Schnellschuss mit Risiko
Wissenschaftsautor und Dokumentarfilmer Bert Ehgartner setzt sich mit der groß angelegten H1N1-Virus-Impfung auseinander. Wird hier die Bevölkerung im Menschenversuch aufs Hochseil geschickt … ohne Netz und doppelten Boden? Im März erscheint Ehgartners neues Buch „Gesund bis der Arzt kommt – Ein Handbuch zur Selbstverteidigung“.
Auf Rat der Impfexperten investierte Deutschland Hunderte Millionen Euro Steuergeld in die Vorsorge gegen Schweinegrippe und das Zervix-Karzinom. Gesunde Menschen werden mit schlecht getesteten Impfstoffen gefährdet, die hoch riskante Wirkverstärker enthalten: Bei Tierversuchen erzeugen sie Allergien, Rheuma und andere Autoimmunkrankheiten.
Manche Menschen sterben nach der Schweinegrippe, andere nach der Schweinegrippe-Impfung. Während im ersten Fall die tragischen Ereignisse dazu benutzt werden, die weitere Impfbereitschaft medial anzukurbeln und die Experten betonen, wie wichtig und sinnvoll die Ausrufung der Pandemie war, ist im zweiten Fall Beruhigung angesagt: Das Paul Ehrlich Institut (PEI) tritt zur Entlastungsoffensive an. Die Impfung stehe keinesfalls in ursächlichem Zusammenhang mit den schweren Nebenwirkungen oder den Todesfällen, verkündet PEI-Sprecherin Susanne Stöcker in der ´BILD´: „Wenn nach der Impfung etwas geschieht, so heißt das nicht, dass es durch die Impfung geschieht.“
Ein Kleinkind, das nach der H1N1-Impfung mit dem Impfstoff Pandemrix einen tödlichen Lungeninfarkt erlitt, war schwer krank gewesen. Eine 65-jährige, ein 55-jähriger und ein 46-jähriger, die kurz nach der Impfung an einem Herzinfarkt starben, hatten zuvor schon chronische Beschwerden. Eine weitere 65-jährige war Diabetikerin, ein 66-jähriger Asthmatiker. Gelang es mal nicht, eine Vorerkrankung als Todesursache zu identifizieren, so wurde angenommen, „dass dieses Ereignis zwar ein seltenes ist, aber angesichts der Vielzahl von verabreichten Impfungen dennoch rein zufällig aufgetreten ist“.
Im umgekehrten Fall handelte es sich – auch wenn die Betroffenen ebenfalls in den meisten Fällen an chronischen Krankheiten litten – stets um Opfer der Schweinegrippe. Wären sie geimpft gewesen, so die Unterstellung, hätten sie mit ihrem Asthma oder ihrer sonstigen Organschwäche noch viele Jahre glücklich weitergelebt. Wilde Grippeviren sind demnach grundsätzlich böse und gefährlich. Wurden diese Viren jedoch abgetötet, über Wirkverstärker biochemisch reanimiert und dann in den Muskel injiziert, so stand der gute Wille fürs Werk: „Da kann doch kaum etwas schief gehen.“
Ist dem wirklich so? Weltweit wird bei der Entwicklung neuer Impfstoffe massiv der Einsatz innovativer Adjuvantien erprobt. Diese Wirkverstärker sollen auch dort eine Immunantwort provozieren, wo bislang das Impfkonzept versagte. Zu diesen Problembereichen gehört die Influenza. Nach den Übersichtsarbeiten der unabhängigen Cochrane-Gruppe dümpelt der Grippe-Impfstoff vom Kinder- bis zum Erwachsenenalter bei mittlerer Wirksamkeit dahin – je nachdem, wie gut die Antigene im Impfstoff mit den tatsächlich zirkulierenden Grippeviren überein stimmen. Bei Babys, Kleinkindern sowie älteren Menschen finden sich jedoch zwei schwarze Löcher der Wirksamkeit.
Novartis hat mit „Fluad“, das mit dem Squalene-haltigen Hilfsstoff MF59 versetzt ist, bereits vor Jahren einen speziellen verstärkten Senioren-Impfstoff auf den Markt gebracht. MF59 ist auch im Schweinegrippe-Imfpstoff „Focetria“ enthalten. Der Konzern Glaxo Smith Kline (GSK) setzte mit seinem „Adjuvans-System 03“ (AS03) bei „Pandemrix“ auf ein ähnliches Konzept.
