Psychoonkologie
Psychologische Begleitung bei Krebserkrankungen
Die Diagnose „Krebs“ ist sicherlich eine der größten Erschütterungen im menschlichen Leben. Trotz vielfältiger Anstrengungen in Schul- und Komplementärmedizin ist Krebs immer noch die zweithäufigste Todesursache nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Andererseits stirbt nur jeder zweite Patient und einige Krebsarten haben viel von ihrem Schrecken verloren. So sind durchaus Fortschritte zu verzeichnen, die optimistisch stimmen. Dennoch ist die Bewältigung, ein Leben mit dieser Krankheit, eine Herausforderung, auf die niemand vorbereitet ist. So setzt sich auch in der Schulmedizin immer mehr die Erkenntnis durch, dass eine psychologische Begleitung der Betroffenen dringend notwendig ist. Innerhalb der Schulmedizin untersucht die sogenannte Psychoonkologie die Zusammenhänge zwischen Krebs und Psyche und entwickelt u.a. unterschiedliche Programme zur Unterstützung der medikamentösen Therapie. Auch für Heilpraktiker und Heilpraktiker für Psychotherapie, die mit diesem Patientenkreis konfrontiert werden – sei es begleitend oder in Alleinverantwortung – sind die dort entwickelten Erkenntnisse wichtig, wenn sie eine ganzheitliche, empathische Behandlung durchführen oder begleiten wollen.
In den verschiedenen Phasen der Erkrankung kommen unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse der Erkrankten zum Tragen (1). Bereits in der Verdachtsphase sind Betroffene mit dunklen Ahnungen und Ängsten konfrontiert. Oftmals dauert es sehr lange, bis die Erkrankten den Arzt oder Heilpraktiker aufsuchen. Hier findet bereits der erste Anpassungsprozess an die Erkrankung statt, er kann aktiv oder passiv- abwartend sein, mit u.U. entsprechenden Nachteilen durch die verzögerte Behandlung. Die Diagnosephase bestätigt gewissermaßen die schlimmsten Befürchtungen. Ein Drittel der Betroffenen (1) erleidet eine Traumatisierung, die den Aufbau notwendiger Bewältigungsstrategien zunächst unmöglich macht. Viele Betroffene suchen die Schuld bei sich selbst und fühlen sich bestraft, Schuldgefühle und Depressionen sind die Folge. Nicht selten werden dem Partner oder der Familie Vorwürfe für die Entstehung der Erkrankung gemacht, die bei den Angehörigen zu Schuldgefühlen führen. Manche erleben die Diagnose bereits als Todesurteil, auch wenn die Prognose noch relativ günstig ist. In jedem Fall ist die Möglichkeit des eigenen Sterbens nun plötzlich real. Die Betroffenen müssen in der neuen angstbesetzten Situation ankommen und mit den entsprechenden Gefühlen umgehen lernen. Es entstehen bisher nicht gekannte Abhängigkeiten von der Außenwelt. Sie müssen nun Entscheidungen über Behandlungsformen treffen bzw. mittragen und ihren zukünftigen Alltag darauf ausrichten. Vom Therapeuten verlangen Sie in dieser Situation vor allem, nicht allein gelassen zu werden. Informationen zur Behandlung sind zwar wichtig, um Ängste zu reduzieren, aber nicht ausreichend, um die Betroffenen in dieser Situation aufzufangen. Bereits hier sollte behutsam auf die Möglichkeit einer psychologischen Begleitbehandlung bzw. Unterstützungsmöglichkeit – in Einzeloder Gruppenarbeit – hingewiesen werden. Auch die Situation der Angehörigen gilt es zu beachten. Sie fühlen sich oft mitschuldig und wollen helfen, können aber noch nicht über die Krankheit sprechen, wissen auch sehr wenig über sie. Mögliche finanzielle Einschränkungen müssen u. U. ebenfalls verkraftet werden, dies kann zu ambivalenten Gefühlen gegenüber dem Erkrankten führen.
