, Reizbarkeit und Konzentrationsschwächen. Auch gesellen sich häufig ein Energieschwund und Antriebslosigkeit dazu, was nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die soziale Umgebung (Familie, Partner, Freunde) eine Belastung darstellen kann. Daher ist es wichtig, Frauen eine natürliche Therapieoption anzubieten, die ihnen zu mehr Ausgeglichenheit und Energie verhelfen kann.
Frauenpower: Leinsamen und Yamswurzel
Naturstoffe können den in die Schieflage geratenen Hormonhaushalt ausbalancieren und Frauen wieder zu mehr Schwung und Lebensfreude verhelfen. Hier sind besonders Lignane aus Leinsamen und Diosgenine aus der Yamswurzel zu nennen. Diese Phytohormone sorgen für eine bessere Psyche und Schlafqualität. Sie haben aber noch weitere positive Wirkeffekte zu bieten (s. Kasten).
Zur Anwendung von Lignanen liegen einige klinische Studien vor, die bei einer Verwendung von 60-90 mg/Tag über mehrere Monate hinweg auf eine deutliche Verbesserung typischer Wechseljahresbeschwerden hinweisen. Bei der Verwendung von Leinsamenprodukten bzw. -extrakten ist die Standardisierung auf Lignane von Bedeutung. In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie ergab die Anwendung von Leinsamen nach 3 Monaten einen Rückgang von Schweißausbrüchen um 50%. Interessant sind auch Hinweise, die auf weitere positive Wirkungen durch Lignane hinweisen: So wurde u.a. ein positiver Einfluss auf den LDL-Cholesteringehalt und die Insulinsensitivität gezeigt. Das ist für Frauen jenseits der Menopause von besonderer Bedeutung, da ihr Herz-Kreislaufund Diabetesrisiko (besonders in Zusammenhang mit Übergewicht) ansteigt. Weiterhin liegen Daten vor, die eine günstige Wirkung von Lignanen auf die Vaginalschleimhaut belegen.
Auch die Yamswurzel ist für Frauen in dieser Lebensphase von Interesse. Traditionell wird die Knolle bei verschiedenen Urvölkern als wirkungsvolles Heilmittel in der Frauenheilkunde angewendet. Zu den interessantesten Inhaltsstoffen dieser „Brotwurzel“ zählt das Diosgenin, ein Steroidsaponin, das dem körpereigenen Gelbkörperhormon (Progesteron) strukturell sehr ähnlich ist und einen positiven Effekt auf Wechseljahresbeschwerden ausüben kann. In einer randomisierten, placebokontrollierten Studie, die mit Frauen in den Wechseljahren durchgeführt wurde, zeigte sich eine deutliche Verbesserung bei Stimmungsschwankungen, Nervosität und Schlafstörungen. In einer anderen Untersuchung bewirkte der Verzehr von 300-400 mg Yamswurzel innerhalb eines Monats einen Anstieg der Östrogene.
Leinsamenextrakt (Lignane) und Yamswurzel (Diosgenin) verbessern die Begleiterscheinungen eines Hormonmangels
- Schlafqualität
- Psyche
- Hormonstatus
- Fettstoffwechsel
- Scheidentrockenheit
- Hitzewallungen
- Schweißausbrüche
- Entzündungsneigung
Borretschsamenöl für Nervensystem und Hormonhaushalt
Aus dem Samen des Gurkengewächses Borretsch wird ein Öl gewonnen, das für Frauen in der mittleren Lebensphase
ebenfalls interessant sein kann. Borretschsamenöl hat mit etwa 22% den höchsten Gehalt an Gamma-Linolensäure im
Pflanzenreich. Zum Vergleich: Nachtkerzenöl verfügt über 10%, Hanföl über 3% dieser haut- und nervenfreundlichen
Fettsäuren. Gamma-Linolensäure ist besonders hochkonzentriert im Gehirn und in den Nervenzellen zu finden. Dort wird
sie als Baumaterial für
Zellmembranen und als Ausgangsstoff für die körpereigene Produktion wichtiger
Strukturlipide und Gewebshormone benötigt. Diese spielen wiederum bei der Regulation des Nerven- und Hormonhaushaltes
eine wichtige Rolle. Von besonderer Bedeutung sind die Gamma-Linolensäuren auch für die Haut. Diese verliert im Zuge
des Östrogenmangels an Feuchtigkeit und neigt zur Schuppen- und Faltenbildung. Gamma-Linolensäuren sind für ihren
positiven Einfluss auf die Hautbeschaffenheit bekannt. Sie verhelfen der „äußeren Hülle“ zu mehr Feuchtigkeit und
wirken entzündungshemmend. In einer Untersuchung, die an der Uni Düsseldorf durchgeführt wurde, ergab sowohl die
Anwendung von Borretschsamenöl als auch jene von Leinsamen(öl), jeweils über einen Zeitraum von 12 Wochen, eine
deutliche Verbesserung der Hautfeuchtigkeit um 20-40%. Die Entzündungsneigung der Haut konnte um 30% gesenkt werden.