Ich habe über intensive Recherchen versucht, Studien zu finden, in denen die Sicherheit und Verträglichkeit dieser neuartigen Adjuvantien gezeigt wird. Die gibt es aber nicht. Beide Wirkverstärker kamen über eine in-vitro-Testphase im Labor und ein paar Tierversuche unmittelbar in die Impfstoffe und werden nun am Menschen verwendet.
Dasselbe gilt für die ebenso neuartigen Wirkverstärker, die in Gardasil und Cervarix, den beiden Impfstoffen gegen Humane Papillomaviren, verwendet werden. Hier kommen die neuartigen Aluminium-Verbindungen AS04 (Cervarix) und Gardasils AAHS zum Einsatz. Besonders originell ist der Wirkverstärker AS04. GSK setzt dabei auf das Alarmpotenzial einer Fettverbindung, die aus der Oberfläche von Salmonellen gewonnen wurde und kombiniert es mit Aluminiumhydroxid. Im direkten Vergleich mit Gardasil zeigte sich, dass AS04 einen um das zwei- bis sechsfach höheren Antikörper-Titer bei den Geimpften erzeugt. Das seien „exzellente Ergebnisse“, freute sich Hugues Bogaerts, Produktmanager des belgischen Konzerns GSK. Ich fragte ihn nach Sicherheitsstudien für sein neuartiges Adjuvans, das bisher noch in keinem Massen-Impfstoff eingesetzt worden ist. Seine Antwort lautete: „Eigene Sicherheitsstudien am Menschen sind beim Adjuvans nicht vorgesehen. Das wird in großen klinischen Studien gleich in der fertigen Impfstoff-Kombination getestet.“
Wenn man sich diese Studien ansieht, ist das Erstaunen groß, denn in den großen Zulassungsstudien von Gardasil und Cervarix mit über 40.000 Teilnehmerinnen wurden die Impfstoffe nicht gegen physiologisch neutrale Salzwasser-Lösungen getestet, sondern gegen andere Aluminium-haltige Impfungen oder eine pure Wasser-Aluminium-Lösung. Kritiker wie der britische Aluminium-Experte Christopher Exley finden dies fahrlässig, „weil Aluminium-Verbindungen bei zahlreichen Autoimmun-Prozessen beteiligt sind.“
Tatsächlich musste im September 2008 auf Geheiß der US-Behörde FDA in die Produktinformation von Gardasil der Hinweis aufgenommen werden, dass bei jeder 43. Teilnehmerin der Studien Krankheiten mit möglicherweise autoimmunem Hintergrund neu aufgetreten sind. In der deutschen Fachinformation ist davon nichts zu lesen.
Es ist seit langem bekannt, dass Aluminiumsalze die Immunantwort der Geimpften „in eine allergische Richtung“ manipulieren.
Aber auch die Art der Immunreaktion kann – speziell bei genetischer Empfänglichkeit – dauerhaft verändert werden. Daraus resultiert die Gefahr, dass das Immunsystem auf nachfolgende Infekte falsch reagiert – und ansonsten harmlose Viren plötzlich mit einer überschießenden Immunreaktion beantwortet werden, die in den betroffenen Organen schwere Schäden anrichten kann. Ebenfalls ist bekannt, dass jede Impfung Auto-Antikörper erzeugt, die an körpereigenes Gewebe binden und dieses für die Fresszellen des Immunsystems als Angriffsziele markieren. Im Normalfall sollten diese fehlgesteuerten Antikörper von den körperinternen Kontroll-Mechanismen erkannt und beseitigt werden. Doch diese Entwicklung kann außer Kontrolle geraten.