In der Behandlungsphase muss nun die komplette Anpassung an die Krankheit vollzogen werden. Oft wird vonseiten der Behandelnden ein hoher Zeitdruck aufgebaut, der wenig Zeit zum Ankommen in der neuen Situation lässt. Etwas mehr Zeit und die Möglichkeit, den Behandlungsplan mitzugestalten, wären hier oft möglich und hilfreich. Je nach Behandlung muss der Beruf aufgegeben werden, der Alltag steht vollständig im Zeichen der Krankheit. Sorgen um das körperliche Überleben oder die Veränderungen des Körpers, speziell bei Operationen, bestimmen das Erleben. Das Zusammenleben mit der Familie nimmt völlig neue Formen an, auch wenn dies oft unausgesprochen bleibt. Offene Kommunikation mit den Angehörigen ist schwierig, weil beide Seiten sich nicht zur Last fallen wollen. Dadurch wird die Situation oft noch unerträglicher, die Einsamkeit des Erkrankten nimmt zu. Die Familie hingegen muss die Hilflosigkeit gegenüber dem Krankheitsverlauf und seinen Nebenwirkungen verkraften. Das Vertrauen in die Behandlung und die aktive Mitarbeit sind nicht selbstverständlich, Behandlungstermine oder wichtige Verhaltensänderungen werden oft nicht eingehalten (3). In dieser Phase hat sich psychologische Begleitung als besonders wertvoll erwiesen, um z.B. Stress, Angst, chronische Müdigkeit oder auch Schmerzen zu vermindern und wenigstens eine gewisse Lebensqualität zu ermöglichen.
In der Remissionsphase tritt nach erfolgter Behandlung, z.B. erfolgreicher OP oder komplementärmedizinischer Behandlung, eine gewisse Ruhephase ein. Oft findet erst jetzt die eigentliche Krankheitsverarbeitung statt. Einerseits erscheint das Leben wieder normal, andererseits bleibt die Ungewissheit über das Wiederkehren der Krankheit. Viele bemühen sich um eine Normalität, die es aber eigentlich nie mehr gibt. Sie versuchen oft, ihre Umwelt nicht zu belasten, da diese bereits so viel ertragen musste. Sie wollen wieder „funktionieren“. Die Betroffenen müssen ihre neue Rolle in Familie und Gesellschaft finden, der frühere Ernährer wird vielleicht zum Frührentner und kümmert sich nun um den Haushalt. Die Familie muss akzeptieren, dass der Erkrankte trotz momentaner Heilung ein Anderer geworden ist. In dieser Phase müssen neue Lebensziele gesetzt und neue Motivationen gefunden werden, um mit dem veränderten Leben fertig zu werden. Die während der Behandlung verlorengegangene Intimität muss nun wiederentdeckt werden.
Die psychologische Begleitung kann hier vieles bewirken. Sie kann die Betroffenen ermutigen, sich neue Ziele und Aktivitäten zu suchen, die ihnen wieder Spaß und Entspannung ermöglichen. Auch das Ansprechen von Intimität und Sexualität erleichtert, diese für viele peinlichen Themen wieder anzugehen. Vielen Krebserkrankten gelingt es sogar in dieser Phase, das Leben und den Augenblick neu zu entdecken und viele einfache Dinge des Lebens jetzt mehr zu genießen (3). Hierbei sollte psychologische Betreuung besonders unterstützen.
Die Rezidivphase, also das Auftreten von Metastasen oder einer Neuerkrankung, stellt wohl das stressvollste Ereignis im Erkrankungsverlauf dar. Sie stürzt die Betroffenen oft in eine tiefe Verzweiflung. Sie fühlen sich von der Behandlung tief enttäuscht oder suchen die Schuld bei sich. In dieser Phase ist es aus psychoonkologischer Sicht besonders wichtig, die Erkrankten nicht allein zu lassen und mit ihnen möglichst ruhig die neue Situation zu besprechen. Das Thema „Sterben“ tritt erneut in den Mittelpunkt und sollte in der Beratung nicht verdrängt werden. Der Erkrankte muss nun unterstützt werden, sein Leben auch unter diesen Bedingungen aktiv zu gestalten. Wichtig ist, das soziale Umfeld in die veränderte Situation mit einzubeziehen und die Folgen für den veränderten Alltag zu besprechen. Auch die Familie wird von Gefühlen der Wut, Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit beherrscht, die sie aber oft nicht zeigt, um den Erkrankten nicht zusätzlich zu belasten. Sie benötigt meist ebenfalls psychologische Unterstützung.
Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium stehen die eigene Hilflosigkeit und die Angst vor dem Sterben im Vordergrund. Viele Patienten verleugnen in dieser Phase die Krankheit. Psychologische Betreuung für die Betroffenen und die Familie ist hier besonders wichtig, um der zunehmenden Einsamkeit des Sterbenden entgegenzuwirken und der Familie zu zeigen, wie sie unterstützen kann. Zusammen mit dem/den Behandelnden sind hier palliative Maßnahmen zu besprechen, die die letzte Phase so würdevoll wie möglich gestalten sollen. Die Frage, inwiefern ein Leben in häuslicher Umgebung noch möglich ist, sollte mit den Angehörigen geklärt werden. In der psychologischen Begleitung geht es nun oft um Spiritualität und das „Danach“. Zentral ist auch das Thema, wie sich die Betroffenen verabschieden wollen. Gibt es Dinge, die man bestimmten Menschen noch sagen wollte? Wie viel Einsamkeit bzw. Ruhe ist wichtig? Gibt es bestimmte Rituale, die den Betroffenen gut tun und sie durch die letzte Zeit bringen? Wünschen die Erkrankten Hausbesuche durch den Psychologen, wenn sie zu schwach sind, um die Praxis aufzusuchen? Die Familie muss sich nun langsam auf den Abschied von ihrem Mitglied einstellen. Die Betroffenen und die Angehörigen sollten dabei in jedem Fall so lange wie möglich psychologisch unterstützt werden.
Als Leitfaden oder Grundgerüst für eine psychologische Begleitung soll hier ein Kurzprogramm (1) vorgestellt werden, das wesentliche Informationen, Bedürfnisse und Themen abdecken soll bzw. den Patienten wichtige Fähigkeiten im Umgang mit der Krankheit vermittelt. Das Programm erstreckt sich über zehn Sitzungen, die im Wochenabstand stattfinden sollten. Bei Angenendt, Schütze-Kreilkamp, Tschuschke (1) sind auch schriftliche Hilfsmittel hinterlegt, die zur Bearbeitung verwendet werden können.
In Sitzung 1 wird dem Betroffenen zunächst ein kleiner Überblick über die Themen der zehn Sitzungen gegeben. Danach steht als erstes Thema „Gesundheitsförderung bei Krebs“ im Mittelpunkt. Hier ist es wichtig, mit dem Betroffenen zu überlegen, welche Verhaltensweisen für seine jetzige Situation förderlich und welche eher schädlich sind. Dazu kann eine Liste mit Verhaltensweisen dienen, die der Klient erstellt, und die dann einzeln in Bezug auf die Krankheit besprochen werden können. Wichtig ist, dass hier keine Überforderung eintritt und die Änderung von Verhaltensweisen in kleinen Schritten angestrebt wird. Ein kleines Wochenprotokoll des Erkrankten kann in den jeweils nächsten Sitzungen dazu dienen, Schritt für Schritt Verbesserungen zu erreichen bzw. zu dokumentieren. Wichtig ist, Mut zuzusprechen, wenn manche Verhaltensänderungen nicht sofort verwirklicht werden können.
In Sitzung 2 geht es um „Krankheit und Stress“. Hier ist es wichtig, den schädigenden Einfluss unterschiedlicher Stressarten auf den Körper zu verstehen und Methoden zu ihrer Bewältigung zu erlernen. Beispielsweise können vereinfachte Grafiken dazu dienen, die Zusammenhänge zu veranschaulichen. Stressoren können negatives Denken, zu hoher Leistungs- und Erwartungsdruck oder bestimmte Emotionen wie Wut, Feindseligkeit oder Ärger sein. Auch hier empfiehlt es sich, den Patienten schriftlich bzw. grafisch die Stress auslösenden Faktoren in seinem Leben identifizieren zu lassen und mögliche Gegenmaßnahmen zu besprechen. Unerlässlich ist das Erlernen bestimmter Entspannungsmethoden für den Alltag. Hier bieten sich vor allem die Progressive Muskelentspannung und das Autogene Training an. Sie können innerhalb der Sitzung relativ schnell gezeigt und zuhause mithilfe von CDs geübt werden. Sie sind auch bei der Schmerzverarbeitung ein hilfreiches Werkzeug.
Sitzung 3 widmet sich dem Thema „Coping“. Hierunter wird ganz allgemein die Art verstanden, wie der Patient mit der Krankheit umgeht. Hier gilt es herauszufinden, ob der Betroffene über eine aktive kämpferische Bewältigungsstrategie verfügt oder ob er sich mehr in der Verleugnung und Passivität befindet. Wie wird mit negativen Emotionen umgegangen? Wie wird nach Informationen oder anderen Hilfen gesucht? Hilfsmittel kann hier der sogenannte Gesundheitskreis sein, bei dem Überzeugungen zu Verhaltensweisen eingetragen werden sollen, die zur Stabilisierung der Situation beitragen können. Der Patient soll hier auch den Beitrag der jeweiligen Verhaltensweise prozentual schätzen und dementsprechend das „Tortenstück“ innerhalb des Kreises zeichnen. Diesen Kreis kann er zuhause anfertigen und zur nächsten Sitzung mitbringen.