Zur weiteren Unterstützung hormoneller Dysbalancen sind B-Vitamine angezeigt. Vitamin B6 und Pantothensäure sind als Co-Faktoren an der Regulation des Hormonstoffwechsels, speziell der Steroidhormone, beteiligt. Ein Vitamin-B-Komplex unterstützt den Nervenstoffwechsel wie auch die Psyche, wirkt Müdigkeit und geistigem Leistungsabfall entgegen. Somit erscheint eine Kombination aus Leinsamen- und Yamswurzelextrakt, Borretschsamenöl und einem Vitamin B-Komplex (z.B. als Kombination in „phytofem“, Apotheke) bei Frauen im mittleren Lebensalter empfehlenswert.
Depressionen gibt es auch bei Männern – nicht nur im Herbst
Gedrückte Stimmung, Wut, Aggression, übertriebener Arbeitseifer, Reizbarkeit oder Niedergeschlagenheit – depressive Verstimmungen können sich bei Männern anders zeigen als bei Frauen, und oft werden sie gar nicht erkannt. Das kann für die Betroffenen dramatisch werden, denn Suizid kommt bei Männern in solchen Situationen deutlich häufiger vor als bei Frauen. Etwa dreimal so viel Männer wie Frauen nehmen sich hierzulande das Leben. Neben Erbfaktoren, außergewöhnlichen psychischen Belastungen, traumatischen Kindheitserfahrungen und Stress kommen auch Stoffwechselstörungen und hormonelle Einflüsse als Ursachen für Depressionen in Frage. Dass Testosteron eine positive Wirkung auf die Psyche hat, ist bekannt. Inzwischen gilt es als erwiesen, dass ein Mangel an Testosteron das Risiko für eine Depression erhöht. In einer amerikanischen Untersuchung wurde gezeigt, dass bereits ein grenzwertig verminderter Testosteronspiegel die Gefahr für diese Erkrankung erhöhen kann.
In diese Studie wurden 200 Männer (Alter: 20-77 Jahre) mit einem Testosteronspiegel am unteren Grenzwert integriert. Mehr als die Hälfte der Männer zeigten Anzeichen einer depressiven Verstimmung. Dieser Wert der Betroffenen lag 2- bis 4-mal so hoch wie in der normalen Bevölkerung.
Die Anwendung des männlichen Hormons bei einem bestehenden Mangel ist dennoch mit Vorsicht zu genießen, denn es können sich Nebenwirkungen, wie z.B. Prostatabeschwerden, Brustschwellungen, Bluthochdruck, Leberschäden, Schwindel, Kopfschmerzen u.v.m., einstellen.
Der Frust mit dem Sex – Naturstoffe machen Druck
Vielfach haben Depressionen auch ihre Ursache in einer Sexualstörung (Potenzstörung), die ihrerseits auch durch einen Testosteronmangel begünstigt werden kann. In der Naturheilpraxis hat sich die Gabe verschiedener Naturstoffe bewährt, die das Blutgefäßsystem unterstützen, den Hormonhaushalt ausbalancieren und für die nötige „Power“ sorgen. Die Aminosäure L-Arginin ist die Vorstufe des gefäßrelaxierenden Stickstoffmonoxid (NO), somit kann hierüber auch die Durchblutung des Genitaltraktes gefördert werden. Diverse Studien belegen eine deutliche Verbesserung einer erektilen Dysfunktion unter Anwendung von L-Arginin.
