Ohrakupunktur
Geschichte
Die Akupunktur stellt eine der ältesten Heilmethoden in der Geschichte der Menschheit dar. Die Bezeichnung Akupunktur wird aus den beiden lateinischen Wörtern “acus” = Nadel und “punkere” stechen gebildet. So gesehen bedeutet Akupunktur mit der Nadel stechen. Das Geheimnis war lange Zeit jedoch das Wo und Wie.
Als eine Sonderform kann die Akupunktur der Ohrmuschel angesehen werden. Diese Form der Akupunktur läßt sich leicht erlernen, und eine gute Umsetzung von der Theorie in die Praxis ist gewährleistet. Hier kann der Therapeut, der sich noch in die Körperakupunktur einarbeiten möchte, wertvolle Hinweise sammeln.
Die Ohrakupunktur wurde durch den Franzosen Dr. Nogier wiederentdeckt. Ihm zu Ehren nennt man deshalb den einen Zweig der Ohrakupunktur die französische Ohrakupunktur oder auch Aurikulotherapie. So konnte dieser Arzt an Patienten, die in Frankreich sogenannte Außenseitermethoden bevorzugten, ein Brandmal am Ohr erkennen. Diese berichteten, daß sie an einer Ischialgie litten und durch das Kauterisieren (Brennen) am Ohr zur Schmerzfreiheit gelangten. 1951 konnte er einer solchen Heilung beiwohnen. Im Jahre 1956 machte er mit einem Vortrag in Marseille die Ohrakupunktur in Frankreich bekannt, ein Jahr später wurde dieser Vortrag in einer deutschen Akupunkturzeitung veröffentlicht.
Nicht nur die Deutschen griffen die Therapie sofort auf, auch die Chinesen erinnerten sich an Punkte am Ohr. So gesehen konnte sich die chinesische Ohrakupunktur auf eine alte Tradition verpflichten und wurde mit den neuen Elementen ausgestattet. Viel Verwirrung wurde unter den Therapeuten dadurch gestiftet, daß immer wieder Orientierungstafeln von Kontinent zu Kontinent verschoben wurden und deshalb keine klare Linie zu erkennen war. Bekannt war die Ohrakupunktur auch im asiatischen und ägyptischen Raum. Aus allen diesen Wurzeln heraus haben sich inzwischen vier Schulen im europäischen Raum entwickelt.
Stilrichtungen
Chinesische Ohrakupunktur
Autoren: | Schrecke / Wertsch; König / Wancura |
Punkte: | ca.120, mit Zahlen bezeichnet; z.B. 8 für Auge, 87 für Magen, 95 für Nierenzone |
Qualität: | – Organpunkte – Summationspunkte, z.B. 30 für “Tor der Toxine”, 35 für “Sonne” |
Wirkung: | pathologische Punkte |
Seite: | Kontrallateral |
Französische Ohrakupunktur
Autoren: | Nogier et.al. | |
Syn.: | Aurikuloakupunktur Aurikulomedizin | |
Punkte: | ca. 200, verbal bezeichnet, z.B. Polster Anti-Aggression Point Jerome | |
Qualität: | – Organpunkte – Summationspunkte – Psychische Punkte, z.B. Anti-Depression, Begierde – übergeordnete psychische Punkte z.B. Omega-Punkte – Psycho-Analytischer Ohrpunkt, Synonym R-Punkt |
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Wirkung: | – Pathologische Punkte – Biotische Punkte, syn. Konstitutionspunkte, Terainpunkte – Kardinalpunkte, z.B. Interferonpunkt – Meisterpunkte, z.B. Meisterpunkt des Juckreiz – Medikamentenanaloge Punkte, z.B. Interferon – Therapieachse, z.B. Suchtachse, Immunachse – Therapiestrahl – Orgeometrie |
|
Besonder- heiten: |
– Therapiehindernisse werden diskutiert: z.B. fokale Störfeld, Intoxikationen, Lateralitätsinstabilität, Inversion, Oszillation, Reflex Auriculo Cardiale (RAC), unterschiedl. Nadelmaterialien | |
Seite: | Homolateral |
Wiener Schule der Ohrakupunktur
Autoren: | Kropej |
Punkte: | ca.200, unterschiedliche Bezeichnung |
Qualität: | Vernetzung der chinesischen und französischen Stilrichtung |
Wirkung: | Aus beiden Stilrichtungen |
Seite: | ipsilateral, oder beidseitig |
Russische Schule der Ohrakupunktur
Autoren: | Bucek |
Punkte: | ca.200, unterschiedliche Bezeichnungen |
Qualität: | Vernetzung der obigen Stilrichtungen |
Wirkung: | Aus obigen Stilrichtungen |
Seite: | Beidseitig |
Darüber hinaus hat jede Schule besondere Meister hervorgebracht, welche ihre Nomenklatur und meist auch Varianten der Punkte benutzen.
Insgesamt gesehen gibt die Ohrakupunktur, oder nach der französischen Bezeichnung die Aurikulotherapie, dem Therapeuten eine sehr wirkungsvolle Methode an die Hand. Spezialisten in der Ohrakupunktur sehen nicht nur eine Einsatzmöglichkeit in der Therapie, sondern auch zur erweiternden, ergänzenden Diagnose, im Sinne einer Somatopie.
Mit einer richtig gestochenen Nadel kann der Therapeut eine Sofortwirkung erzielen, die durchaus mit einem”Sekundenphänomen” aus der Neuraltherapie vergleichbar ist. Diese Sofortwirkung kommt bei Schmerzpatienten vor. Nach dem Stechen des entsprechenden Punktes sind die Anfangsbeschwerden nicht mehr spürbar. Ein Großteil der Krankheitsbilder ist mit der Ohrakupunktur positiv zu beeinflussen. Insgesamt gesehen ist die Ohrakupunktur einzusetzen bei funktionellen Beschwerden und Störungen. Bei irreversiblen Schäden und Erkrankungen kann sie grundsätzlich nicht primär helfen.
Ein Grundsatz bei Nogier ist folgende Feststellung: ,,Ein jeder Schmerz und Krankheit, die auf ein Trauma zurückgehen, sind mit der Ohrakupunktur positiv zu beeinflussen.”
