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Naturheilkunde
Lesezeit: 8 Minuten

Die Selbstheilungskraft des Körpers: Methylierung

© apops I Thomas Jansa - Fotolia.comNaturheilkundliche Therapien basieren auf der Aktivierung und Lenkung der Selbstheilungskräfte des menschlichen Körpers. Aber was ist das eigentlich, Selbstheilungskraft? Was oft dem Bereich der Energetik zugeordnet wird, hat ganz konkrete biochemische Grundlagen: die Methylierung.

Dieser Artikel soll aufzeigen, was Methylierung ist, was sie bewirkt und wie wir sie nutzen können, um naturheilkundliche Verfahren wirksamer bzw. in manchen Fällen überhaupt erst wirksam zu machen. Mit dem Wissen um die Methylierung erschließen sich neue Behandlungsmöglichkeiten für umweltbedingte Multi-System-Erkrankungen wie Fibromyalgie, CFS, Mitochondriopathie, ADHS, Autismus, Autoimmunerkrankungen, schwerwiegende psychische Störungen, chronische Vergiftungen u.v.m., denen die Schulmedizin weitgehend hilflos gegenübersteht und allenfalls symptomatisch behandelt.

Ein Ausflug in die organische Chemie

Unsere Welt, unser Körper, unser ganzes Leben basiert auf dem Element Kohlenstoff. Er ist sozusagen das Rückgrat allen Lebens auf der Erde und das vierthäufigste Element im Universum.

Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum und reagiert bereitwillig mit anderen Elementen. So finden sich also zwei unserer essenziellsten und häufigsten Elemente, Kohlenstoff und Wasserstoff, zusammen als ein Kohlenstoff- und drei Wasserstoffatome, und zusammen werden sie zu dem entscheidenden Molekül namens Methylgruppe (CH3), das in drei verschiedenen Formen in Erscheinung tritt: als Anion mit acht Elektronen, als Radikal mit sieben Elektronen und als Kation mit sechs Elektronen. Alle drei Formen sind hochreaktiv und bewirken – durch die sogenannte Methylierung – viele Wunder des Lebens.

Methylierung bedeutet das Hinzufügen einer Methylgruppe (CH3) an ein anderes Molekül, z.B. ein Enzym, RNA, Chromosom (DNA), Toxin, Protein etc. Methylierung ist also hauptsächlich die Addition einer Methylgruppe an etwas anderes. Das Entfernen einer Methylgruppe nennt man Demethylierung. Das Hinzufügen oder Entfernen von Methylgruppen bewirkt drastische Veränderungen, denn es schaltet wichtige Funktionen ein und aus. Manche Leute benutzen nur das Wort Methylierung, um sowohl das Hinzufügen als auch das Entfernen einer Methylgruppe zu beschreiben.

Vielleicht fragen Sie sich: „Warum soll ich mir über Moleküle Gedanken machen, die praktisch überall im Universum reichlich vorhanden sind?“ So wie ein Fisch im Wasser lebt, leben wir umgeben von Elementen, aus denen sich Methylgruppen bilden. Man könnte also meinen, dass Methylierung eine Selbstverständlichkeit ist, um die wir uns nicht sorgen müssen.

Leider müssen wir uns sehr wohl Sorgen machen, denn die heutige Umweltbelastung hat solche Ausmaße angenommen, dass bei vielen Patienten die körpereigene Methylierung nicht mehr ausreicht, um trotzdem gesund bleiben zu können. Kommen Polymorphismen bestimmter Gene hinzu, sogenannte SNPs (sprich „Snipps“), die die Methylierung negativ beeinflussen, kann die Situation besonders dramatisch werden. Solch ungünstige Konstellationen finden wir meist bei Multi-System-Erkrankten.

An-/Ausschalter

Methylgruppen sind biochemische An- und Ausschalter: Sie schalten die Genexpression an, schalten enzymatische Reaktionen ab, aktivieren Serotonin (man fühlt sich wohl), deaktivieren Entzündungsprozesse (schützen damit vor chronisch degenerativen Krankheiten und Autoimmunreaktionen), aktivieren Melatonin (für erholsamen Schlaf), verwandeln fettlösliche Toxine in wasserlösliche (so kann der Körper sie leichter ausscheiden), aktivieren und deaktivieren diverse weitere Neurotransmitter (für psychisches Gleichgewicht), bewirken die Reparatur von Gewebe (Heilung), schalten notwendige Stressreaktionen an und rechtzeitig wieder aus, bevor gesunde Zellen dadurch geschädigt werden.