Ein weiterer Naturstoff, die Macawurzel (Lepidium meyenii), macht ebenfalls von sich reden, denn der „Anden-Ginseng“ gilt als natürliches Potenzmittel. Er wird in der peruanischen Volksheilkunde auch bei Leistungsabfall und Stimmungsschwankungen angewendet. Maca wurde von den Inkas bereits vor 2000 Jahren als kräftigendes Nahrungsmittel sowie als Energiespender genutzt. Für die hormonaktive Wirkung werden bioaktive Pflanzeninhaltsstoffe (u.a. Glucosinolate) verantwortlich gemacht. Wissenschaftliche US-Studien belegen eine deutliche Steigerung der sexuellen Lust und allgemeinen Leistungsfähigkeit. Auch psychische Beschwerden können Untersuchungen zufolge durch den „Anden-Ginseng“ positiv beeinflusst werden. Die Teilnehmer einer südamerikanischen Studie berichteten von einem Anstieg des körperlichen Energiepotenzials und einer deutlich verbesserten Libido. Auch andere Studien, bei denen die Wirksamkeit der Macawurzel auf die Erektionsfähigkeit hin untersucht wurde, weisen auf eine Verbesserung bei Potenzstörungen und eine Zunahme der Libido hin. Es ist daher empfehlenswert, auf die kombinierte Gabe von L-Arginin mit Macawurzelextrakt zu achten.
Männer: Raus aus dem Stimmungstief, rein ins aktive Leben!
Die neurotropen B-Vitamine sind für ein gut funktionierendes Nervensystem, einen ausreichenden Energielevel und ein gutes Stressmanagement unabdingbar. Viele medikamentöse Wirkstoffe (z.B. Antihypertensiva) üben einen negativen Einfluss auf die Resorption der B-Vitamine aus. So ist es nicht verwunderlich, dass mindestens bei der Hälfte der Senioren Mangelzustände aufgedeckt werden. Müdigkeit, Konzentrationsschwächen und Stimmungsschwankungen können auch hier ihre Ursache haben. In einer Studie mit 54 Männern (Alter: 34-75 Jahre), die unter Potenzstörungen litten, wurde eine Kombination aus Vitamin B3 (Niacin), L-Arginin und L-Carnitin auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. Im Verlauf des 3-monatigen Beobachtungszeitraums ergab sich in 40% aller Fälle eine Verbesserung.
Sex ist ein äußerst energiebedürftiger Prozess, der die Verfügbarkeit aller energetisch relevanter Mikronährstoffe voraussetzt. Der Energiespender schlechthin ist Coenzym Q10, dessen körpereigene Produktion ab dem 40. Lebensjahr signifikant nachlässt. Daher ist die Zufuhr von außen mit zunehmendem Alter besonders wichtig. In der mitochondrialen Atmungskette ist das Vitaminoid unverzichtbar. Medikamente wie z.B. Antihypertensiva (Betablocker), trizyklische Antidepressiva oder Statine senken die körpereigene Produktion an Coenzym Q10. Somit erscheint auch die Anwendung dieser Mikronährstoffe sinnvoll (z.B. kombiniert mit L-Arginin, Maca und B-Komplex in „prostasense“, Apotheke).
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der „Herbstblues“ und andere depressive Verstimmungen ein komplexes Krankheitsbild darstellen. Es lohnt sich, das Stimmungs- und Energietief mit Natur- und Mikronährstoffen anzugehen, wobei auf standardisierte Rohstoffqualitäten geachtet werden sollte.
Prof. Dr. rer.
nat. Michaela Döll
Dipl.-Biologin mit mehrjähriger Forschungserfahrung, Expertin für Lebensmittelchemie
und Ernährungsmedizin, Buchautorin
mail@prof.drmdoell.de
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Dr. Michaela Döll:
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Antioxidantien und
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Pflanzenstoffen.
Herbig Verlag
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