Hypnosystemische Beratung und Therapie: Kurzzeittherapie mit enormer Wirkung
Was die Seele braucht, das Herz sich wünscht und der Verstand denkt
Saskia lebte mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern in einem kleinen Dorf. Mit ca. 13 Jahren wurde sie in der Schule immer frecher, sie boykottierte, schwänzte und begann, sich zu verlieren. Man konnte ihren Wandel auch an ihren Freunden beobachten: Alle hatten diesen leeren, verlorenen und verzweifelten Blick. An Wänden und Schranktüren konnte man ihre Sätze lesen: „Ich bin dumm!“, „Ich bin ein Nichts!“ und Wörter wie „Hass“ und „Tod“.
Dann begann Saskia, zu trinken. Immer öfter lief sie von zu Hause weg, blieb nächtelang fort. Ihre Mutter suchte sie, konnte sie aber nicht finden. Sie ging zur Polizei, aber auch diese konnte Saskia nicht finden. So musste ihre Mutter warten, bis Saskia von selbst nach Hause kam. Und zum Glück, eines Tages kam sie immer wieder zurück. Saskia war dann in keinem guten Zustand, sie war dreckig, klein, ängstlich. Ihrer Mutter gelang es trotz großer Verzweiflung, sie dann still in den Arm zu nehmen.
Es verging eine Weile, die Ohnmacht der Familie wuchs. Saskias Geschwister verhielten sich still, um die Mutter nicht noch mehr zu belasten.
Es war für alle unerträglich. So kam der Zeitpunkt, als die Mutter verzweifelt nach einer anderen Lösung zu suchen begann: Es musste etwas sein, was anders als bisher war; reden half nichts mehr, nur in den Arm nehmen reichte nicht, Erziehungsberatungshilfe veränderte in diesem Fall auch nichts und viele andere Gespräche scheiterten. So nahm sie die Chance wahr und begab sich in eine Therapie, die alles verändern sollte.
Hypnosystemische Therapie
Zwei Worte verbinden die Hauptansätze: „hypno“ und „systemisch“.
Die Hypnotherapie, die einst von Milton Erickson entwickelt und sehr erfolgreich praktiziert wurde, befasst sich mit der gezielten Steuerung unbewusster und unwillkürlicher Prozesse. So wünscht sich z.B. das Bewusstsein Wohlbefinden und Freude, das Unbewusste steuert und beeinflusst mit einer unglaublichen Macht dann aber unsere gelebte Realität in unseren Möglichkeiten. Wenn sich nun ein sogenannter Problemteufelskreis entwickelt hat und der Mensch sich in einer Problemtrance befindet, ist es für die meisten sehr schwierig, auf die benötigten Kompetenzen und Fähigkeiten, die zur Problemlösung benötigt werden, aus dem Unbewussten zurückzugreifen.
Der systemische Ansatz, der sich aus unterschiedlichen Konzepten der Familientherapie entwickelt hat, ermöglicht den Blick auf das ganze System, in dem sich das Problem entwickeln konnte. Er deckt die Auswirkungen auf die einzelnen Mitglieder im gesamten System auf sowie Interaktionen (das wechselseitige Aufeinandereinwirken von Akteuren oder Systemen), die die Beteiligten in Beziehungssystemen miteinander austauschen.
So werden in dieser fruchtbaren Verbindung die systemischen Instrumente mit der kompetenzorientierten Therapie verbunden. Der hypnosystemische Ansatz wurde von Gunther Schmidt (Leiter des Milton-Erickson-Instituts in Heidelberg) entwickelt. Er integriert die systemischen Grundideen mit Konzepten aus der von Erickson entwickelten Hypnotherapie zu einem ganzheitlichen und lösungsorientierten Konzept.
Mit hypnosystemischen Interventionen können selbst bei sehr schwerwiegenden bzw. chronifizierten Problemen sehr zufriedenstellende Veränderungen schnell und nachhaltig angeregt werden.
Des Weiteren wird auf bestimmte Gesprächstranceprozesse aus der Hypnotherapie zurückgegriffen, die dann bei Einzelpersonen, Familien, Paaren, Teams und Organisationen etc. ihre Wirkung entfalten. Dabei wird der Fokus im Gespräch auf die gewünschten Erlebnisprozesse gerichtet, die sich dann „wie von selbst“ einstellen. So sind es bestimmte Fragetechniken wie „Nur einmal angenommen, Sie hätten Ihr Ziel schon erreicht, was wäre dann besser in Ihrem Leben?“ Diese Fragestellung ist ein Beispiel für die Fokussierung zum Ziel hin. Die Gedanken visualisieren das Gewünschte. Dieser Prozess enthält eine unglaubliche Kraft für den Menschen.
Aus hypnosystemischer Sicht gibt es kein Problem an sich. Wird etwas als ein Problem empfunden, drückt dies die gerade im Moment gestalteten Wahrnehmungsprozesse und Konstruktionen von Realität aus, die derjenige tätigt, der das Problem gerade erlebt. Probleme wie Lösungen sind also Ausdruck selbst gemachter Musterbildungen. Dies geschieht durch die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf immer die gleichen Handlungsabläufe über verschiedene Sinneskanäle (visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch und gustatorisch [VAKOG]).
