Fallstudien
Fallstudie aus der naturheilkundlichen Praxis
Chinesische Medizin bei schmerzhaftem Blockade-Syndrom (Bi-Syndrom)
Patientin
74 Jahre, Rheuma
Anamnese
Vor ca. 30 Jahren wurde eine rheumatische
Erkrankung diagnostiziert. Eine medikamentöse Behandlung wurde von der Patientin abgelehnt. Sie berichtet von
regelmäßiger Bewegung an der frischen Luft und einer sehr gesunden, fast veganen Ernährung – damit habe sie die
letzten Jahre gut gelebt und nur ab und zu kurzfristige Gelenkbeschwerden gehabt, v.a. in den Knien und Handgelenken.
Mit täglichen Yogaübungen am Morgen komme sie gut „in Schwung“; so ließen sich die Anlaufschwierigkeiten bewältigen.
Aktuelle Beschwerden
Nun schmerzt ihr linkes Knie beim
Laufen, sie kann es seit einiger Zeit nicht mehr belasten und bewegen. Sie komme allein nicht wieder auf die Beine,
was sie sonst immer geschafft habe, berichtet die Patientin. Außerdem habe sie müde, schwere Augen sowie ein
Druckgefühl in der Stirn und um die Augen. Sie gibt an, im Moment psychisch einen „Durchhänger“ zu haben.
Körperbefund
Die Patientin hat mit einem BMI von 21 kg/m2
einen normalen Ernährungszustand. Das Gangbild zeigt eine deutliche Bewegungseinschränkung. An den Beinen sind
Besenreiser und leichte Varizen sichtbar. Beide Knie sind periartikulär geschwollen und weisen Flexions- und
Extensionseinschränkungen auf – links besteht eine ausgeprägte Flexionshemmung. Es ist keine Rötung über den Gelenken
zu erkennen. Bei Palpation im Seitenvergleich ist links eine minimale Erwärmung spürbar. Weiter fällt auf, dass nicht
nur am linken, sondern auch am rechten Knie typische Druckschmerzhaftigkeit an den Epikondylen und am Gelenkspalt
herrscht. Die Untersuchung von Augen und Nasennebenhöhlen bleibt ohne pathologischen Befund.
Die Sicht der Chinesischen Medizin (TCM)
Äußere pathogene
Faktoren, wie Wind, Kälte und Feuchtigkeit, sind laut TCM die wichtigsten Ursachen für ein schmerzhaftes
Blockade-Syndrom (Bi-Syndrom); aber auch übermäßige körperliche Betätigung und emotionaler Stress spielen eine
ursächliche Rolle. Bei älteren Menschen ist das Bi-Syndrom keine alleinige Erkrankung der Leitbahnen mehr. Bei
chronischen Verläufen haben auch Blut- und Qi-Mangel einen Einfluss auf die Entwicklung der Krankheit. Es besteht
häufig eine Schwäche der Funktionskreise Leber und Niere, die zu Sehnen-, Knorpel- und Knochendegeneration führt, wenn
sie lange bestehen bleibt. Die rheumatischen Autoimmunerkrankungen führen immer auch zu einer unterschwelligen
Hitze-Symptomatik, die sehr häufig in Kombination mit Feuchtigkeit auftritt.
Therapieprinzipien
- Vertreiben von äußeren pathogenen Faktoren (Wind und Feuchtigkeit)
- Klären von latenter Hitze
- Feuchte-Hitze beseitigen
- Funktionskreis Niere stärken
Therapie
Die ersten fünf Behandlungen finden im Abstand von einer Woche statt. Eine Sitzung umfasst folgendes Therapieschema:
Akupunktur
Gb 31 fengshi, Gb 39 xuanzhong, SJ 06 zhigou,
Mi 05 shangqiu, Gb 40 qiuxu, Ma 41 jiexi, Ma 34 yanglingquan
Trockenes Schröpfen
Bl 12 fengmen, Bl 17 geshu, Bl 18
ganshu
Tuina-Massagetechniken in folgenden Arealen
Ma 36 zusanli,
Gb 34 yanglingquan, Gb 33 xiyangguan, Mi 09 yinlingquan, Le 07 xiguan, Le 08 ququan, Bl 40 weizhong, Du 14 dazhui
Moxibustion von Ni 01 yongquan
Medizinisches Qigong
Qigong-Stand; täglich auch zuhause
geübt (damit sie lernt, wieder gerade zu stehen und die Knie gleichmäßig zu belasten)
Für zuhause wird der Patientin empfohlen:
Phytotherapie
3x täglich Dr. Kottas Shen-Tee (fördert
einen ruhigen Geist und unterstützt innere Ruhe; Zutaten: Melissenblätter, Grüner Hafer, Koriander, Fenchel,
Rosenblüten, Passionsblumenkraut, Apfel, Hopfen, Lavendelblüten, Süßholzwurzel)
Chinesische Diätetik
Nahrungsmittel mit
Temperaturverhalten kühl und heiß, vom Geschmack meist bitter, scharf oder süß. Folgende Lebensmittel werden
empfohlen, um Wind-Kälte und Hitze-Nässe besser zu eliminieren: Artischocken, Fenchel, Weißkohl, Kirschen, Ananas,
Makrele, Olivenöl, Leinöl, Shiitakepilze.
