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Naturheilkunde
Lesezeit: 14 Minuten

Der Verdauungstrakt

© Africa Studio - Fotolia.com– unser innerer Alchemist oder: Obstipation ist Energie am verkehrten Ort

Das Buch „Darm mit Charme“ war im Jahr 2014 das meistgelesene Sachbuch in Deutschland. Es wurde über 1 Million Mal verkauft. Giulia Enders und ihrer Schwester ist es auf amüsante Weise gelungen, das Gesamtkunstwerk darzustellen, das wir alle in unserem Bauch tragen – unseren Darm und seine Funktionen. Hat dieses Buch etwas verändert? Lohnt es da überhaupt noch, einen Fachartikel über so etwas Alltägliches wie Obstipation zu schreiben?

Nach dem Buch, also 2014, zeigt die Statistik zum Vorjahr 460000 Menschen an, die keine Abführmittel mehr einnehmen. Allerdings sagt dieselbe Statistik auch, es gibt 230000 mehr Menschen, die täglich oder mindestens 1-2 Mal monatlich Abführmittel einnehmen, zudem 510000 mehr Menschen, die zu „besonderen Anlässen“ Abführmittel einnehmen. Dieser Widerspruch fällt mir auch in meiner Praxis auf. Viele meiner Patienten kennen das Buch, setzen den Inhalt jedoch nicht um, sondern bleiben bei dem alten Muster, bei Unpässlichkeiten eine Pille einzunehmen.

Unser Darmtrakt ist so zentral mit unserem Gesamtbefinden verbunden, dass es sich lohnt, noch einmal die vielfältigen Aus- und Wechselwirkungen einer gesunden Verdauung unter die Lupe zu nehmen. Organfunktionen von Niere und Milz bestimmen ebenso eine gut funktionierende Verdauung, wie die Aktionen von Galle/Leber/Bauchspeicheldrüse. Der letztgenannten Trias wird bei Behandlungsempfehlungen meist Beachtung geschenkt, Nieren- und Milzfunktionen werden in diesem Zusammenhang hingegen oft nicht beachtet. Stress und Depression – auch diese beiden Plagen beeinflussen die Kraft unserer Verdauungsvorgänge signifikant. So sollte bei einer ganzheitlichen Behandlung unser Nervensystem bei Verdauungsschwäche immer mit gestärkt werden.

Unser Verdauungstrakt als Gesamtkunstwerk ähnelt einer Alchimistenküche. Was in unserem Körper letztendlich bei diesen magischen Wandlungsprozessen herauskommt, ist mehr wert als Gold. Warum gehen wir damit oft nachlässig, ungeduldig oder gar verschämt um, insbesondere wenn es die Darmausscheidung betrifft?

Zeit ist eine Zutat

Wie wir von den Alchemisten lernen können, ist Zeit nicht etwas Abstraktes, Unfassbares – Zeit ist eine Zutat bei allen Handlungen, die wir ausführen und oft ist sie die wichtigste Zutat.

Zeit zum Einkauf ist keine verschwendete Zeit

Vor dem Einkauf ein kleiner Plan nach dem Motto: Was brauche ich, was braucht meine Familie, mein Lebenspartner, was brauchen wir im Augenblick wirklich? Wo bekomme ich Nahrungsmittel in guter Qualität, möglichst naturbelassen, angeboten? Mit etwas Übung und einem Kühlschrank genügt es, einmal in der Woche einkaufen zu gehen und hierfür genügend Zeit zu erübrigen. Das zahlt sich aus, gesundheitlich und wirtschaftlich.

Zeit zum Kochen

Alle, die schon einmal einen Kochlöffel geschwungen haben, durften erfahren, dass es bei gleicher Rezeptur einen signifikanten geschmacklichen Unterschied gibt, wenn die Zutaten schnell zusammengerührt und möglicherweise in der Mikrowelle fertig gebrutzelt oder wenn alle Zutaten bewusst zusammengefügt, immer wieder umgerührt und das Essen bei kleiner Hitze fertig gegart wurde: Trotz gleicher Inhaltsstoffe, einer anderen Geschmacksvielfalt und besseren Bekömmlichkeit – jede/r kann dies ausprobieren – und staunen.

