Schönheit – was ist machbar?
Eigenhaar-Transplantation
Wir werden mit rund 100.000 Haarfollikeln auf dem Kopf geboren. Beim Säugling sind es ca. 1.000 Haarfollikel pro cm². Dann nimmt die Follikeldichte natürlicherweise – zunächst wegen der wachstumsbedingten Ausdehnung der Hautoberfläche, später infolge natürlicher Haarfollikelregression – ab. Im Alter von 25 Jahren beträgt die Follikeldichte bereits nur noch ca. 500 pro cm², mit 50 Jahren 150–300 pro cm². Mit zunehmendem Alter nimmt die Haardichte noch weiter ab.
Es ist also biologisch gut begründet, warum ein voller Haarschopf den Eindruck von Jugendlichkeit und Schönheit vermittelt. George Clooney wird zitiert mit dem Geständnis: „Meinen Erfolg als Schauspieler habe ich auch meinem vollen Haar zu verdanken.“ Umso mehr schmerzt es dann, wenn dieses Symbol von Vitalität und Erfolg abhanden kommt. Mit dem Haar verlieren viele Menschen auch ihr Selbstbewusstsein, sie entwickeln Minderwertigkeitskomplexe, die viel weiter reichen können, als sich Menschen vorstellen mögen, die über eine volle Haarpracht verfügen. Zwar haben – von Yul Brunner bis Bruce Willis – Weltstars auch das Tragen einer virilen Vollglatze salonfähig gemacht, aber viele Männer und Frauen betrachten das nicht als Ideal und Wunschlösung.
Zu Beginn des Haarverlusts vermag ein guter Coiffeur – notfalls auch eine teure Perücke – noch einiges zu kaschieren, für viele ist aber irgendwo die Grenze des Erträglichen erreicht, und – dem technischen Fortschritt sei Dank – bietet mittlerweile die Schönheitschirurgie erfolgreiche Hilfe an, die auch bezahlbar sein kann, nicht nur für Silvio Berlusconi, derzeitig eindeutig der Vorzeige-Frontmann erfolgreicher Haarverpflanzung. Wir besprechen hier die wichtigsten und fortschrittlichsten Methoden, Bedingungen und Kosten, als Entscheidungshilfe für Betroffene zur Vermeidung folgenreicher Irrtümer und Fehlentscheidungen.
Die Anatomie des Haares
Ein Haar besteht aus Keratin, einem stark strukturierten Protein, identisch mit dem Material der obersten Hautschicht und der Finger- und Fußnägel. In einer zwiebelförmigen Hauteinbuchtung mit langem Schaft (Follikel) befindet sich die Haarwurzel, der lebende Teil des Haares mit einem Dermal Papilla genannten, mit kleinen Blutgefäßen versorgten Basisbereich. Im Inneren der Haut werden die Haarfollikel umhüllt von internen und externen Wurzelhüllen. Die externe Wurzelhülle eines Haarfollikels reicht bis in die obere Hautschicht. Der Haarschaft ist der Teil des Haares, der über der Haut sichtbar ist. Er ist – technisch gesehen – tot, hat keine Blutgefäße oder Nerven. Er besteht aus einer inneren Schicht aus weichem Keratin (Mark), die aber nur in breiten, kräftigen Haaren vorkommt. Die mittlere Schicht (Kortex) ist zuständig für die Kraft, Elastizität und die Textur der Haare. Hier bildet sich der Farbstoff Melanin, der die natürliche Haarfarbe bestimmt. Die äußere Schicht (Cuticula) ist dünn und farblos, schuppig aufgebaut aus sich überlappenden kleinen Schichten und dient dem Schutz der Kortex.