Sitzung 4 beschäftigt sich detaillierter mit den „Bedürfnissen und Ressourcen“ des Patienten. Ausgehend von den Inhalten des Gesundheitskreises können nun Tätigkeiten besprochen und geplant werden. Hilfreich ist die Erstellung eines Plans für die nächsten zwei bis vier Wochen, in denen die konkreten gesundheitsfördernden Verhaltensweisen aufgeführt sind. Dieser Plan soll keine starre Größe sein, sondern wird sicherlich immer wieder angepasst werden müssen. Ein weiterer Inhalt der Sitzung ist die Identifikation von negativen Gedanken und Glaubenssätzen, die Ursache belastender Gefühle sein können. Dazu kann das aus der Verhaltenstherapie bekannte Gedankenanalyse- Protokoll verwendet werden. Die Patienten tragen belastende Situationen, Gedanken und Überzeugen ein sowie die daraus resultierenden negativen Gefühle. Im Anschluss sollen sie diesen positive Einstellungen, Gedanken oder auch Verhaltensweisen gegenüberstellen. Beispielsweise „Ich darf nur genießen, wenn ich vorher etwas geleistet habe“ zu „Ich darf genießen, auch wenn ich dafür keine unmittelbare Leistung erbracht habe“.
Sitzung 5 untersucht genauer den „Umgang mit belastenden Gefühlen“. Wie ist die momentane Stimmungslage des Patienten? Oft gibt es ein vorherrschendes Grundgefühl, das sein Handeln – positiv oder negativ – bestimmt. So kann z.B. Wut über die Situation, die Behandlung oder den sich zurückziehenden Freundeskreis negativ dazu führen, sich selbst zurückzuziehen oder positiv dazu, den Ärger auszudrücken und eine Veränderung der Situation herbeiführen. Entscheidend ist, dass dem Betroffenen destruktive Folgen bewusst gemacht werden und er aktiv nach konstruktiven Bewältigungsformen sucht. Auch hier kann dies schriftlich anhand einer Tabelle erfolgen, die zum jeweiligen Gefühl mögliche negative und positive Auswirkungen gegenüberstellt. Ein weiteres Hilfsmittel im (akuten) Umgang mit Gefühlen stellt der sogenannte Seelische Notfallkoffer dar. Hiermit ist gemeint, dass sich die Patienten an spezielle Dinge erinnern sollen, die in ihnen angenehme Gefühle wecken und die ihnen über akute Krisen hinweg helfen sollen. Dies kann ein angenehmer Geruch, eine Farbe, eine Musik oder auch ein bestimmtes Bild sein. Diese sollen sie dann in kritischen Situationen bewusst einsetzen, um sich wieder stabilisieren zu können.
Die Sitzung 6 „Unterstützende Kontakte pflegen“ betrachtet das soziale Umfeld. Hauptzweck ist hier, der sozialen Isolation entgegenzuwirken. Hier sollen die Patienten darüber nachdenken, mit wem sie mehr Kontakt wollen bzw. welche Art von Kontakt ihnen besonders gut tut. Hier kann der Betroffene dazu angeleitet werden, eine Liste von Kontaktpersonen zu erstellen und sich jeweils zu überlegen, was ihm dabei gefällt oder welche Kontakte er noch aufbauen möchte. Das Ausbauen dieser Kontakte fällt oft nicht leicht, hier können z.B. Rollenspiele helfen, Bedürfnisse klar auszusprechen. Eine gemeinsame Sitzung mit Partner oder Familie sollte hier angeboten werden.