Zeit fürs Essen und nur fürs Essen nehmen

Fernseher bleibt aus, die Zeitung wird später durchgeblättert, Buch wird weggelegt, Handy & Co. sind stumm geschaltet und nicht in Griffweite. Wer diese Disziplin bei jeder Mahlzeit aufbringt, beugt Stress bedingten Magen-Darm-Erkrankungen vor, intensiviert die persönliche Verdauungskraft und läuft nicht Gefahr, zu schnell und zu viel zu essen.

Zeit für Regeneration nach dem Essen

5-10 Minuten nach dem Essen ruhig sitzen bleiben, angenehme Gesprächsthemen pflegen, emotional belastete Gesprächsthemen für später aufbewahren, wenn das Essen nicht mehr im Magen liegt – da freut sich unser Verdauungstrakt. Menschen ab dem 60. Lebensjahr, Schwangere und Rekonvaleszenten wird empfohlen, nach dem Mittagessen eine Stunde Ruhe, idealerweise Bettruhe, einzuhalten. So werden Energiereserven neu gesammelt, die während des intensiv energieverbrauchenden Verdauungsvorganges aufgebraucht wurden.

Was sind physiologische Essenszeiten und warum sind sie so wichtig?

Wann soll der Mensch essen? Nur dann, wenn er echten Hunger hat. Was ist echter Hunger? Denken Sie an eine Scheibe trockenes Brot und das Wasser läuft Ihnen im Mund zusammen: Das ist Hunger. Wenn Sie denken: „Ach, ein Stückchen Käse dazu, das wäre doch fein.“ Dann handelt es sich um Appetit.

Im Schnitt benötigen erwachsene Bewohner der Industrienationen bei durchschnittlicher körperlicher Belastung und wenn keine Stoffwechselkrankheit (z.B. Diabetes) vorliegt eine große, sättigende Mahlzeit pro Tag und eine bis zwei kleinere Mahlzeiten. Dabei ist zu beachten, dass die Abendmahlzeit früh, leicht verdaulich und in kleiner Menge ausfallen soll. Warum?

Circadianer Ablauf des Stoffwechsels von Leber/Galle und enzymatischer Pankreas

Diese drei Organsysteme regenerieren während der Nachtruhe und sind nicht auf Verdauungsleistung eingestellt. Die Regeneration erfolgt nur, wenn der obere Verdauungstrakt weitestgehend leer von Nahrungsresten ist. Eine durchfeierte Nacht (mit Essen) kann unser Körper meistens gut wegstecken. Jeden Abend eine komplette Mahlzeit – das geht auf Dauer zulasten unseres Verdauungsstoffwechsels. Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Blähungen, Verstopfung und Durchfall sind die harmloseren Folgen.

Die Pufferfunktion der Milz

Dieses „unbekannte“ Organ im linken Taillenwinkel, oft nur beachtet bei Seitenstechen, hat neben vielen Funktionen in unserem Abwehrsystem die Aufgabe, den Druckausgleich im Bauchraum zu gewährleisten. Wenn nach einem spätem Abendessen noch viel unverdaute Nahrung im Dünndarmabschnitt liegt, vergrößert sich die Milz messbar durch Ansammlung von Blut in ihrem schwammigen Gewebe. Dadurch wird der unverdaute Nahrungsbrei möglichst lange im oberen Verdauungstrakt gehalten, idealerweise bis morgens, wenn Leber, Galle und Pankreas ihre volle Verdauungsleistung wieder aufnehmen und die Nahrungsreste ordnungsgemäß aufspalten. So wird die Dickdarmflora geschützt, die sonst durch unverdaute Nahrungsreste aus dem Dünndarmbereich aus ihrem Gleichgewicht gebracht wird.

Drei Fallbeispiele zum Thema Obstipation

In meiner Praxis begegnen mir viele Menschen, die mit Obstipation zu tun haben. Sie klagen über Völlegefühl, Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Blähungen, Rückenschmerzen, Hämorrhoiden, Energielosigkeit, schlechtem Geschmack im Mund, Appetitlosigkeit/Heißhungerattacken und sie leiden alle an Verstopfung. Sie halten fest, was besser verabschiedet würde. Sie sitzen auf Verbrauchtem, Vergangenen, ihr Körper verwendet viel Energie darauf. Sie sind nicht im Fluss, ihre Energie stagniert, ist am falschen Ort gebunden.