Insgesamt sollten bei Impfungen, die ja eine vorbeugende medizinische Intervention bei Gesunden darstellen, die allerhöchsten Sicherheits-Kriterien gelten. Doch irgend etwas setzt hier im ansonsten so auf Kontrolle und Risiko-Minimierung bedachten behördlichen Zulassungs-Apparat aus. Möglicherweise ist es das über historische Verdienste wie Ausrottung der Pocken erworbene gute Image, das hier die Impfungen unter eine Art schützende Käseglocke stellt. Dabei war gerade das Impfen traditionell immer eine mehr intuitive Maßnahme als eine wissenschaftliche. Es wurde schon gegen virale Krankheiten geimpft, als man noch nicht wusste, dass es überhaupt Viren gibt. Und wir haben dauerhaft ins Immunsystem eingegriffen, als vom Immunsystem noch nicht einmal die Spitze des Eisbergs aufgetaucht war und so gut wie gar nichts der näheren biologischen Mechanismen verstanden wurde, die hier ablaufen. Allein die Tatsache, dass wir uns heute inmitten einer tatsächlichen Pandemie der Krankheiten des Immunsystems befinden, wie die ständig steigenden Zahlen bei Asthma, Diabetes Typ 1, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder rheumatoider Arthritis zeigen, sollte uns sehr skeptisch machen.
Was bei der Entstehung von Autoimmunkrankheiten im Organismus konkret abläuft, steht erst seit kurzem im Fokus der wissenschaftlichen Forschung, wobei sich die meisten Arbeiten weniger mit den Ursachen befassen, als mit der Symptom-Linderung. Neue Arzneimittel gegen Rheuma oder Multiple Sklerose gehören zu den internationalen Bestsellern am Pharmamarkt. Mit Ursachenforschung ist wenig zu verdienen, möglicherweise stehen wir auch deshalb beim Verständnis noch weitgehend in den Kinderschuhen. Erst 2005 erschien bspw. die erste Arbeit (Harrington et al.), die mit der sog. Th17-Reaktion einen zentralen Schlüsselfaktor im Autoimmunprozess identifizierte. Hier wird – v.a. im Zusammenspiel mit regulatorischen T-Zellen auf der besänftigenden und Interleukin 6 auf der aggressiven Seite – festgelegt, ob sich das Immunsystem in seiner Antwort tolerant oder autoaggressiv verhält.
Es trägt nicht zu Beruhigung bei, wenn man weiß, dass viele Adjuvantien speziell die Produktion von Interleukin 6 ankurbeln, wie dies eine vom Hersteller selbstfinanzierte Studie zum Novarits Adjuvans MF59 eindrucksvoll belegt (Valensi et al.).
Der MF59-haltige Grippe-Impfstoff Fluad wurde bereits millionenfach an ältere Menschen verimpft – ohne vorherige Sicherheitsstudien, die über dessen autoimmunes Potenzial Aufschluss gaben. Nun wird damit argumentiert, dass er eben deshalb sicher ist, weil er schon so oft verimpft wurde und bisher keine auffällige Häufung von Nebenwirkungs-Meldungen beim Paul Ehrlich Institut registriert wurde. Wer jedoch meint, dass die Behörden davon erfahren würden, wenn ein geimpfter Rentner drei Monate nach der Fluad-Injektion einen Rheumaschub bekommt, überschätzt das Meldewesen enorm, hier geht die Wahrscheinlichkeit praktisch gegen Null. Sobald eine Impfung am Markt ist, muss sich schon etwas ziemlich Auffälliges ereignen, damit das von den Behörden registriert wird.
„Die Ärzte, die gesetzlich verpflichtet sind, diese Meldungen zu machen, wissen zum Großteil nicht einmal, dass Impfungen Autoimmunreaktionen auslösen können“, sagt der Wiesbadener Mediziner Klaus Hartmann, der zehn Jahre beim Paul Ehrlich Institut für die Bewertung von Impfschäden zuständig war und nun als gerichtlicher Impfschaden-Gutachter tätig ist. „Damit die Ärzte melden, müsste man diese erst mal intensiv informieren und an ihre Meldepflicht erinnern. Doch das ist gar nicht erwünscht.“
Squalen-haltige Adjuvantien werden sogar dazu verwendet, um Tiermodelle für bestimmte Autoimmunkrankheiten zu erzeugen. Barbro C. Carlson zeigte mit einem Rheuma-Experten-Team des schwedischen Karolinska Instituts, dass eine einzige Injektion von Squalen unter die Haut bei Ratten chronische Gelenksentzündungen auslösen kann.
