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Naturheilkunde
Lesezeit: 14 Minuten

Alopezie – Glatzenbildung

“Das Haar ist eine Sumpfpflanze und gedeiht nur auf Wasserböden!” Dieser Uraltwitz aus dem Repertoire der Kahlköpfigen wird durch den schon historischen Aberglauben ergänzt, Glatzen träger seien “besonders intelligent” und verfügten über ein “beneidenswertes sexuelles Potential”. Was letzteres betrifft, ist dies wohl der Grund dafür, dass die “Tänzerinnen” mancher einschlägigen Etablissements sich heute noch den Kopf kahl rasieren wie weiland ihre Kolleginnen im alten Ägypten…

Spaß beiseite: Alopezie ist leider ein ernstzunehmendes medizinisches Signal; Haarausfall, vor allem in jungen Jahren und generell bei Frauen darf nicht bagatellisiert werden. Sind doch die Haare Anhangsgebilde der Haut, die ihrerseits wiederum Spiegelbild ist interner, oftmals hormoneller oder nervöser, oder externer, umweltbedingter Vorgänge im menschlichen (und tierischen) Organismus. 

Physiologie

Die Haare sitzen mit ihren Follikeln schräg in der Kutis, reichen manchmal bis in die Tiefe der Subkutis hinab und sind auf der Körperoberfläche in Strömen und Wirbeln angeordnet. Die Gesamtzahl der Haarfollikeln, aus denen die Haare sprießen, wird beim Menschen auf etwa 5 Millionen geschätzt. Davon befindet sich nur annähernd 1 Million auf dem Kopf.

Das Haar wächst in bestimmten, genau festzustellenden Abschnitten:

  1. Die Anagen-Phase, die Wachstumsphase, die bis zu 6 Jahren dauert.
  2. Die Katagen-Phase, die Übergangsphase, das ist 1-2 Wochen lang der Übergang zum sog. “Kolbenhaar”.
  3. Die Telogen-Phase, auch schon “Ruhephase” genannt, die 3-4 Wochen andauert und das “Kolbenhaar” aus bildet. Dieses ist bereits von der Haarpapille gelöst, am unteren Ende kolbenartig verdickt – daher der Name -, steckt aber auch noch im Haarbalg.

Etwa 88% des Haares befinden sich ständig in der Anagen-Phase, 1% in der Katagen-Phase und 11% in der Telogen-Phase. Das Haar wächst jetzt nicht mehr: es wird abgestoßen, sobald sich in der Papille ein neues Haar zu bilden beginnt: ein neuer Haarzyklus beginnt.

Den freien Teil des Haares bezeichnet man als
a) Haarschaft und
b) Haarwurzel.

Der aus Fasern zusammengesetzte Haarschaft besteht aus dem Haarmark, der Haarrinde und der Kutikula. Die Kutikula, das sog. “Oberhäutchen” ist eine Schicht von Zellen an der Oberfläche der Oberhaut (Epidermis), die das innere Milieu vor äußeren Einflüssen schützt. Die Haarwurzel wird vom Follikel umschlossen, dessen Austrittsstelle bis zur Einmündung der Talgdrüse Follikeldrüse heißt. Die dem Haar zunächst liegende, innere Schicht des Haarbalgs bildet eine dünne Epidermislage, die mit der inneren Wurzelscheide verzahnt ist.

Pro Monat wächst das Haar etwa 1 cm, das aber bedeutet, dass es sich insgesamt um eine tägliche Haarproduktion von 30 Metern handelt. Während der Wachsstumsphase (2-6 Jahre) werden in den Haarzwiebeln ständig neue Zellen gebildet. Nach dieser Zeit stellt die Zwiebel die Zellproduktion ein, es folgt eine sogenannte Ruhephase, der nach 2-6 Monaten ein Haarausfall folgt. Dabei gehen auf natürliche Weise täglich 60-80 Haare verloren.

Weil ein gesunder Haarwuchs aber auch von der Versorgung mit Nährsubstraten abhängig ist, schließt sich die Zwiebel an ihrem unteren Ende an das Gefäßsystem an. Außerdem finden wir hier ein engmaschiges Netz von Lymphgefäßen, wobei die salzhaltige Lymphe sehr wahrscheinlich als Elektrolyt bei den elektrischen Vorgängen der Haare mitwirkt. Wir können oft beobachten, dass stark geladene Haare beim Kämmen Funken versprühen und sie bei starken Erregungszuständen im Dunkeln so sehr leuchten, dass, würde man einen entsprechenden Versuch durchführen, auf einer Photoplatte ein heiligenscheinartiger Lichtkranz erkennbar wäre. Bei eben solchen Ereignissen sind an den Haaren unter dem Mikroskop mehr oder weniger starke Einkerbungen zu beobachten.