Von der Problemtrance zur Lösungstrance
Menschen, die zur Beratung oder Therapie kommen, befinden sich häufig in einer Problemtrance. Das heißt, die Aufmerksamkeit ist auf das Problem gerichtet und kreist darum herum, sie fühlen sich nicht nur wie von dem Problem hypnotisiert, sie verhalten sich häufig auch so. Dies wird in der Regel als unwillkürlich und damit der direkten Veränderung schwer zugänglich erlebt. So können hypnosystemische Therapeuten helfen, von dieser Problemtrance weg in eine Lösungstrance hineinzukommen. Hierzu wird das Problem durch Distanzierungstechniken von außen betrachtet und nicht mehr als direkt zu Ihnen gehörig. Mit dieser Distanzierung können Sie die Lösung klarer sehen.
Um den Beginn ganz neuer Prozesse – Lösungsprozesse – fortzuführen, helfen die sogenannten hypnosystemischen Interventionen und ein Üben neuer förderlicher Elemente eines Musters. So versteht man unter einer hypnosystemischen Intervention z.B. die Arbeit mit Persönlichkeitsanteilen. Nehmen wir den Anteil Wut, den Saskias Mutter im Laufe ihres Lebens verdrängt hatte und nicht mehr fühlen konnte: Dieser wird innerhalb des Settings Stück für Stück wieder wertschätzend wahrgenommen und als eigener zugehöriger Anteil erlebt (nach Virginia Satir). Einladen kann bedeuten, die Wut zu bitten, auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Auf diese Weise kann ein achtsames Gespräch zwischen Saskias Mutter und ihrer eigenen Wut entstehen. Dies ist eine Sichtbarmachung von Gefühlen.
Interventionen können verstanden werden als Maßnahmen der Fokussierung von Aufmerksamkeit. So sollte, wie eben schon kurz erwähnt, der bisherige Fokus der Aufmerksamkeit verändert werden.
Dies kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen: Entweder nimmt man einen ganz neuen Aspekt in einem alten Muster dazu oder man entnimmt ein Element des alten Musters – so kann man für die Probleme neue Blickwinkel entwickeln bzw. sie bekommen eine neue Bedeutung und es entstehen Lösungen. Die Verankerung neuer Aspekte wird besonders wirkungsvoll unter Hinzunahme von VAKOG (Abspeichern über alle Sinneskanäle).
Die Lösung ist in jedem von uns vorhanden: Wir müssen nur den Scheinwerfer darauf richten.
Um bei der Umfokussierung zu unterstützen, werden bei der hypnosystemischen Arbeit alle Sinneskanäle genutzt. So wird mit Veränderungen der Körperhaltung, mit Visualisierungen, inneren Bildern, inneren Teams, mit Metaphern und Symbolen, Aufstellung des Problems im Raum und mit Fokussierungsübungen gearbeitet. Durch die Erfahrung von konkreten Unterschieden zwischen Problem- und Lösungszuständen auf allen Sinnesebenen und durch das bewusste Gestalten dieser Zustände nimmt der Klient sein (Er)Leben selbst in die Hand, ganz nach einem Prinzip der Hypnosystemischen Therapie: Der Fachmann ist der Klient selbst.
Der Therapeut schafft den Raum und die Möglichkeit dafür – so kann der Klient wieder die Kontrolle über sich selbst übernehmen und kehrt in seine Stärken zurück.
Symptome als weise Wegweiser
In der Hypnosystemischen Therapie werden Symptome, die der Klient mitbringt, nicht bekämpft bzw. es wird nicht versucht, sie zum Verschwinden zu bringen. Stattdessen werden sie als wichtige Botschafter oder Hinweisschilder gesehen. Dabei kommt es darauf an, zu verstehen, was sie uns sagen möchten: Es wird das Symptom kennengelernt und wertgeschätzt, da es oft eine Schutzfunktion im Dienste seines Besitzers hat. So kann z.B. Migräne das Hinweisschild dafür sein, dass der Betroffene sich um Entspannung kümmern sollte. Die Migräne zwingt zum Aussetzen druckerzeugender Denkprozesse. Nimmt der Betroffene dieses Symptom wertschätzend wahr und sorgt für sich, kann die Migräne sich zurückziehen. Somit ist Eigenliebe ebenso ein großes Thema wie Achtsamkeit, Anerkennung und Wertschätzung.
Das Setting
Während Saskias Mutter in der Hypnosystemischen Therapie arbeitete, zeigten sich immer mehr Anteile in ihr, die sie schon sehr früh in ihrem Leben abgespalten bzw. entwickelt hatte. So war sie für einige Themen des Lebens verstummt, fühlte ihren Anteil Wut nicht und war co-abhängig in Beziehungen. So hatte es sich Saskia unbewusst zur Aufgabe gemacht, ihr dieses zu spiegeln. Als die Mutter begann, sich zu verändern, sich immer mehr Gefühle wieder bewusst wurde und sich ihrer Themen annahm, konnte man eine Veränderung bei Saskia beobachten. Ihr Selbstwert stieg, sie wurde ruhiger und gesundete immer mehr.
Heute ist Saskia selbst eine gute Mama, lebt ihr Leben viel bewusster, nimmt Verantwortung für sich und ihre kleine Tochter wahr, hält Stress aus und ist in schwierigen Situationen gelassen. Sie spürt und lebt ihre Gefühle und hat eine innige Beziehung zu ihrer Mutter aufgebaut.
Veränderung muss man fühlen, damit man sie leben kann.
Cornelia Voigtmann
Dipl. BW (FH), Heilpraktikerin, Autorin,
Hypnosystemische Therapeutin, Dozentin
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