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Psychotherapie
Lesezeit: 4 Minuten

Fallstudie aus der psychotherapeutischen Praxis: Angststörung durch ein Geburts-Trauma

Patientin: Simona, 32 Jahre

Anamnese
Si© Alena Ozerova - Fotolia.commona hat vor vier Monaten eine kleine Tochter geboren. Nach Jahren angespannten Wartens mit Hoffnung und Enttäuschung sowie einer Fehlgeburt ist diese Schwangerschaft recht problemlos verlaufen. Sie war sehr überzeugt gewesen, dass sie ihr Kind auf natürlichem Wege auf die Welt bringen könne. Die Geburt ihrer Tochter verlief jedoch dramatisch. Die Wehen setzten zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin ein. Unglücklicherweise war ihr Ehemann auf einer Auslandsdienstreise und traf nicht rechtzeitig zur Geburt ein, er stand somit als Unterstützung nicht zur Verfügung. Nach einigen Stunden heftigen Wehen setzten plötzlich die Herztöne bei ihrem Kind aus. Hektisch wurde ein Notkaiserschnitt vorbereitet und eine Vollnarkose eingeleitet. Simona ging mit panischen Ängsten um ihr Kind in die Narkose. Mit diesen panischen Ängsten wachte sie auch aus der Narkose wieder auf. Als ihr klar wurde, dass ihre Tochter noch ein bisschen schwach aber wohlauf war, konnte sie sich nach und nach beruhigen. Doch seitdem hat sie diesen Druck auf ihrer Brust und immer wiederkehrende Verlustängste um ihr Kind. Diese Ängste treten mehrmals täglich, ganz plötzlich ohne äußeren Grund auf und äußern sich körperlich in Schweißausbrüchen, Zittern und Kraftlosigkeit. Simona konnte die Ankunft ihres ersehnten Kindes kaum genießen und nahm wahr, dass sie sich während ihrer Angstattacken nicht gut um ihre Tochter kümmern konnte. Zu ihren Ängsten plagen sie zudem noch heftige Schuld- und Versagensgefühle. Dass es ein Kaiserschnitt und nicht eine natürliche Geburt war, empfindet sie als persönliches Versagen. Auch glaubt sie, dass sie ihr Kind während der Geburt im Stich gelassen hätte. In einem Nebensatz erwähnt Simona, dass sie selbst wohl mit Schuldgefühlen und unterschwelligen Angstgefühlen auf die Welt gekommen sei.

Therapie
Aus der Traumaforschung ist bekannt: So wie man in die Narkose hineingeht, so kommt man wieder heraus. Je mehr Stress vor der Narkose aufgebaut wurde, desto intensiver wirken die operativen Stressoren auf das Nervensystem ein. Simona ging mit panischen Ängsten in die Narkose hinein. Als sie mit dem gleichen panischen Gefühl wieder erwachte, fehlte ihr ein Stück „Film“ ihres Lebens – die Geburt ihrer Tochter.

Folgende Faktoren hatten ein Trauma erzeugt:

  • die Überwältigung durch die Notsituation – sie hatte keine Zeit, sich darauf einzustellen
  • die Ungewissheit – eine lebensbedrohliche Situation für ihr Kind
  • die Hilflosigkeit – sie wurde narkotisiert
  • die fehlende Unterstützung für sie und ihr Kind – ihr Mann war nicht anwesend

Das Ausmaß an Angst- und Schuldgefühlen nach dem Akuttrauma der Geburt ihrer Tochter übersteigt bei Weitem die Bewältigungsmechanismen meiner Klientin. Die Stressreaktion in ihrem Körper bleiben hochaktiviert.

Die „Liebevolle Zwiesprache“, mit der ich arbeite, setzt demnach im Körper an. Sie ist eine körperorientierte, bewusstheitsfördernde Therapiemethode zur Lösung von emotionalem Schmerz und zur Integration der darunter liegenden heilsamen Wesensqualitäten. So beginne ich den Prozess der „Liebevollen Zwiesprache“ mit Simona bei ihrer akuten Emotion der Angst um ihre Tochter. Die Frage ist nicht, woher kommt die Angst, sondern, wie fühlt sie sich in ihrem Körper an. Mit Hilfe der Ausatemunterstützung ist Simona in der Lage, diese starke Emotion zu halten und auf körperlicher, emotionaler und geistiger Ebene einen präsenten Raum zu schaffen, in dem ihre Angst gefahrlos gespürt und gefühlt werden kann. Dazu ist es wichtig, aus allen Interpretationen und Gedankenkonstrukten auszusteigen und im eigenen Körper anwesend zu bleiben. Im präsenten Raum beginnt sich die Angst zu lösen. Ihr Körper erhält Raum, die gespeicherte emotionale Ladung auf natürliche Weise zu entladen. Die geistige Instanz beobachtet und begleitet diesen Prozess ohne einzugreifen. Nachdem Simona durch ihre augenblickliche Angst hindurch gegangen und der Druck in ihrer Brust verschwunden ist, kommen nun ihre Versagens- und Schuldgefühle an die Oberfläche. Ihr ganzer Körper fühlt sich verkrampft an. Heilsame Tränen sind ein Zeichen für eine natürliche Entladung ihres Nervensystems, ihr Körper entspannt sich. Die lebensfördernden Gefühle von Vertrauen, Kraft und Liebe, die sich nun zeigen, integriert sie sehr bewusst. Sie sind Ausdruck unseres heilen Wesenskernes und kommen sofort an die Oberfläche unseres Bewusstseins, wenn sich der Schmerz gelöst hat. Sich ihnen zuzuwenden bildet ein Gegengewicht zu alten gespeicherten traumatischen Ladungen und lässt uns Stück für Stück in uns selbst zu Hause ankommen. Ich bespreche mit Simona, wie sie selbstständig durch alle weiteren auftretenden Ängste hindurchkommt. Als sie zur nächsten Sitzung kommt, hat sich viel verändert. Die Angstattacken haben nach der ersten Sitzung schon deutlich abgenommen, und durch das selbstständige Üben bleiben sie gänzlich aus. Zuerst kann sie das Dasein ihrer Tochter mehr und mehr genießen und gut für sie sorgen, dann kehrt ihre Lebensfreude zurück. Nach und nach verschwinden die vorher dauerhaften unterschwelligen Angstgefühle und sie bemerkt, dass sie sich nicht mehr für alles Mögliche und Unmögliche schuldig fühlt. Am Wertvollsten empfindet Simona jedoch diesen sanften inneren Frieden, der sich immer öfter einfach so einstellt.

Peggy Paquet Peggy Paquet
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Therapeutin für Liebevolle Zwiesprache®
praxis@liebevolle-zwiesprache.de

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