Indikationen
Schmerzzustände
- akute Schmerzen
- chronische Schmerzen
- posttraumatische Schmerzen
- postoperative Schmerzen
- psychogene Schmerzen
Funktionelle Störungen
- Krankheitsbilder ohne organischen Befund
Psychogene Störungen
- Unruhe
- Angst
- Nervosität
- Lernstörungen
- Konzentrationsstörungen
- Melancholie
- Depressionen
Suchttherapie
- a) ambulant
-Adipositas
-Raucher-Entwöhnungs-Therapie - b) stationär
-Alkohol
-Drogen
Allergie
- Neurodermitis
- endogenes Ekzem
- allergoide Bronchitis
- Rhinitis allergica
- Konjunctivitis allergica
- Urticaria
- Pollinosis
Schwierige Indikationen
- Bettnässen
- Stottern
Nicht geeignet für die Ohrakupunktur: Das konzeptlose Herumstechen ohne vorherige Anamnese und Untersuchung des Ohres.
Kontraindikationen
Bei den Chinesen finden wir folgende Kontraindikationen:
- Extreme Druckschmerzhaftigkeit bzw. Überempfindlichkeit einzelner Punkte;
- akuter Angina-pectoris-Anfall, frischer Myokardinfarkt;
- Asthma-Anfall;
- karzinomatöses Geschehen
- Frostbeulen, frische Verletzungen und Entzündungen der Ohrmuschel;
- Nadelung in Narben
- Schwangerschaft
Die Französische Ohrakupunktur gibt als Kontraindikationen an:
- Schmerzen mit Operationsindikation; kontagiöse und venerische Erkrankungen
- Zustände nach großer körperlicher Anstrengung, starker nervlicher Belastung oder schwerer allgemeiner Erschöpfung
- Zustände unmittelbar nach Abmagerungs- oder Fastenkuren
- Neurologische Erkrankungen wie MS, Amyotrophische Lateralsklerose, Folgen von Poliomyelitis u.a.
- den Zeitpunkt unmittelbar nach einer opulenten Mahlzeit
- die ersten Tage der Menses
- die Schwangerschaft
Bei der Wiener Ohrakupunktur finden wir eine etwas engere Definition der neurologischen Erkrankungen. Kropej spricht von “allen degenerativen und heredodegenerativen Leiden mit vorwiegendem Befall des Rückenmarks” sowie von”demyelinisierenden Erkrankungen”. Desweiteren fügt er dem “Cave”-Gebot während der Gravidität den eigentlich selbstverständlichen, jedoch nützlichen Hinweis auf die genitalbezügliche Zone hinzu, die Zone, die sich mit der Helix aus dem Crus helicis entwickelt.
Last but not least möchten wir auf die Aussagen von R. J. Bourdiol (Französische Ohrakupunktur) verweisen. Nach
seiner Ansicht existieren keine absoluten, sondern lediglich relative Kontraindikationen.
Hiervon betroffen sind:
- Patienten, die unter Neuroleptika stehen. Die eingenommenen Medikamente verhindern aufgrund ihrer speziellen pharmakologischen Wirksamkeit sowohl Diagnosestellung wie Effektivität im Rahmen der Behandlung über die Ohrmuschel. Abbau der schulischen Medikation rät er lediglich dem Spezialisten
- Patienten, die mit reaktiven charakterlichen Mängeln behaftet sind
- Schwangere. Mit Fingerspitzengefühl sind hier elektromagnetische Anwendungen der Massage und den Nadeln vorzuziehen
- Schwerstkranke
Auf die Tätigkeitsvorbehalte, die sich aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen ergeben sei hingewiesen: Bundes-Seuchen-Gesetz; Gesetz über Geschlechtskrankheiten, u.a.
Vom Patienten wird die Nadelung am Ohr als wenig belastend bezeichnet. Ein weiterer Vorteil ist, daß sich der Patient für die Behandlung am Ohr nicht entkleiden muß und somit gerade dem älteren Patienten entgegenkommt.
Therapiehindernisse, die eine optimale Ohrakupunktur beeinträchtigen.
Um eine Ohrakupunktur
erfolgreich durchzuführen, ist es wichtig, einige Therapiehindernisse zu kennen. Es kann nämlich sein, daß trotz
richtig, lege artis, durchgeführter Ohrakupunktur keine erkennbare Wirkung eintritt. Hier muß nach Nogier immer an
folgende Störfaktoren gedacht werden:
- Fokales Störfeld, z.B. Narben, Zähne, chron. Entzündungen (Beheben durch Neuraltherapie)
- Fehlstellung der Wirbel (Beheben durch Chiropraxis)
- Intoxikation, zu denken sind an Umweltgifte, Genußmittel, Medikamente u.a. (medikamentöse Entgiftung, Fasten…)
- psychisches Fehlverhalten bis hin zu Nervenkrankheiten
Desweiteren sind noch folgende Therapiehindernisse nach Nogier und Bahr bekannt. Diese kommen hauptsächlich bei der Verwendung des RAC (=Reflex-Auriculo-Cardiale) zum Tragen:
- Blockaden der 1. Rippe werden Inversion genannt
- Reizleitungsstörungen werden Oszillation genannt
- Lateralitätsinstabilität, d.h., es muß herausgefunden werden, ob der Patient Links- oder Rechtshänder ist. Demnach ist bei Linkshändern das linke Ohr und bei Rechtshändern das rechte Ohr zu behandeln. Gibt es Zweifel, so können beide Ohren gestochen werden, was aber normalerweise nicht nötig ist, wenn vorher die Lateralitätsinstabilität beseitigt wurde.
Anatomie der Ohrmuschel
Um sich an der Ohrmuschel zurechtzufinden und um dem Therapeutengespräch eine grobe Orientierung zu geben, muß der anatomische Aufbau bekannt sein. Nur so lassen sich Punkte/Areale im Ohrrelief genau ansprechen. Zudem ist diese grobe Orientierung dazu nötig um wenigstens eine einheitliche anatomische Sprache am Ohr zuzulassen. Hier haben sich im großen und ganzen einheitliche Bezeichnungen durchgesetzt (siehe dazu Abb.1 und 2).
Die
Innervation, also die Nervenversorgung der Ohrmuschel, geht nach Günter Lange von drei verschiedenen Nerven aus:
Der N. auricularis magnus versorgt:
– Ohrrückseite
– äußeren Rand der Helix
– Ohrläppchen.
Dies
entspricht u. a. dem Nervensystem, der Haut usw. und entspricht so dem ektodermalen Keimblatt.
Der N. vagus innerviert:
-die Concha.
Hier wird somit das entodermale Keimblatt projiziert.
Der Rest der Ohrmuschel wird von einem Teil des dritten Astes des N. trigeminus innerviert. Dies entspricht u.a. den Knochen, Muskeln, Gefäßen, Herz und somit dem mesodermalen Keimblatt.
