Infekte & Allergien bei Kindern
Welche Rolle spielt der Darm?
Kinder machen bis zum 6. Lebensjahr ca. 80% ihrer Infekte durch. Gerade der Einstieg in die Krippe oder KiTa bedeutet häufig verschiedene Infekte in Folge. In der Regel erfahren auch die Eltern und Großeltern plötzlich, was es heißt, regelmäßig mit frischen „VirenUpdates“ aus der KiTa versorgt zu werden. Dieses Immuntraining ist jedoch sehr wichtig und unumgänglich. Solange die Infekte immer wieder gänzlich ausheilen, reagiert das Immunsystem angemessen und stellt sich der Herausforderung. Erst wenn Symptome nicht abklingen (z.B. verstopfte Nase oder Ohren, Husten, Halsweh, Durchfälle), das Immunsystem sehr erschöpft ist und dadurch den Körper nicht ausreichend schützen kann, spricht man von Infektanfälligkeit. Auch eine Disposition (= Anfälligkeit durch erbliche Vorbelastung) der Atemwege (z.B. Asthma, Allergien) kann das Immunsystem zusätzlich belasten. Generell ist es bei Infekten der Atemwege wichtig, beim Kinderarzt eine Kontrolle durchführen zu lassen. Können Kinder im Spracherwerbsalter z.B. nicht richtig hören, kann es zu erheblichen Verzögerungen beim Lernen des Sprechens kommen.
Allergien bei Kindern können schon im Säuglingsalter auftreten, selbst wenn sie noch gestillt werden. Sie reagieren empfindlich auf die Nahrungsmittel, die die stillende Mutter zu sich nimmt. Allergische Reaktionen bei Kindern zeigen sich häufig über die Haut: Unregelmäßigkeiten, sehr trockene und empfindliche Haut, Juckreiz bis hin zu offenen Stellen. Auch eine ständig laufende Nase oder ein Hüsteln, das einfach nicht ausheilt, kann bei Kindern ein Hinweis auf eine Allergie sein. Größere Kinder beschreiben ein Jucken im Hals oder ein Brennen in den Augen, wenn sie z.B. in den Ferien auf dem Reiterhof waren, oder eine geschwollene Lippe, wenn es frische Äpfel zum Nachtisch gab.
Auf was und wie Kinder allergisch reagieren, ist sehr unterschiedlich. Zu beobachten ist aber, dass sich das Immunsystem aufgrund von Stress in Form einer seelischen Belastung eine Allergie als Ventil sucht. Ganz im Sinne von „Ich huste dir einen“ oder „Ich habe die Nase voll“.
In der Anamnese findet sich bei Kindern häufig ein auslösender Moment. Die erblichen Dispositionen in der Familie (Großeltern, Tante, Onkel) können der Allergie ebenfalls den Weg ebnen.
Was haben Infektanfälligkeit und Allergien gemeinsam?
Egal ob ständig laufende Nase oder Husten, die so schnell wieder da sind, dass man gar nicht sicher ist, ob sie überhaupt schon weg waren, Ohrentzündungen mit großen Ergüssen hinter den kleinen Ohren, ein unerklärliches Niesen, was immer bei der Oma auftritt, oder ein Hautausschlag, der plötzlich da war – in allen Fällen reagiert das Immunsystem fehlgeleitet oder nicht ausreichend.
Ab dem 1. Lebenstag hat unser Immunsystem die Aufgabe, uns zu beschützen und die körpereigenen Prozesse optimal zu steuern.
Die Immunologie und ihre unterschiedlichen Erkrankungen, u.a. auch Autoimmunkrankheiten, geben der Medizin bis heute noch viele Rätsel auf. Aber eine gemeinsame Spur gibt es dennoch: Sie führt in den Darm.
Um also den Grund für eine Infektanfälligkeit oder eine Allergie herauszufinden, lohnt es sich, den kindlichen Darm in den Fokus zu rücken. Im Darm sind nämlich 80% unseres Immunsystems vertreten. Hier findet die meiste Kommunikation mit der Außenwelt (Bakterien, Viren) und der Innenwelt (Darmschleimhaut) statt. Die Darmschleimhaut bildet Antikörper (IgA-Antikörper), um sie direkt vor Ort zur Bekämpfung von schädlichen Keimen einzusetzen und um sie über das Blut- und Lymphsystem zu ihrem Einsatzort zu bringen. Die Antwort auf einen Eindringling in der Nase oder den Bronchien kommt also aus dem Darm. Darüber hinaus wirkt der Darm am Säure-Basen-Ausgleich mit. Er steuert die Produktion von Hormonen, Enzymen und Vitaminen und gewährleistet die Entgiftung des Körpers durch Ausscheidung. Seine Hauptaufgabe ist aber die Umwandlung und Aufspaltung der Lebensmittel, um sie für den Körper nutzbar zu machen. Ist die Darmschleimhaut nicht intakt, hat das also nicht nur erhebliche Konsequenzen für die Körperabwehr.