Wie können wir diesen Menschen helfen, ihren eigenen heilsamen Verdauungsrhythmus wieder zu finden? Wie können wir Ihnen helfen, ohne die Reizworte „Lass halt los“ auszusprechen?

Fall 1 Obstipation in Folge von Hepatitis B

Patientin, Ende 40, kommt in meine Praxis, zunächst wegen Durchschlafstörungen. Sie wird meist nach Mitternacht wach und kann für 2-3 Stunden nicht mehr einschlafen. Sorgenvolle Gedanken rauben ihr den Schlaf. Bei der Fallaufnahme wird angegeben, dass sie vor 20 Jahren Hepatitis B mit einem längeren Krankenhausaufenthalt hatte. Es dauerte 2 Jahre, bis die Transaminasen und die Gamma-GT stabil im Normbereich lagen. Sie hatte strikte Alkoholabstinenz für 3 Jahre eingehalten. Heute trinkt sie zu festlichen Anlässen ein Glas Wein oder Sekt. Die jährlichen Laborkontrollen ergeben normale Blutbefunde. Beim Besprechen der Ernährungsgewohnheiten gibt sie an, dass sie Fett in keiner Form mag. Wenn sie aufgrund ihres Berufes gezwungen ist, in Gaststätten zu essen, achtet sie darauf, leicht Verträgliches zu wählen. Unter „leicht verträglich“ verstehe sie fettarm.

Auf Nachfrage gibt sie an, seit ihrer Kindheit, aber insbesondere seit der Hepatitis B, an Obstipation zu leiden. Ein Toilettengang 2x pro Woche ist für sie die Norm. Der Stuhlgang ist hart und das Absetzen bereitet Schmerzen. Daher ist sie froh, nicht so oft gehen zu müssen.

Bei der körperlichen Untersuchung fällt eine Leber-typisch geschwollene Zunge auf, gelblich-grau belegt. Die Gesichtshaut hat eine erdig-gelbliche Färbung trotz normalen Bilirubins. Sie klagt über starke Müdigkeit, insbesondere nach dem Essen, sowie über heftige Reizbarkeit, die sie den beginnenden Wechseljahren zuordnet.

Aus ganzheitlicher Sicht sind dies alles Leber-Galle-Zeichen, d.h. trotz normaler Laborwerte ist eine Behandlung von Leber, Galle und ergänzend auch der enzymatischen Pankreas (starke Fett-Abneigung ist nicht nur Galle-typisch) angesagt. Die hohe Reizbarkeit bestätigte sich bei der ayurvedischen Pulskontrolle mit einem sehr kräftigen Pita-Puls (Feuer- Energie, regiert den oberen Verdauungstrakt).

Behandlungsempfehlung

  • Solunat Nr. 8 (Hepatik) 2×5 Tropfen mittags und abends

Dieses Mittel regt den Gallefluss an, aktiviert den gesamten Leberstoffwechsel und den der enzymatischen Pankreas. Durch die vermehrte Ausschüttung von Gallesalzen kommt es zu häufigerem und weicherem Stuhlgang. Da sie nach zwei Wochen noch keine Verbesserung der Stuhlhäufigkeit feststellen konnte, wurde das Mittel als Langzeittherapie auf 2×8 Tropfen mittags und abends erhöht.

  • Solunat Nr. 14 2×5 Tropfen morgens und abends

Dieses Mittel entspannt und entkrampft körperlich und seelisch, ohne müde zu machen. Ein ideales Mittel, um unter Tags nicht in Hektik zu verfallen. Anspannung blockiert Leber-, Galle- und Pankreasfunktionen und schwächt diese auf Dauer nachhaltig.

Neben oben genannten Heilmitteln werden noch folgende Therapieschritte unternommen:

© stefan_weis - Fotolia.comDarmpflege Entweder mit Flohsamenschalen 1 TL morgens in etwas Wasser eingenommen, oder Chiasamen 2×1 EL des Gels der eingeweichten Samen, morgens und abends. Die Patientin wechselt alle paar Wochen immer wieder zwischen Flohsamen und Chiasamen.