Phänomenologische Betrachtung
Nach der chinesischen Auffassung wird das Ohr waagerecht durch Pkt. 82 (Nullpunkt bei der französischen Schule) in einen oberen Anteil und einen unteren Anteil aufgeteilt. Oberhalb dieser Linie liegt der Yin-Anteil und unterhalb dieser Linie der Yang-Anteil.
Arbeiten wir nun am Ohr, so kann versucht werden, ob das Ohr etwas über den Menschen aussagt, den wir gerade behandeln. Das Ohr wird schon bei der Geburt seine endgültige Form haben. Das heißt, dass sich das Ohr in seiner Grundstruktur kaum verändert. So gesehen hat die Aussage von Rudolf Steiner “Das Ohr ist ein Bild vergangener Erdenleben” eine große Bedeutung. Wir wollen in unserer Betrachtung nicht so weit gehen und beschäftigen uns mit der Gegenwart. Grob können wir das Ohr in sechs Sektionen einteilen und sind in der Lage, dies in der Praxis schnell zu beobachten und zu beurteilen. Diese phänomenologischen Betrachtungen haben jedoch mit dem System Ohrakupunktur nichts gemeinsam. Diese zwei Systeme dürfen nicht verwechselt werden. Diese Betrachtung mag den Therapeuten dazu anregen, sich mit der Semiotik zu beschäftigen. Er erhält durch den Anblick des Menschen/Patienten wertvolle Hinweise, die ganz ohne Geräteaufwand sind.
Nomenklatur
Der Therapeut, der Interesse an der Ohrakupunkturfindet, wird gerade am Anfang seines Studiums von der unterschiedlichen Nomenklatur verwirrt. Dies geschieht gerade dann, wenn zwischen den Schulen/Autoren quergelesen wird und der allgemeine Überblick fehlt. So gesehen fällt es vielen nicht leicht, an der Ohrakupunktur Geschmack zu finden. Wer jedoch einmal einen Schmerzpatienten erlebt hat, der nach der Nadelung schmerzfrei war, ist von der Richtigkeit der Therapie überzeugt. In der Medizin finden wir übrigens häufig eine unterschiedliche Nomenklatur. Es ist gerade beim Einarbeiten in diese Methode wichtig, konsequent eine Schule zu erlernen. Beim Besuch von Seminaren sollte immer nach dem Autor des Punktes gefragt werden, um evtl. Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden. Dies sollte so lange geschehen, bis es gelingt, wie etwa z.B. bei der Körperakupunktur, eine einheitliche Regelung zur Nomenklatur zu finden.
Es gibt zur Zeit eine unüberschaubare Vielfalt an Nomenklaturen, und keine konnte sich bisher als eine für alle Therapeuten annehmbare Alternative anbieten. Im Prinzip gibt es drei Systeme:
- Das System nach Dr. Niels Krack, welcher anhand des Postleitzahlensystems, übertragen auf das Ohr, Ordnung in die Nomenklatur bringen wollte. Dieses System hätte sich sicher gut geeignet, um eine Grundordnung zu schaffen. Leider wurde es von vielen Therapeuten nicht angenommen.
- Numerierung der Punkte/Areale am Ohr. Dieses System finden wir u. a. bei Schrecke-Wertsch wieder. So ist z. B. der Pkt. 55 allgemein bekannt in der Ohrakupunktur. Spricht nun ein Therapeut von dem berühmten Punkt 55, so ist die Bezeichnung”Tor der Götter” als allgemeiner entzündungshemmender Punkt und zur Schmerzlinderung bekannt. Einer großen Anzahl von Therapeuten sind diese Punkte nach Schrecke-Wertsch bekannt und finden Anwendung.
- Bezeichnung der Punkte mit Namen. Dies wird hauptsächlich in der französischen Ohrakupunktur gebraucht. So wird jeder Punkt mit seiner Indikation oder einer illustren Bezeichnung geführt, die es dem Therapeuten erleichtert, den Punkt zu identifizieren. Als Beispiel sei der”Punkt der Freude” genannt. Auch diese verbale Nomenklatur hat sich durchgesetzt. Jeder Therapeut, der sich intensiver mit der Ohrakupunktur auseinandersetzen will, sollte beide Nomenklaturen, die numerische sowie die verbale, kennen.
Nach Bahr traf sich in Lyon am 28.-30. Nov. 1990 die Nomenklaturkommission des Fachbereichs Ohrakupunktur. Vertreten waren u.a. folgende Nationen: Chinesen, Japaner, Vietnamesen, Nord- und Südkoreaner, Franzosen und Deutsche. Jede Nation hat zum Teil eigene Anschauungen und Überlegungen in bezug auf die Anwendung und Durchführung der Ohrakupunktur. Es konnte bei der Lokalisation trotz verschiedener Unstimmigkeiten auch eine gemeinsame Festlegung erarbeitet werden. Dies waren u. a. Finger Thorax, Handgelenk, Ellenbogen, Schulter und Nacken.
Philosophische Betrachtung
Einer allgemeinen Interpretation gemäß wird im Ohr ein auf dem Kopf stehender Embryo dargestellt. Dabei stellt der Lobulus den Kopfbereich dar. Diese schematische Vereinfachung läßt schon eine grobe Orientierung am Ohr zu. Wichtig ist jedoch noch zu wissen, daß die Organe nicht proportional im Ohr wiedergegeben werden, sondern leicht verzerrt auf das Reflexorgan Ohr projiziert werden. Die Größe der Projektion am Ohr hängt u. a. von der Anzahl der Schmerzrezeptoren ab. Zudem ist noch der energetische Zustand von Bedeutung. So gesehen sind die Zonen für die Zehen und Finger nicht auf einen topografischen Punkt zu bringen, sondern werden in einer Zone projiziert. Bei einer Beeinträchtigung der Funktion, egal welcher Art, z. B. bei einem Trauma, degenerativ oder funktionell, werden sich in diesem Areal bestimmte Punkte melden, welche den maximal gestörten organotropen Punkt darstellen. Dieser ist dann zu behandeln.
