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Naturheilkunde
Lesezeit: 6 Minuten

Kinder in der Naturheilpraxis

Anfänglich, 1992, hatten Eltern noch eine gewisse Skepsis, ob bei infektiösen Erkrankungen ihrer Kinder auf Antibiotika verzichtet – und auf naturheilkundliche Mittel zurückgegriffen werden kann.
Erfreulicherweise hat diesbezüglich ein grundsätzliches Umdenken in der Beurteilung der naturmedizinischen Möglichkeiten eingesetzt und gerade in der Kinderheilkunde immer mehr an Bedeutung – und damit an Anhängern gewonnen.
Ich persönlich habe den kleinen Patienten viel an neuen Erkenntnissen zu verdanken, denn besonders an Kindern wird deutlich, wie eng die Zusammenhänge von Körper, Geist und Seele zu sehen sind.
Während Erwachsene oft dazu neigen, ihre emotionalen Befindlichkeiten zu verschleiern, finden wir solche Probleme bei Kindern kaum. Sie sind offener, ehrlicher und zugänglicher.

Praxisfälle

9-jähriger Junge, blond, athletisch, lymphatische Iriskonstitution, geistig rege, hyperaktive Tendenzen, möchte am liebsten nur im Freien sein, liebt Süßigkeiten über alles, hat eine 7 Jahre ältere Schwester, die in allen Bereichen mustergültig ist. Der Vater sei streng, aber gerecht, Mutter gibt jedoch an, häufig „Vermittlungsversuche” zwischen Vater und Sohn zu unternehmen. Mutter sehr ehrgeizig und genervt ob des großen Wäscheanfalls, Vater zwingt den Jungen, sich selbst Windeln anzulegen.

Grund der Vorstellung: Enuresis noct., Brennen beim Wasserlassen, schlechter Schlaf

Bisherige Therapie: Einschränkung des Trinkvolumens, Allopathika, die die Schlaftiefe reduzieren

Untersuchungsergebnisse: Störungen auf den Meridianen Niere, Blase, Herz

Irisbefund: lymphatische Konstitution, F 4-Flocken im Blasenbereich

Therapie: Uva ursi-Oligoplex, Acidum benzoicum-Oplx., Hyperikum-Oplx., alle Mittel gemischt, anfangs 5 mal tägl. 15 Tropfen, danach 3 mal tägl. 15 Tropfen über einen Zeitraum von 15 Wochen.
Akupunktur BI 62, Le 3, H 5 und 7, Pe 6, KS 1, 2, 3, 6 und 8, Ma 36, MP 6, Dü 4, Du 20

Begleitende Therapie: Kindergruppentherapie, Elterngespräche, Seminar „Holding”, Heilhypnose.  

Die stützende Heilhypnose installierte ein „Weckprogramm” beim Jungen auf Mitternacht. Das in die Nähe gestellte „Töpfchen” half, ihn nicht allzu wach werden zu lassen. Das Suggestionsprogramm sah weiter vor, daß er nach dem Töpfchengang wieder tief und fest einschlafen würde. Vor dem Einschlafen wurde ihm eine Entspannungsmusik für Kinder zugestanden, was ihn besonders freute, weil er da sein geliebtes Kassettengerät noch anschalten durfte.
Um noch mehr Zuwendung von der Mutter zu erhalten, empfahl ich eine Wickeltherapie im unteren Körperbereich. Hierbei ergab sich für den Jungen die Chance, mit der Mutter wieder vermehrt reden zu dürfen und sogar hin und wieder eine Geschichte vorgelesen zu bekommen.

Therapieergebnisse:

Heilhypnose funktioniert bereits nach der ersten Sitzung, ohne die Schlafqualität des Kindes stärker zu beeinflussen. Die Energiestörungen auf den Meridianen waren bereits nach der vierten Akupunktursitzung ausgeglichen. Nach der sechsten Akupunktursitzung wurde heilhypnotisch initiiert, daß er nur beim Fühlen des Harndranges wach wird. Hierbei gab es nur zwei Fehlschläge, wobei das Kind direkt beim Harnfluß wach wurde. Medikamente wurden 8 Monate verabreicht. Das Brennen beim Wasserlassen war bereits nach drei Wochen verschwunden. Durch die Gruppentherapie erhielt das Kind die Möglichkeit, seine tiefe Angst vor dem Vater im Spiel aufzuhellen. Der Mutter wurde dieser Mechanismus bewußt, denn auch sie hatte Angst vor ihrem Mann. Es kam ein Jahr später zur Trennung der Eheleute. Der Junge ist gesund, die Mutter ebenso.