Kinder setzen sich extrem mit ihrer Umwelt auseinander und kommen während des täglichen Spielens an verschiedenen Orten mit diversen guten und schlechten Keimen in Kontakt. Das Immunsystem kann dabei schnell vieles kennenlernen und dies auch mit der Zeit unterscheiden.
Was macht die Darmschleimhaut aus?
Die Darmschleimhaut wird durch Tausende Bakterien verschiedener Gattungen besiedelt. Diese Artenvielfalt macht die Darmflora und ihr Milieu aus. Die Bakterien siedeln sich auf den Zotten und in den Falten der Darmschleimhaut an. Das Milieu ist intakt, wenn die Bakterien im richtigen Verhältnis vorliegen und der pH-Wert zwischen 5,5 und 6,5 liegt.
Bereits im Mutterleib, bei der Geburt, beim Stillen und während der Auseinandersetzung mit der Umwelt im 1. Lebensjahr wird maßgeblich über eine gelungene Besiedelung des Darms entschieden. Schon gegen Ende der Schwangerschaft werden wichtige Leitstammkeime von der Mutter über die Plazenta an das Baby weitergegeben. Die Erstbesiedelung des Kindes kann also nur so gut sein wie die Besiedelung der Mutter. Es lohnt sich also schon in der Schwangerschaft, mit Hilfe eines entsprechend ausgebildeten Therapeuten die mütterliche Darmflora so aufzubauen, dass das Baby in höchstem Maße davon profitieren kann. Laut Studien haben Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft ein hochwertiges Probiotikum eingenommen haben, ein signifikant geringeres Risiko, an Allergien zu erkranken, selbst wenn es in der Familie atopische Erkrankungen wie z.B. Neurodermitis gibt.
Durch eine natürlichen Geburt und das Stillen wird die Darmflora des Kindes weiter gestärkt.
Wodurch gerät die Darmschleimhaut bei Kindern aus dem Gleichgewicht?
- Antibiotika (jede Einnahme vermindert die Vielfalt an Bakterien im Darm)
- Clostridien, Pilze
- unzureichende Besiedelung durch eine Kaiserschnitt-Geburt
- ungestillte Kinder
- einseitige Ernährung
- zu wenig Ballaststoffe (sie dienen als Nahrung für die guten Bakterien)
- Durchfälle (durch Virusinfektion oder z.B. beim Zahnen)
- Konservierungsstoffe
Was sind die Folgen einer Fehlbesiedelung?
- Blähungen, Durchfälle, hartnäckige Verstopfungen
- Ungleichgewicht, schädliche Keime machen sich breit (z.B. Clostridien)
- Infektanfälligkeit
- Allergieneigung
- Leaky-Gut-Syndrom („löchriger Darm“)
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Unruhe
Wie erfolgt die Behandlung?
Bei der Behandlung des Darms spielt es zunächst keine Rolle, welche Art von Infekten auftritt, gegen was die Allergien bestehen und um welchen Allergietyp es sich handelt (Typ I-IV). Fakt ist: Das Immunsystem des Kindes reagiert nicht ausreichend oder völlig fehlgesteuert.
Zur modernen Naturheilkunde gehört heutzutage ganz selbstverständlich eine gründliche Diagnostik. Im Fall von Infekten und Allergien im Kindesalter und um die Darmgesundheit zu beurteilen eignet sich eine Stuhlprobe. Über die genaue Auswertung durch ein darauf spezialisiertes Labor lassen sich aus dem Befund entsprechende Rückschlüsse über die Darmflora ziehen.
Fallbeispiel
Junge, 11/2 Jahre alt. Die Infekte haben eine ungewöhnliche Heftigkeit und die intervallfreie Zeit zwischen einzelnen Infekten beträgt 10-14 Tage. Zusätzlich zeigen sich raue und juckende Stellen auf der Haut, vermehrt im Gesicht und am gesamten Bauch. Sein Entwicklungsstand ist altersgemäß, das Laufen klappt aufgrund einer hypotonen Körperspannung mal gut, mal weniger gut. Er wirkt kraftlos und gezeichnet von den vielen Infekten.
