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Naturheilkunde
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2013 erfolgreich die besseren Werbemöglichkeiten bei Patienten nutzen

Dr. jur. Frank A. StebnerParacelsus sprach über die Liberalisierung des HWG mit Fachanwalt Dr. jur. Frank A. Stebner

Im Paracelsus-Magazin 06/2012, S. 46 ff. erläuterte Herr Dr. Stebner die für Heilpraktiker vorteilhaften Änderungen des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Paracelsus sprach mit dem Autor über Details der Liberalisierung und der praktischen Anwendung in der alltäglichen Patientenkommunikation.

Müssen Heilpraktiker überhaupt das HWG beachten, wenn sie Patienten sachlich informieren?

Dr. Stebner: Ja, und zwar aus folgendem Grund: Der Bundesgerichtshof hat einen umfassenden, sehr weiten Werbebegriff entwickelt. Kurz gesagt, sind alle Maßnahmen Werbung, die Heilpraktiker treffen, um bestehende Patienten zu halten und neue Patienten zu gewinnen, wenn eine zielorientierte Ansprache der Patienten erfolgt. Auch „sachliche Informationen“ sind folglich im Allgemeinen Werbung. Deshalb ist auch das HWG als Prüfungsmaßstab anzuwenden.

Haben Heilpraktiker die Möglichkeit, die Übereinstimmung ihrer Texte mit dem HWG selbst zu prüfen?

Dr. Stebner: Ja und nein! Das HWG ist zwar ein recht modernes Gesetz, das in einer weniger abstrakten juristischen Fachsprache gehalten ist. Vieles können Heilpraktiker deshalb ohne Hilfe verstehen und anwenden. Ich rate daher Heilpraktikern dazu, das HWG auszudrucken (www.gesetze-im-internet.de/heilmwerbg) und zunächst selbst anzuwenden.

Manches wird als unzulässig auffallen und kann schon einmal aus den Texten entfernt werden. Spezialfragen sollten dann aber Fachjuristen vorgelegt werden, die für ihre Beratung auch haften. Wenn jedoch schon einmal das eine oder andere, das gegen das HWG verstößt, gestrichen wurde, reduziert sich der Arbeits- und damit auch der Kostenumfang.

Seit wann gelten die neuen Bestimmungen?

Dr. Stebner: Die Gesetzesänderung wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist am 26.10.2012 in Kraft getreten. Seit diesem Zeitpunkt kann die liberalisierte Patientenwerbung in Umlauf gebracht werden.

Was ist mit alten Unterlassungserklärungen und rechtlichen Auseinandersetzungen über die Werbung vor dem 26.10.2012?

Dr. Stebner: Sie sprechen da ein wichtiges Thema an. Lassen Sie mich dazu bitte ein Beispiel herausgreifen: Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 HWG durfte sich Werbung für Heilpraktiker nicht auf Fachveröffentlichungen des Werbenden beziehen. Es war natürlich nicht einzusehen, weshalb die Qualifikation durch Hinweis auf ein Buch, beispielsweise über Sauerstofftherapie, in der Werbung unterbleiben sollte. Diese Norm ist durch das Änderungsgesetz endlich aufgehoben worden.

Wenn ein Heilpraktiker früher eine Unterlassungserklärung gegenüber einem Berufsverband oder einem Wettbewerbsverein unterzeichnete und sich darin verpflichtete, eine Werbung mit Hinweis auf Fachveröffentlichungen des Werbenden zu unterlassen, so ist diese Vereinbarung erst einmal weiter gültig. Die Unterlassungserklärung mit dem Vertragsstrafeversprechen (meistens 5100 Euro pro Verstoß) ist ein Vertrag. Dieser Vertrag hat aber durch die Gesetzesänderung keinen Rechtsgrund mehr. Gleichwohl gilt er fort, bis er wirksam gegenüber dem Berufsverband oder dem Wettbewerbsverein gekündigt wurde. Solange muss sich der Heilpraktiker an die zivilrechtlich eingegangene Verpflichtung halten.

Das hört sich schwierig an!

Dr. Stebner: Wenn sich das Gesetz eindeutig ändert, wie in meinem Beispielfall, die Norm ersatzlos gestrichen wurde, darf es eigentlich keine Diskussion geben. Den Heilpraktikern ist zu empfehlen, den Berufsverband oder Wettbewerbsverein anzuschreiben und die Unterlassungserklärung zu kündigen. Dabei ist auf den Nachweis des Zugangs zu achten. Sollte der Adressat die Kündigung nicht akzeptieren, rate ich zur Einschaltung eines Fachjuristen, der die Kündigung durchsetzen wird, damit der Heilpraktiker die besseren Werbemöglichkeiten nutzen kann.

