Ab 40 Invalide
Über Osteoporose, Osteopenie, etc.
Volker Müller beschäftigt sich mit dem Krankheitsbild der Osteoporose und schlüsselt auf, wie viel und welcher Sport für Osteoporose-Patienten sinnvoll ist. Kritisch blickt er hinter die Kulissen und wundert sich, was es mit der neumodischen Osteopenie auf sich hat. Gibt es die wirklich oder ist das nur eine Erfindung der WHO?
Ob ein Osteoporosepatient Sport betreiben kann, muss immer individuell entschieden werden. Die Sportarten, die er bereits vorher lange Zeit beschwerdefrei durchgeführt hat, können i.d.R. weitergeführt werden. Osteoporose-Patienten sollten sich Sportarten zuwenden, die mit runden, harmonischen Bewegungen einhergehen und dem Körper keine starke Stoßbelastung zuführen. Unbedingt zu vermeiden sind steiles Bergabgehen, Skifahren auf Buckelpisten und andere kurzhubige Bewegungsabläufe.
Regelmäßige Bewegung
Eine im richtigen Ausmaß durchgeführte, regelmäßige Bewegung sorgt für verbesserte Mikrozirkulation der Sehnenansätze am Periost und dadurch für eine verbesserte Funktionsfähigkeit der Muskulatur. Eine erhöhte Stabilität und Mobilität des gesamten Bewegungsapparates wird erreicht. Die Frakturanfälligkeit ist weniger abhängig vom Entkalkungsgrad des Knochens als von der Fähigkeit der Muskulatur, den Bewegungsapparat zu stabilisieren.
Das Ergebnis der Knochendichtemessung allein darf nicht ausschlaggebend sein für die Entscheidung, wie stark der Bewegungsapparat belastet werden kann. Statistische Untersuchungen beweisen, dass der erhöhte Entkalkungsgrad des Knochens nicht mit erhöhter Frakturanfälligkeit oder erhöhter Schmerzsymptomatik einhergeht. Die Schmerzsymptomatik wird meist durch einen hohen Tonus der Skelettmuskulatur ausgelöst, wodurch die Schmerzrezeptoren am Periost besonders stark sensibilisiert werden.
Die Wirbelsäule
Die osteoporotische Wirbelsäule beim älteren Patienten ist beim Bücken und Aufrichten i.d.R. lange Zeit noch gut funktionsfähig, obwohl sie häufig in den einzelnen Segmenten schon eingesteift ist, weil diese beiden Bewegungsmuster sich hauptsächlich über die Hüftgelenke abspielen und dadurch eine ausreichende Bewegungsfähigkeit erhalten bleibt. Bei der Verwringung der Wirbelsäule sieht es anders aus: Die Bewegungsfähigkeit ist erschwert oder kaum noch möglich. Es kommt häufig zu heftigen, stichartigen Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule, die durch Zerrungen der Interkostalmuskulatur ausgelöst werden können.
Eine moderate Bergtour ist für einen Osteoporosepatienten weniger belastend als eine Bronchitis mit damit verbundenen Hustenattacken oder Bewegungen, die von der Haltemuskulatur nicht kontrolliert werden können, z. B. Ins-Leere-Treten. Es ist wichtig, den Patienten über diese Zusammenhänge zu informieren und ihm richtige Verhaltensempfehlungen mitzugeben.
Die Verwringung der Wirbelsäule wird beim Golf besonders häufig gefordert und kann bei Osteoporose-Patienten immer wieder auftretende, akute Beschwerden auslösen. Deshalb ist es beim Golfen wichtig, dass ein Schonschlag kreiert wird, der speziell auf die anatomischen und physiologischen Verhältnisse des Patienten zugeschnitten ist.
Therapie
Chiropraktische Manipulationen beim osteoporotischen Patienten sind häufig sehr hilfreich, aber mit sehr großer Vorsicht durchzuführen und bedürfen einer langjährigen Erfahrung des Behandlers. Ein Osteoporose-Patient sollte bei Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule NIE in Bauchlage therapiert werden, da so die Gefahr einer Rippenfraktur oder Zerrung der Interkostalmuskulatur gegeben ist. Hohe Monogaben an Kalzium erscheinen nicht sinnvoll, zu hoch wäre die Nierenbelastung. Um die Elastizität des Knochens zu verbessern, sind Wirkstoffe wie z. B. Kieselsäure, Magnesium und Spurenelemente effektiv.
Es gibt viele naturheilkundliche und homöopathische Komplexmittel, die die Mineralisierung des Skeletts und des Bindegewebes verbessern. Bei älteren Patienten besteht häufig die Problematik, dass die Mittel – aufgrund eines insuffizienten Magen-Darm-Trakts – nicht mehr ausreichend den Knochen ernähren und viele allopathische Mittel schlecht vertragen werden. Dafür haben sich Injektionen an Triggerpunkten mit den erforderlichen Wirkstoffen bestens bewährt.