Alle wichtigen Prozesse des Körpers, die für die Gesunderhaltung bzw. Heilung erforderlich sind, werden durch Methylgruppen gesteuert. Sind nicht genügend Methylgruppen vorhanden, kann der Körper nicht mehr alle Funktionen steuern: Der Mensch gerät aus dem Gleichgewicht.

Und nicht nur das: Hat er nicht genügend Methylgruppen zur Verfügung, kann der Körper auf die Therapien, die auf die Aktivierung und Lenkung der Selbstheilungskraft ausgelegt sind, nicht mehr ausreichend reagieren.

Vitamine, Mineralien, Nährstoffe, Co-Enzyme, Kräuter und Homöopathika können nur dann wie gewünscht ihren Dienst verrichten, wenn als Grundlage eine funktionierende Methylierung gegeben ist. Somit führt die Methylierung uns tief in das Herz der Heilung, in den Kern jeder einzelnen Zelle, weil nur dort eine dauerhafte Heilung stattfinden kann.

Warum Heilung immer schwieriger wird

Die Fass-Theorie, oft belächelt vom Krankheitsverständnis moderner westlicher Medizin, die ein einzelnes Symptom einer einzelnen Ursache zuschreiben möchte, besagt, dass sich Tausende von modernen Giftstoffen (Chemikalien, Pestizide, Verunreinigungen des Trinkwassers, Kosmetika, Zahnfüllungen, Impfungen, Industrieabfälle usw.) allmählich in unseren 70 Billionen Zellen ansammeln. Entgiftung benötigt Methylgruppen, die aber für die heutige Flut an Toxinen oft nicht mehr ausreichend vorhanden sind. Wenn das Fass irgendwann überläuft, wofür eine stressige Lebensphase als entscheidender Tropfen ausreicht – denn wir erinnern uns, auch Stress verbraucht Methylgruppen, weil damit die Stressreaktion des Körpers an- und ausgeschaltet wird – bricht die Steuerung des körperlichen Gleichgewichts und damit die Selbstregenerationsfähigkeit der Zellen zusammen. Chronisch degenerative Krankheiten sind dann die Folge. Dieser Zusammenbruch wird als „zelluläre Entzündung“ bezeichnet.

Der umfassende Angriff auf grundlegende Zellfunktionen hat, dem engagierten Einsatz der Öko-Bewegung zum Trotz, in den letzten zehn Jahren weiter zugenommen. Die vielfältigen Giftstoffe unserer modernen Umwelt beschädigen Zellfunktionen tief innerhalb der Epigenetik der Zelle, ionisierende (Röntgenstrahlen, Mammographie) und nicht ionisierende Strahlung (Mobilfunk, Flughafenscanner) beschädigen die DNA, und genetisch modifizierte Nahrungsmittel schädigen die DNA jeden Tag noch mehr. Als „Round Up® Ready“ werden überall auf der Welt genetisch modifizierte (GMO) Toxine in Kinderkörper eingeschleust. Jeder, der isst, trinkt oder atmet, ist dem Angriff dieser gesundheitsgefährdenden Umwelteinflüsse ausgesetzt, und die Akkumulation und Effekte dieser negativen Einfl üsse führen letztendlich zu Krankheit.

Die Verarmung unserer Lebensmittel an Mikronährstoffen ist hierbei ein ebenso wichtiger Faktor wie die Aufsummierung von Umweltgiften. Denn Mikronährstoffe sind es, die uns den Treibstoff liefern für die chemische Energie des Lebens (ATP = Adenosintriphosphate), Antioxidantien als Schutz vor entzündlichen Prozessen und freien Radikalen, Fettsäuren für intakte Zellmembranen sowie Mineralien, Spurenelemente und schließlich auch Methylgruppen. Nicht zuletzt benötigen wir Mikronährstoffe zur Unterstützung der körpereigenen Entgiftung. Hatten wir vor Beginn des Industriezeitalters eine geringe Umweltbelastung und nährstoffreiche Lebensmittel, so bewegt sich die Waagschale heute in die entgegengesetzte Richtung: Die Umweltbelastung wird immer massiver, während die Nährstoffdichte abnimmt. Wer genetisch vorbelastet ist, dekompensiert unter diesen Umständen besonders schnell.

Heilung auf Zellebene

Jede wirkliche Heilung passiert innerhalb der Zelle. Wenn wir es schaffen, die Zelle mit allem Benötigten zu versorgen, reagiert diese darauf, indem sie sich selbst heilt und nach und nach ihre optimale Funktion wieder aufnimmt. Wenn die Zellen optimal funktionieren, funktioniert auch das Gewebe. Wenn das Gewebe optimal funktioniert, funktionieren auch die Organe und Drüsen wieder richtig, und wenn das passiert, dann lebt der Körper in exzellenter Gesundheit. Eigentlich ganz einfach.