Anhand des Darmchecks lassen sich folgende Befunde feststellen:
Escherichia coli: Dieser Stamm ist aufgewuchert und deutet auf eine übermäßiges Kohlenhydrat-/Zucker-Angebot hin. Escherichia coli trainieren unser Immunsystem sanft, indem sie es fordern. Im Übermaß wirken sie sich allerdings ungünstig auf den Rest der Flora aus.
Lactobacillus spec.: Gehören zu den anaeroben Leitkeimen und bilden den größten Anteil am sauren Milieu. Durch sie gelingt eine gute Nahrungsaufspaltung, außerdem schützen sie den Darm vor Fremdkeimen. Im aktuellen Fall liegt ein nicht ausreichender Lactobacillus-Status vor. Dieser ist ursächlich für die Infektanfälligkeit, da durch den Mangel im Darm eine Fäulnisflora herrscht.
Clostridium spec.: Untergruppe von Clostridium difficile, die Toxine bilden und im Darm in dem Maße, wie sie gefunden wurden, nichts zu suchen haben. Der Abbau der Toxine belastet die Leber stark, lässt durch die Schleimhautreizung das Allergierisiko steigen, führt bei nicht rechtzeitiger Diagnostik und Therapie i.d.R. zu Reizungen und Entzündungen im Darm.
IgA: Die von der Darmschleimhaut gebildeten Antikörper verhindern die Ansiedlung schlechter Bakterien, Viren und Pilzen. Sind sie, wie in diesem Fall, nicht ausreichend aktiv, haben Infekte und Fremdkeime ein leichtes Spiel. Vermindertes IgA kann ein Zeichen für eine Glutenunverträglichkeit sein.
In diesem Befund sind die Entzündungsmarker Alpha-1-Antitrypsin und Calprotectin nicht erhöht. Trotzdem erfolgte bei diesem kleinen Patienten eine Testung auf Lebensmittelunverträglichkeiten, um den Darm bei der notwendigen Darmkur zusätzlich zu entlasten.
Therapie
- Probiotikum: Omnibiotic 6 (Allergosan), 1 x tgl. ½ Messlöffel – über 3 Monate
- Clostridien-Öl-Mischung (als Zäpfchen), Sonderanfertigung Apotheke – 30 Tage
- Diät durch Weglassen der als unverträglich getesteten Nahrungsmittel – 6 Wochen lang streng, im Anschluss mit Ausnahmen
- Vermeiden von Fett und tierischem Eiweiß (Nahrung für Clostridium spec.)
Resultat
Bei dem Jungen kam nur noch jeder zweite oder dritte Infekt aus der KiTa zum Tragen, wobei aber die Symptome verhältnismäßig schneller abklangen oder sich gar nicht mehr ausbildeten. Die raue, juckende Haut am Bauch verheilte rasch, die Stellen im Gesicht verschwanden nach der 3-monatigen Kur komplett. Auch das Laufen und seine gesamte Entwicklung verliefen harmonischer.
Zur Festigung des Ergebnisses empfiehlt sich eine Erhaltungsdosis des Probiotikums von zwei- bis dreimal wöchentlich.
Es bestanden keine Heilungshindernisse, und eine Darmsanierung war der Schlüssel zum Behandlungserfolg. In vielen Fällen kommen noch Belastungen durch Impfungen, Umweltgifte o.ä. hinzu. Dann arbeite ich zusätzlich mit Klassischer Homöopathie und der Induktionsresonanztherapie zur Ausleitung der Giftstoffe.
Fazit
Statt also nur die die laufende Nase zu behandeln, lohnt sich auch schon bei Kindern ein Blick hinter die Kulissen! Vom 1. Lebenstag an ist eine gezielte Besiedelung und Unterstützung des Darmmilieus möglich. Auch zu einem späteren Zeitpunkt kann eine gesunde Besiedelung des Darms durch entsprechende Probiotika erfolgen – dafür ist es nie zu spät. Die kleinen Patienten gewinnen deutlich an Lebensqualität und Entwicklungskapazität.
Lena Koslowski
Heilpraktikerin für
Klassische Homöopathie mit Schwerpunkt Kinderheilkunde, Naturheilzentrum Winterhude/Hamburg
praxis@lenakoslowski.de
Literatur
- Reckel, Dr. med. Jörn/Bauer, Wolfgang: Darm krank – alles krank. Verlagshaus der Ärzte, 2016
- Allergosan (Herausgeber): Panda-Studie von 2003
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