Verlauf
Nach der ersten Behandlung fühlt sich die Patientin
psychisch sehr gut, auch die Kniebeschwerden sind schon etwas besser geworden; die Müdigkeit um die Augen herum ist
verschwunden. In der zweiten Behandlungswoche verringern sich die Knieschmerzen, das linke Knie wird beweglicher. Nach
der dritten Therapiesitzung berichtet die Patientin, dass sie besser aufstehen könne und dabei kaum noch Schmerzen
verspüre; ihre Gedanken kreisten nicht mehr so stark, sie sei viel fröhlicher. In der fünften Behandlungswoche fängt
die Patientin langsam an, das linke Knie beim Gehen zu belasten und abzurollen. Schmerzen hat sie eher morgens, diese
werden aber nach den Yoga-Übungen besser.
Status quo
Nach mittlerweile 14 Behandlungseinheiten ist
die Patientin jetzt in der Lage, das linke Knie beim Laufen wieder abzurollen und ohne Schmerzen Treppen zu steigen.
Sandra
Keim
Heilpraktikerin mit eigener Praxis für Chinesische Medizin, Dozentin an den Paracelsus Schulen
keim@heilpraktiker-sottrum.de
Fallstudie aus der psychotherapeutischen Praxis
Starke Ängste und Panikattacken
Patientin
Frau M., 33 Jahre, verheiratet, 2 Kinder
Die Patientin stellt sich Mitte 2018 in meiner Praxis vor. Seit einem Jahr befallen sie bis zu 5x täglich starke Ängste und Panikattacken. Die Beschwerden reichen weiter von Verspannungen im Rücken- und Schulterbereich über Beklemmungsgefühle mit Hyperventilation bis hin zu Migräneanfällen. Somatische Abklärungen durch Fachärzte sind erfolgt.
Diagnose
F41.0/F41.1 Panikstörung/Generalisierte
Angststörung
Verdachtsdiagnose: F45.3/F45.4 Somatisierungsstörung/Anhaltende Schmerzstörung
Behandlung
Die Begleitung erfolgt im Rahmen von 8
Sitzungen, die innerhalb eines halben Jahres stattfinden, zunächst im 14-tägigen Rhythmus, im späteren Verlauf alle
3-4 Wochen. Ich vermittle Methoden der piKVT, der praktischen und integrativen Kognitiven Verhaltenstherapie. Diese
sind nicht aufdeckend, sondern bieten schwerpunktmäßig einfache und wirksame Hilfe zur Selbsthilfe.
Sitzung 1
Die Patientin lernt, Positives aufzubauen, bei
Angst- und Panikattacken oder negativen Gedanken eine einfache und schnelle Musterunterbrechung durchzuführen und sich
aktiv zu entspannen. Hausaufgaben werden generell nach jeder Sitzung erteilt. So entsteht durch die ständige
Wiederholung des Erlernten im Alltag eine dauerhafte Veränderung im Gehirn.
Notfall-Telefonat (30 Min.)
Frau M. hat eine akute
Panikattacke und das Gefühl, es ziehe sie bei geschlossenem Fenster den Balkon herunter. Gemeinsam führen wir den „X
Prozess“ als Erste-Hilfe-Maßnahme durch. Nach drei intensiven Runden ist die Patientin entspannter und kann wieder
klar denken. Anschließende Psychoedukation und Übungen zur Wiederholung bis zum nächsten Termin.
Sitzung 2
Die Übungen und Erfahrungen der letzten Wochen
werden besprochen. Positives wird „aufgefüllt“, die Musterunterbrechung bei negativen Gefühlen weiter einstudiert.