Nicht nur der seelische Zustand drückt sich in der Beschaffenheit oder in der Reaktion des Haares aus (“Mir stehen die Haare zu Berge!”), die ältere Literatur bezeichnet die Haare sogar als “Seelenbarometer”. Jedoch auch körperliche Vorgänge schlagen sich im Haar nieder. Frauen in der Schwangerschaft zum Bei spiel können plötzlich so fettes Haar bekommen, dass alle Versuche, die Wirksamkeit der dafür zuständigen Talgdrüsen zu beeinflussen, erfolglos bleiben. Franz Xaver Mayr (Mayr-Diagnostik!) erkannte bereits vor hundert Jahren den Gesundheitszustand bei Mensch und Tier am Haar. Je nach Schädigungsstadien unterschied er zwischen dem “Exzitationsstadium”, dem “Lähmungsstadium”, dem “Degenerationsstadium” und schließlich der “Kahlköpfigkeit”. Dabei schloss er immer auf einen mangelhaften Zustand der Humores, der Körpersäfte also, die sich im dyskratischen Zustand befinden.

Allerdings kommt “natürliche” Glatzenbildung, die vom schöpferischen Konzept wohl nicht vorbedacht war, in erster Linie bei der weißen Rasse vor, ein Tribut an unsere Zivilisation – vielleicht. Eine “natürliche” Glatze entsteht nur, wenn der Körper genügend Androgene produziert (Eunuchen z.B. hatten niemals Glatzen). Daher übrigens auch der Aberglaube von der “großen Potenz”‘ der Glatzenträger.

Die Haarfarbe

An der Wurzel wird die Haarfarbe durch Farbkörner (eigentlich Pigmentzellen) gebildet. Durch die Entstehung zahlreicher Farbnuancen in diesen Zellen gibt es entsprechend individuelle Abstufungen in der Farbskala. Entscheidend dafür ist die Erbmasse.
Das Ergrauen der Haare scheint mit den Funktionen der Keimdrüsen in einem gewissen Zusammenhang zu stehen, deren hormonproduzierende Funktion mit dem Alter abnimmt: Der Haarzyklus wird spärlicher, das Haar dünner und wie gesagt, nicht mehr pigmentiert. Aber: das Ergrauen der Haare ist nicht nur alters abhängig. Vielmehr muss man in zahlreichen Fällen von chronischen Erschöpfungszuständen ausgehen, nämlich dann, wenn die Betreffenden ihren Energiebedarf jenen Reservoirs abziehen, die wichtigere Funktionen zu erfüllen haben. Dabei kommt es zu einem interessanten chemischen Vorgang: Bei beginnenden Energieverlusten treten Mangan und Eisen aus dem Haar aus und andere Mineralien wie Kalzium und Zink vermehrt in das Haar ein und da mit beginnt die Grau- bzw. Weißfärbung. Natürlich steigt der Kalzium- und Zinkspiegel, je älter der Mensch wird. Hier wäre noch auf die Aufgabe des Keratins hinzuweisen: ein Hornstoff, der schwefelreiches Protein, das sogenannte Skleroprotein, enthält und der die Haarstruktur mitbestimmt.

Die Pflege der Haare

Sie liegt in erster Linie in einer naturgemäßen Lebensweise mit viel Licht, Luft und vernünftiger Ernährung. Da die Haare von einigen Materialien wie Kieselsäure, Eisen, Kupfer, Mangan, Schwefel, Arsen usf. reichliche Mengen enthalten, bieten sich natürlich auch solche Haarpflegemittel an, die diesen Inhalten entsprechen.

Das Waschen der Haare

Blonde Menschen verwenden am besten Kamillentee und zur Nachbehandlung ein Zwiebel-Haarwasser (siehe unten). Birken-Brennesselwasser eignet sich wiederum besser für Dunkelhaarige. Eine Nachspülung mit einem molkehaltigen Präparat (z. B. Molkosan®) verleiht dem Haar natürlichen Glanz. Man gibt 3 El auf 1 l Wasser. Die Grundbedingung für eine ursächliche Haarpflege aber kommt “von innen” heraus, und man sollte sich auch hier durchaus am “Kneipp’-schen Ordnungsprinzip” orientieren. So viel zur allgemeinen Haarkunde.

