Energie für die grauen Zellen
Ubiquinol in der Therapie und Prävention neurologischer Störungen
Das menschliche Gehirn ist mit einem hochmodernen Computer vergleichbar: In jeder Millisekunde verarbeitet es Unmengen an Informationen. Die Energie dafür produzieren die Mitochondrien mit Hilfe von Vitaminen, Mineralstoffen und Enzymen. Je besser diese kleinen „Kraftwerke“ funktionieren, desto leistungsfähiger ist auch das Gehirn. Einer der wichtigsten mitochondrialen Mikronährstoffe für die Energiegewinnung ist Coenzym Q10 bzw. Ubiquinol.
Energielieferant der Zellen
Ubiquinol kommt, wie der lateinische Wortstamm „ubique“ schon vermuten lässt, überall, in fast jeder Zelle unseres Körpers vor. Zudem gehört es zu den wenigen Stoffen, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Je mehr eine Zelle leisten muss, desto mehr Mitochondrien und desto mehr Ubiquinol-Verbrauch. Die meisten dieser Zellorganellen kommen in der Muskulatur, im Herz, der Leber und im Gehirn vor. Bis zu 70% der im Körper produzierten Energie wird allein in unserem Denkorgan benötigt.
In der mitochondrialen Atmungskette sind Coenzym Q10 (Ubiquinon) und Ubiquinol unverzichtbare Hilfsstoffe zur Herstellung von Adenosintriphosphat (ATP). Mehr als 95% der Energie werden auf diese Weise gebildet. Fehlt der vitaminähnliche Mikronährstoff, ist die zelluläre Energiegewinnung beeinträchtigt. Ein Mangel kann sich in verschiedenen Beschwerden, z.B. verminderter Ausdauer, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Muskelproblemen und geschwächter Immunabwehr äußern.
Der Körper stellt Ubiquinol zwar selbst her, doch mit zunehmendem Alter, ab etwa 30 Jahren, und bedingt durch Krankheiten oder Medikamente, sinkt die körpereigene Produktion. Da über die Ernährung im Schnitt nur 10% (1) des täglichen Bedarfs abgedeckt werden können, bietet sich eine Nahrungsergänzung an. Zur Supplementation ist Ubiquinol besser geeignet als Ubiquinon, denn es muss vom Körper nicht erst umgewandelt werden und ist zwei- bis viermal besser resorbierbar (2).
Oxidativer Stress vs. Antioxidantien (Radikalfänger)
Um Energie zu gewinnen, verbraucht das Gehirn eine beachtliche Menge an Glukose und Sauerstoff. Gleichzeitig neigt es dazu, aktiven Sauerstoff und Freie Radikale zu produzieren, was für viele Zellfunktionen sogar notwendig ist. Doch es kommt auf die Balance an. Die körpereigene antioxidative Abwehr befindet sich in einem empfindlichen Gleichgewicht. Zu viele Freie Radikale und oxidativer Stress können die Nervenzellen schädigen und kognitive Funktionen beeinträchtigen.
Neben seiner Rolle als Energielieferant ist Ubiquinol das einzige im Körper hergestellte fettlösliche Antioxidans. Der Vitalstoff schützt Zellmembranen vor oxidativen Schäden durch Freie Sauerstoff-Radikale. Innerhalb der inneren Mitochondrienmembran ist dieser Schutz besonders wichtig, denn hier können reaktive Sauerstoffverbindungen während der Energieproduktion in großen Mengen auftreten. Unser Körper ist diesen Teilchen ständig ausgesetzt. Die durch sie hervorgerufenen Schäden akkumulieren darüber hinaus, sie sind also nicht irgendwann „verjährt“. Im Gegenteil: Sie beschleunigen den Alterungsprozess und begünstigen die Entstehung zahlreicher Krankheiten. Denn mit den Jahren geht die Fähigkeit des Körpers zurück, die Angriffe abzuwehren. Neben dem Verzicht auf schädigende Stoffe ist eine gute Versorgung mit Antioxidanzien daher empfehlenswert.
Studienlage zu Parkinson und Alzheimer
Auch neurodegenerative Erkrankungen, z.B. M. Alzheimer oder M. Parkinson, gehen mit mitochondrialen Defekten einher, die die ATP-Produktion beeinträchtigen. Dass sich Ubiquinol und Coenzym Q10 positiv auf das neurologische System auswirken, haben bereits mehrere Studien gezeigt. Eine stammt aus dem Jahr 2002. Sie untersuchte die Wirkung bei Patienten, die an Morbus Parkinson im Anfangsstadium litten (3). Diese Erkrankung geht u.a. mit der Einschränkung motorischer Funktionen einher. Die Studie zeigte, dass Coenzym Q10 diese Beeinträchtigungen verringern konnte. Eine weitere Studie untersuchte, inwieweit Ubiquinol und Coenzym Q10 vor Neurotoxinen schützen, die solche Veränderungen wie bei M. Parkinson hervorrufen. Dazu wurde Ratten ein Neurotoxin verabreicht, das gezielt auf spezialisierte Zellen im Hirnstamm wirkt, welche eine Rolle bei der motorischen Kontrolle und der Dopamin-Neurotransmitter-Synthese spielen. Sowohl Ubiquinol als auch Coenzym Q10 boten einen Schutz gegen die toxische Wirkung dieser Substanz, wobei Ubiquinol besser abschnitt. In der ersten placebokontrollierten Doppelblindstudie mit Ubiquinol-Gabe bei Parkinson-Patienten kamen die Forschenden zu dem Schluss, dass 300 mg des Mikronährstoffs die Symptome der Erkrankung verbessern können (4). Darüber hinaus zeigte 2014 ein Zellmodell, dass Ubiquinol auch bei Morbus Alzheimer im Anfangsstadium positive Effekte erzielen kann (5).