Entspannung stellt sich ein, das anfängliche Zittern lässt nach. Frau M. bemerkt, dass sie wohl auf dem richtigen Weg
sei und weiter an sich arbeiten müsse, auch wenn es Überwindung koste. (Übungen für zuhause)
Sitzung 3
Die Patientin erscheint ruhiger und positiver.
Sie erzählt, sie habe gefühlt rund um die Uhr die Musterunterbrechung angewendet und mache damit gute Erfahrungen.
Alles sei leichter als sonst, sie habe auch wieder mehr Appetit. Neben Psychoedukation geht es in der heutigen Sitzung
um eine Einführung in das AC-Modell (Auslöser/Verhalten/Gefühl). Lernerfahrungsthemen sind die Steuerung von Verhalten
und Gefühlen sowie deren Aufsplittung. (Übungen)
Sitzung 4
Die Patientin berichtet, sie habe mit
Progressiver Muskelrelaxation nach Jacobson begonnen. Außerdem wandle sich die Angst und sie sei gelassener geworden.
Wegen der Migräne führe sie inzwischen einen Kopfschmerzkalender. Psychoedukation, Positives verstärken und abrufen,
weitere Aspekte des ABC-Modells sowie die Bewusstmachung ihrer belastenden Gedanken sind heute Thema. (Übungen)
Sitzung 5
„Die Panik ist so gut wie weg.“ Bei
aufsteigender Angst führe sie nun den X Prozess durch, außerdem habe sie ihren „Rettungsanker“ in das Spiel ihrer
Kinder eingebaut. Das sei alles so einfach, flexibel und effektiv. „The Work“ (Byron Katie) sowie der „10xDreh“ stehen
heute auf dem Programm: Negatives positiver machen und mit 10 Beispielen bekräftigen. Damit soll gezeigt werden, dass
es möglich ist, negative Gedanken zu lockern, aufzugliedern und andere Blickwinkel zu erhalten. (Übungen)
Sitzung 6
Die Patientin ist panikfrei. Heute lockern und
lösen wir aktuelle Belastungen mit dem X Prozess und der Baummetapher, bei der das derzeitige Problem in einen Baum
projiziert und dort gelassen wird. Eine weitere Möglichkeit zu entspannen. Die Last im Therapieprozess einfach
losgeworden zu sein und sich einmal anders einzulassen, empfindet sie als erlösend. (Übungen)
Sitzung 7
Frau M. klagt über „Kopfkino“ zum Thema Krebs und
Tod. Nach einem sofortigen Gedanken-Stopp mit der Musterunterbrechung unter Einbeziehung von Körperpunkten und
Affirmationen kann sie wieder klar denken. Weiter geht es mit der Fast Phobia Cure, einer effektiven Methode, um eine
Distanzierung zur Belastung zu schaffen, indem diese in einen Kinofilm projiziert wird. Der Ansatz gibt der Patientin
Sicherheit und Vertrauen. Er hilft ihr, loszulassen und eine neue Perspektive einzunehmen. (Übungen)
Sitzung 8
Die Patientin ist weiterhin panikfrei,
belastende Gedanken sind nicht mehr greifbar. Nach so kurzer Zeit beschwerdefrei zu sein, damit habe sie nicht
gerechnet, gesteht Frau M. Auf die Frage hin, wie es für sie nun weitergehe, antwortet sie mit: „Das Erlernte
beibehalten und wiederholen.“
Der Therapieprozess profitiert natürlich auch von der sehr fleißigen, strebsamen und strukturierten Patientin. Ihr ging es schlecht und sie wollte aus dem Angstkreislauf heraus. Das half, ihr Ziel schneller zu erreichen.
Fazit
Mit den piKVT-Methoden geht es Frau M. bis heute
gut, sie ist nach wie vor frei von Panikattacken. Ihr Feedback an mich als ihre Therapeutin: „Sie arbeiten mit den
aktuellen Belastungen und bohren nicht in der Tiefe. Ich bin immer besser raus aus der Praxis als rein. Das finde ich
gut.“
Kerstin Zirpel
Heilpraktikerin für Psychotherapie mit Schwerpunkten Angst, Panik und
Zwang
praxis@angstfreiatmen.de
Fallstudie aus der tierheilkundlichen Praxis
Ergotherapie am Hund bei Lahmheit und Bewegungseinschränkung nach Operation
Patientin
Bonnie, Australien Shepherd, 18 Monate
Vorgeschichte
Die Hündin hatte sich während eines
Autounfalls eine Humerusfraktur (Oberarmbruch) rechts zugezogen und danach einen Pneumothorax entwickelt. Erst nachdem
dieser über drei Tage punktiert wurde, war es möglich, den Knochenbruch operativ mit Nägeln zu richten.