Lokalisation der Punkte am Ohr
Leider gibt es, oberflächlich betrachtet, noch immer unterschiedliche Punktangaben bei der chinesischen und französischen Ohrakupunktur für ein Organ. Hier sei exemplarisch das Knie genannt. Diese unterschiedlichen Angaben der Punkte dienen Kritikern oftmals als Hinweis, daß dies doch nicht so sein kann. Eine mögliche Erklärung liegt jedoch in der unterschiedlichen Betrachtungsweise des Organs sowie dessen Krankheitsursache. Hier muß der Therapeut zwischen chinesischer und französischer Ohrakupunktur so wie Wiener Schule unterscheiden. Es ist zudem ein Unterschied, welcher Anteil des Knies gemeint wird. Ob dies nun der knöcherne Anteil des Knies oder mehr das Verbundsystem Knie ist. Wichtig ist zu wissen, daß immer der maximal gestörte Punkt am Ohr zu therapieren ist. Hier ist der therapeutische Nutzen am größten. Der maximal gestörte Punkt am Ohr, der über das Reflexgeschehen zu beeinflussen ist, läßt sich durch die Ursache der Erkrankung unterschiedlich orten. Es ist ein Unterschied, ob ein traumatisches, degeneratives oder ein funktionelles Geschehen die Ursache darstellt. Darum kommt auch der Untersuchung des Ohres eine große Bedeutung zu. Zudem sind bei den Chinesen Summationspunkte bekannt, die das Organ in seiner Gesamtheit erkennen und somit die Erkrankung behandeln. Da es auch keine zwei gleichen Ohren gibt, diese sind genauso individuell wie deren Träger, ist die Lokalisation auf Karten ebenfalls nicht exakt möglich. Die Punkte können in einer Topografie anhaltsweise in Arealen angegeben werden und sind anschließend vom Therapeuten vor Ort genau zu suchen.
Doppelbenennung von Ohrpunkten
Die Doppelbenennung der Ohrpunkte ist wegen einer fehlenden einheitlichen Nomenklatur noch “gang und gäbe”. Dies stellt für den erfahrenen und belesenen Therapeuten keine Verunsicherung dar. Oft ist es so, daß mit der Benennung eines Punktes nach einem Autor dessen Arbeit gewürdigt wird. Dies geht natürlich zu Lasten der Vereinheitlichung der Sprache. Folgendes Beispiel eines psychotropen Ohrpunktes mag es verdeutlichen:
- Bahr spricht vom Psychotherapiepunkt nach Bourdiol.
- Kropej spricht vom psychosomatischen Punkt (R-Punkt n. Bourdiol)
- Elias spricht vom Punkt Bourdiol.
- Lange spricht vom R-Punkt nach R. F. Bourdiol.
Bei diesen vier Beispielen ist immer derselbe Punkt gemeint. Da jetzt jeder der Therapeuten den Punkt gleichzeitig mit dessen Entdecker benannt hat, kommt es kaum zu einer Verwechslung. Der unerfahrene Therapeut kommt jedoch schnell in Verwirrung und mag evtl. eine wirklich gute Therapieform verlassen. Es ist gerade deshalb für die Zukunft wichtig, eine einheitliche Sprache herzustellen. Dies dient der Sache. Eine weitere Möglichkeit wäre es, auf die unterschiedlichen Benennungen hinzuweisen. Insgesamt jedoch gesehen bieten die verschiedenen Schulen der Ohrakupunktur trotz der kleinen Unterschiede eine hervorragende Symbiose.
Punktsuche
Von entscheidender Wichtigkeit bei der Ohrakupunktur ist das exakte Finden der Punkte am Ohr. Hierzu gibt es verschiedene Verfahren, deren sich der Therapeut bedienen kann:
1.) Topografie
Die meisten Anfänger orientieren sich an einer Topografie. Damit der Therapeut
nicht schon zu Beginn durch unterschiedliche Topografien aus den verschiedenen Schulen und deren Autoren verunsichert
wird, sollte er sich entscheiden, für welche Schule er sich berufen fühlt. Dies ist sicher sehr schwer möglich, da es
dem Anfänger am Überblick fehlt, doch bringt diese Entscheidung einige Vorteile mit sich. Denn es wäre schade, würden
seine ersten Gehversuche wegen einer unterschiedlichen Sprache beendet. Hat sich der Therapeut in seine Topografie
eingearbeitet, so kann er sich mit anderen Autoren auseinandersetzen. In der Zwischenzeit sind die erworbenen
Kenntnisse in die tägliche Praxis umzusetzen.
2.) Hautwiderstandsmessung
Der pathologische Punkte,- der Punkt am Ohr, der durch die Nadel
manipuliert werden soll – kann mittels einer Hautwiderstandsmessung exakt gefunden werden. Dieser energetisch gestörte
Punkt läßt Rückschlüsse auf das diesbezügliche Organ zu. Aufgrund dieser energetischen Störung verändert sich der
Hautwiderstand, und somit kann der veränderte Hautwiderstand mittels elektrischer Hilfsgeräte genau gefunden werden.
Daß diese Messungen nachvollziehbar sind, wurde in unabhängigen Untersuchungen schon bewiesen. Als diese Geräte neu
eingeführt wurden, hat man am Nullpunkt (Pkt 82 bei den Chinesen) des Ohres das Gerät geeicht. Heute geht man jedoch
dazu über, das Gerät an einer x-beliebigen Stelle zu eichen. Der Hintergrund dieses Vorgehens ist folgende Überlegung:
Wird das Gerät an einem Null-Punkt geeicht, der selbst schon energetisch ge stört ist, evtl. sogar pathologisch ist,
so ist das weitere Vorgehen zum Scheitern verurteilt. Will man ein solches Gerät benutzen, so muß man die Topografie
trotzdem kennen. Die Geräte zeigen nicht an, wie der Punkt heißt, sondern nur dessen energetische Ungleichheit zu dem
Eichvorgang. Das ungefähre Areal muß also bekannt sein, und mittels Punktsuchgerät kann der Punkt exakt gesucht
werden. Der Therapeut muß beim Kauf des Gerätes darauf achten, daß er es später auch einfach und unkompliziert
bedienen kann. Gerät und Therapeut müssen eine Einheit werden.
3. Drucksonde
Das Suchen der Ohrpunkte mittels einer Drucksonde hat breite Akzeptanz gefunden.
Bei gleichem Druck mit der Sonde auf das Ohr melden sich bestimmte Punkte durch ein sogenanntes Grimassenzeichen! Das
Grimassenzeichen, also der veränderte Gesichtsausdruck, gibt uns den zu behandelnden Punkt an. Damit haben wir den
maximal gestörten Punkt gefunden. Das Zukneifen der Augenbrauen, das Verziehen der Wangen oder eine kleine Äußerung
“das tut weh” sind eindeutige Zeichen. Nicht immer ist ein deutliches Grimassenzeichen zu erkennen. Hier sollte sich
der Therapeut ganz genau das Ohr betrachten, gestaute Äderchen, große Poren, Pigmente sind als Hinweis sehr wichtig.
