SKRIBBEN – Eine wiederentdeckte mittelalterliche Gelenktherapie
Mit gezielten Sehnengriffen direkt am Gelenk behandeln
Glaubt man den Überlieferungen, so ist das Skribben im mitteleuropäischen Raum bereits seit über 400 Jahren bekannt. In den Familien der Schäfer, Knochenheiler, -doktoren und Sehnensetzer wurde dieses Spezialwissen von Generation zu Generation weitergegeben, ohne dass jemand Aufzeichnungen und Niederschriften zu diesem Thema anfertigte. Bis heute gibt es keine mir bekannte Literatur.
Ein Erklärungsversuch dieser „Geheimhaltung“ könnte folgender sein: Ende des 18. Jahrhunderts etablierte sich in den Städten langsam eine Ärzteschaft mit Chirurgen und Badern, die den Laienheilern, die vorwiegend in den ländlichen Gebieten wohnten und praktizierten, die Arbeit zu erschweren versuchte. In Medizinalordnungen war geregelt, dass Laienheiler z.B. 15 Jahre Lehrzeit mit nicht mehr als 3 Jahren bei demselben Lehrmeister absolvieren mussten. Die Menschen gingen also vorwiegend in ländlichen oder unzugänglichen Alpengebieten zu ihren dort angestammten traditionellen Heilern, die nicht viel Aufhebens um ihre Methoden machten. Traditionell bedeutet in diesem Fall, dass der Ursprung in diesem Kulturbereich liegt.
Nun wurden die Fähigkeiten in den Familien von Generation zu Generation mündlich und durch Beobachtung sowie unter anleitendem Üben an die Söhne weitergegeben. Gab es nur Mädchen oder keine Kinder, starb das Wissen in dieser Region aus. Das ist historisch gesehen zwar nicht ungewöhnlich, aber schade, denn Frauen haben oft ein sehr sensibles Tastgefühl für feine Strukturen und sind in der Lage, sich auf mehrere Handlungen gleichzeitig zu konzentrieren (multi-tasking). Diese Eigenschaften helfen beim Skribben, denn es sind teils bis zu drei Handlungen gleichzeitig erforderlich. Grobe (männliche) Gewalt und Übereifer schaden hingegen. Exakte Griffführung und gutes rhythmisches Gefühl sind für den Therapieerfolg entscheidend.
Ich bin froh, dass dieses Wissen nicht verloren gegangen ist und bis heute gelehrt und weiter verbreitet wird. Jedoch scheint es nach wie vor eine therapeutische Nische zu sein, sodass der Skribben-Anwender immer ein gewisses Alleinstellungsmerkmal zu haben scheint.
Mittelalter und moderne Faszienforschung
Es ist sehr faszinierend zu beobachten, wie die Knochenheiler des Mittelalters hier in unserem „Kulturraum“, der ja nicht unbedingt für Feinfühligkeit bekannt war, diese rhythmische Anwendung durch Beobachtung entdeckten. Denn die moderne Faszienforschung (z.B. die Fascia Research Group der Universität Ulm unter Leitung von Dr. Robert Schleip) konnte zeigen, dass die Pacini-Körperchen (Mechanorezeptoren) des faszialen Gewebes Vibrationen registrieren können. Diese Information wird dann durch ein eigenes fasziales neuronales Netzwerk an die funktionellen Gewebe der Faszie gesendet. Dort werden auf hormonellem Weg heilende Impulse stimuliert und ausgeschüttet, die die Gleitfähigkeit zwischen den faszialen Membranen verbessern. Dieses ist eine unbedingte Voraussetzung der gesunden Faszienfunktion. Altes Wissen kann heute bewiesen und erklärt werden.
Skribben – Hintergründe zum Wirkmechanismus
Ein immer wieder zu beobachtendes Phänomen ist die Abweichung von Röntgenbefund und dem subjektiven Befinden des Patienten an einem entsprechenden Gelenk. Wendet man eine Gelenkmobilisationstherapie wie das Skribben an, muss man sich hierüber Gedanken machen und eine Erklärung finden. Ein Ansatz ist, die bisherige Definition einer Gelenkdegeneration infrage zu stellen. Der Skribben-Therapeut geht davon aus, dass nicht der chondrale Zustand der Gelenkfläche, sondern vielmehr der kontrakte Zustand der das Gelenk umgebenden Sehnenstrukturen ursächlich für den Gelenkschmerz und die Bewegungseinschränkung ist. Dieser kann durch Traumata, Stoffwechselstörungen oder Fehlbelastungen ausgelöst sein. Die Gelenkfehlstellung ist dann oft erst die Folge aus diesem Vorgang.
Unter physiologischen Umständen findet im Gelenk eine Kombinationsbewegung aus Rollen und Gleiten statt, wobei das Gleiten nur durch ausreichendes Gelenkspiel, verbunden mit der nötigen Menge und Viskosität des synovialen Gleitfilms gewährleistet ist. Nichtgleiten bewirkt Reibung. Der daraus resultierende Knorpelabrieb induziert Arthrose und Arthritis. Ein kontrahierter Kapselzustand verhindert zudem die chondrale Ernährung (chondro-synovialer Flüssigkeitsaustausch mit Entsorgung der Stoffwechselprodukte und Versorgung mit Nähr- und Sauerstoff), da diese ja ausschließlich per Synovia an den avaskulären Knorpel gelangt.