Erkrankungen des Haares und der Kopfhaut

Alopecia areata

Kreisrunder Haarausfall, meist am hinteren Kopf bei normaler Kopfhaut, keine Pilze, keine Ekzeme. Dieser Haarausfall ist sehr oft Ausdruck einer Zweitkrankheit oder Begleitsymptom einer Krankheit. Der Haarboden könnte auch sekundär als ererbter Locus minoris resistentiae erkrankt sein.
Diagnostische Anhaltspunkte ergeben sich aus einer sorgsam durchgeführten Anamnese; mit Sicherheit spielen genetische, rassische und hormonale Faktoren eine Rolle.

Therapieversuche
Foci an Zähnen, Nebenhöhlen, Tonsillen sind zu suchen und zu eliminieren. Wir führen eine Umstimmungsbehandlung mit Eigenblut, dem wir entweder Echinacin® oder Elpimed® beimischen. Lokal sorgen wir für eine hyperämisierende Hautreizung bei nicht fettendem Haar mit:
Rp.:
Resorcin 3,0
Menthol 0,5
Ol. Ricini 0,7
So. Bepanthen 5% 50,0 M.D.S
morgens und abends einmassieren.

Bei fettem Haar ohne Öl. Ricini, dafür Lebermittel, z.B. Hepatimed®/Medici (auch bei Hautkrankheiten wie z. B. Akne vulg.). Von der ektodermalen Reaktionsphase bzw. Imprägnationsphase ausgehend empfehle ich:
Rp.:
Psorinoheel
Selenium-Homaccord
Gallium Heel
S. 5-6 mal tägl. von jedem Mittel 10 Tropfen.

Homöopathie:
Thallium acet. D 4 Tabl.
S. 3 mal tägl. 1 Tabl. über längere Zeit.

Zur Regeneration der Sulfidfermente kann Traumeel®/Fa. Heel dünn auf die Kopfhaut aufgetragen werden.
Neben den externen Hyperämika geben wir z.B. Aesculus comp.®/Heel zur Verbesserung der peripheren Mangeldurchblutung.

Weitere durchblutungsfördernde Maßnahmen:
Hochfrequenzbehandlung mit dem TE-FRA Hochfrequenzgerät (Fa. Messerschmitt, Berlin).
Brennesselwurzeln und Blätter in Essig gekocht, mit Zusatz von etwas Muskatnussöl, zur täglichen intensiven Kopfhautmassage.
Dazu täglich 1 Gabe Silicea D 12 und wöchentlich 2 Gaben Calcium Fluoricum D 12 als Tabletten.
Im Sinne der “Schönheit von innen” muss ich immer wieder auf die hervorragen den Erfolge der Mayr-Kur hinweisen, die auf Grund ihrer durchgreifenden Regulierung der gesamten Körpersäfte auch auf den Haarwuchs erheblichen Einfluss hat.

“Zwiebel, Hühnerdreck und Kuhfladen”
Als das beste Haarwuchsmittel, das fast alle Kräuterbücher empfehlen, gilt die Zwiebel. Sie enthält Schwefel, und dieser natürliche Schwefel wirkt gleicher maßen gut auf Haarboden und Haar. Hingegen konnte ich mich einem “Therapievorschlag”, den mir ein alter Tiroler Heiler anheimzustellen versuchte, nämlich Hühnerdreck mit Honig verrührt auf die kahlen Stellen zu legen, wahlweise aber auch frischen Kuhfladen daraufzuschmieren, nicht auf Anhieb anfreunden. Diese “Therapien” mögen regional erfolgreich sein, mir aber fehlt in meiner Praxis entsprechendes Versuchspotential…
Zurück zur Zwiebel: Mit einer rohen, entzweigeschnittenen Zwiebel wird der Haarboden vor dem Waschen kräftig massiert. Alternativ kann auch ein Zwiebelhaarwasser angewendet werden. Sind Ausschläge auf der Kopfhaut vorhanden, wäre ein Brennessel-Absud oder Brennessel-Rohextrakt aufzutragen. Auch eine Harnstoffsalbe bzw. Creme käme in Frage, um eventuell vorhandene Plaques zu eliminieren (z.B. Calmurid®). Generell muss eine Behandlung des Haut- und Unterhautzellgewebes vorgenommen werden. Dafür eignet sich folgendes ISO-Rezept:
Rp.:
30 Kügelchen Ad 3 (Hydrastis cp)
50 Kügelchen G 4 (Symphytum cp)
50 Kügelchen St 5 (Berber/s cp)
50 Tropfen Rhododendron cp Fluid (rot)
S. in 100ml Alkohol (30%),
Kopfhaut leicht anfeuchten und einmassieren.