Werden solche Zeichen gefunden und passen diese in die Topografie, so muß nochmals exakt und mit der nötigen Zeit
gesucht werden. Der Patient darf aber nicht so gemartert werden, daß anschließend das ganze Ohr ein Grimassenzeichen
auslöst.
4. Nogierreflex
Der Reflex-Auriculo-Cardiale oder Auriculo-Cardialer-Reflex (RAC) nach Nogier ist
eine Kunst. Dieses Pulstasten ist nicht einfach zu erlernen. Es bedarf einer ständigen Übung, ähnlich wie bei der
chinesischen Pulsdiagnose. Um dies einwandfrei zu beherrschen, muß sehr viel unter Anleitung geübt werden, und es
bedarf eines großen Könnens. Der Therapeut sucht mit dem Daumen den radialen Puls am Patienten,z. B. mit der linken
Hand, nimmt die Akupunkturnadel in die rechte Hand und führt diese am Ohr entlang. Sollten z. B.
Wirbelsäulenbeschwerden vorhanden sein, so geschieht dies an der Anthelix. Verändert sich die Pulswelle, so wurde ein
pathologischer Punkt gefunden – einfach ausgedrückt. Große Bedeutung hat der RAC bei der französischen Ohrakupunktur
erlangt. Bahr und Elias gehen in ihren Veröffentlichungen wiederholt darauf ein. Auf Seminaren und in Kursen wird
immer wieder die Testung mit dem RAC gelehrt und durchgeführt. Der fortgeschrittene Therapeut in der Ohrakupunktur
wird an dieser Methode nicht vorbeikommen und muß sich damit beschäftigen. Ob er sie später auch in der Praxis
anwendet, bleibt ihm überlassen.
Hilfsmittel zur Punktsuche
Um die Ohrpunkte besser zu finden, werden einige Hilfsmittel benötigt:
- Der Drucktaster gehört zur Grundausstattung eines Therapeuten, der die Ohrakupunktur ausführen möchte. Hier ist darauf zu achten, daß der Drucktaster gut in der Hand liegt und die Druckspitze nicht zu groß ist. Es gibt Drucktaster mit unterschiedlichen, variabel einzustellenden Druckstärken und mit feststehender Drucksonde.
- Der Steigbügel wird dazu benutzt, um Vertiefungen und Kerben am Ohr zu finden. Hiermit kann schon eine grobe Orientierung am Ohr erfolgen. So ist das Einteilen der HWS-BWS-LWS mittels Steigbügel an der Anthelix gut möglich.
- Punktsuchgeräte gibt es in verschiedenen Modellen. Der Therapeut muß sich mit dem Gerät vertraut machen und es einwandfrei beherrschen. Ein Vergleich der verschiedenen Modelle ist unabdingbar, um das geeignete Gerät zu finden. Danach ist Übung und nochmals Übung wichtig, um eine Therapieeinheit Gerät/Therapeut zu erreichen. Ein Gerät kann nur so gut sein wie sein Bediener.
Von oben nach unten: Massagestab aus Glas, Farblichtgerät, Drucktaster mit mittlerer Druckspitze, Drucktaster mit kleiner Druckspitze, Drucktaster 250 g, Steigbügel. Ein Punktsuchgerät wurde nicht abgebildet, da es eine Vielzahl auf dem Markt gibt.
Nadeln
Es wird immer wieder über die verschiedenen Aspekte der Metalle bei der Akupunktur diskutiert und berichtet. Zum Einsatz kommen zum großen Teil:
- Goldnadeln
- Silbernadeln
- verschiedene andere Metalle
- Stahlnadeln.
Jeder Therapeut muß hier seine eigenen Erfahrungen machen. Er kann zwar die Lehrmeinung übernehmen, muß diese jedoch in der täglichen Praxis erproben. Dort wird Brauchbares von Unbrauchbarem getrennt.
Ich selbst bevorzuge Einmalnadeln aus Stahl. Nach der Nadelung werden die Nadeln entsorgt. Somit entfällt das Sterilisieren. Sollte eine goldähnliche Wirkung erzielt werden, so kann die Stahlnadel durch eine Rechtsdrehung manipuliert werden. Ist eine silberähnliche Wirkung erwünscht, so kann die Stahlnadel durch eine Linksdrehung manipuliert werden.
Aufgrund meiner positiven Erfahrung benutze ich die Nadeln durch Hin- und Herdrehen und verzichte auf eine Manipulation in Richtung Gold oder Silber. Die Größe der Nadeln, die der Therapeut benutzen kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Finger- und Handgröße des Therapeuten
- der zu behandelnden Person
- dem Schmerzempfinden des Patienten
- der Philosophie
- dem energetischen Zustand der Nadel
- wieviel Masse ans Ohr gebracht wird.
Folgende Nadelgrößen haben sich in meiner Praxis bewährt:
- 0,20 x 15 mm für Kinder und schmerzempfindliche Patienten
- 0,30 x 30 mm Standardnadeln
Jede Stahlnadel ist einzeln verpackt und bietet somit ein Optimum an Sterilität.
Dauernadel
Der Einsatz von Dauernadeln ist ebenfalls möglich und unkompliziert. Sollten Sie die Dauernadeln wählen, müssen Sie sich vorher über folgende Nachteile im klaren sein:
- mögliche Unverträglichkeit aufgrund der Metallzusammensetzung
- Entzündung der Stichstelle
- zu starker Reiz
- unvorhergesehene Manipulation, z.B. durch elektrische Magnetfelder.
Die Vorteile sind:
- chronische Zustände können durch eine Dauermanipulation beeinflußt werden.
- störfeldbedingte Punkte können massiv behandelt werden
- der Patient muß nur einmal pro Woche zur Kontrolle kommen, in Ausnahmesituationen alle zwei Wochen
- starker Reiz kann bei Bedarf selbst durch einen Magneten manipuliert werden, z.B. bei Rauchverlangen
Der Patient soll täglich die Dauernadel auf einwandfreien Sitz überprüfen und ob die Einstichstelle reizlos ist. Bei Bedarf kann er selbst die Nadel entfernen. Über negative Auswirkungen der Dauernadel möchte ich jedoch noch berichten. Eine Patientin bekam von mir wegen LWS-Beschwerden eine Dauernadel im LWS-Bereich am Ohr. Damit konnte sie die Schmerzen gut beeinflussen. Sie ging mit dieser Dauernadel am Ohr zum Friseur und ließ sich Dauerwellen machen. Dazu mußte auch das Haar gefönt werden. Diese kleinen magnetischen Impulse lösten einen solch starken Reiz aus, daß die Patientin nach dem Fönen kaum noch gehen konnte. Dies wurde erst nach Entfernung der Dauernadel besser.