Heutzutage sind die Zellen in ihrer optimalen Funktion blockiert, da Toxine und Strahlungen die DNA schädigen, Entzündungen der Membrane verursachen und die Energieerzeugung in den Zellen stören. Das bedeutet, dass unsere Behandlung an die Zellen gerichtet sein muss: an die Produktion von ATP-Energie, an die RNAAblesung gesunder DNA und natürlich an die Methylierung, die im Zentrum all dessen steht.

Fünf Schritte müssen in den Behandlungsprozess integriert werden, damit die Zellen wieder gesunden und optimal funktionieren können. Diese sind:

• Remove: Die Ursache beseitigen.

• Regenerate: Die Zellmembran regenerieren.

• Restore: ATP-Energie wieder herstellen.

• Reduce: Schäden durch Entzündungen und freie Radikale eindämmen.

• Reestablish: Die Methylierung wieder in Gang bringen.

Viele Therapien, wie Entgiftung, Orthomolekularmedizin, Ernährungsberatung, Homöopathie, Phytopharmaka usw., welche die ersten vier Punkte ansprechen, sind fester Bestandteil vieler Naturheilpraxen.

Reestablish: Die Methylierung wieder in Gang bringen

Der Frage, wie das am besten angegangen werden kann, widmen sich diverse Ärzte und Naturheilkundler im englischen Sprachraum. Auch Dr. Dietrich Klinghardt und Dr. Joachim Mutter, die deutschsprachigen Experten für Entgiftung, beziehen das Wissen über die Methylierung in ihre Therapien mit ein. Die Protokolle dieser Behandler richten sich an unterschiedliche Patientengruppen, allem voran an Betroffene von CFS/ME, Autismus, ADHS, chronischen Vergiftungen, Borreliose und anderen intrazellulären Erregern. Sie werden erfolgreich auch von Betroffenen anderer Multi-System-Erkrankungen erprobt, da anscheinend bei all diesen von der Schulmedizin als „no cause, no cure“ bezeichneten Erkrankungen (übersetzt etwa „Wir wissen nicht, wo es herkommt, wir wissen nicht, wie wir es behandeln sollen“) oben aufgeführte Mechanismen der Krankheitsentstehung in verschiedener Ausprägung zugrunde liegen, die sich je nach Genetik unterschiedlich im Menschen auswirken. Am erfolgreichsten sind Therapiepläne, die auf die individuelle Genetik abgestimmt sind (z.B. Dr. Amy Yasko). Es sind bereits relativ günstig Gentests samt konkreter Anweisungen verfügbar, die genau zeigen können, an welcher Stelle der Methylierung es hakt und wie man das Problem durch die gezielte Zufuhr von Methylierungsmikronährstoffen (sogenannte Methyldonoren) umgehen kann.

Die Erfahrungsberichte verschiedener Patienten mit dieser Form der Therapie zeichnen ein so positives Bild, dass nur zu hoffen ist, dass auch in Deutschland viele Naturheilkundler dieses Thema aufgreifen.

Momentan sind die meisten Informationen nur in englischer Sprache verfügbar. Deshalb haben sich Betroffene im deutschen Sprachraum zusammengefunden, z. B. im Forum www.symptome.ch, um diese Informationen ins Deutsche zu übersetzen. Es lohnt sich, dort vorbeizuschauen und nach Übersetzungen zu suchen. Mithilfe bei der Übersetzungsarbeit ist ebenfalls willkommen!

Fazit

Naturheilverfahren, die auf die Aktivierung und Lenkung der Selbstheilungskräfte setzen, können nicht wie gewünscht wirken, wenn diese Selbstheilungskräfte in Form einer funktionierenden Methylierung nicht oder nur eingeschränkt verfügbar sind. Die Unterstützung der Methylierung ist daher die entscheidende Aufgabe, die über Erfolg oder Misserfolg einer Therapie entscheiden kann.

Arnika KirschArnika Kirsch
Heilpraktikerin für Psychotherapie

kontakt@arnika-kirsch.de

Dieser Artikel basiert auf einem englischsprachigen Artikel von Dr. Jack Tips und wurde mit dessen Erlaubnis übersetzt. Er wurde gekürzt und mit eigenen Anmerkungen der Autorin ergänzt.

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