Neuraltherapie
Sie lässt uns auch beim Haarausfall nicht im Stich! Neben der allgemein roborierenden Wirkung auf den alternden und gestressten Organismus nimmt unser Procain eine Spitzenstellung ein. Mit dem Aslan-Präparat Gero H 3 kommt man auch beim Haarausfall zu erstaunlichen Erfolgen. Von dem einen Spaltprodukt des Procains, der Para-Aminobenzoesäure, ist bekannt, dass sie als haarwuchsförderndes Mittel wirkt und einen Faktor enthält, der das Ergrauen weitgehend verhindert.
Allerdings wirkt ungespaltenes Procain noch intensiver.

Anwendung:
1 mal wöchentlich Injektionen unter das betroffene Areal unter die Kopfschwarte. (Achtung: Nicht mehr als 2 ml Procain im Kopfbereich applizieren!) Bei nachgewiesener Schilddrüsen-Überfunktion einige Tropfen eines Neuraltherapeutikums in jeden Schilddrüsenlappen.

 

Alopecia seborrhoica capitis

Ursachen:
Mannigfaltig. V. a. Blutarmut, schlecht eingestellter Diabetes, Parkinsonismus, .hormonale Dysfunktionen (Hypophyse), chronische Infektionen, Gemütsspannungen.

Differentialdiagnose:
Intertrigo, Mycosen, Psoriasis, Neurodermitis.
Unterschieden werden muss zwischen der trockenen Alopecia sicca und der öligen Alopecia oleosa.

Therapieversuche:
Zunächst Behandlung der Seborrhoe. Fette Schuppen: Haare kurz schneiden! Haarwäsche 3 mal wöchentlich, am besten mit Tiroler Steinöl-Shampoo oder Schwefelseife.
Rp.:
Saponis kalini
Olei cadini aa 20,0
Ichthyoli 10,0
M.D.S. extern, zum Haarewaschen.
Keinen Fön zum Trocknen verwenden!

Nach dem Haarwaschen als Haarwasser
Rp.:
Acid. salicyl.
Mentholi
Camph. trit. aa 0,5
Sulf. praecipit. 5,0
Resorcini alb. 1,0
Spirit. dilut. ad 50,0
M.D.S. Extern. Nach dem Waschen einige Tropfen auf der Kopfhaut verreiben.

Bei trockenen Schuppen
Kopfkappe aus 3%igem Salizylöl.
Rp.:
Acid. salicyl.
Sulfur praecipit. aa 3,0
Ol. Ricini 20,0
Ol. olivar. ad 100,0
M.D.S. Kopf einreiben und mit einem Tuch nachtsüber einbinden.

Morgens das Öl mit Teerseife heiß ab waschen, danach jeden Abend mit Teer-Haarspiritus einreiben, z. B.:
Rp.:
Olei cadini 8,0
Ol. Ricini 0,1
Spirit. dilut. ad 100,0
M.D.S. Haarspiritus.

Physikalisch: Finger-Massage der Kopfhaut
Med.: Vit.-B-Komplex, Vit. A, E, z.B. AE-Mulsin®, 3 mal 20 Tropfen.

Homöopathie:
Gratiola Dil. D3 (bei fettiger Seborrhoe)
Dulcamara Dil. D3 (bei trockener Schuppung).
Als “Universalmittel” könnte man an das Befelka-ÖI denken das bei allen Arten von Ekzemen, Milchschorf u.s.w. sehr empfehlenswert ist.
Aus dem Präparateangebot der Firma Heel kann bei der Seborrhoe folgendes Rezept eingesetzt werden:
Rp.:
Schwef-Heel
Abropernol
Hormeel
S. Präparate 4 mal tägl. zusammen einnehmen, (je 10 Tr).

