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Aktiv gegen die Krankheit: Sport und COPD

Eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung scheint auf den ersten Blick nur bedingt eine gute Grundlage für ausgedehnte sportliche Aktivität. Das Krankheitsbild, das allgemeinhin oftmals als „Raucherlunge“ bezeichnet wird, sollte aber keineswegs als Hinderungsgrund vorgeschoben werden – denn verschiedene Studien belegen den positiven Beitrag des Sporttreibens bei der Vorbeugung einerseits und der Therapie andererseits.

COPD ist längst nicht mehr die unbekannte Volkskrankheit, die sie noch vor ein paar Jahren war. Das hat bedauerlicherweise mit der Zahl der Erkrankten zu tun – alleine in Deutschland sind zwischen drei und fünf Millionen Menschen betroffen, der überwiegende Teil von ihnen (rund 90 Prozent) ist oder war Raucher. Die besonders umgangssprachlich gebräuchliche Bezeichnung als „Raucherlunge“ hat insofern also einen wahren Kern. Die üblichen Symptome – Auswurf, Husten und Atemnot – können aber durchaus auch durch andere Faktoren hervorgerufen werden: Umweltverschmutzung, berufliche Belastungen (insbesondere an Arbeitsplätzen, in denen vermehrt Kontakt zu organischen oder anorganischen Stäuben besteht), virale Infektionen und genetische Aspekte können die Entstehung der Krankheit zumindest begünstigen.

Warnhinweise wie andauernde Atembeschwerden und anhaltender Husten in Verbindung mit zähflüssigem Schleim könnten daher schon Vorboten für eine chronische Entzündung der Atemwege sein. Wird die zu lange ignoriert, kommt es zu einem Lungenemphysem (dem schrittweisen Abbau der Lungenbläschen), was wiederum eine Hyperinflation, das heißt eine Lungenüberblähung, zur Folge hat. In diesem Stadium verliert die Lunge zunehmend ihre Funktion, die Leistungsfähigkeit der Betroffenen fällt in entsprechendem Maße ab. Die damit einhergehende Luftnot macht sich dann anfänglich vor allem bei Anstrengungen, in einem fortgeschrittenen Stadium schließlich auch im Ruhezustand bemerkbar.

Sport gegen die abfallende körperliche Leistungsfähigkeit

Der Versuch, weitere Anstrengungen zu vermeiden und den Körper stattdessen zu schonen, ist daher zwar auf den ersten Blick folgerichtig, für den Krankheitsverlauf aber nicht hilfreich: Der Verzicht auf körperliche Betätigung im Alltag sorgt vielmehr für eine Verschlechterung des Zustandes, weil die Muskulatur immer weiter abgebaut wird, solange sie nicht gefordert ist. Das wirkt sich in der Konsequenz zusätzlich nachteilig auf die Belastbarkeit aus.

Die ist im Übrigen, wie die European Respiratory Society schon 2014 aufzeigen konnte, häufig genug größer als von den Patienten angenommen. Das bestätigt auch der Berliner Pneumologe Dr. med. Matthias Krüll im Interview: Abhängig vom Stadium der Krankheit – also gerade zu Beginn der Erkrankung, wenn sich die konkreten Beschwerden noch auf einem vergleichsweise erträglichen Niveau befinden – sind noch ausreichend Kraft und Ausdauer vorhanden. Beide erlauben daher, das mögliche Training besonders im Ausdauerbereich zu forcieren. Das ist umso wichtiger, weil mit dem Fortschreiten von COPD die Muskulatur erst wieder aufgebaut werden muss, bevor Ausdauersportarten im Bereich des Möglichen liegen.

Der Umfang der körperlichen Aktivität muss für eine Verbesserung des allgemeinen körperlichen Zustands nicht einmal besonders groß sein, so Henrik Watz. Gemeinsam mit einigen Kollegen konnte er im Rahmen der Studie „Disease Progression and Changes in Physical Activity in Patients with Chronic Obstructive Pulmonary Disease“ aufzeigen, dass ein moderates Trainingsprogramm von 15 bis 30 Minuten täglich eine positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf haben kann. Moderat heißt in diesem Fall, dass beispielsweise schon regelmäßiges Spazierengehen oder Nordic Walking ausreichend sind, bei einer besseren Verfassung ist natürlich auch leichtes Joggen möglich. Das eignet sich als Training für den gesamten Körper, wirkt aber eben auch vielen der Folgeerscheinungen von COPD entgegen und kann somit nicht nur zu einer Stärkung des Herz-Kreislaufsystems (inklusive einer besseren Durchblutung und Sauerstoffversorgung) beitragen, sondern auch das Osteoporoserisiko senken. Die durch den Sport erhöhte Serotonin-Ausschüttung beugt zudem den ebenfalls im Zuge von COPD auftretenden Depressionen vor.