Ernährungsempfehlung Mit Ghee, dem ayurvedischen Butterfett, kochen. Ghee reinigt die Leber und ist sehr gut verträglich, auch bei empfindlicher Galle und Pankreas. Zudem erhält die Patientin die Anweisung, sich mit der Zeit an Kurkuma (Gelbwurz) in allen pikanten Speisen zu gewöhnen. Kurkuma ist das ideale Gewürz zur Entlastung des Fettstoffwechsels.

Ansonsten ist die Patientin über Ballaststoffreiche Nahrung gut informiert. Sie ernährt sich schon seit Jahren weitgehend vegetarisch und achtet auf naturbelassene Nahrungsmittel. Sie kocht für sich zuhause selbst und legt Wert auf frisch zubereitete Nahrung. Die tägliche Trinkmenge mit 1½ l Wasser oder Tee erscheint mir in ihrem Fall als ausreichend.

Die Patientin wird ermuntert, ihre Yoga-Übungen wieder regelmäßig durchzuführen und insbesondere kühlende Atemübungen (hohes Pita) zu praktizieren sowie Aufmerksamkeit auf langsames Durchführen der Körperhaltungen zu legen.

Im Verlauf der Behandlung normalisiert sich als erstes das Schlafverhalten. Nach 3 Wochen kann sie wieder ruhig und tief durchschlafen, weder hochgeschreckt durch Albträume, noch sorgenvolles, langes Wachliegen zur „Leberzeit“ nachts zwischen 1 und 3 Uhr. Die Einnahme von Solunat Nr.14 wird abgesetzt und empfohlen, dieses Mittel nur noch bei Bedarf, sprich an Tagen, an denen Stress-Situationen zu erwarten waren, einzunehmen.

Die Obstipation regelt sich nach 3-monatiger Einnahme von Solunat Nr. 8 erfreulich, jedoch nicht vollständig, d.h. die Patientin kann meist 1x täglich morgens zur Toilette. Wenn es zu Situationen mit hoher nervlicher Belastung kommt, hat sie meist über 3-4 Tage Obstipation. Die Patientin nimmt Solunat Nr. 8 über 2 Jahre ein. Sie liebt dieses Mittel und will darauf nicht verzichten. Nach dieser langen Einnahmezeit ist die Obstipation, auch unter seelischer Belastung, kein Thema mehr.

Sie führt seither präventiv zur Darmpflege 3x jährlich eine Kur über 4 Wochen mit therapeutischem Lassi sowie Flohsamen oder Chiasamen durch.

Therapeutisches Lassi 1 Teil Naturjoghurt Bio-Qualität (Kuhmilch oder Schafmilchjoghurt) plus 6 Teile stilles Wasser werden mit einem Milchschäumer mit folgenden Gewürzen zu einem wohlschmeckenden Getränk verquirlt: Entweder 1 Msp Zimt und ½ TL Honig oder 1 Prise Steinsalz (Ursalz) und 1 Msp gemahlener Kreuzkümmel.

Fall 2 Obstipation in Folge nervlicher Anspannung

Patientin, Mitte 50, leidet seit der Pflege ihrer an Demenz erkrankten Mutter an einer hartnäckigen Obstipation. Bevor sie zu mir in Behandlung kam, hatte sie schon viele Bittermittel ausprobiert, die Ernährung auf ballaststoffreich und naturbelassen umgestellt. Sie achtet auf genügende Trinkmenge, bewegt sich viel, nimmt regelmäßig Flohsamen oder Leinsamen zu sich. Ihr ist das therapeutische Lassi aus einer früheren, ayurvedischen Kur ein Begriff und sie trinkt es immer wieder über mehrere Tage. Doch die mit Bauchkrämpfen einhergehende Obstipation (max. 2x Woche Stuhlgang) verändert sich nicht. Manches Mal ist sie mit sich ungeduldig und nimmt ein Abführmittel oder macht einen hohen Einlauf. Danach ist alles schlimmer als vorher. Sie ist sehr ängstlich und befürchtet, an einem Darmverschluss sterben zu müssen.