Injektionstherapie:
Engystol
Traumeel
Hormeel
Mischspritze 2 mal wöchentl.
Zwischendurch an Coenzyme compos.® und Ubichinon compos.® zur Regulierung von Fermentfehlfunktionen denken!
S. 2 mal wöchentl. (je 1 Ampulle).

Weitere Therapieempfehlungen
Einmal alle 3 Wochen 2 Likörgläser 30%igen Alkohol mit 1-2 Eidottern verrühren.
Das Haar vorher gut befeuchten und die Masse mit den Fingerkuppen solange einreiben, bis eine leichte Schaumbildung entsteht. Nach 10 minütiger Einwirkung ist das Haar mit lauwarmem Wasser auszuspülen.

Bei extrem starkem Haarausfall:
Rp.:
Acid. tannic.
Acid. salicylic.
Acid. Tartarici
Ol. Ricini aa 0,5
Sol. Bepanthen 5% 50,0
Spirit. du. ad 100,0
M.f.sol. D.S. morgens und abends einmassieren.

Als Hautfunktionsmittel kommen noch
Pfx H 8 Tropfen/Pflüger
Pfx Vinca 115Tr./Pflüger
und bei Juckreiz
Pfx Dolichos Tr./Pflüger in Frage.

 

Alopecia senilis

Bei der natürlichen Glatzenbildung im Alter hilft noch am ehesten eine mehrwöchige Kur mit “Gero H3 Aslan”. Wir injizieren 3 mal wöchentlich 1 Ampulle/5 ml i.m. Vorsicht bei Arrhythmien, langsam injizieren!
Der Patient hat mindestens 1/4 Stunde unter Beobachtung zu bleiben. Zusätzlich geben wir ein Vitamin B6-Präparat.

 

Glatzenbildung bei Frauen

Die Ursachen für eine diffuse, idiopathische Alopezie bei Frauen werden nicht einheitlich diskutiert. Die Erkrankung wird meist erst dann als solche erkannt und ernstgenommen, wenn die Haare büschelweise im Kamm bleiben, wobei in diesem Stadium mit einem Haarverlust bis zu 80% gerechnet werden muss, und womit bei den Betroffenen eine erhebliche psychische Belastung einsetzt, die zu Stress führt, der die Situation wieder um weiter verschlechtert. Pathologische Veränderungen an der Kopfhaut sind in der Regel nicht nachweisbar, jedoch wird in vielen Fällen eine erhöhte Testosteron-Ausscheidung beobachtet.

Ein eventuell vorliegender Eisenmangel sollte immer berücksichtigt werden, aber hier schließe ich mich den Thesen von Akerberg und Hoffmann an, wonach eine einseitige Substitution von Mineralien oder Vitaminen wenig sinnvoll ist. Viel mehr muss eine ausgeglichene Mineralstoffbilanz erstrebt werden; zur Diagnose bzw. Kontrolle empfiehlt sich die Gewebe-Mineral-Analyse aus dem Haar.

Wer unter extremen Haarausfall leidet, sollte sich die Einnahme der Pille gründlich überlegen, deren Nebenwirkungen immer noch bagatellisiert werden.

Vorsicht ist geboten, wenn systemlos hohe Dosen an Vitamin A verabfolgt wer den. Man kann damit eher das Gegen teil dessen erreichen, das man anstrebt: vermehrten Haarausfall

Der “Dauerwellenstress” führt eher selten zu Haarverlust, dafür aber verschlechtert man ganz erheblich die Haarqualität. Dasselbe gilt für häufiges Färben oder Bleichen, Heißtrocknen mit Fön. Auch der Diabetiker (siehe Alopezia seborrhoica cupitia) im Latenz-Stadium muss nicht unbedingt einen Haarausfall befürchten. Dies passiert aber oft dann, wenn der Diabetes falsch eingestellt ist.

In der Prodromalphase der Tumorerkrankungen ist ebenfalls der Haarausfall selten. Dieser setzt aber immer bei Behandlungen mit Zytostatika ein, ebenso bei hochdosierter Cortisontherapie.