Manipulation am Ohr
Neben der Nadel kann das Ohr auch anders gereizt werden. Viele Therapeuten arbeiten deshalb mit unterschiedlichen Methoden. Den meisten dürfte die Laserakupunktur schon bekannt sein. Daß es auch mit dem”kalten Farblicht”, welches durch einen Pyramidenfokus gebündelt wird, funktioniert, ist noch wenigen bekannt. So kann die Akupunkturnadel durch den Laser oder das Farblicht, z. B. bei Kindern oder schmerzempfindlichen Patienten, ersetzt werden.
Bekannt ist auch die Akuinjektion eines Neuraltherapeutikums am Ohrpunkt, was ebenfalls erstaunlich wirksam ist. Hier hat sich die Wirkung der Nadel mit einer kleinen Depotwirkung des Präparats ergänzt und wirkt damit doppelt. Dies ist für den Therapeuten wichtig, der nur das ungefähre Areal kennt und somit flächig den Akupunkturpunkt mit einem Neuraltherapeutikum abdeckt. Es kann natürlich auch jede andere Substanz an den Ohrpunkt gebracht werden.
Die Massage oder Akupressur am Ohr eignet sich für den Patienten als”Erste Hilfe Maßnahme” für zu Hause sehr gut. Hier lassen sich kleinere Beschwerden gut im Anfangsstadium abfangen. Weiter wäre noch der Piezo-ElektrischeImpuls zu nennen. Da diese Methode jedoch mit einem elektrischen Impuls einhergeht, der im ersten Moment einen Schmerz-Schreck auslöst, eignet sich dieser am Ohr weniger für Kinder und schmerzempfindliche Patienten.
Ergänzung zu anderen Therapien
Die Ohrakupunktur läßt sich hervorragend mit jeder anderen Therapieform kombinieren und ergänzen. Sie erlaubt es, in der Praxis zu “zaubern”. Es kommt häufig vor, und hier macht Übung den Meister, daß während der Nadelung eine Linderung der Beschwerden eintritt. Auch hier kann man wie bei der Neuralinjektion von einem Sekundenphänomen sprechen. Eine Kombination mit
- medikamentöser Therapie
- Chiropraxis
- Neuraltherapie
- Körperakupunktur
ist von Vorteil und ohne große Probleme in die Praxisorganisation mit einzubauen.
Verschiedene Systeme
1. Behandlungs- oder
Therapiestrahl
Dieses System wurde von Nogier entwickelt und hat sich bewährt. Dazu muß an der Anthelix
(Wirbelsäulenbereich) der entsprechende schmerzhafte Ohrpunkt gesucht werden. Ist der maximal schmerzhafte Punkt
gefunden, wird vom Nullpunkt aus über diesen Punkt eine geistige Linie zur Vegetativen Rinne gezogen und diese Punkte
(Null-Punkt, Punkt an der Anthelix und in der Vegetativen Rinne) sind zu stechen. Diese Behandlungsmöglichkeit zeigt
vor allem bei chronischen Leiden und bei der Sehmerzbehandlung große Wirkung. (Siehe dazu Abb. 5)
2. Ohrgeometrie
Sie wurde ebenfalls von Nogier entwickelt. Von dem Behandlungsstrahl geht im
Winkel von 30,60 und 90 Grad eine weitere Linie ab. Hier werden dann sogenannte Unterstützungspunkte gefunden. Es
werden zusätzlich die Unterstützungspunkte an der Vegetativen Rinne und der Helix gestochen. (Siehe Abb. 6)
3. Segmenttherapie
In der Praxis hat es sich gezeigt, daß man als erstes über die Anthelix das
gestörte Wirbelsäulensegment sucht. Da es oft mehrere schmerzempfindliche Punkte am Ohr gibt, sollte auch die
Vegetative Rinne untersucht werden. Dort zeigt sich dann der schmerzhafte Punkt deutlich.
Diesen Punkt stechen wir
zu Beginn der Behandlung. Oft werden dadurch einige therapeutische Punkte so energetisch durchflutet, daß nur noch
wenige behandlungswürdige Punkte übrigbleiben.
4. Zonendominante Punkte
Jede Zone am Ohr hat einen zonendominanten Punkt,
über den die ganze Zone beeinflußt werden kann. Große Bedeutung hat dies u.a. bei der Lasertherapie. Insgesamt werden
sieben zonendominante Punkte, von A-G, gelehrt. Der untere Teil vom Lobulus wird durch den zonendominanten Punkt G
beeinflußt, welcher gleichzeitig den Allergiepunkt an der Spitze der Helix darstellt. Es kann also bei Beschwerden in
diesen Bereichen durchaus auch der Allergiepunkt zum Einsatz kommen. Voraussetzung ist jedoch, daß er sich durch eine
der angesprochenen Methoden finden läßt. (Siehe Abb. 7)
Sonderformen der Ohrakupunktur
Da die Ohrakupunktur ein komplexes Therapieschema zur Hand gibt, sind von verschiedenen Therapeuten interessante Behandlungsmethoden am Ohr entdeckt worden:
- Durchstichakupunktur
- Zangentechnik
- Achsenprogramm
- modifizierte Ohrgeometrie
- Testung von Medikamenten am Ohr
- Diagnosepunkte für Vitamine
- Körperpunkte am Ohr
- Entsprechung der Körper-Ohrpunkte
- Punkte mit medikamentenähnlicher Wirkung am Ohr
- Chakrentherapie am Ohr
- Kardinalpunkte am Ohr
Zuordnung der Punkte/Areale am Ohr
Die Punkte, die sich am Ohr finden lassen, können auf verschiedenen Ebenen eingreifen. Dazu folgende Einteilung:
Organotrope Punkte sind Punkte am Ohr, die einen Bezug zu den verschiedenen Organen haben. Ist ein Organ energetisch, akut, chronisch oder degenerativ geschädigt, so wird sich mit der Zeit der Punkt am Ohr finden lassen. Dazu folgender Versuch: Üben Sie mit einer Klammer beim Probanden einen starken Druck auf den Daumen aus. Versuchen Sie nach ca. 15 Minuten, den Daumenpunkt am Ohr zu finden. Danach entfernen Sie die Klammerwarten einige Minuten und versuchen nochmals den Punkt zu finden. Bei richtiger Suche darf sich nur der schmerzhafte Punkt finden.
