Fallstudie aus der naturheilkundlichen Praxis: Behandlung einer Post-Zoster-Neuralgie mit Blutegeln
Patientin
87 Jahre, weiblich
Anamnese
Die Patientin bewegte sich viel, sie arbeitet auch noch regelmäßig. Vor vier Monaten seien erhebliche Schmerzen überwiegend im Rückenbereich aufgetreten, die sie – offenbar aufgrund der aktuellen Stärke und Dauer – recht drastisch schildert. Diese Schmerzen verstärkten sich periodisch und strahlten in den linken Oberarm aus. Die hausärztliche Untersuchung führte zur Diagnose Gürtelrose. Die Patientin hatte nach eigenem Bekunden schon alles Mögliche ausprobiert, war mit verschiedenen Cremes und Schmerztropfen, später mit sechs Behandlungssitzungen Akupunktur versorgt worden, hinsichtlich der Schmerzen jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Auch ein kurzer stationärer Krankenhausaufenthalt zur Schmerzbehandlung habe keine Besserung gebracht. Dem Ausbruch der Gürtelrose war ein Wasserschaden in der Wohnung mit erheblichen Reparaturarbeiten und länger anhaltender Lärmbelästigung durch Bautrockner vorausgegangen. Keine bekannten Allergien, keine erhöhte Blutungsneigung, aktuell keine relevante Medikation, insbesondere keine Einnahme blutverdünnender Präparate.
Untersuchung
Augenscheinlich wenigstens zehn Jahre jünger wirkende Patientin, vital. Überwiegend glattes Hautbild. Linksseitig findet sich im Bereich des Übergangs von der Körperseite zum Unterrand des Schulterblattes, ca. fünf Zentimeter unter der Achselfalte, eine ovale, rötliche Effloreszenz von der Größe eines Zwei-Euro-Stückes mit druckdolenten Punkten jeweils etwa fünf Zentimeter hinter bzw. unterhalb der Effloreszenz. Rechtsseitig sind keine deutlich abgrenzbaren Schmerzpunkte oder Hautläsionen feststellbar. Nach Aussagen der Patientin sei die festgestellte Effloreszenz die einzige Stelle, die sich hartnäckig halte.
Diagnose
Zustand nach Übergang eines offensichtlich Stress induzierten Herpes-Zoster-Ausbruchs in eine Post-Zoster-Neuralgie.
Behandlung
Die Patientin wird bei einem ersten Behandlungstermin mit vier Blutegeln versorgt: Ein Egel wird zum Erreichen der Nervenwurzeln im Bereich des Dermatoms C4 links paravertebral gesetzt, ein Zweiter ebenfalls paravertebral im Übergangsbereich der Dermatome Th3 und Th4, zwei weitere lateral an den druckdolenten Punkten links im Bereich der bei der Untersuchung festgestellten Effloreszenz. Innerhalb weniger Minuten sind alle Egel gesetzt, nach ca. einer Stunde löst sich der Erste, die Übrigen folgen im Verlauf einer halben Stunde.
Die Patientin wird nach der Wundversorgung gebeten, innerhalb der kommenden Woche telefonisch zu berichten. Sie schildert ein etwa zwei Stunden nach Behandlungsende (ca. 22 Uhr) einsetzendes Kribbeln am ganzen Körper („wie Ameisenlaufen, aber nicht unangenehm“). Dieses Kribbeln hält bis in die Mittagszeit des Folgetages an. Bereits während des Kribbelns habe sich der Schmerz deutlich gebessert und sei nun erheblich geringer und links nur noch regional um den Bereich der Effloreszenz begrenzt. Gegen den verbleibenden schwächeren Schmerz auf der rechten Seite und um die Effloreszenz herum bittet sie um einen weiteren Behandlungstermin.
Acht Tage nach der ersten Behandlung werden im Bereich der verbliebenen Effloreszenz noch einmal zwei Egel sowie zwei weitere, diesmal rechtsseitig paravertebral, wiederum im Bereich des Dermatoms C4 und im Übergangsbereich der Dermatome Th3 und Th4 gesetzt. Nach ca. einer Woche erhalte ich Rückmeldung von der Patientin, dass sie nunmehr nahezu schmerzfrei und sehr zufrieden sei. Ein „Ameisenlaufen“ wie nach der ersten Behandlung sei nicht wieder aufgetreten.
Fazit
Der Einsatz von Blutegeln bei Herpes Zoster gilt vor allem bei frühem Einsatz als erfolgversprechend und präventiv gegenüber der Ausbildung von Post-Zoster-Neuralgien. Hier werden drei bis fünf Behandlungen in drei- bis viertägigem Abstand mit jeweils vier Egeln empfohlen, die von dorsal nach ventral zu setzen sind. Der vorliegende Fall zeigt, dass auch noch Monate später, wenn sich offenbar eine Post-Zoster-Neuralgie herausgebildet hat, Behandlungserfolge erzielt werden können.
Dr. rer. nat. Sibet Riexinger
Heilpraktiker und Dipl.-Biologe
Literaturempfehlung
- Michalsen, A., Roth, M. [Hrsg.], Blutegeltherapie, Haug, 2006
- http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Varizellen.html
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