Gegenstand von Abmahnungen war oft die Abbildung von Heilpraktikern und Helferinnen in Berufskleidung oder bei therapeutischen Handgriffen, z.B. Setzen einer Akupunkturnadel.

Dr. Stebner: Das war früher wirklich ein leidiges Thema. Gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG verstieß jede Klinikwerbung, und auch die meisten Heilpraktiker-Flyer waren unzulässig. Zwar war bereits durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom 01.03.2007 dieses Verbot faktisch gefallen, jedoch kam es immer wieder zu Abmahnungen. Konsequent hat der Gesetzgeber diese Norm jetzt aus dem HWG gestrichen. Kein Heilpraktiker, der das Team in weißer Kleidung in seinem Flyer abbildet oder in einer Szene gerade einen Schröpfkopf setzt, verstößt mehr gegen diese Norm.

Dann haben Heilpraktiker jetzt also alle Gestaltungsmöglichkeiten.

Dr. Stebner: Vorsicht, ganz so einfach ist es doch nicht! Diese Norm ist zwar gestrichen worden, dadurch ist die Werbung aber nicht vollständig juristisch entfesselt. Es gibt andere Kontrollmaßstäbe im HWG und im allgemeinen Wettbewerbsrecht – dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) –, die Bedeutung erlangen können. Es darf keine „Angstwerbung“ erfolgen, und die Werbung darf nicht irreführend sein. Es gibt noch weitere Punkte, die zu beachten sind. Festzustellen ist aber: Wenn Heilpraktiker sachlich orientiert eine zutreffende Information und Abbildung geben, werden sie gegen kein Gesetz verstoßen. Heilpraktiker sollten also die neuen Chancen für eine sachgerechte und damit nützliche Information ihrer Patienten nutzen. Wer meint, sich jetzt alles erlauben zu können, wird „juristischen Schiffbruch“ erleiden.

Außerdem erreicht eine solche übertriebene Werbung bei Patienten ohnehin genau das Gegenteil.

Die Angabe von Tätigkeitsschwerpunkten ist auch für Heilpraktiker wichtig, um Spezialisierungen zu kommunizieren. Wie ist die Rechtslage?

Dr. Stebner: Ärzte sind durch ihr Berufsrecht gebunden und deshalb mehr eingeschränkt als Heilpraktiker. Ein eigenes Berufsrecht existiert für Heilpraktiker nicht.

Aber mehr als drei Tätigkeitsschwerpunkte dürfen Heilpraktiker doch nicht angeben!

Dr. Stebner: Diese Behauptung wird von manchen Heilpraktikerverbänden transportiert und von Heilpraktikern vielfach als geltendes Recht angesehen. Es ist aber rechtlich falsch, dass Heilpraktikern nur die Angabe von bis zu drei Diagnose- und Therapierichtungen – z.B. in Anzeigen oder auf dem Praxisschild – erlaubt sei. Rechtlich zwingend ist die Beschränkung auf drei Angaben nicht. Etwas anderes würde allerdings dann gelten, wenn der Heilpraktiker Mitglied eines Verbandes ist und sich durch den Beitritt einer verbindlichen Satzungsbestimmung unterworfen hat, wonach für alle Mitglieder diese Werbebeschränkung gilt. Ansonsten können mehr als drei Angaben rechtskonform sein, wenn die Anforderungen der Rechtsprechung erfüllt sind.

Wie sind die Anforderungen?

Dr. Stebner: Zunächst muss festgehalten werden, dass die Angabe von Tätigkeitsschwerpunkten Werbung ist. Die Angaben dürfen nicht irreführend sein. Ich empfehle die Anlehnung an das ärztliche Berufsrecht bei der Gestaltung der Tätigkeitsschwerpunkte. Danach können existierende diagnostische oder therapeutische Methoden angegeben werden. Die Methoden muss der Heilpraktiker auch wirklich durchführen. Bei Gemeinschaftspraxen muss man Obacht geben, dass die Tätigkeitsschwerpunkte entweder von allen Heilpraktikern durchgeführt werden oder einzelnen Therapeuten zugeordnet sind.

Dürfen fremd- oder fachsprachliche Bezeichungen in der Werbung benutzt werden? Wenn Methoden angegeben werden sollen, kann dies ja oft nur mit Fachbegriffen geschehen, wie z.B. Moxibustion.