Vegetative Punkte sind Punkte am Ohr, die ein Organ oder auch nur ein Gefühl darstellen. Hier ergänzen sich die chinesische und französische Schule optimal.
Psychotrope Punkte (Abb.8) wurden von Nogier und Bourdiol besonders ausgearbeitet. Hier sind vier Punkte von Bedeutung:
- Omega-Hauptpunkt hat Einfluß auf die psychische Persönlichkeit
- Omega 1 hat Einfluß auf die vegetative Persönlichkeit
- Omega 2 hat Einfuß auf die Beziehung der Person zur Umwelt
- R-Punkt nach Bourdiol führt zur Erinnerung an erlittene Traumen und seelische Blockaden. Dieser Punkt ist nichts für ungeübte Therapeuten.
Summationspunkte am Ohr sind aus der chinesischen Ohrakupunktur bekannt. Die sogenannten “Barfußärzte” in China verwenden häufig diese Punkte und haben somit zu deren Verbreitung beigetragen. Hier haben sich für bestimmte Beschwerdenkomplexe Punkte besonders bewährt. Der Anfänger kann mit diesen Punkten gut arbeiten, sollte es aber nicht versäumen, seine Kenntnisse zu ergänzen.
Behandlungsbedürftige Punkte
Als behandlungsbedürftige Punkte können alle Punkte/Areale am Ohr
angesehen werden, die durch eine Methode Ihrer Wahl gefunden werden können. Es sind dies:
- Pathologische Punkte, die sich aufgrund ihres Reflexverhaltens am Ohr finden lassen.
- Biotische Punkte, die Schwachstellen im Organismus. Mit diesen Punkten läßt sich eine konstitutionelle Therapie durchführen.
Erlernen der Ohrakupunktur
Die Pflicht der Ohrakupunktur ist ohne weiteres in Kursen/Seminaren zu erlernen. Nach diesen Kursen kann schon mit
den ersten Gehversuchen begonnen werden.
Die Kür jedoch bedarf eines intensiven Studiums der verschiedenen Schulen
und Autoren sowie des fleißigen Übens und Umsetzens der Theorie in die Praxis. “Am Anfang steht das Sammeln. Danach
das Verwerten. Dabei das Prüfen. Hier wird Gutes vom Schlechten getrennt. Zum Schluß die Kür.”
Die Ohrakupunktur bietet für alle Bereiche der Therapie und evtl. zur ergänzenden Diagnostik eine hervorragende Grundlage. Ob sich der Therapeut mit dem einfachen Stechen der organotropen Punkte begnügt oder ob er sich in die tiefsten Geheimnisse vorwagt, ist ganz von der persönlichen Faszination durch dieses System abhängig. Das Erlernen dieser Methoden ist jedoch eine wahre Bereicherung für die Naturheilpraxis.
Therapeutischer Aufbau
Gerade die Ohrakupunktur ist in der Lage, die Gesamtpersönlichkeit des Menschen zu behandeln. Kommt dieser mit einer somatischen Erkrankung in die Praxis, darf niemals außer acht gelassen werden, daß die Ursachen durchaus im seelisch-geistigen Bereich liegen können. Deshalb ist es wichtig, nicht nach einem Schema vorzugehen. Das Motto: Kniebeschwerden werden mit dem Kniepunkt behandelt, führt letztendlich in eine Sackgasse. Das schematische Vorgehen ist zum Scheitern verurteilt! Die empfohlenen Punktekombinationen sind für den Therapeuten ein Hinweis dem nachgegangen wird. Es sind neben den organotropen Punkten auch die vegetativen, personotropen und Summationspunkte mit einzubeziehen. Es muß also das gesamte Ohr und natürlich auch die gesamte Person erfaßt werden. Folgendes Vorgehen hat sich bewährt:
- Inspektion der Ohrmuschel
- Suchen des gestörten Segments mit dem Therapie-Behandlungsstrahl
- Einbeziehen des gestörten Organpunkts
- Beachten besonderer Punkte, 55,29,26A,13,22,23, nach Schrecke-Wertsch
- Einbeziehen der vegetativen und personotropen Punkte
Alle gefundenen Punkte sind zu behandeln. Das Ohr darf jedoch nicht einem Nadelkissen gleichen. Die Auswahl der Punkte ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Der Fachmann kommt mit wenigen Nadeln aus. Da dieses Vorgehen gerade den Anfänger überfordert, sei daran erinnert, daß die Ohrpunkte nach mehreren Gesichtspunkten gewählt werden können. Dies sind die verschiedenen Stufen,die ein Therapeut erklimmen kann, und sie sind auch als Einteilung zu verstehen:
- nach der Somatotopie, Stufe 1
- nach dem Reflexverhalten, Stufe 2
- Überlegungen aufgrund der Ohrgeometrie, Stufe 3
- gemischte Behandlungsmethode, Stufe 4
Manipulationsarten
Es können u.a. diskutiert werden:
Nadeltechnik
- senkrechter Stich
- flacher Stich
- Zangentechnik
- Krähenfußtechnik
- Siebtechnik
- Very Point Methode
- Mikro-Aderlaß
- Aku-Injektion
- Dauernadel
Massage
- Akupressur
- Mikromassage
- Stäbchenmassage
- Perkutane Regulationsmassage
Druckpflaster
- Samen
- Stahlkugeln
- Magnet
- Homöopathische Globuli
Wärme
- Moxa
- Kauterisation
Lichttherapie
- Lasertherapie
- Farblichttherapie
Elektrostimulation
- Punctoscope
- Stimulationsgeräte
Stechen der Nadel
Das Ohr des Patienten wird mit der linken Hand des Therapeuten fixiert, und mit der rechten Hand wird die Nadel zum Ohr geführt. An dem entsprechenden Punkt wird die Nadel angesetzt und durch Hin- und Herdrehen (neutrale Wirkung bei Stahlnadeln) ca. 1-2 mm in die Tiefe geführt. Jede Nadel, die die Haut des Patienten verletzt, hinterläßt bei diesem ein individuelles Schmerzempfinden. So sollte auf die Frage, ob das Stechen weh tut, ehrlich geantwortet werden. Jedoch läßt der Einstichschmerz schnell nach. Falls er nicht nachläßt oder gar stärker wird, kann die Nadel entfernt werden. Die Nadeln bleiben meist 15-20 Minuten liegen und können dann leicht entfernt werden. Sollte eine Nadel noch festsitzen, so kann diese noch für einige Minuten im Ohr verbleiben, um danach entfernt zu werden.
Bei akuten Fällen kann die Ohrakupunktur in zweitägigem Abstand erfolgen. Bei chronischen Fällen sollte einmal die
Woche genadelt werden.
