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Naturheilkunde
Lesezeit: 6 Minuten

Diabetiker brauchen Arginin

© Visionär - Fotolia.comWeltweit leiden zig Millionen Menschen an Diabetes mellitus, der häufigsten Stoffwechselerkrankung. Die Gefahr: Stoffwechselentgleisungen sowie ein großes Risiko an Begleitund Folgeerkrankungen. Aktuelle Studien zeigen, dass der Eiweißbaustein L-Arginin und der daraus gebildete Botenstoff Stickstoffmonoxid (NO) die für Diabetiker typischen Stoffwechselstörungen reduziert.

In Deutschland sind derzeit ca. sieben Millionen Menschen an Diabetes erkrankt, 90% davon am Typ-2-Diabetes. Anders als beim Typ-1-Diabetes, bei dem ein Insulinmangel vorliegt, entwickeln Typ-2-Diabetiker eine Insulinresistenz. Die Zellen des Körpers reagieren weniger sensitiv auf Insulin, welches dem Zucker den Eintritt in die Zelle ermöglicht. Sie benötigen viel mehr Insulin, um Glukose aus dem Blut aufnehmen zu können – die Insulinsensitivität nimmt ab. In der Folge steigen die Zuckerkonzentrationen im Blut an, während den Körperzellen der wichtige Energielieferant fehlt. Besteht dieser Zustand über längere Zeit, werden die Gefäße geschädigt, die Arterienverkalkung nimmt zu, der Blutdruck steigt und die Durchblutung, z.B. in den Beinen, nimmt ab. Damit einhergehend steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle, Nervenschäden oder Mangeldurchblutung der Beine, Nieren sowie der Haut an. Typ-2- Diabetes tritt häufiger mit zunehmendem Alter auf, kommt aber auch in jüngeren Jahren – vor allem bei übergewichtigen Personen – vor.

L-Arginin und Stickstoffmonoxid sind Multitalente

Arginin ist die einzige Aminosäure, aus welcher der so wichtige Botenstoff Stickstoffmonoxid (NO) hergestellt werden kann. NO hat im Körper eine Vielzahl entscheidender Aufgaben: eine der wichtigsten ist die Verbesserung der Durchblutung und damit durch die Entspannung und Weitung der Arterien auch die Regulation des Blutdrucks.

L-Arginin und NO können aber noch viel mehr: Sie steigern z.B. die Freisetzung von Insulin aus den β-Zellen der Bauspeicheldrüse und verringern gleichzeitig die Insulinresistenz. Wissenschaftler aus Italien und England konnten bereits 2001 zeigen, dass eine Zufuhr von L-Arginin die NO-Konzentrationen im Blut anhebt. Die erhöhten NO-Konzentrationen sorgten in der untersuchten Personengruppe für eine deutliche Verbesserung der Insulinempfindlichkeit der Zellen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die anstatt von L-Arginin nur ein Placebo erhielt. Zusätzlich führte die Einnahme von L-Arginin, wie zu erwarten war, zu einem deutlich niedrigeren Blutdruck, während die Durchblutung, die am Unterarm gemessen wurde, anstieg (Piatti et al., 2001).

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L-Arginin und Diabetes

In einer randomisierten doppelblinden Studie aus dem Jahr 2012 untersuchten Lucilla Monti und Kollegen von der Universität Mailand an 144 Probanden mit metabolischem Syndrom den Einfluss einer langfristigen Gabe von L-Arginin auf die Funktion der β-Zellen und die Insulinsensitivität. Die Probanden, die über einen Zeitraum von 18 Monaten L-Arginin erhielten und gleichzeitig ihren Lebensstil veränderten, zeigten eine deutlich verbesserte Insulinsensitivität und Glukosetoleranz. Die Glukosetoleranz ist ein Indikator für eine gestörte Glukoseverwertung. Hierbei wird untersucht, wie effektiv der Körper sehr hohen Dosen oral zugeführter Glukose durch eine vermehrte Insulinproduktion entgegenwirken kann. Die Wahrscheinlichkeit, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, wurde jedoch nicht reduziert. Die Erklärung der Autoren hierzu ist allerdings eindeutig: Die Probanden, die in die Studie eingeschlossen wurden, hatten von Beginn an ein sehr hohes Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. Alle Probanden hatten eine beeinträchtigte Glukosetoleranz, eine reduzierte Insulinsensitivität, ein metabolisches Syndrom und bei 24% der Teilnehmer waren zusätzlich kardiovaskuläre Vorerkrankungen bekannt. Für Personen mit derartigen Vorerkrankungen sei die Einnahmedauer von 18 Monaten vermutlich zu gering, schlussfolgerten die Autoren (Monti et al., 2012).