Dr. Stebner: Sie haben völlig recht, dies war ein Problem. Mit der Änderung des HWG ist § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 entfallen. Diese Norm war früher sehr beliebt bei Abmahnungen. Heilpraktiker, die ahnungslos eine Angabe wie Moxibustion kommunizierten, verstießen dagegen. Die Norm ist durch die Novellierung aufgehoben worden. Allerdings sollen etwaige Irreführungen oder Missverständnisse aufgrund der Verwendung bestimmter Begriffe vom allgemeinen Irreführungsverbot in § 3 HWG erfasst werden, so heißt es in der Gesetzesbegründung. Ich rate deshalb dazu, Fachbegriffe verständlich zu erklären.

Eine Erklärung erscheint uns auch aus dem Blickwinkel des Marketings sinnvoll zu sein.

Dr. Stebner: Das ist bis auf wenige Ausnahmen in jedem Fall richtig. Wer, außer einem bereits bestens informierten Patienten, kann mit „Moxibustion“ etwas anfangen? Auch hier gilt der Grundsatz: „Nicht alles, was rechtlich möglich ist, ist auch sinnvoll.“ So gesehen kann eine verständliche Erklärung von fachsprachlichen und fremdsprachlichen Begriffen eine notwendige Marketingentscheidung sein.

Wie ist das richtige Verhalten bei Abmahnungen? Was ist zu beachten, wenn die Homepage abgemahnt wird?

Dr. Stebner: Der Internetauftritt von Heilpraktikern ist ein beliebtes Kontrollziel bei Wettbewerbsvereinen, denn von jedem Ort aus kann problemlos eine genaue Prüfung vorgenommen werden. Wenn eine Abmahnung eintrifft, sollte nicht vorschnell die Unterlassungserklärung unterzeichnet werden. Eine Abmahnung ist unangenehm, und mancher Heilpraktiker hat schon, einfach um die Sache vom Tisch zu bekommen, das vorbereitete Formular unterzeichnet und dem Verband die Kosten gezahlt. Doch Vorsicht: Die abgegebene Unterlassungserklärung ist auch dann rechtlich bindend, wenn die Abmahnung überhaupt nicht berechtigt war. Am besten geht man bei der Prüfung einer Abmahnung nach bestimmten Regeln vor. Nicht immer wird sich der Rat eines fachkundigen Juristen ersparen lassen; manches können Heilpraktiker aber selbst beurteilen.

Zu welcher Vorgehensweise raten Sie?

Dr. Stebner: Die erste Regel ist, die Abmahnung ernst zu nehmen und die Fristen zu beachten. Dann sollte man sich anschauen, ob die Formalien in Ordnung sind, das ist die zweite Regel. Wer abmahnt, muss hierzu auch berechtigt sein.

Die Gerichte haben Kriterien anhand des Gesetzes aufgestellt. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass Wettbewerbsvereine, die sich im Gesundheitswesen engagieren, die Legitimation zur Abmahnung besitzen. Aber Achtung: Zwischen Kollegen muss ein Wettbewerbsverhältnis um Patienten bestehen, weshalb der Dortmunder Kollege nicht gegen den Flensburger Heilpraktiker vorgehen kann. Berufsverbände sind nur dann zur Abmahnung berechtigt, wenn sich dies aus dem Vereinszweck in der Satzung ergibt.

Kann auch länger zurückliegende Werbung abgemahnt werden?

Dr. Stebner: Ja, das ist ein sehr wichtiger Punkt, der die dritte Regel umfasst: Ist ein möglicher Anspruch auf Abgabe der Unterlassungserklärung verjährt? Nach § 11 UWG gilt eine sechsmonatige Verjährungsfrist.

Heilpraktiker sollten also darauf achten, wenn ihnen eine Website-Gestaltung vorgehalten wird, die sie vielleicht schon vor mehr als einem halben Jahr verändert haben. Ich komme zur vierten Regel: Ist die Website rechtlich zu beanstanden? Hier muss dann geprüft werden, ob tatsächlich ein oder mehrere Verstöße gegen das novellierte HWG oder gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vorliegen.

Was ist zu beachten, wenn eine Unterlassungserklärung abgegeben werden muss?

Dr. Stebner: Auf jeden Fall müssen die Fristen eingehalten werden. Als fünfte Regel möchte ich aufstellen: Die eingegangene Verpflichtung muss genau beachtet werden, weil ansonsten die hohe Vertragsstrafe gezahlt werden muss. Wichtig ist auch die sechste Regel: Die Unterlassung gilt für alle Werbeformen.

Die Website ist der Anlass für die Intervention. Wird eine Unterlassungserklärung abgegeben, gilt die Verpflichtung nicht nur für die Homepage, sondern für alle Arten des Praxismarketings, also auch für Visitenkarten, Wartezimmeraushänge, Praxisflyer, Praxisschilder. Wer dies nicht bedenkt, kann kräftig zur Kasse gebeten werden, denn bei jedem bemerkten Verstoß muss die Vertragsstrafe gezahlt werden.

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