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Tierheilkunde
Lesezeit: 4 Minuten

Das gekränkte Reitpferd

Eine homöopathische Pferdegeschichte

Auf die Gefahr hin, daß meine Leser sagen werden, der Raba ist ein „tierischer Homöopath”, will ich in diesem Forum noch eine dritte – und vorerst letzte – Tiergeschichte zum besten geben. Ich tue das vor allem deshalb, weil an diesem Fall sehr schön zum Ausdruck kommt, wie entscheidend wichtig für die Mittelwahl es einerseits ist, die richtigen Fragen zu stellen und andererseits, den ursächlichen Zusammenhang hinter einer Störung aufdecken zu können. Die schönsten Symptome helfen uns bisweilen in der ebenso schwierigen wie faszinierenden Kunst der Klassischen Homöopathie nicht weiter, wenn es nicht gelingt, eine Causa für eine gesundheitliche Störung auszumachen.

Nachdem die heilenden Mittel der letzten beiden Geschichten relativ leicht zu finden waren und auch mehrere korrekte Einsendungen erfolgten, – die Arznei für den Kanari im Dezemberheft, war übrigens nicht Morphium, wie das fälschlicherweise abgedruckt wurde, sondern Papaver somniferum, der Schlafmohn, im Volksmund schlicht Opium, kommt es mir diesmal weniger darauf an, daß die in diesem Fall heilende Arznei unbedingt identifiziert wird, sondern daß der Weg, der zu ihr hinführt, nachvollzogen und in ein paar Sätzen aufgezeigt wird. Gewinner meines Werks Homöopathie – Das kosmische Heilgesetz wird also diesmal derjenige sein, der zwingend nachweist, in welche Richtung hier zu denken ist, woraufhin sich ein mehr oder weniger gutes Simile bis Simillimum letztlich von selbst ergibt:

Im Januar 1998 rief mich eine Patientin aus einer ländlichen Gegend Oberbayerns an, mit der Bitte, ihr einen Rat bezüglich ihres Reitpferdes zu geben.

Auf meine Frage, was diesem fehle, bzw. worin das Problem bestünde, meinte sie, der Gaul würde sich in der Herde sehr devot verhalten, ja, er werde von den anderen Pferden regelrecht geschnitten, oder an die Balken der Koppel gedrängt. Auch habe sie beobachtet, daß ihm bisweilen der Rücken leicht einsinken und die Hinterbeine wegknicken würden, als sei er zu schwach, sein eigenes Gewicht zu tragen. Aus diesem Grunde könne sie ihn auch nur kurze Zeit reiten. So unterwürfig er sich innerhalb der Herde gebärde, so aufmüpfig verhalte er sich jedoch ihr gegenüber, indem er sie bisweilen kaum aufsitzen lasse. Seine Augen wirkten traurig und gebrochen.

Die Frau erzählte weiter, ihr geliebtes Reittier habe bereits eine Einzelgabe Phosphor in der C 1000, von einem homöopathisch orientierten Tierarzt erhalten, jedoch ohne jeden Erfolg.

Da man Tiere nicht fragen kann, woran sie leiden, braucht man in solchen Fällen neben Wissen und Erfahrung immer besonders viel Einfühlungsvermögen und eine gute Portion Intuition.

Das Erwähnen der auffallenden Schwäche brachte mich auf eine Idee, ich begann diese Spur zu verfolgen. So fragte ich also die Frau …… ja, was fragte ich sie wohl? Sie meinte …… und ich machte Aha! Meine nächste Frage war, wie alt dieses Pferd denn sei. Sie sagte es sei erst 5 Jahre alt. Ob ihr am Genitale des Tieres irgend etwas aufgefallen sei, wollte ich noch wissen. Sie antwortete sofort, daß hier seit längerer Zeit schon ein bräunlich- schwärzlicher, dünner Ausfluß bestehe. Das war nun durchaus ein brauchbares Symptom. Wie ausschlaggebend für die eigentliche Mittelwahl es wäre, würde sich zeigen.

Ich äußerte der Frau gegenüber meine Vermutung, – vorläufig war es nur eine Theorie – daß dieses Roß …… Sie wollte meinen Gedankengängen nicht gleich folgen, jedoch ließ ich mich nicht beirren und verordnete aus zwei Überlegungen heraus zwei Arzneien. Die eine sei in einer 12. LM-Potenz und die andere in einer 18. LM, einzunehmen. Die Mittel wurden, wie üblich – das eine morgens und das andere abends – entweder dem Trinkwasser beigegeben oder 5-tropfenweise auf ein Stückchen Brot getropft.

Die bereits nach wenigen Tagen einsetzende positive Veränderung im Verhalten des Pferdes ließ auf einen dauerhaften Erfolg hoffen, der sich dann in den nächsten Wochen auch einstellte. Sehr schnell wurde spürbar, daß das offensichtlich geknickte Selbstbewußtsein des Pferdes sich wieder aufrichtete. Der Harnröhren-Ausfluß wurde schwächer und versiegte allmählich. Es bildeten sich nur noch hie und da ein paar krümelförmige Ausschwitzungen, die dann abfielen. Schließlich hörte auch das auf. Der Gaul spitzte wieder die Ohren, wenn seine Besitzerin in den Stall kam oder an die Koppel trat und ließ sich auch wieder bereitwillig besteigen. Er knickte nicht mehr ein und behauptete sich auch innerhalb der Herde wieder. Die Mittel wurden noch ein paar Wochen lang weitergegeben, damit sich der Zustand stabilisierte.

Peter Raba

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