Die Patientin wurde mir vier Wochen nach dieser Operation vorgestellt. Ich behandelte sie in meiner Praxis zunächst osteopathisch. Dabei zeigte sich eine deutliche Lahmheit am linken Hinterlauf. Der daraufhin konsultierte Tierarzt stellte einen Kreuzbandriss fest, der zeitnah operiert wurde.
Seitdem nimmt Bonnie das linke Hinterbein nicht mehr wahr und die Besitzer kommen mit ihr erneut in meine Praxis.
Befund
Der linke Hinterlauf erscheint wie ein Fremdkörper.
Er hängt regelrecht unter dem Hundekörper und ist ohne jegliche Spannung. Bonnie ignoriert das Bein völlig und benutzt
es nicht.
Seit dem Unfall ist es der Hündin ebenso unmöglich, verschiedene Liege- und Stehpositionen einzunehmen, z.B. kann sie sich nicht auf den Bauch legen und die Hinterläufe nach hinten ausstrecken. Schmerzen sind an der Tagesordnung.
Therapie
Sowohl aus osteopathischer als auch aus
ergotherapeutischer Sicht steht an erster Stelle die Behandlung und Entstörung der vorhandenen Narben. Harte,
verspannte und druckdolente Bereiche werden behandelt, damit der Muskeltonus gesenkt und der Schmerzreiz gelindert
wird.
Anschließend erreichen wir durch gezielte Übungen, wie z.B. passive Mobilisation des nicht mehr integrierten Hinterbeins, dass Bewegungsreize von dort ans Gehirn weitergeleitet werden. Für den Genesungsprozess ist das extrem wichtig, denn nur durch den Input vom Bein kann die reziproke Reizweiterleitung vom Gehirn aus, also die motorischen „Befehle“ an das geschädigte Bein, reaktiviert werden, wodurch auch dessen Belastbarkeit wieder angeregt wird.
Wir halten kurze Behandlungsintervalle von 4-5 Tagen ein. Das gesamte Therapiekonzept beinhaltet zum einem das passive Durchbewegen und zum anderen aktive Mobilisations- übungen, die wir in meiner Praxis durchführen. Hierfür kommen Balance- und Laufunterlagen in verschiedenen Stärken bzw. Weichheitsgraden zum Einsatz, ebenso stimulierende Strukturen, über die ich die Hündin laufen lasse. Diese aktiven Bewegungsübungen werden im Verlauf der Therapie komplexer gestaltet, Bonnie soll mit unterschiedlichem Tempo oder im Wechsel vorwärts und rückwärts über die Unterlagen laufen.
Begleitend wird das Bein in der Zeit zwischen den Behandlungsintervallen getapt. Diese Maßnahme unterstützt sowohl die Reizstimulation als auch die Stabilität des Hinterlaufs.
Die sehr bemühten Besitzer werden in die Therapie mit eingebunden. Sie führen täglich Übungen mit ihrer Hündin durch, die ich ihnen vorab gezeigt habe. Dies sind das Ausstreichen der Beinmuskulatur mit unterschiedlichen Fellbürsten sowie das Trainieren verschiedener Bewegungsabläufe. Ergänzend erhalten sie eine Frequenz-Feld-Therapie-Matte (Fa. Vetmedicum) für zuhause.
Verlauf und Erfolg
Aktuell befinden wir uns in Woche 6 nach der Kreuzband-Operation. Bonnie hat ihr linkes Hinterbein angenommen und benutzt es wieder aktiv. Auch kann sie sich wieder auf den Bauch legen und die Beine nach hinten strecken. Sie ist noch nicht zu 100% schmerzfrei und lahmt noch ein wenig, aber der Besitzer erkennt, dass wir auf einem guten Weg sind. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass Bonnie sich bald wieder schmerzfrei bewegen kann.
Wir gehen zuversichtlich in die weitere Therapie und freuen uns sehr über den bisher erzielten Behandlungserfolg: Bonnie hat wieder Spaß an der Bewegung, sie benutzt alle vier Beine und springt sogar.
Michaela Wendler
Ergotherapeutin, Reitsporttrainerin, Pferde- und Hundeosteopathie,
Schwerpunkt: Myofasziale Schmerztherapie
michaela.wendler@web.de
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