Bei der Untersuchung fällt bei dieser Frau ein deutlicher, alles beherrschender Vata-Puls auf (dies ist Zeichen eines hohen Ungleichgewichts im Vegetativum sowie von Erschöpfung). Sie kann kaum still sitzen, ihre Bewegungen sind schnell und fahrig, das rechte Augenlid zuckt, die Kieferwinkel sind verspannt.

Der erste Therapieschritt ist hier keine die Verdauungsorgane anregende Therapie. Hier muss das Vegetativum beruhigt werden, um die Anspannung, die fast greifbar ist, abzubauen.

Behandlungsempfehlung

  • Solunat Nr. 4 (Cerebretik) 2×5 Tropfen abends und zur Nachtruhe.

Cerebretik stärkt das vegetative Nervensystem, entspannt, entkrampft und lässt nach längerer Einnahmedauer (ca. 2-3 Wochen) tiefer und erholsamer schlafen.

  • Solunat Nr. 14 (Polypathik) 2×8 Tropfen morgens und mittags.

Wie in Fall 1, auch hier als „Tagessedativum“ verordnet, um dem anstrengenden Pflegealltag gelassener gegenüberzutreten.

  • Ceres Millefolium Urtinktur 3×2 Tropfen nach jeder Mahlzeit.

Ich wähle die niedrige Dosierung, um den Schwerpunkt auf die seelisch-geistige Wirkung dieser Tinktur zu legen. Ceres Millefolium vermittelt neben seiner krampflösenden Wirkung bei dyspeptischen Beschwerden, auf seelisch-geistiger Ebene die Fähigkeit zu unterscheiden: „Was ist meine Problematik?“ Diese werde ich bearbeiten. Und die Frage: „Was ist deine Problematik?“ Diese werde ich bei dir lassen.

  • Zusätzlich bekommt sie die Anweisung, abends vor dem Zubettgehen ein Magnesium-Fußbad durchzuführen.

Dazu benötigt sie Magnesiumchlorid (Bittersalz). Auf ca. 6-7 l angenehm warmes Wasser wird ein gehäufter TL Magnesiumchlorid verrührt. Das Fußbad wird über mindestens 10 Minuten durchgeführt. Zusätzlich verordnete ich der Patientin die „Heiße 7“ von den Schüßler-Salzen, 1x täglich abends während des Fußbades und danach sofortige Bettruhe.

Für all jene, die die „Heiße 7“ nicht kennen: Sie nehmen Schüßler-Salz Nr. 7 (Magnesium phos.) D 12, 7-10 Tabletten und lösen diese in einer Tasse heißen Wassers. In kleinen Schlückchen während des Fußbades trinken. Die „Heiße 7“ hat eine entkrampfende, entspannende und erholsamen Schlaf fördernde Wirkung. Zudem wird Magnesium, das über die Nahrung aufgenommen wird oder über die Fußsohlen beim Magnesium-Fußbad, leichter und nachhaltiger verstoffwechselt.

Unter dieser intensiv entkrampfenden Behandlung lässt sich die Obstipation innerhalb von 6 Wochen lösen. Die Betreuung der Mutter dauert noch weitere 2 Jahre, bis die alte Dame stirbt. In dieser Zeit setzt die Patientin die krampflösenden Maßnahmen immer wieder nach eigenem Gutdünken an und sie helfen immer zuverlässig.

Besonders angenehm empfindet die Patientin die Begleitung mit Ceres Millefolium Urtinktur. Sie kann deutlich spüren, dass die Empathie für ihre Mutter nach wie vor groß ist – aber das Mitleiden hat sich in Mitgefühl gewandelt und das erleichtert ihr die Zeit der Pflege sehr.