Grundsätzlich sollte ein an die Krankheit angepasstes Sportprogramm unbedingt zur Therapie dazugehören, denn die Wirkung ist zugleich therapeutisch (im Sinne einer lindernden Behandlung der auftretenden Symptome) wie auch vorbeugend. Über den medizinischen Nutzen sollte außerdem nicht vergessen werden, wie sich Sport und die Verbesserung des Gesundheitszustandes auf die allgemeine Lebensqualität auswirken können.

Sport als Rehabilitationsmaßnahme: Trainingsinhalte

Abgesehen von den individuell sehr verschiedenen Grundvoraussetzungen – hinsichtlich Schweregrad und Fortgang der COPD-Erkrankung – umfasst der sogenannte „Lungensport“ als Rehabilitationssport im ambulanten Bereich einige grundlegende Bereiche, die immer gezielt gefördert werden sollten. Das Ziel ist, den Patienten über die Beanspruchung in diesen Einzelbereichen das Bewältigen körperlicher Alltagsaktivitäten, etwa das Treppensteigen, wieder zu erleichtern. Die nachfolgenden Ausführungen sind Empfehlungen für die Ausübung in Gruppen, die an einem bis zwei Terminen unter Aufsicht eines Fachübungsleiters trainieren.

 

  • Ausdauertraining: Im ambulanten Bereich bieten sich hierzu das Fahrradergometer oder das Laufband an. Je nach Zustand des Patienten kann das Radfahren in niedriger oder hoher Intensität durchgeführt werden, über einen Zeitraum von 30 Minuten. Bei einem höheren Schweregrad der Erkrankung sollte stattdessen auf ein Intervalltraining mit kurzen Entspannungs- und Belastungsphasen zurückgegriffen werden. Auf dem Laufband liegt die Trainingsdauer zwischen 10 und 30 Minuten.
  • Krafttraining: Die Möglichkeiten sind für COPD-Patienten prinzipiell dieselben wie für gesunde Menschen, das heißt Training mit oder ohne Geräte ist jeweils denkbar. Die Intensität sollte 60 bis 70 Prozent der maximalen, einmaligen Wiederholung nicht überschreiten. Wichtig ist auch, möglichst viele Muskelgruppen in das Training zu involvieren – Bein-, Hüft-, Rumpf- und Schultermuskulatur dürfen dazu in drei Sätzen mit jeweils 8 bis 12 Wiederholungen gefordert werden.

Ein besonderes Augenmerk sollte der Atemmuskulatur geschenkt werden, deren spezielle Förderung trotz ihrer enormen Bedeutung für den Krankheitsverlauf nicht flächendeckend Teil der ambulanten Rehabilitation ist. Das klingt paradox, allerdings gehören Übungen zur Stärkung bzw. Lockerung der betroffenen Muskeln normalerweise zum heimischen Therapieprogramm. Vier bis fünf Einheiten wöchentlich werden, unabhängig vom Trainingsort, aber in jedem Fall empfohlen. In Kombination mit verschiedenen Atemtechniken (wie der Lippenbremse etwa) und unter Einsatz von verschiedenen Hilfsmitteln (etwa einer Flutter) kann so einerseits die Sekretmobilisation als auch die Atmung insgesamt erleichtert werden.

In seinen Ausführungen zum Lungensport als ambulantes Sportprogramm verweist Dr. med. Marc Spielmans zwar auf die durchaus unterschiedlichen Ergebnisse verschiedener Studien zum Thema Sport und Lungenkrankheiten. Allerdings lässt sich übergreifend aber doch eine positive Tendenz ablesen: Das gilt unter anderem für den Rückgang der Notwendigkeit von Rehospitalisierungen und die Sterblichkeitsrate, die beide in signifikanter Weise sinken. Umgekehrt steigt, wie bereits erwähnt, die Lebensqualität aufgrund der besseren körperlichen Verfassung. Sportliche Aktivität, ob im privaten oder ambulanten Bereich, ist also erwiesenermaßen ein adäquates Mittel zur Therapie von COPD.

 

 

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