Falldokumentation bei ALS
Eine weitere chronisch fortschreitende degenerative Erkrankung des Nervensystems ist die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Dabei werden die motorischen Nervenzellen geschädigt, was zum progredienten Muskelschwund in Armen und Beinen, Sprech- und Schluckstörungen sowie Atemproblemen führen kann.
Ein 75-jähriger Medizinwissenschaftler mit ALS meldete sich freiwillig für eine Behandlung mit Ubiquinol (6). Er erhielt den Mikronährstoff in einer Dosierung von zunächst 500 mg zweimal täglich, später 200 mg zweimal täglich. Sein Coenzym-Q10-Plasmaspiegel wurde zu Beginn und nach der Behandlung mit Ubiquinol gemessen. Er führte selbst Aufzeichnungen über Symptome, Stimmung, Empfindungen, Körpergewicht und die Griffkraft beider Hände.
Seine Krankheit begann schleichend und schritt allmählich fort. Im Herbst 2000 wurden erstmals eine Schwäche des linken Beins und Krämpfe in der linken Wade diagnostiziert, die mit einem Steppergang einhergingen. Er litt unter Muskelschwund, Faszikulationen (unwillkürliche Muskelzuckungen) und übersteigerten Reflexen. Die Griffkraft seiner linken Hand und die Schwäche im linken Bein verschlechterten sich rasch, gefolgt von der rechten Hand und dem rechten Bein, sodass er nicht mehr gehen und keine Routinetätigkeiten mehr ausführen konnte. Die Behandlung mit Ubiquinol im Jahr 2005 führte innerhalb eines Monats zu einer Verbesserung von Griffkraft, Stimmung und Empfindungsvermögen. 2006 berichtete er, dass Griffkraft und Muskelschwund nicht mehr so schnell fortschritten wie vor der Ubiquinol-Gabe.
Obwohl sich die Ergebnisse nicht verallgemeinern lassen, zeigt dieses Beispiel, dass Ubiquinol für ALS-Patienten von Nutzen sein kann. Wie die Autoren der Studie betonen, wären weitere kontrollierte Studien notwendig, um die Ergebnisse zu bestätigen.
Unterstützende Therapie bei Autismus
Auch bei Autismus, einer multifaktoriellen Entwicklungsstörung des Zentralen Nervensystems, spielen die Akkumulation oxidativer und mitochondrialer Schäden eine zentrale Rolle. Autistische Kinder sind empfindlicher gegenüber oxidativem Stress und haben einen mangelhaften antioxidativen Schutz. Darauf deutet eine Studie kalifornischer Wissenschaftler hin (7). Sie verglichen die Mitochondrien der Lymphozyten von Kindern im Alter von 2-5 Jahren, die einen voll ausgeprägten Autismus zeigten, mit denen von gesunden Kindern. Bei ersteren war der Sauerstoffverbrauch der Mitochondrien gestört und der oxidative Stress höher. Ihre Mitochondrienaktivität war herabgesetzt. Bei der Mehrheit fanden die Forschenden eine beschädigte oder überreplizierte Mitochondrien-DNA. Ihre Hypothese lautet, dass die Mitochondrien aufgrund der Veränderungen weniger Energie zur Verfügung stellen können, die wiederum entscheidend für die Hirnentwicklung sei. Eine eingeschränkte Energieversorgung könnte kognitive Störungen nach sich ziehen, die mit Autismus einhergehen. Demgegenüber könnte eine Nahrungsergänzung mit Ubiquinol autistischen Kindern helfen, solche Störungen zu mildern. Zu diesem Ergebnis kommt eine klinische Studie der Comenius Universität in Bratislava (8). Im Rahmen der Studie erhielten 24 autistische Kinder im Alter von 3-6 Jahren über drei Monate hinweg Ubiquinol: täglich 50 mg in der ersten Woche und 100 mg ab der zweiten Woche. Ziel der Studie war es, einen neuen Diagnosetest zu entwickeln und die Wirkung von Ubiquinol auf das Verhalten und die Lipidperoxidation bei Kindern mit Autismus zu untersuchen. Es konnten signifikante Verbesserungen autistischer Symptome beobachtet werden, z.B. eine Verringerung von Schlafstörungen (bei 34% der Kinder) sowie eine höhere Bereitschaft zur sozialen Interaktion (bei 42%), verbalen Kommunikation (bei 21%) und Nahrungsaufnahme (bei 17%). Die Auswertung zeigt, dass die Gesamtplasmakonzentration an Coenzym Q10 und die Lipidoxidation als wichtige Biomarker der Ubiquinol-Therapie bei Kindern mit Autismus dienen können.
Fazit
Die vorgestellten Studien bieten vielversprechende Ansatzpunkte für Patienten mit neurologischen Störungen. In der Praxis empfiehlt sich eine vorbeugende Einnahme von 1-2 mg Ubiquinol pro kg Körpergewicht für gesunde Menschen ab 30 Jahren, da man den Bedarf nicht nur über die Ernährung abdecken kann. Ubiquinol ist ein körpereigener, natürlicher Mikronährstoff ohne Nebenwirkungen, dessen Unbedenklichkeit auch bei hohen Dosierungen in zahlreichen Studien belegt wurde.
Sandra Birnschein, B.Sc.
Ernährungswissenschaftlerin, Autorin für Gesundheit, Nahrungsergänzung
und Functional Food
s.birnschein@akp-communications.com
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