Je nach Indikation sind mehrere Sitzungen mit dem Patienten zu vereinbaren. Häufig werden
etwa 10 Sitzungen empfohlen. Dies kann natürlich nur ein Anhaltspunkt sein, denn jeder Patient kommt mit einem
individuellen Beschwerdebild. Tritt nach einem erfolgreichen Therapiezyklus ein Rezidiv auf, kann mit wenigen
Sitzungen nachbehandelt werden. Darauf ist jedoch der Patient hinzuweisen. Da die Ohrakupunktur eine sehr wirksame
Therapieform darstellt, sollte nach der dritten oder vierten Sitzung eine Änderung im Krankheitsbild eintreten. Ist
dies nicht der Fall, muß die Therapie nochmals überdacht werden und gegebenenfalls eine andere Methode hinzugezogen
werden. Es gilt auch hier-.”Es gibt keine 100%ige Therapieform”.
Fallbeschreibungen
Diese Fallschilderungen sollen skizzenhaft die praktische Anwendung der Ohrakupunktur in der
Praxis zeigen. Wichtig vor der Therapie ist eine exakte Anamnese und Diagnosestellung. Hierzu gehört auch die genaue
Inspektion des Ohres und der infrage kommenden Punkte. Die angegebenen Punktkombinationen sollen Sie dazu anregen,
welche Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen sind. Auf keinen Fall ist dies ein Muß! Sie gehen individuell auf den
Patienten ein und finden ihn wieder im Reflexorgan Ohr. Hieraus ziehen Sie ihre Therapieempfehlung. Daß die
Ohrakupunktur keinen Anspruch auf eine monogame Therapieform hat, mögen die folgen den Beispiele zeigen. So wie die
Krankheitsursache nicht monogam sein kann, sollte es auch die Therapie nicht sein. Die Lebensumstände des Patienten
sind zu mannigfaltig, um einer Monotherapie zu entsprechen. Hier gilt es zum Wohle des Patienten verschiedene
Angriffswege zu wählen.
Fall 1: LWS-Syndrom
Untersuchung der Wirbelsäule, Suche nach Störfeldern, Suche nach
Organbelastungen.
Therapie: Chiropraktischer Griff, evtl. Neuraltherapie und Farbtherapie, Schröpfkopfmassage mit
Traumasalbe von Rödler.
Ohr: Maximal gestörten Punkt im LWS Bereich suchen, Nullpunkt und anschließend von
Nullpunkt über LWS Punkt zur Vegetativen Rinne gehen. Diese drei Punkte stechen. Dieses Vorgehen wird Behandlungsoder
Therapiestrahl genannt, dazu Pkt. 55.
Fall 2: Schulter-Armsyndrom
Untersuchung der Region Schulter-Arm mit Wirbelsäule.
Therapie:
Gerade beim Schulter-Arm-Syndrom ist ein schematisches Vorgehen unangebracht. Chiropraktischer Griff, falls es die
Schmerzsymptomatik zuläßt.
Ohrpunkte: HWS-Bereich untersuchen und den maximal gestörten Punkt stechen,
Schulterpunkt, Behandlungsstrahl von Nullpunkt zur Vegetativen Rinne, Pkt.55, Ellenbogenpunkt.
Medikamentös: Arnika
D 4, Ruta D 4, Hypericum D3 zu gleichen Teilen mischen, 3 x 20 Tropfen, im akuten Fall stündlich 10 Tropfen.
Phlogenzym, 3 x 2 Tabletten, Salbenverband.
Fall 3:
Angstsymptomatik
Gesprächstherapie
Untersuchen der psychischen Punkte und die druckempfindlichen
behandeln. Angezeigt sind u. a. Angst, Freude, Beklommenheit, Aggression, Depression.
Medikamentös: Zinkum val.
Injektionen und Psycho Duo Tropfen von Hevert. Liegt eine depressive Grundstimmung vor, sei an Hyperforat und
Esbericum gedacht.
Fall 4: Heuschnupfen
Suche nach Störfeldern
Mikrobiologische Therapie
Ohr: Allergie, Pkt.
55, Endocrinum, Nasennebenhöhlen, Niere
Körper: Di 4, Di 11, Di 20, BI 2,Yin Tang
Medikamentös: Ermsech, 2 x 2
Kapseln, DHU Heuschnupfenmittel, stdl. 10 Tropfen, nach einigen Tagen 3 x 25 Tropfen.
Fall 5: Krampfaderbeschwerden
Blutegelbehandlung
Ohr: Venennadel tief an der Helix
vorschieben, Pkt. 55.
Medikamentös: Venalot Injektionen, Liniment und Dragees. Venentee Syxyl.
Fall 6: Neurodermitis
Nahrungsumstellung, Darmsanierung, Störfeldsanierung
Ohr: Allergie,
Urtikaria, Parotis, Endokrinum, Lunge, Nullpunkt
Medikamentös ist keine allgemeine Empfehlung aus meiner Sicht
möglich. Bewährt hat sich u. a. Haut- und Blutreinigungstee Infirmarius Rovit und verschiedene Oligoplexe Madaus.
Fall 7: Raucherentwöhnung
Die Raucherentwöhnung über das Ohr ist gut möglich. Dieses Thema wir
ausführlich in einer der nächsten Hefte besprochen.
Ich wünsche allen zukünftigen Ohrakupunktur-Therapeuten viel Erfolg bei der Therapie.
Die Grundlage dieser neuartigen Ohrakupunkturkarte der Firma “asia point” (Abb. re.) bildet die Ohrphotographie. Auf der linken Seite sind die Punkte numerisch und farblich gegliedert. Diese farbliche Gliederung findet sich in den Zonen der Ohranatomiekarte wieder. Auf der rechten Seite sind die Punkte alphabetisch aufgeführt, durch die farbige Nummerierung ist auch hier eine schnelle Lokalisation gegeben. Bestellung unter Tel. 040 / 689 04 21 oder Fax 689 05 21. Format 320x 455 mm. Preis DM 49,90 inkl. MwSt. und Versand.
Franz Thews, Heilpraktiker seit 1989, beschäftigt sich seit 14 Jahren mit der Akupunktur. In Chengdu und Peking/China perfektionierte er seine Technik. Als Dozent bei den Paracelsus Schulen lehrt er schwerpuntmäßig klassische Naturheilverfahren der östlichen und westlichen Medizin. Franz Thews wohnt und betreibt eine eigene Praxis in Euerbach/OT Obbach bei Würzburg.
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