Fall 3 Obstipation als Folge von Erschöpfung

Dieser Fall beschäftigte mich lange. Als die junge Frau (28 Jahre) zum ersten Mal in meine Praxis kam, hatte ich noch nichts vom Zusammenhang zwischen Eiweißverdauung und Nierenkraft gehört oder gelesen. Sie litt an hartnäckiger Obstipation schon seit ihrer Pubertät. In den letzten Monaten kamen sehr unangenehm riechende Flatulenzen hinzu. Ich verordnete zunächst Bittermittel und nervenstärkende Mittel, denn sie wirkte erschöpft und nervös. Die Obstipation besserte sich daraufhin etwas, auch die Flatulenzen nahmen ab – aber von Beschwerdefreiheit war sie noch weit entfernt. Bei einem der Folgetermine erzählte sie, dass es für sie besonders lästig sei, dass die Flatulenzen immer am späten Nachmittag/frühen Abend auftreten – die Zeit, in der sie aus dem Büro kommt und gerne noch Sozialkontakte pflegen würde. Aber das sich ständige Verkrampfen müssen, um nicht alle um sich herum die Nase rümpfen zu lassen, verdarb ihr wohlverdiente Feierabend- Freuden.

Das war der entscheidende Hinweis für mich: Später Nachmittag! „Wann genau?“, fragte ich sie. „Zwischen 17 und 20 Uhr und danach wird es wieder besser“, war die Antwort. Nach der Organ-Uhr: Nierenzeit.

Die junge Frau hatte im Blut bei Laborkontrollen nie pathologisch veränderte Nierenwerte. Es gab im Urin keine Hinweise auf eine Nierenerkrankung. Von ihrer Konstitution her gehört sie zum leptosomen Habitus, im Ayurveda als Vata-Konstitution beschrieben. Sie scheint nicht ganz „von dieser Welt“ zu sein, hat etwas Verträumtes an sich und findet das reale Leben um sich herum zu hart.

Diesen Menschen fehlt oft der nötige Biss, um sich im Leben leichter zurechtzufinden. Eiweiß, der Grundbaustein des Lebens, wird uns von diesem nicht geschenkt. Wir müssen uns die Eiweißbausteine „erkämpfen“ während des Verdauungsvorganges. Wir müssen aufgenommenes Eiweiß, sei es tierischer oder pflanzlicher Herkunft, erst zu unserem körpereigenen Eiweiß machen. Und diese Prägung geschieht über die Niere. Ist die Nierenenergie schwach, geschieht diese Prägung nur ungenügend. Dann haben wir in unserem Blut Eiweißmoleküle ohne Ich-Prägung, die wie Fremdkörper wirken. Im Darm werden sie ausgeschieden – unter großer Gas-Bildung. Was diesen Menschen fehlt, ist Eisen (Ferrum), das Metall der Inkarnation, das uns den nötigen Biss verleiht, um unseren Platz im Leben zu behaupten.

Behandlungsempfehlung

  • Weleda Ferrum sidereum D10 Pankreas D6 Ampulle 3×1/Woche

Die junge Frau war sowohl von ihrer Obstipation, wie auch den lästigen Flatulenzen nach der Anwendung von 2×10 Ampullen nachhaltig befreit.

Üblicherweise werden die Ampullen gespritzt, subkutan, entweder Außenseite Oberarm, Vorderseite Oberschenkel oder in den Bauch. Die Ampullen können auch oral eingenommen werden. Meiner Erfahrung nach wirkt eine orale Gabe ebenso zuverlässig. Dazu wird die Ampulle, in etwas Wasser verdünnt oder mit einem Applikator, auf die Mundschleimhaut gesprüht.

Um diesen erfreulichen Zustand aufrechtzuerhalten, bekam die Patientin die Empfehlung, 2x jährlich folgende Kur zur Stärkung ihrer Nieren über vier Wochen durchzuführen:

  • 2×5 Tropfen Solunat Nr. 16 morgens und abends
  • Wala Kupfersalbe rot auf beide Nierenpole vor der Nachtruhe dünn auftragen

Fazit

Obstipation ist ein Symptom und unser Darm gibt uns damit eine Mitteilung zu unserem Lebenswandel. Es ist die Einladung, gut für uns zu sorgen und für die vielen Milliarden Lebewesen, die für uns arbeiten und ohne die wir nicht überleben können: unsere Darmbakterien.

Christina Casagrande Christina Casagrande
Heilpraktikerin

email@christinacasagrande.de

Literatur

  • Victor Bott: Anthroposophische Medizin – eine Möglichkeit die Heilkunst zu erweitern. Haug Verlag, 2. Auflage, S. 125

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