Zweck der Injektionen ist es, das Skelett in besonders defizitär versorgten Segmenten mit schmerzhaften Muskelverkrampfungen zu mineralisieren und den erhöhten Tonus der Muskulatur zu dämpfen. Folgende Präparate sind zu empfehlen: Steiroplex Injekt, aconitrop, Magnesium, Myogelotikum, Injectio antineuralgica Fides.
Die anfälligsten Areale des Skeletts bei Osteoporose sind der Schenkelhals und die Brustwirbelsäule. Man sprach früher in Unkenntnis dieser Ursachen von einem „Witwenbuckel“. Es ist sinnvoll, diese empfohlenen Injektionspräparate ins Zielgebiet zu platzieren.
Präparate zum Einnehmen
- Steirocall, Chirofossat N, Petadolex, Allya oder Cefatec.
- Magnesium, z. B. Magnerot oder Magnesium Verla; Magnesium senkt den Ruhetonus der Muskulatur und verbessert die kapilläre Zirkulation.
- Auch bei älteren Patientinnen ist es sinnvoll, flankierend hormonell stimulierende Phytotherapeutika einzusetzen, z. B. Pascofemin, Cefakliman oder Remifemin plus.
Die Erfindung der Osteopenie
Im Alter von ca. 35 Jahren hat das Skelett seine maximale Dichte erreicht. In den nachfolgenden Jahren schwinden die Knochenmasse und die Knochendichte um ca. 1-1,5 % pro Jahr. Das geht natürlich auf die Wirbelsäule. Wer seinen 70. Geburtstag feiert, hat ungefähr 1/3 seiner Knochensubstanz eingebüßt, ebenso 1/3 seiner Muskelmasse.
Ein US-Östrogenhersteller sponserte eine große Studie, um die Osteoporose als Bedrohung für Frauen in den Wechseljahren bekannt zu machen. Diese Studie wurde aber vorzeitig und stillschweigend abgebrochen, da sich ein unverantwortlich hoher Prozentsatz an Komplikationen einstellte. Um die Osteoporose zu einem Massenphänomen aufsteigen zu lassen, bedurfte es einer offiziellen Neudefinition der Krankheit.
Bereits der allmähliche Abbau der Knochenmasse im Alter, so die WHO, sei als Osteoporose anzusehen. Seither hat die Pharmaindustrie die Möglichkeit, die Hälfte der Bevölkerung ab 40 bis ins hohe Alter mit Medikamenten zu versorgen. Um das neue Leiden überhaupt diagnostizieren zu können, bedarf es einer trickreichen Messung der Knochendichte. Die Ergebnisse werden sodann mit der Knochendichte eines 35 Jahre alten und gesunden Menschen verglichen. Das Verfahren stellt bei beinahe jedem älteren Menschen eine verringerte Knochendichte fest, weil der Knochenschwund genauso Folge des Alterns ist, wie etwa faltige Haut. Um jedoch von einem pathologischen Prozess sprechen zu können, muss die WHO Grenzwerte festsetzen. Eine Osteoporose liegt demnach vor, wenn die Knochenmasse 20-35 % unterhalb des Normwertes liegt oder mehr als 2,5 Standardabweichungen (SD) unter der Norm. Interessant ist es, dass der Grad der gemessenen Entkalkung des Knochens gar nicht mit der Frakturhäufigkeit einhergeht. Ein SD-Wert von 1-2,5 unter der Norm gilt – und eine neue Krankheit war erfunden: die Osteopenie, eine Vorstufe der Osteoporose.
Durch diese Definition hat die WHO das Krankheitsbild der Osteoporose auf dramatische Weise ausgeweitet. Nicht der gebrochene Knochen, sondern eine gemessene verringerte Knochendichte stempelt einen Menschen jetzt zum Patienten, und selbst eine physiologisch normale leicht verringerte Knochendichte wird als etwas Bedrohliches, als Osteopenie dargestellt. Aufgrund dieser Entwicklung sind plötzlich ganze Bevölkerungsschichten erkrankt. 31 % der Frauen zwischen 70 und 79 Jahren leiden an Osteoporose, von den Frauen über 80 gelten 36 % als krank, selbst wenn sie sich in ihrem langen Leben noch nie etwas gebrochen haben.
Volker Müller
Heilpraktiker, seit über 40 Jahren Praxis in
Bayrischzell.
Therapieschwerpunkte: Manuelle Medizin, Phytotherapie, Neuraltherapie,
Sportlerrehabilitation
Kontakt: muellerflo@t-online.de
Literaturempfehlung:
- Volker Müller, Alternative Therapiekonzepte in der Sportmedizin, bewährte Behandlungsmethoden aus 40 Jahren Praxis für Freizeit- und Leistungssportler, Foitzick Verlag, Augsburg, 2008
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