Haarwuchszyklus
Das Haarwachstum läuft in 3 zyklisch wiederkehrenden Phasen ab. Nur in der „anagenen“ (aktiven) oder Wachstums-Phase produzieren die Haarwurzeln Haar. Das Wachstum beträgt im Durchschnitt 10 cm pro Jahr, ein Haar kann mehr als einen Meter lang werden. Rund 85 % der Kopfhaare befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Wachstumsphase, die 2–6 Jahre dauern kann. Danach wird die Haarproduktion eingestellt, der Follikel schrumpft auf 1/6 der Normallänge. Ungefähr 2 % aller Haare befinden sich i. d. R. in dieser Zwischenphase, die 1–2 Wochen dauert. Danach beginnt die „telogene“ oder Ruhe-Phase, die 5–6 Wochen dauert. In ihr bleibt das alte Haar zunächst noch im Haarschaft, gegen Ende der Phase schiebt die Wurzel ein neues feines Härchen nach, das alte Haar fällt aus. Im Schnitt sind rund 13 % des Kopfhaares in dieser Phase, allerdings gibt es hier sehr hohe Schwankungen (4–24 %).Während eines Menschenlebens wiederholt sich dieser Haarwuchszyklus etwa 20 Mal. Die Haarfollikel wachsen in Grüppchen (Follikuläre Einheiten) von bis zu 5 Haaren, die willkürlich über die Kopfhaut verteilt sind.
Glatzen haben verschiedene Ursachen und bilden sich nach verschiedenen Mustern. Hamilton-Norwood haben den typischen Verlauf einer entstehenden Glatze in einer Skala festgehalten. Alle andro-genetischen Haarausfälle verlaufen nach diesem Schema. In der Megasession (siehe Kapitel Dense Packing & Megasession) kann das Haarwachstum um ungefähr 3 Stufen der Hamilton-Norwood Skala verbessert werden. Für jedes Muster gibt es auch die richtige Auflösung. Bei Kahlheit als Folge eines Unfalls oder eines chirurgischen Eingriffs ist die Eigenhaar-Verpflanzung ebenfalls die geeignete Lösung, um Spuren vergehen zu lassen.
Haarausfall
2/3 aller Männer leiden unter (andro-)genetisch bedingtem Haarausfall. Die Hälfte entwickelt mit der Zeit eine fortgeschrittene Glatze. Es beginnt mit Haarverlust im Bereich des Haaransatzes, der Geheimratsecken und/oder einer leichten Tonsur-Glatze und der Ausbreitung schütterer, kahler Stellen. Auch viele Frauen leiden unter – i. d. R. partiell bleibendem – Haarausfall, zumeist am Mittelscheitel. Die Wissenschaft hat erkannt, dass bei genetisch bedingtem männlichen Haarverlust v. a. das Testosteron-Unterhormon DHT die Haarfollikel schädigt, allerdings beschränkt auf die oberen Kopfhautbereiche, während die Follikel im Bereich des Haarkranzes hormonunempfindlich sind. Als weitere Ursachen für Haarausfall kommen Krankheit, Stress, Fehlernährung und Medikamenten-Einnahme in Frage.
Was tun?
Eine Zeit lang kann der gute Friseur helfen. Und dann? Bei vielen Menschen wird mit dem Haar auch das Selbstvertrauen schnell dünner. Haarwässerchen, Therapien und Kuren mit Medikamenten machen die Enttäuschung dann schnell perfekt. Der Haarausfall lässt sich nämlich davon nur in seltenen Fällen beeindrucken. Im Falle von Harrausfall anderer Genese können spezialisierte Dermatologen bei der Abklärung und mitunter mit bestimmten Medikamenten helfen, z. B. Propecia – Finasterid, Rogain – Minoxidil. Der andro-genetisch bedingte Anteil der Kahlheit aber wird auf die Hilfe des Schönheitschirurgen angewiesen bleiben.
Haarverpflanzung
Wie schon erwähnt, sind aus irgendeinem Grunde die Haarfollikel des Haarkranzes unempfindlich gegenüber den Attacken des Testosteron-Hormons und bleiben dies auch dann, wenn sie an anderer Stelle der Kopfhaut implantiert werden. Genau diese werden bei der Haartransplantation genutzt, und es werden durch strategische Umverteilung permanente neu wachsende Haare erreicht.
Diese Erkenntnis ist nicht sehr neu, und bereits seit den frühen 60er Jahren werden Haare verpflanzt. Allerdings haben sich die Techniken seither enorm weiterentwickelt, und die modernen Transplantationstechniken führen – bei handwerklich sauberer Ausführung – auch zu ansehnlichen ästhetischen Ergebnissen.