Sitzung 7 soll den Patienten den „Umgang mit tumorbedingter Fatigue (Müdigkeit)“ erleichtern. Dieser Erschöpfungszustand ist bei schulmedizinischer Behandlung ein großes Thema, die Mehrzahl der Patienten ist bei diesen Behandlungsformen betroffen. Gerade für sehr leistungsorientierte, aktive Menschen ist dies eine sehr unangenehme Erfahrung. Neben Erschöpfung kommt es auch zu Symptomen der Depression, Hoffungslosigkeit oder Reizbarkeit. Hierbei sind Informationen über dieses Thema sehr wichtig, um dem Patienten zu vermitteln, dass es sich nicht um ein nur ihn betreffendes Phänomen handelt. Für den Patienten ist es nun immer wichtiger, sehr effizient mit seinen Energiereserven umzugehen. Die psychologische Begleitung kann beispielsweise das Führen eines Energietagebuchs oder einer Prioritätenliste anregen, um die wenige Energie auf das Wesentliche zu konzentrieren. Weiterhin können Faktoren wie Ernährung, Schlafverbesserung, beistimmte Ablenkungsmaßnahmen oder Entspannungsmethoden Linderung verschaffen. Als sehr wichtig gilt auch sportliche Betätigung, die erwiesenermaßen das Risiko extremer Erschöpfungssymptomatik senkt (2).
In Sitzung 8 wird das schwierige Thema „Sexualität“ angesprochen. Während der akuten Phasen der Erkrankung spielt dieses Thema oft keine Rolle. Langfristig ist es aber gerade für die Paarbeziehung wichtig, diesen Bereich anzusprechen. Von Patienten wird dieses Thema meist nicht aktiv erwähnt, sodass hier die psychologische Betreuung den Anstoß geben kann. Hilfreich sind zunächst allgemeine Informationen zu häufigen Schwierigkeiten, sodass die Betroffenen dann – entsprechend ihrer Situation – auf bestimmte Themen ansprechen können. Im Gespräch gilt es dann herauszufinden, ob es sich um psychisch oder körperlich bedingte Probleme handelt, um gemeinsam passende Lösungen zu erarbeiten.
Sitzung 9 „Der kompetente Patient: Möglichkeiten der Selbsthilfe“ soll die Eigenverantwortlichkeit bzw. Patientenkompetenz der Betroffenen stärken. Dies umfasst allgemein die Fähigkeiten, behandlungsbezogene Anforderungen zu meistern, seine persönlichen Bedürfnisse und Ziele zu äußern sowie Ressourcen des sozialen Umfelds und des Gesundheitssystems zu nutzen. Ausgehend von dieser Definition kann der Betroffene nun seinerseits stichpunktartig aufzählen, was er unter dieser Kompetenz im Einzelnen versteht, bezogen auf seine Situation. Welche Kompetenzen sind für ihn erfüllt, wo sieht er noch Handlungsbedarf? Auch dies kann schriftlich erfolgen, z.B. als Hausaufgabe. In jedem Fall prüft diese Sitzung entsprechenden Handlungsbedarf und kann den Blickwinkel bezüglich vorhandener Ressourcen und der eigenen Fähigkeiten erweitern.
Sitzung 10 Die „Abschlusssitzung“ soll dazu dienen, die erarbeiteten Ergebnisse der Sitzungen in Erinnerung zu rufen und noch verbliebene Fragen zu klären. Außerdem soll sich der Patient bewusst machen, was er erreicht hat und was es noch anzugehen gilt. Auch dieses kann schriftlich erfolgen, um zuhause als Erinnerung zur Verfügung zu stehen. Auch die Frage weiterer Betreuung ist hier natürlich sehr wichtig. Soll noch ein weiterer Termin in einiger Zeit vereinbart werden? Sind weitere Termine, z.B. zusammen mit Angehörigen, gewünscht? Möchte der Patient in eine Gruppe aufgenommen werden? Entscheidend ist, dass durch die psychologische Betreuung eine Anlaufstelle geschaffen worden ist, an die er sich jederzeit wenden kann.
Die psychoonkologische Begleitung ist eine ressourcenorientierte, meist kurzzeitige Intervention, die die Betroffenen stärken und ermutigen soll, mit ihrer Krankheit fertig zu werden. Sie setzt an den vorhandenen Stärken, weniger an den Defiziten des Klienten an. Sie versucht nicht, Ursachen für die Erkrankung zu finden, sondern will die notwendigen Fähigkeiten im Umgang mit der neuen Situation gemeinsam mit den Patienten entwickeln.
Bernhard Raßl
Dipl.-Psychologe, Heilpraktiker
Literatur
- Angenendt G., Schütze-Kreilkamp U., Tschuschke V.: Praxis Psychoonkologie; Haug Verlag, 2007
- Dimeo FC et al.: Krebs und Sport, 137- 143; Weingärtner, 2006
- Tschuschke V.: Psychoonkologie; Schattauer, 2011
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