Der intraartikuläre Druckzuwachs kann also lediglich Ursache für die daraus resultierende Gelenkflächendestruktion sein. Die alleinige, z.B. arthroskopische Gelenkflächenauffrischung (Glättung) kann den Prozess daher nie kausal stoppen, solange die das Gelenk umgebenden Strukturen nicht behandelt werden. Es ist also ein circulus vitiosus, den es auf der Ursachenebene zu durchbrechen gilt.
„Damit müssen sie leben“, bedeutet in der Folge allein in Deutschland jährlich 150000 Totalendoprothesen der Hüfte und 40000 Knieprothesen. Enorm steigt auch die Zahl der kniearthroskopischen Knorpelglättungen pro Jahr. Ist dies immer gerechtfertigt?
Was geschieht bei der Therapie?
Nach erfolgter Diagnose und Lokalisierung der kontrakten, verklebten, übersäuerten Band-, Sehnen- und Kapselstrukturen sowie der Insertionspunkte, sehnennahen Muskelstrukturen und Faszien erfolgt die spezifische Therapie. Ziel ist, durch „tiefes Auspressen“ eine Entschlackung einzuleiten und durch das Schaffen eines relativen Unterdrucks im Gewebe eine neue Ernährung des Bereichs zu erreichen. Die erlangte größere Bewegungsfreiheit ist also nicht Ausdruck einer Gelenkflächenkorrektur, sondern eher einer Entspannung der Ligamente. Wenn also zwar innerhalb von 15 Minuten eine Gelenkstellungsänderung zu erreichen ist, die sofort einen Bewegungswinkelzuwachs von 20 bis 30 Grad sowie eine Schmerzreduzierung zur Folge hat, dann ist damit bestimmt noch keine Arthrose (Knorpelund Knochenschaden) geheilt.
Wie erreicht man dieses „tiefe Auspressen“?
Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, welche Struktur zu behandeln ist. Wird sie bei arthrokinematischer Flexion oder bei Extension des Gelenks in Zug gebracht? Behandelt wird immer in Richtung des Zugs, nie in Richtung der Erschlaffung der Sehne. Dann wird das Gelenk in die ermittelte Richtung bewegt, während gleichzeitig die zu behandelnde Sehne komprimiert wird. Die Kompression wird vom Daumen, Zeige- oder Mittelfinger gegeben. Die Durchbewegung erfolgt mit der locker fixierenden anderen Hand. Die Bewegung des distalen Gelenkpartners geschieht mit ruckartigen Unterbrechungen, wie beim Zahnradphänomen. Erst diese Unterbrechungen sorgen für die tiefen Effekte auf das Gewebe. Bei einem ununterbrochenen Durchgang würde eine nur oberflächliche Streichung der Sehne erfolgen.
Die Neuralmassage
In meiner Praxis kombiniere ich das Skribben gerne mit der Neuralmassage. Streng genommen, ist diese Massage der Haut ein Bestandteil des mittelalterlichen Skribbens; wegen einer anderen Technik und der abweichenden Wirkweise sollte diese Therapie aber anders genannt werden. „Neuralmassage“ ist eine Wortschöpfung von mir. Durch eine spezielle Roll-KompressionsWalkmethode werden Stimulationsimpulse über die Haut gesetzt. Auch hierbei müssen, wie beim Skribben, die Handgriffe sehr exakt ausgeführt werden. Die ähnlich anmutende Walkmassage, als klassische Massagetechnik, erzielt nach meinen Beobachtungen nie diesen Effekt.
Die Idee ist, einen stimulierenden Reiz auf die peripheren, freien Nervenendigungen auszulösen, der dann über den cuti-viszeralen Reflexbogen zu den profunden neuronalen Geflechten weitergeleitet wird. Dort findet dann der eigentliche Heilprozess statt. Faszinierend ist, wie tief diese manuelle Therapie vordringt. Eine klassische Muskelmassagetechnik hat nicht diesen tiefgreifenden Effekt wie diese oberflächennahe Hauttechnik!
Oft steigt dem Therapeuten bei der Neuralmassage ein modriger Geruch in die Nase. Das kann als Zeichen der Gewebeübersäuerung gewertet werden. Ein weiterer Effekt ist eine immer wieder zu beobachtende Stimmungsaufhellung der Patienten nach einigen Anwendungen. Dieses mag wohl in der zunehmenden Symptomreduzierung und der damit verbundenen Hoffnung begründet sein; ich denke aber, dass die Ausschüttung von Endorphinen den Hauptteil dieses Wohlbefindens ausmacht.
Den Funken der Leidenschaft für diese Therapieform möchte ich in meinen Paracelsus Seminaren überspringen lassen. Neben Hintergrundinformationen, wie Indikationen, Kontraindikationen, Untersuchung und Verlaufskontrolle etc., lege ich in den Kursen immer größten Wert auf das praktische Üben.
Harry Buda
DO.CN®, Heilpraktiker, Experte für Chiropraktik,
Neuraltherapie und Skribben
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Psychotherapie