Veraltete Techniken
Zunächst wurden relativ große „Inseln“ mit 8 – 10 Haaren dem Haarkranz entnommen und verpflanzt (Punchgraft-Technik), die Transplantate standen weit auseinander, und sowohl im Entnahme- als auch Empfängerbereich traten erhebliche Narbenbildungen auf. Da löste in den 90er Jahren der Übergang zur Mini-Mikrografting-Technik schon eine kleine Revolution aus, die Transplantate waren um 1/3 bis zur Hälfte kleiner als die Punchgrafts und setzten sich aus 3 – 5 Haaren zusammen. Die Ergebnisse waren deutlich homogener, dennoch: Nach heutigem Stand der Technik eher noch steinzeitlich und ästhetisch mitunter mit katastrophalen Ergebnissen. Ganz und gar abzuraten ist also von Ärzten und Instituten, die diese überholten Techniken anbieten.
Transplantation mit FUT
Den alten Techniken weit überlegen ist die Methode Follicular Unit Transplantation (FUT), bei der natürliche Haarfollikelgruppen eingepflanzt werden. 1–5 Haare befinden sich in einer solchen Gruppe, die Kopfhaut wird an den Implantationsstelle nur minimal inzisiert, die winzigen Implantate verheilen schnell, Narbenbildung tritt kaum auf, das ästhetische Ergebnis wirkt sehr natürlich. Dem Haarkranz wird ein schmaler Streifen Haut entnommen, die Entnahmestelle wird wieder vernäht und bleibt durch eine besondere Verschlusstechnik (trichophytic closure) danach fast unsichtbar. Der Hautstreifen wird präzise in 1.000 – 3.000 kleine „Grafts“ (FU) zerteilt. Mit einem speziellen Hochpräzisionslaser erzeugt der Operateur winzige Empfangskanälchen im Transplantationsbereich, in die er die FUs einsetzt. In einer Sitzung können bis zu 6.500 Haare verpflanzt werden. Die Lasertechnik löst in modernen Transplantationszentren die mechanische Stanztechnik (mit speziellen Bohrern, Nadeln, Skalpellen) ab, die mit unerwünschten Blutungen, Narbenbildungen, Abstoßreaktionen und anderen Nachteilen behaftet ist. Die Laser sind allerdings extrem teuer und deshalb nur sehr selten in Einzelpraxen von Schönheitschirurgen zu finden.
Transplantation mit FUE
Eine Alternative zur Streifenentnahme ist die Entnahme einzelner Follikelgruppen (FUE-Technik) mit einer mikrochirurgischen Hohlnadel (Durchmesser 0,7–1,0 mm). Vorteil der FUE-Methode ist, dass Spendematerial ohne Hautschnitt, Naht bzw. Klammern gewonnen wird. So können pro Behandlungstag allerdings höchstens 600–1.000 FUs entnommen und verpflanzt werden. Oft sind hier mehrere Behandlungssitzungen als bei der FUS-Technik erforderlich. Bei der FUE-Entnahmetechnik ist allerdings die Implantation mit Lasertechnik nicht einsetzbar, denn die entnommenen Follikelgruppen sind größer dimensioniert. Hier kommt dann nur die oben beschriebene Stanztechnik zur Anwendung. Auf FUE wird man v. a. zurückgreifen müssen, wenn die Haut im Entnahmebereich zu straff gespannt ist und eine Streifenentnahme zu unakzeptabler Narbenbildung führen würde.