Damit zu beruhigen, dass die Dosis das Gift macht und in Impfungen für Menschen ja wesentlich niedrigere Squalen-Dosierungen enthalten sind, halte ich in Abwesenheit jeglicher Evidenz für verantwortungslos, zumal es immer individuelle Empfänglichkeiten gibt, wo auch eine niedrige Dosierung zum Problem werden kann.
Als „unkontrollierten Menschenversuch“ bezeichnete Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber des arznei-telegramm, die zurückliegenden Impfaktionen. Scheinbar wird versucht, über Massenanwendung der Squalen-haltigen Impfstoffe Fakten zu schaffen, um dann – nach demselben Muster wie bei „Fluad“ – mit deren Verträglichkeit und Sicherheit argumentieren zu können. Die US-Gesundheitsbehörden sind diesbezüglich deutlich strenger als die Behörden der EU. Dort sind bislang nur herkömmliche, ohne Wirkverstärker hergestellte Schweinegrippe-Impfstoffe auf dem Markt.
Warum bei einer Influenza, die milder verläuft als in vielen anderen Saisons, überhaupt die Pandemie ausgerufen wurde, hat mit der Weltgesundheits-Organisation (WHO) zu tun, die in den letzten Jahrzehnten sehr stark unter einem Zwang zum gesundheitspolitischen Aktionismus laboriert und sich immer mehr als globale Seuchenpolizei versteht. Angesichts von Malaria, Tuberkulose und Durchfall-Krankheiten, die v.a. in Entwicklungsländern jährlich viele Millionen an Todesfällen verursachen, wundern sich Experten über die enorme Bedeutung, die die WHO vergleichsweise harmlosen Erregern wie den Influenzaviren zumisst.
Dazu kommt eine Budgetstruktur, die zunehmend von „Private-Public Partnerships“ dominiert ist. Durch die Etablierung dieser Industrie-Partnerschaften wuchs der Anteil der „gespendeten“ finanziellen Mittel am WHO-Haushalt im letzten Jahrzehnt überproportional. Lag das Verhältnis 1998 mit 842 Millionen US Dollar regulärem Haushalt zu 804 Spendermillionen noch halbwegs ausgeglichen, so betrugen die privaten Zuwendungen 2004 mehr als das Doppelte des regulären Haushaltes, und damit stand den Vertretern der Industrie Tür und Tor offen. Bei allen Besprechungen zur Pandemie waren – wie selbstverständlich – auch die Impfstoff-Hersteller geladen.
Es ist kein allzu gewagter Schluss, dass die H1N1-Pandemie von WHO und Impfstoff-Herstellern als eine Art „Feuerwehrübung“ für den theoretischen Ernstfall einer wirklich verheerenden Influenza-Pandemie inszeniert wurde. Andernfalls wären ja auch die vielen Millionen, die anlässlich der Vogelgrippe in die Entwicklung pandemischer Impfstoffe gesteckt wurden, fehlinvestiert gewesen. Es wurde demnach das nächstbeste Influenzavirus genommen, um die Tauglichkeit der Infrastruktur zur raschen Herstellung der Impfstoffe zu testen.
Fakt ist: Die Sicherheitsfrage bei Schweinegrippe sowie HPV-Impfstoffen wird von der Industrie nicht freiwillig geklärt werden. Es bräuchte Druck der Öffentlichkeit auf die Gesundheitspolitik und die zuständigen Behörden, öffentlich finanzierte unabhängige Studien, um die Rolle der Wirkverstärker in Impfungen wissenschaftlich zu klären. Vielleicht kommt damit endlich Licht in die einzige derzeit wirklich ernsthaft grassierende Pandemie – nämlich die Flut an Allergien und Autoimmunkrankheiten, die bereits ein Drittel der Bevölkerung in den Industrieländern erfasst hat.
Literaturempfehlung:
Bert Ehgartner: Lob der Krankheit – Warum es gesund ist, ab und zu krank zu sein, Lübbe 2010
(Taschenbuch)
Bert Ehgartner: Gesund bis der Arzt kommt – Ein Handbuch zur Selbstverteidigung, Lübbe, März 2010
Bert Ehgartner
Wissenschaftsautor und Dokumentarfilmer. In Kürze erscheint sein neues Buch „Gesund bis der Arzt kommt – Ein Handbuch
zur Selbstverteidigung“.
Kontakt: info@ehgartners.info
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