Therapie: Haarmineralanalyse zur Ursachenklärung durchführen lassen. Therapieversuch: Darmsanierung, (siehe Alopecia seborrhoica capitis)

 

Alopecia praematura

Eine konstitutionell bedingte Erkrankung, ähnlich der A. senilis, schwer behandelbar. Der Haarausfall beginnt im Alter von 20-25 Jahren und schreitet bis zum 30. Lebensjahr rapide fort. Danach tritt eine leichte Verzögerung ein.
Teure Haarwässerchen oder Lotionen helfen nichts, man kann sich das Geld sparen! Dennoch:

Therapieversuch
wie bei der Alopecia seborrhoica mit Vit. B6. In jedem Falle aber überprüfen, ob nicht eine Störung im Mineralhaushalt vorliegt und dementsprechend therapieren.

Differentialdiagnose
Alopecia totalis bzw. Alopecia congenita totalis.

 

Alopecia symptomatica diffusa

Nach fieberhaften, schweren Erkrankungen (z. B. Typhus), durch Schock, bei Zytostatikabehandlungen, in selteneren Fällen auch durch androgenhaltige Ovulationshemmer kann es zu einer Alopecia symptomatica diffusa kommen. In diesen Fällen verschwindet der Haarausfall nach Absetzen der Medikamente meist von selbst.

Therapieversuch
Ursächliche Behandlung vornehmen, Entgiftungsmaßnahmen durchführen, vitaminhaltige Ernährung verordnen. Lebermittel z. B. Hepatimed®(Fa. Medice) geben, Multivitaminpräparate. Liegt eine Dysbakterie oder eine Dysfermentie vor, ist diese vorrangig zu beheben. Niemals eine Darmsanierung vergessen! (Omniflora®, Mutaflor).

Homöopathie
Silicea Tbl. D12 und Thallium Tbl. D4.

Ohrakupunktur
(versuchsweise): 95, 101, 22, 29 und Blase 54.

 

Alopecia maligna seu totalis

Sofern die Ursachenforschung ergebnislos geblieben ist, fehlt natürlich auch der Therapieansatz. Ohnehin ist die Prognose äußerst ungünstig.

Wir haben es hierbei entweder mit einem angeborenen Haarmangel zu tun, der sog. Alopezia congenita totalis (Fermentblockade?) oder um einen später auftretenden Haarverlust an allen behaarten Körperstellen, beginnend meist am Kopf. Bei späterem Auftreten ist immer an Intoxikationen mit Blei oder dem bleiähnlichen Thallium zu denken, die im Akutfall mit Erbrechen, schweren Durchfällen und Schädigung der Leber einhergehen, bei schleichenden Vergiftungen aber mit totalem Haarausfall imponieren.

Während wir bei der congenitalen Form therapeutisch wahrscheinlich das Handtuch werden werfen müssen, ist bei der Spätform unbedingt der Versuch zu unternehmen, aus der toxischen Imprägnationsphase (rechts des biol. Schnittes nach Reckeweg!) auszubrechen.

Therapieversuch
Ubichinon Amp., zur Anregung der Giftabwehrmechanismen und zur Wiederingangsetzung blockierter Fermentsysteme.
S. 2mal wöchentl. 1 Ampulle i. m. im Wechsel mit Coenzyme compositum.

Die darin enthaltene Fumarsäure sowie die DL-Äpfelsäure entfalten die Wirkung des Zitronensäurezyklus, sind somit ebenfalls entgiftungsfördernd.
S. 2 mal wöchentl. 1 Amp. i. m., eventuell zus. mit Ubichinon.

Homöopathie
Als Hauptmittel ist bei der Alopecia totalis Thallium sulfuricum oder Th. aceticum (Wirkungsweise identisch!) D6-D12, kurzfristig D4. S. 1 x tgl. 1 Tablette.

Ggf. wäre an den Einsatz einer Hochpotenz, z. B. LM XXX zu denken.

Abschließend darf ich zum Kapitel Alopezie anmerken, dass natürlich, sollte man sich zu homöopathischen Behandlungen entschließen, streng personotrop vorgegangen werden muss.

Literatur:
W. Vogt: Die Weiße Liste, Gengenbach 1993
W. Eichsteiler: Der praktische Homöpath, Kleinjörl/Flensburg 1982
P. Dosch: Lehrbuch der Neuraltherapie, Heidelberg 1973
Hauss/Lamek: Angewandte Dermatologie i. d. Naturheilpraxis, Buchholz/Nordheide 1986
Akerberg/Hoffmann: Die Gewebe-Mineralanalyse aus dem Haar, München 1986
K. Huhnstock: Diagnose und Therapie i. d. Praxis, Berlin Heidelberg 1974

 

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