11-jähriger Junge, blond, leptosomer Körperbau, neurogene Iriskonstitution, mit auffälliger Großpupille. Das Kind wurde von der Mutter heimlich vorgestellt, der Vater durfte vom Besuch beim Heilpraktiker nichts wissen. Sie gab an, daß das Kind an Lernstörungen und Konzentrationsschwäche litte, daß es bockig sei. Ihn plage ständig Schnupfen und es finge jeden Infekt auf. Nach der Schule sei es wie erschlagen und habe Kopfschmerzen. Die Mutter war promovierte Pädagogin, der Vater Diplomingenieur, die Mutter hatte ein außereheliches Verhältnis, von dem der Ehemann wußte.

Bei der körperlichen Untersuchung stellte ich Strangulationszeichen am Hals fest. Der Junge gestand, einen Suizidversuch unternommen zu haben, die Mutti habe ihn quasi in letzter Minute retten können.
Im Beisein der Mutter wollte das Kind nicht sprechen. Im Befragungsverlauf bat ich das Kind, einen Wunschzettel für den Weihnachtsmann zu erstellen. Aller Entsetzen war groß, denn das Kind wünschte sich, wenn es vom Vater schon gehauen werden müsse, daß es nicht so weh tun sollte. Am liebsten würde es aber ins Kinderheim gehen, weil die Kinder dort sogar ein kleines Taschengeld bekämen.
Es war möglich, ganz sachlich mit dem Kind über seinen Suizidversuch zu sprechen. Ich fragte es, ob es denn nicht weh getan habe? Darauf erwiderte das Kind, daß es nicht so schlimm gewesen sei wie die Haue.

Hier war ein sehr ernstes Gespräch mit der Mutter nötig, wobei ich ihr eine Woche Zeit gab, für das Kind hilfreiche Maßnahmen einzuleiten. Ich drohte die Inanspruchnahme der zuständigen Organe an. Die Mutter verstand die ernste Sprache, suchte sich sofort eine eigene Wohnung und zog innerhalb weniger Tage dorthin.

Therapie: Der Junge durfte mit einer Peitsche auf eine Prügelpuppe schlagen – selbst dabei hatte er Angst –, besuchte über ein Jahr die Kindergruppentherapie, wo er insbesondere lernen mußte, seine Angst zu überwinden.

Medikamentöse Begleitung: Lobelia-Oplx. 3 mal 10 Tr., dazu Hypericum-Oplx. (Madaus) 3 mal 10 Tropfen als Dauertherapie über ein Jahr, am Abend Avena sativa-Tropfen (Nestmann), abends 15 Tr., Rescue-Bachblüten in den ersten Wochen 4 mal 4 Tr., Eigenbluttherapie: Echinacin-Oplx. plus einem Tropfen Eigenblut, intervallmäßig, jeweils 6 Wochen Einnahme, 6 Wochen Pause. Inhalationen mit Retterspitzlösung, Nasentamponaden mit Retterspitzlösung.

Mutter und Kind sind heute wohlauf, eine spätere Aufarbeitung wird sicher noch erforderlich sein.


8-jähriger Junge, lymphatische Iriskonstitution, Großpupille, leptosom, untergewichtig, spastische obstruktive Bronchitis, rezidivierende Sinusitis, Pseudokruppzwischenfälle. Sehr liebebedürftig, schmiegte sich ständig an die Mutter an, die außerordentlich liebevoll auf das Kind einging, was es ihm leicht machte, die Behandlungen tapfer auszuhalten.

Auch hier verordnete ich Lobelia-Oplx., gab im Akutfall den Madaus´schen Grippecocktail (Echinacin-Oplx., Eupatorium-Oplx., Arnica-Oplx. zu gleichen Teilen mischen, von der Mischung drei bis sechs mal 10 Tr.), bei spastischen Anfällen Drosera-Oplx. halbstündlich 5 Tropfen.
Das Kind erhielt eine Eigenbluttherapie nach Hoeveler, es wurde regelmäßig baunscheidtiert mit dem Öl der Schützenapotheke München, wobei der Hals zart mitbehandelt wurde. Zur Belohnung setzen wir ihm Ohrkerzen, weil er diese Prozedur besonders abenteuerlich fand. Gut vertrug er auch die abendlichen Retterspitzwickel. Auf diese Weise überwand er die Akutphasen auch ohne Antibiotika und chemische Hustenreizstiller.

Immer wieder war ich froh und glücklich über diese liebevolle Mutter-Kind-Beziehung. Sie half mir auch zu begreifen, daß nicht jedes kranke Kind ein Zeugnis von harten und unverständigen Eltern ist.

Karin Schollbach, Heilpraktikerin und Psychologin
Magdeburg

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