Dense Packing & Megasession
Die natürliche Haardichte eines gesunden Haarwuchses variiert zwischen 90 und 110 Follikulären Einheiten pro cm². Bei Alopecia androgenetica ist die Dichte viel geringer bis null. Erfolg und Qualität einer Haartransplantation werden von der Anzahl der transplantierten Haare bestimmt. Je mehr Transplantate zur Verfügung stehen, desto besser wird das Resultat. Die modernen Entnahme- und Transplantationstechniken ermöglichen die Verpflanzung kleinster Haarwurzeln und Follikulärer Einheiten, die sehr eng gesetzt werden können. Die modernen Transplantationstechniken machen es möglich, in einer einzigen Behandlung die ganze Maßnahme durchzuführen (One-Session-Philosophy), für die Betroffenen eine erhebliche Erleichterung. Denn nun ist es möglich, pro Session bis zu 2.000 Transplantate zu setzen, bei größeren kahlen Flächen und einer guten Spendersituation sogar 3.000 – 5.000 Transplantate (= 8.500 – 11.000 Haare).
Ästhetisches Ergebnis
Neben der möglichst hohen Haardichte ist die Kreation einer schönen natürlichen Haarlinie wichtiges Element für das ästhetische Ergebnis des Eingriffes, zugleich eine wahre Herausforderung für den Haarchirurgen. Unerfahrene Operateure können die Haarlinie zu niedrig, zu rund und in Proportion zur Kopf- und Gesichtsform unvorteilhaft wählen. Im Haarlinien-Grenzbereich ist besonders wichtig, die Wachstumsrichtung des neuen Haares richtig zu bestimmen, auch dies ist mit dem Laser viel besser steuerbar. Das Endresultat wird man i. d. R. nach etwa 9–12 Monaten sehen können, wenn die transplantierten Haare genügend Zeit zum einheilen und wachsen hatten.
VORHER
NACHHER
Der Preis der Schönheit
Außer ggf. nach Unfallschädigung ist Haartransplantation keine Kassenleistung! Es ist ein riesiger Markt entstanden, bei Google bringt der Begriff „Haartransplantation“ 231.000 Treffer – allein auf den deutschsprachigen Seiten. Aktionsangebote aus Istanbul oder Peking mit Anreise und Hotelunterbringung für 1.700 Euro pauschal oder 1 Euro pro Transplantat versuchen Appetit zu machen auf eine schnelle und billige Verjüngungskur. Allerdings finden wir dabei nur selten klare Aussagen über die verwendete Technik, keine Garantieversprechen, und eine persönliche Überprüfung des Partners und seiner Versprechungen ist natürlich bei solchen Fernangeboten auch nicht möglich. Abgerechnet wird eine Haarverpflanzung i. d. R. nach Grafts, also der Anzahl der Transplantate, die entsprechend der individuellen Situation, den Voraussetzungen, Zielen und Erwartungen der Behandlung und des Patienten stark variieren kann. Je nach Größe der Kahlflächen werden weniger oder mehr Grafts (Transplantat-Haare) benötigt, um ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen. Die Kosten pro verpflanzter Einheit sinken mit der Anzahl.
Unverbindliche Orientierungswerte für den Einsatz der beschriebenen modernen Verfahren:
Geheimratsecken: 2.000 – 4.000 Euro (800 – 1.200 Grafts), 1–2 Sitzungen
Halbglatze: 4.000 – 8.000 Euro (2.000 – 4.000 Grafts), 1–3 Sitzungen
Vollglatze: 8.000 – 20.000 Euro (3.000 – 6.000 Grafts), 2–5 Sitzungen
Achtung: Billig kann teuer werden! Gerade bei Haartransplantation kommen schnell hohe Beträge zusammen, doch es gibt ein großes Gefälle in der Leistung der einzelnen Haarchirurgen. Schlecht durchgeführte Haartransplantationen erfordern oft aufwändige Reparaturen, Spenderhaare sind nicht unbegrenzt vorhanden. Oft erweisen sich billige Operationen im Nachhinein als die teuerste Lösung!
Kategorischer Imperativ: Qualität vom Spezialisten
Unser eindringlicher Rat an Interessenten für eine Haarverpflanzung: Spielen Sie nicht fahrlässig Versuchskaninchen für Anfänger oder Abzocker! Wählen Sie einen erfahrenen und auf Haarverpflanzung spezialisierten Partner mit modernen Transplantations-Methoden und guter Reputation. Sie werden vermutlich im Preisvergleich etwas teurer sein, aber die Resultate sind deutlich besser und ihr Geld wert!
M.D. Bruce Reith
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