Fallstudie aus der psychotherapeutischen Praxis: Somatoforme Bauchschmerzen
Patient
Kevin, 23 Jahre
Anamnese
Kevin kommt wegen unerklärlicher Bauchschmerzen und einer Essstörung in meine Praxis. Er lebt mit seiner Freundin zusammen. Zu seinem Bruder und dessen Frau besteht ein guter Kontakt, ebenso zu seinen Eltern. Kevin ist wohlbehütet aufgewachsen. Mir gegenüber sitzt ein sehr freundlicher, junger Mann, der mit großer Motivation in die Praxis gekommen ist. Im Gespräch ist Kevin aufgeschlossen, klar strukturiert und mir zugewandt.
Kevin ist KFZ-Mechatroniker und arbeitet in einer KFZ-Werkstatt. Im anamnestischen Vorgespräch stellt sich heraus, dass er seit längerer Zeit an unerklärlichen Bauchschmerzen leidet und sehr kontrolliert isst. Er hat auch einige Kilos abgenommen. Die Bauchschmerzen treten immer dann auf, wenn in der Woche ungewöhnliche, unerwartete Situationen passieren – das kann privat sein oder auch im Zusammenhang mit seinem Arbeitgeber stehen. Die privaten Situationen sind Familienfeiern, bei denen er auch bewusst auf die Nahrungsaufnahme achtet, d.h. wenig isst. Mittlerweile besteht die Tendenz, Familienfeiern zu meiden. Bauchschmerzen bei der „Situation Arbeitgeber“ bedeutet, dass er schon morgens bei der Hinfahrt Bauchschmerzen hat. Das führt häufiger dazu, dass er umdreht, zum Arzt geht und sich krankmeldet.
Wegen der Bauchschmerzen haben diverse ärztliche Untersuchungen stattgefunden. Körperlich gibt es keinen Befund. Im weiteren Verlauf des Gespräches geht es darum, herauszufinden, ob es in der Erinnerung markante negative Bilder gibt, die im Zusammenhang mit Essen stehen. Ebenso muss die Situation am Arbeitsplatz genauer beleuchtet werden.
Es stellt sich heraus, dass Kevin vor einem Jahr beim Essen mit der Freundin in einem Restaurant eine Nahrungsmittelvergiftung erlitten hat. Er übergab sich im Restaurant heftig. Im weiteren Gespräch wird deutlich, dass bei seinem Arbeitgeber seit eineinhalb Jahren ein ständiger Mitarbeiterwechsel herrscht. Die Leistungsvorgaben sind nicht zu schaffen. Ein wertschätzender Umgang mit den Mitarbeitern besteht nicht.
Verdachtsdiagnose
Somatoforme Störung, F 45.0
Therapie
Bei der ersten Sitzung verankere ich bei Kevin das Bild einer Ruhe- und Entspannungssituation, die von ihm selbst gewählt wurde. Das ist erforderlich, da die Therapie in einer leichten Trance erfolgt. In diesem Zustand ist es möglich, negative und belastende Bilder (und die damit verbundenen Gefühle) zu verändern. Es kann aber vorkommen, dass bei der Arbeit mit inneren Bildern der Klient aufgewühlt wird. Dann würde ich den gesetzten Ruheanker auslösen, um den Klienten wieder in einen ausgeglichenen Zustand zu führen.
Bei der 2. Sitzung (nach einer Woche) berichtet Kevin, dass es ihm schon besser geht. Er hat nur ein Mal Bauchschmerzen gehabt, allerdings in geringerer Intensität. Er denkt weniger über Essen nach. Von seiner Freundin bekommt er positive Rückmeldungen, dass sie eine Veränderung an ihm beobachtet. Ich verändere in einem leichten Trancezustand das Bild der Situation „Nahrungsmittelvergiftung im Restaurant“ dergestalt, dass Kevin nach dem Essen – ohne sich zu übergeben – gesund und mit einem guten Gefühl zusammen mit seiner Freundin zum Auto geht.
In der 3. Sitzung (nach abermals einer Woche) erzählt Kevin, dass er keine Bauchschmerzen mehr hat. Nach eigenen Angaben hat er das Gefühl, aktiver geworden zu sein und mehr Power zu haben. Er hat sich bei einer anderen Firma beworben. Ich wiederhole die Tranceinduktion der 2. Sitzung (Restaurant).
Drei Wochen später, in der 4. Sitzung, erzählt Kevin, dass er keine Bauchschmerzen mehr hat – eher das Gefühl einer „inneren Aufgewühltheit“. Über Essen denkt er gar nicht mehr nach. Ich verankere in einem leichten Trancezustand das Bild einer positiven Erfahrung mit seinem jetzigen Arbeitgeber.
In der 5. Sitzung nach weiteren zwei Wochen erzählt der Klient, dass keine Schmerzproble- Somatoforme Bauchschmerzen matik mehr besteht. Sein Essverhalten empfindet er als normal. Ich versetze Kevin in einen leichten Trancezustand und suggeriere ihm, dass eine Karte mit der Aufschrift „Bauchschmerzen“ auf seinem Bauch liegt. Er kann die Farbe der Karte und die Farbe der Schrift benennen. Die Karte verschwindet durch einen plötzlichen Windstoß.
Drei Wochen später kommt der Patient zur 6. und letzten Sitzung. Ihm geht es gut. In Kürze fängt er bei einer anderen Kfz-Werkstatt an. Ich versetze Kevin in einen leichten Trancezustand und suggeriere ihm Elemente seiner eigenen Persönlichkeit: Kompetenz zu offener und klarer Kommunikation, Kompetenz als Mechatroniker und Stärke. Kevin berichtet von seinen persönlichen Zielen für die nächsten drei Jahre: Er möchte nach der Probezeit zusätzlich eine Ausbildung zum Servicetechniker beginnen, er will sich nicht mehr dauerhaft überfordern lassen, er möchte eine Immobilie erwerben.
Stand der Dinge
Kevin geht es jetzt gut. Er fühlt sich in seiner neuen Firma sehr wohl. Ich halte für die Dauer eines Jahres Kontakt zu meinen Klienten, daher kann ich diese Aussage treffen.
Fazit
Bei der hier vorliegenden Somatoformen Störung war es erforderlich, schnell die auslösenden Faktoren zu identifizieren. Unterstützend wirkte sich die klare Struktur des Patienten und die kritische Auseinandersetzung mit sich selbst aus. Eine positive Veränderung der maßgeblichen inneren Bilder und der damit verbundenen Gefühle haben strukturell viel bewirkt. Nach meiner Erfahrung ist die ursprüngliche psychische Störung behoben.
Rainer Wieckhorst
Heilpraktiker für
Psychotherapie mit Praxis in Reinbek, Experte für NLP, Angst- und Panikstörungen
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