In einer weiteren Studie im darauffolgenden Jahr untersuchten Monti und Kollegen den Einfluss von L-Arginin auf die Funktion der inneren Schicht der Gefäße (endotheliale Funktion) sowie die Insulinsensitivität und Insulinproduktion. Die untersuchten Versuchspersonen wiesen zu Beginn, wie in der Studie zuvor, eine beeinträchtigte Glukosetoleranz, eine verringerte Insulinsensitivität und ein metabolisches Syndrom auf. Nach der Zufuhr von L-Arginin in Kombination mit einer Diät zeigten sich bei den Probanden eine verbesserte endotheliale Funktion, ein verbesserter Glukosemetabolismus und eine erhöhte Insulinfreisetzung bei einer ebenfalls erhöhten Insulinsensitivität (Monti et al., 2013).

Die Autoren schlussfolgern, dass ein diätetisches Management mit L-Arginin sowohl für Personen mit Diabetes mellitus als auch mit einem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sinnvoll ist.

Neben der positiven Wirkung von L-Arginin auf die Glukosetoleranz sowie auf Insulinsensitivität und -produktion führt eine L-Arginin-Supplementation zusätzlich zu einem verbesserten antioxidativen Status (Fazelian et al., 2014).

L-Arginin-Zufuhr kann Amputation der unteren Extremitäten verhindern

Mangeldurchblutung der Extremitäten im Zusammenspiel mit diabetesbedingten Nervenschädigungen ist die häufigste Ursache für das diabetische Fußsyndrom, eine der häufigsten Amputationsursachen in Deutschland. Eine im Jahr 2004 veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern aus den USA konnte zeigen, dass L-Arginin der Mangeldurchblutung entgegenwirkt und so Amputationen verhindert werden können. Die Autoren weisen zusätzlich darauf hin, dass eine Zufuhr von L-Arginin zu einer deutlich schnelleren Abheilung der typischen Geschwüre führte – während Nebenwirkungen ausblieben (Arana et al., 2004).

Derzeit wird weiter viel an L-Arginin und den zugrundeliegenden Mechanismen bei Diabetes mellitus geforscht. Das beweisen drei aktuelle Studien aus den Jahren 2013 und 2014, die ebenfalls übereinstimmend zu dem Schluss kommen, dass eine ausreichende L-Arginin- Versorgung essenziell ist, um genügend von dem wichtigen Botenstoff Stickstoffmonoxid bilden zu können (Hoang et al., 2013; Rajapakse et al., 2013; Claybaugh et al., 2014). Da viele Diabetiker einen L-Arginin-Mangel aufweisen, setzen sie sich unnötig einem weiteren Risikofaktor für die gefürchteten Begleit- und Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus aus (Robenek H, Poeggeler B, 2014).

Am besten in Kombination mit Folsäure, Vitamin B6 und B12

L-Arginin lässt sich eingeschränkt über die normale Nahrung aufnehmen. Natürliche Quellen sind vor allem Hülsenfrüchte und Nüsse. Bei Vorerkrankungen, wie Gefäßerkrankungen und Diabetes mellitus, ist ein höherer Arginin-Bedarf zu decken. Hierfür haben sich diätetische Lebensmittel in Form von Tabletten oder Pulvern mit L-Arginin bewährt. Damit L-Arginin und NO ihre Wirkung voll entfalten können, sollte auf die Kombination mit Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 geachtet werden (z.B. in „Telcor Arginin plus“, rezeptfrei, Apotheke). B-Vitamine unterstützen als Co-Faktoren der NO-Synthese nicht nur die Freisetzung von NO aus L-Arginin (Bendall et al., 2014), sie spielen auch eine maßgebliche Rolle bei der Regulation und Senkung des Homocysteinspiegels im Blut. Homocystein ist eine schwefelhaltige Aminosäure, die über verschiedene Mechanismen die Verfügbarkeit von NO und L-Arginin im Körper verringert. Damit Homocystein im Körper abgebaut werden kann, müssen B-Vitamine in ausreichender Menge vorhanden sein (Martí-Carvajal et al., 2013).

Dr. rer. nat. Jan-Christoph Kattenstroth Dr. rer. nat. Jan-Christoph Kattenstroth
Biologe

Jan-Christoph.Kattenstroth@rub.de

Literatur

  • Arana et al.: Biomedicine & Pharmacotherapy, 2004
  • Bendall et al.: Antioxid. Redox Signal., 2014
  • Claybaugh et al.: International Journal of Endocrinology, 2014
  • Fazelian et al.: Adv Pharm Bull, 2014
  • Hoang et al.: Current Opinion in Clinical Nutrition & Metabolic Care, 2013
  • Martí-Carvajal et al.: Cochrane Database Syst Rev., 2013
  • Monti et al.: Diabetes, Obesity and Metabolism, 2012
  • Monti et al.: Metabolism, 2013
  • Piatti et al.: Diabetes Care, 2001
  • Rajapakse et al.: PLoS ONE, 2013
  • H. Robenek, B. Poeggeler: OM – Zs. F. Orthomol. Med., 2014

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